Simone de Beauvoir. Frau - Denkerin - Revolutionärin: Ein SPIEGEL E-Book
Von SPIEGEL-Verlag
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Über dieses E-Book
In den vielen Artikeln, die DER SPIEGEL seit 1949 über Simone de Beauvoir veröffentlicht hat, ist nicht nur nachzulesen, wie wegweisend die existenzialistischen Werke der Schriftstellerin und Philosophin zur Zeit ihres Erscheinens waren. Wie ungewöhnlich radikal sie ihr Leben führte. Die Texte zeigen auch, wie gering die Bereitschaft zunächst war, Simone de Beauvoir, eine Frau, als eigenständige Denkerin wahrzunehmen. Über Jahrzehnte wird sie von männlichen SPIEGEL-Autoren vielmehr als Anhängsel Sartres beschrieben, als unglückliche Lebensgefährtin, die sich in Affären flüchtete, weil sie unter der offenen Beziehung mit Sartre litt. Dass diese Wahrnehmung einem engen Weltbild geschuldet war, zeigt sich in späteren Texten. Die Frauenbewegung der Siebzigerjahre, die Verehrung Alice Schwarzers für die französische Philosophin und auch die schlichte Tatsache, dass sie ihren Lebensgefährten um sechs Jahre überlebte und in dieser Zeit ihr Werk fortschrieb, veränderte den Blick auf sie. Es brauchte die Dauer ihres fast achtzigjährigen Lebens, um anzuerkennen, dass Simone de Beauvoir eine Jahrhundert-Denkerin war.
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Rezensionen für Simone de Beauvoir. Frau - Denkerin - Revolutionärin
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Buchvorschau
Simone de Beauvoir. Frau - Denkerin - Revolutionärin - SPIEGEL-Verlag
Inhaltsverzeichnis
Simone de Beauvoir
Vorwort
Leben und Wirkung
Denkerin in der Männerwelt
Was die Frauen Simone de Beauvoir verdanken
Verräterin der Weiblichkeit?
Alice Schwarzer über Simone de Beauvoir
Offene Tür
Die Affäre mit Nelson Algren
Wille zum Glück
Nachruf auf Simone de Beauvoir
„Das Ewig Weibliche ist eine Lüge"
Simone de Beauvoir im Gespräch mit Alice Schwarzer über die Rolle der Frau in der Ehe und als Mutter
Rezensionen
Letzte Worte
De Beauvoirs Buch über das langsame Sterben ihres Lebensgefährten Jean-Paul Sartre
Geheime Schande
Besprechung von „La Vieillesse" (Das Alter)
Alles so ähnlich
Rezension des Romans „Die Welt der schönen Bilder"
Fast ein Meisterwerk
Der Roman „Die Mandarins von Paris"
Die große Sartreuse
Die deutsche Uraufführung von „Die unnützen Mäuler"
Memoiren
Püppchens große Schwester
De Beauvoirs „Memoiren einer Tochter aus gutem Hause" über ihre Kindheit und Jugend
C'est la Stimmung
In Frankreich erscheint der zweite Memoiren-Band – auf Deutsch „In den besten Jahren"
Notre-Dame de Sartre
„Der Lauf der Dinge" – der dritte Band der Memoiren
Anhang
Impressum
Simone de Beauvoir • Einleitung
Simone de Beauvoir
Zur berühmtesten französischen Intellektuellen wurde Simone de Beauvoir, als sie Ende der Vierzigerjahre ihr Buch „Das andere Geschlecht" veröffentlichte. Es ist interessant, sich diesen Zeitpunkt genau zu vergegenwärtigen, 1949, der Krieg war gerade vier Jahre vorüber, die Erfahrungen von Grausamkeit und Zerstörung waren noch frisch, gleichzeitig herrschten Aufbruch und Hoffnung, eine Stimmung des Alles-ist-möglich. Die Radikalität von de Beauvoirs Werk entsprach der Zeit. Dass die Vorstellung von Weiblichkeit eine kulturelle Prägung ist – die zentrale These ihres Buchs – erschien in diesen Jahren besonders plausibel, denn die Frauen in Europa erlebten in den Vierzigerjahren eine kurze Phase größerer Gleichberechtigung, die aus der Not der Zeit geboren war. Bis heute, siebzig Jahre später, ist de Beauvoirs These relevant, was einerseits ein faszinierendes Licht auf ihr philosophisches und analytisches Vermögen wirft, es bezeugt aber auch, dass die Debatte über die Rolle der Frau in einer Wiederholungsschleife festhängt.
Simone de Beauvoirs Werk ist durch ihre biografischen Erfahrungen geprägt. Im Alter von 14 Jahren sagte sie sich vom katholischen Glauben los; sie studierte an der Sorbonne, besuchte die École normale supérieure, mit besten Ergebnissen, und lernte in dieser Zeit den jungen Jean-Paul Sartre kennen, der wie sie zu einem Kreis junger Intellektueller gehörte. Sie war damals, Ende der Zwanziger-, Anfang der Dreißigerjahre, noch davon überzeugt – das geht aus ihren Memoiren hervor –, Frauen und Männern stünden die gleichen Möglichkeiten offen. Es ist interessant zu sehen, wie dieser Irrtum, den de Beauvoir nachträglich erkannte und der ihr Denken beflügelte, von vielen Generationen junger Frauen stets wiederholt wird. Bis heute.
