Weihnachten mit Helmut Zöpfl
Von Helmut Zöpfl
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Buchvorschau
Weihnachten mit Helmut Zöpfl - Helmut Zöpfl
Weihnachtsgeschichte
Süßer die Glocken nie klingen
oder:
Wie wir heute Weihnachten feiern
Bald ist es so weit
Frische Kirschen und Bananen,
T-Shirts, FC-Bayern-Fahnen,
Büchsenöffner, Hängematten,
Spargelschäler und Krawatten,
Kugelschreiber, Tintenex –
Videos mit Gruppensex
Rheumawäsche, Hosenträger,
Küchenrollen, Tennisschläger,
Zahnpasta, Enthaarungscreme,
Einlagsohlen, ganz bequeme,
Tamagotchie, Heim-Computer,
Kittekat und Hundefutter,
Ostereier, Faschingskrapfen …
Liegn dazwischen Tannenzapfen,
Silber- und Lamettafäden
in den Schaufenstern der Läden,
sind wir in der staaden Zeit,
Weihnachten ist nicht mehr weit.
Durch die Lautsprecher Reklame,
Werbesprüche, einprägsame,
Billigsonderangebote,
Intimsprays, besondre Note,
Reifenquietschen, Schimpfen, Fluchen,
schnell Last-minute-Urlaub buchen …
Tönen dazu Glockenklänge,
Hirtenlieder, Dreigesänge,
sind wir in der staaden Zeit,
Weihnachten ist nicht mehr weit.
Nikolotchie
Früher kam der Nikolaus
zu den Kindern noch nach Haus,
mit Knecht Ruprecht oder gar
mit einer kleinen Engelschar.
Jener las oft die Leviten,
lobte aber auch Meriten.
Und dann holte Nikolaus
aus dem großen Sack heraus
Äpfel, Birnen, Haselnuss
und womöglich auch zum Schluss
eine Rute noch geschwind
für das nicht so brave Kind.
All das ist Vergangenheit,
liegt nicht mehr im Geist der Zeit.
Nikolaus und Bischofsmütze
sind in einer Zeit nichts nütze,
in der Technik garantiert
Leistungswettbewerb regiert.
Kinder fördern ohne Ruh
heißt's, sonst schrumpft ja ihr IQ.
Sang man früher hie und da:
»Lustig, lustig, trallala«
oder »Leis rieselt der Schnee«,
geht es heut um CAD,
Anschluss an das Internet,
denn wie schnell ist es zu spät,
lernt das Kind nicht früh verstehn
mit Computern umzugehn.
Haltet statt mit Niklausgab
euer Kind gezielt auf Trab.
Wer an Kindes Zukunft denkt,
Software oder Hardware schenkt.
Doch modern sein heißt auch nicht
den totalen Brauch-Verzicht.
Denn der gute Nikolaus
darf auch weiter noch ins Haus.
Allerdings nicht wie zuvor
durch das Stiegenhaus, Tür, Tor.
Er kommt nun auf Interline
zu dem lieben Kinderlein,
allwo dies emanzipiert
Nikolaus nun dirigiert.
Sagt der was, was stört das Kind,
schmeißt es sogleich ganz geschwind
digital Sankt Nikolaus
aus dem Bildschirm einfach raus.
Passt ihm was nicht in den Kram,
wählt's ein anderes Programm,
welches ihm verheißt mehr Spaß.
Beispielsweis den Osterhas,
der nicht wie der Weihnachtsbot
ihm gar mit der Rute droht,
allenfalls nach einem Nest
Kinder surfend suchen lässt,
das der Has im Internet
zwischen Sex und Crime versteckt.
Nikolaus sagt nimmermehr:
»Vom Wald da draußen komm ich her«,
kommt nicht durch Schornstein oder Tür,
durch Windows, CD-ROM dafür.
Nicht Kettenklirren, Glockenklang,
ein Piep, piep, kündigt ihn jetzt an,
der wie eine Flunder, ach,
erscheint nun auf dem Bildschirm flach.
Hat aber man noch nicht zu Haus
Computer, muss den Nikolaus
nicht missen heutzutag ein Kind,
denn die Technik ist geschwind.
Erfindergeist wird niemals ruhn.
Nach dem Tamagotchie-Huhn
kommt nun aus Japan wieder, klar,
der Nikolotchie wunderbar,
der rechtzeitig zum Weihnachtsfest
die Herzen höher schlagen lässt.
