Aurora Venturinis Roman „Die Cousinen“ hat mich wie kein anderer in den letzten Jahren mitgerissen, verzaubert und geschockt. Ebenso radikal wie die junge Protagonistin Yuna sich in ihrer Malerei ausdrückt, rauscht sie ohne Punkt und Komma durch die Erzählung ihres „monströsen“ Familienlebens. Und auch im zweiten ins Deutsche übersetzten Roman der Autorin, „Wir, die Familie Caserta“, gleicht die Familie der hochbegabten Chela einem lieblosen Gruselkabinett, vor dem sie mit ihrem kleinwüchsigen Bruder und ihren sonderbaren Haustieren auf den Dachboden flieht. „Aurora Venturini war Auge und Stimme des Anderen. Ihre Figuren sind schroffe Sonderlinge und radikale Randaliererinnen“, schreibt Johanna Schwering, die Venturinis Werk wie keine zweite deutschsprachige Person durchdrungen hat, und stellt in ihrem Nachwort fest: „Die Wucht dieser originären Stimme und die Perspektive wütender Mädchenfiguren, die wie ihre Autorin kein Blatt vor den Mund nehmen, sind nur zwei Gründe, die Venturinis Werk den Weg in den weltliterarischen Kanon des 21. Jahrhunderts bereiten.“
Sie wurden für die Übersetzung des Romans „Die Cousinen“ von Aurora Venturini mit dem Preis der Leipziger Buchmesse geehrt. Wie kam es dazu, dass Sie dieses Buch übersetzt haben?
Als „Die Cousinen“ ins Englische übersetzt wurden, stieg die Aufmerksamkeit international. Die englischsprachigen Märkte sind mächtig, das ist immer der Moment, wo die Übersetzungsrechte breit angeboten werden. Der dtv Verlag hat mich gefragt, ob ich Venturini für sie lesen kann. Das habe ich gemacht und sehr schnell gemerkt: Das ist etwas ganz Besonderes. Ich habe für dtv schon viele Gutachten erstellt, und so kannten sie meinen Lektüre-Geschmack und meine Art, Bücher zu lesen. Und dann habe ich noch eine 15-seitige Probeübersetzung gemacht.
Wofür wird eine Probeübersetzung erstellt?
Dafür gibt es unterschiedliche Motivationen. In diesem