De Beauvoir arbeitete einige Jahre als Lehrerin, doch die Tätigkeit unterforderte sie intellektuell. In diese Zeit fällt ein Heiratsantrag, den Sartre ihr machte, den sie aber ablehnte. Sie begann zu reisen und entdeckte, welche Inspiration das für ihr Denken bedeutete. Im Laufe der Dreißigerjahre verlegten de Beauvoir und Sartre ihren Lebensmittelpunkt zurück nach Paris – allerdings in getrennten Wohnungen – und ihre enge, lebenslange Liebes- und Arbeitsfreundschaft nahm ihren Anfang. In den vielen Texten, die DER SPIEGEL seit 1949 über Simone de Beauvoir veröffentlicht hat, ist nicht nur nachzulesen, wie wegweisend die existenzialistischen Werke der Schriftstellerin und Philosophin zur Zeit ihres Erscheinens waren. Wie ungewöhnlich radikal sie ihr Leben führte. Die Texte zeigen auch, wie gering die Bereitschaft war, Simone de Beauvoir, eine Frau, als eigenständige Denkerin wahrzunehmen. Über Jahrzehnte wird sie von männlichen SPIEGEL-Autoren vielmehr als Anhängsel Sartres beschrieben, als unglückliche Lebensgefährtin, die sich in Affären flüchtete, weil sie unter der offenen Beziehung mit Sartre litt. Dass diese Wahrnehmung einem engen Weltbild geschuldet war, zeigt sich in späteren Texten. Die Frauenbewegung der Siebzigerjahre, die Verehrung Alice Schwarzers für die französische Philosophin und auch die schlichte Tatsache, dass de Beauvoir Sartre um sechs Jahre überlebte und in dieser Zeit ihr Werk fortschrieb, veränderte den Blick auf sie. Es brauchte die Dauer ihres fast achtzigjährigen Lebens, um anzuerkennen, dass sie eine Jahrhundert-Denkerin war.
Claudia Voigt
Leben und Wirkung
SPIEGEL 2/2008
Denkerin in der Männerwelt
Simone de Beauvoir, Philosophin, Schriftstellerin und Frauenrechtlerin, wird zu ihrem 100. Geburtstag neu gelesen – unabhängig von Sartre. Von Romain Leick
Der Tod erschütterte sie nicht. Ihr Lebensgefährte seit über 50 Jahren lag in seiner „kleinen Kiste, er würde da nicht mehr herauskommen, und sie würde nicht mehr zu ihm kommen. Nüchtern stellte sie fest: „Selbst wenn man mich neben Euch beerdigt, von Eurer Asche zu meinen Überresten gibt es keinen Übergang.
Simone de Beauvoir blieb ihrer materialistischen Überzeugung treu. Ihrer katholischen Kinderfrömmigkeit, dem Glauben an den Himmel, hatte sie längst abgeschworen, im Alter von 14 Jahren erklärte sie ihrer Mutter mit trotziger Entschlossenheit: „Ich werde nicht mehr zur Messe gehen."
Der Tod hatte sie getrennt, nicht vereinigt. Dabei war es das Paar des Jahrhunderts: Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre. Als sie am 14. April 1986 starb, sechs Jahre fast auf den Tag genau nach Sartre, ging die Protestbewegung von 1968 endgültig zu Ende. Der Trauerzug in Paris war die letzte Kundgebung der Revolte. Die Kellner der Brasserie La Coupole standen auf der Straße Spalier, die weiße Serviette über den linken Arm geschlagen, um ihrem treuen und prominenten Gast im Intellektuellen- und Künstlerviertel Montparnasse die letzte Ehre zu erweisen.
Der kleine Platz vor der Kirche Saint-Germain-des-Prés in Paris trägt heute ihren Namen, verbunden mit dem von Sartre. Ebenso eine kleine Fußgängerbrücke an der neuen Nationalbibliothek: ein Überweg zu Büchern, das hätte ihr gefallen.
Die beiden sind so nun doch vereint. Dabei hatte sie stets darauf geachtet, ihre Selbständigkeit zu behalten, ihren Freiheitswillen, ihre Lebensfreude, ihre Neugier, ihr Bedürfnis zu schreiben.
Hundert Jahre nach ihrer Geburt am 9. Januar 1908 ist die französische Schriftstellerin und Philosophin Simone de Beauvoir Wegbereiterin für Generationen von Frauen geblieben, eine Autorin, die Emanzipation praktisch lebte und mit ihren Büchern die theoretischen Grundlagen des modernen Feminismus lieferte – Vorbild auch für Alice Schwarzer in Deutschland, die seit Anfang der siebziger Jahre mit ihr befreundet war. Beauvoirs Kultwerk „Das andere Geschlecht", aber auch ihre mehrbändigen Memoiren haben die Debatte über das Verhältnis von Mann und Frau entscheidend geprägt.
„Selbstverständlich ist das Erbe von Simone de Beauvoir nicht auf den feministischen Aspekt zu beschränken, resümiert Schwarzer, die Epigonin, die nie an das Original herankam, „doch es gibt keine Zeile, die nicht durchdrungen wäre von der Tatsache, dass sie eine Frau ist in einer Männerwelt.
Mehrere Bücher und Biografien bemühen sich jetzt, Simone de Beauvoir wieder zu lesen, Neues, Überraschendes in ihrem Werk zu entdecken, vor allem