Ein Knopfdruck von den Kinderlein
haucht Nikolotchie Leben ein.
Darauf ertönt ein Piepser-Ton
und Nikolotchie ist jetzt »on«.
»Vom Himmel hoch, da komm ich her,
ich will euch sagen, es weihnachtet sehr«,
ertönt's aus dem Computer dann
und darauf zeigt derselbe an:
»Sag auf ein Nikolausgedicht!«
Und wenn man dann dasselbe spricht,
der Nikolaus ganz freundlich lacht.
Das heißt: »Das hast du gut gemacht!«
Und zur Belohnung, heißassa,
erklingt es: »Lustig, trallala.«
Der Nikolotchie ist erpicht,
dass man ihn füttert mit Gedicht,
mit frommen Liedern und Gebet
den ganzen Tag von früh bis spät.
Doch wenn der Input mal nicht stimmt,
dies Nikolotchie übel nimmt.
Dann macht es auf dem Bildschirm »peng«.
Nun zeigt er Sack und Rute streng.
Und wiederholt sich das, oh Graus,
dann flippt der Nikolotchie aus.
Er ruft per Notruf, eins, zwei, drei,
den wilden Krampus schnell herbei.
Und der erscheint auch schon schnurstracks,
packt in den Sack dann, hurradax,
das böse Kind, das nicht gepflegt
und nicht laut Anweisung umhegt
den guten Nikolotchie hat,
der, ach, ein toter Apparat
nun ist, ganz ohne Leben drin.
Und den, weil er ohne Sinn,
umweltbewusst und ganz korrekt
Krampus in den Container steckt,
sich auf die Kutsch zum Himmel schwingt,
ihn dorthin zur Entsorgung bringt.
Nikolausfeier
Letztes Mal haben wir wieder einmal im Dezember eine wirklich schöne Veranstaltung in meinem Verein gehabt.
Da ist also der Weihnachtsmann zu unsere Kids' kommen. Mit einem echten Snow-car ist er daherdrived.
Eine richtige Girlgroup hat er in seiner Connection gehabt, die wo aber auf Engel hergestylt waren.
Ich hätt ja lachen können, wie clever heutzutag schon unsere Minis sind. Baggert da nicht gleich einer von den Jungs den Weihnachtsmann an und sagt zu ihm: »Halloh, Santa Claus, stimmt's oder hab ich Recht, dass du heut Geburtstag feierst?«
Und dann hat er ihm ganz ohne Playback einfach live »Happy Birthday« vorgesungen.
Der Weihnachtsmann war sichtlich amused.
Dann hat die Frau von unserm Kassier, die Frau Hirschnagl, auf'm Keyboard »Jingle bells« gespielt.
Auf das hin hat der Weihnachtsmann so eine Art Small talk mit den Kids gemacht, aber nicht streng, sondern ganz easy, halt bloß just for fun.
Dann hat er seinen Laptop raus'zogen und davon eine Art Weihnachtsstory abgelesen.
Nachher hat er in seinen Sack hineingelangt und den Kids in ihre Moon-boots-Schuh', die wo sie schon vorher hingestellt haben, lauter kleine Presents hineingelegt, Sweeties wie Smarties und Choco-nuts, aber auch ganz moderne Energy-drinks und halt so kleine Zeichentrickfiguren wie beispielsweis die Turtles oder den He-Man.
Dann haben wir die elektrische Beleuchtung ausgeschaltet.
Beim Candle-light hat schließlich der Berger Jonny, den wo wir eigens von Oberaudorf einjetten haben lassen, auf seiner Oldtimer-Zither »Jetzt wird's scho glei dumpa« gespielt.
Richtig geil haben sogar die Kids den Sound gefunden.
Kurzum, das Ganze war ein Riesen-Event und ich bin immer wieder richtig happy, wenn uns einmal ein solches Highlight wie der Abend glückt. Da kann man nämlich auch noch in unsere Tag' live erleben, dass wir halt doch grad um die Christmas-Zeit rum immer noch unser schönes, altes Brauchtum hochhalten.
Die Weihnachtsfeiervorbereitung
Rechtzeitig zum Sommeranfang fand auch dieses Jahr wieder im Nobelrestaurant Kaiser im kleinen Vorstandskreis der führenden Computerfirma »Art Soft« die Vorbesprechung für die diesjährige Weihnachtsfeier statt. Herr Dr. Knut Klawuttke war mit der Organisation beauftragt.
»Ich darf Sie«, verkündete er einleitend, »den sehr geehrten Herrn Kollegen von Düringshofen, ebenso herzlich begrüßen wie Sie, lieber Herr Müller-Menterschweige. Ich glaube, wir sollten zunächst einmal, äh, wenn ich so sagen darf, Systemkritik an unserer letztjährigen Weihnachtsfeier üben. Ich darf Sie bitten mir ganz ungeschützt zu sagen, wenn Ihnen etwas nicht gefallen hat.«
»Nö, nö«, meinte Herr Müller-Menterschweige, »da gibt's wohl im Nachhinein nicht viel einzuwenden. Erste Sahne, wenn ich so sagen darf Habe selten so gut und viel gegessen wie an diesem Abend. Auch der Wein, exzellent. Meine Frau hat noch nie so'n gutes Dessert gegessen, sie schwärmt heute noch davon.«
»Bloß der Bärwurz«, unterbrach von Düringshofen, »bloß der Bärwurz …«
Klawuttke schaute ihn erstaunt an. »Bärwurz? Wieso Bärwurz?«
»Ja, weil der eben nicht da war. Wir wollten doch einen Bärwurz trinken. Als Verdauungsschnaps sozusagen – und in dem ganzen Nobelrestaurant war kein Bärwurz aufzutreiben«, monierte von Düringshofen.
»Ach ja, ich entsinne mich«, lachte Müller-Menterschweige, »aber das war ja nicht so tragisch. Wir haben doch dann eine Lage Enzian nachgetrunken. Hat hervorragend geschmeckt im Übrigen, der Enzian.«
»Enzian ist kein Bärwurz«, verbesserte ihn von Düringshofen, »Enzian kommt aus dem Gebirge und der Bärwurz aus dem Bayrischen Wald. Der Bayrische Wald ist ja wohl nicht aus der Welt und deswegen ist es mir unverständlich, dass so ein Nobelrestaurant wie Kaiser keine Bärwurz hatte. Ja, aber sonst war ja alles bestens in Ordnung.«
»Kann ich also davon ausgehen«, meinte Klawuttke, »dass wir auch heuer wieder auf dieses bewährte Lokal mit seinem hervorragenden Service zurückgreifen sollen? Oder sollten wir nicht lieber mal die Lokalitäten wechseln?«
»Um Gottes willen!«, riefen alle beide wie aus einem Munde. »Der Kaiser ist erste Sahne. Vor allem, was Weihnachtsveranstaltungen anbetrifft.«
»Danke für die Zustimmung«, rief Klawuttke, »das erspart mir, dass ich ein neues Lokal suchen muss. Ich verspreche Ihnen schon heute, Herr von Düringshofen, dass ich rechtzeitig dafür sorgen werde, dass der Wirt eine Flasche Bärwurz für Sie kalt stellt. Aber mir geht es in der heutigen Sitzung mehr darum, die inhaltliche Seite des Abends zu besprechen, zum Beispiel, wie der musikalische und literarische Ablauf sein soll.«
»Ich würde sagen«, rief Müller-Menterschweige, »wir lassen das Ganze so wie im Vorjahr. Es war ja alles recht hübsch. Meiner Frau hat am besten die Geschichte gefallen, die dieser Dingsda vorgelesen hat. Können Sie sich noch daran erinnern? Dieses Streitgespräch zwischen einem Semmelknödel und einem Leberknödel. Haben wir gelacht!«
»Ha, ha, ha«, lachte jetzt auch von Düringshofen, »ich muss heute noch schmunzeln, wenn ich daran denke. Immer wenn ich einen Leberknödel esse, fällt mir die herrliche Geschichte ein. Wissen Sie eigentlich, wo man diese Geschichte finden kann, Herr Dr. Klawuttke? Ich hätte sie gerne noch einmal nachgelesen.«
»Nein, leider«, meinte Klawuttke.
»Schade«, murmelte von Düringshofen, »schade, ich hab Tränen gelacht.«
»Wissen Sie, äh«, meinte nun Klawuttke, »heuer kommt für unsere Feier etwas Problematisches dazu. Wir müssen nämlich aus einem ganz bestimmten Grund unser Programm etwas anders gestalten.«
»Anders gestalten?«, fragte Müller-Menterschweige erstaunt. »Heißt das, dass wir dieses Jahr auf die Trüffelnudeln verzichten müssen? Unter uns gesagt, ich hab noch kein Lokal gesehen,