Stranddistel: Leni Behrendt Bestseller 54 – Liebesroman
Von Leni Behrendt
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Abendfriede lag über Uthersbrünn. Den großen Gutshof, auf dem eben noch reges Leben geherrscht, hatten die Arbeiter verlassen, um in den Ställen das Vieh zu versorgen. Ab und zu klang Lachen gedämpft durch die Türen, ein Zeichen, daß man bei der Arbeit recht vergnügt war. Nun, dazu hatte man auch allen Grund; denn es arbeitete sich gut unter dem Befehl der Herrin von Uthersbrünn. Obgleich es März war, stellte sich immer noch Frost ein. Von den Dachrinnen hingen dicke Eiszapfen, die im funkelnden Licht der untergehenden Sonne wie herrliche Diamanten gleißten. Der Schnee glitzerte an manchen Stellen wie grober Zucker, und doch lag schon ein Frühlingsahnen in der Luft. Gerade als die Turmuhr des Herrenhauses zu sechs dumpftönenden Schlägen ausholte, klangen die Glocken der kleinen Schloßkapelle, die ein wenig abseits des Gutes auf einer Anhöhe stand, melodisch in das dumpfe Getön. Hellklingend läuteten sie den Abend ein. Noch waren die Töne nicht verklungen, als eine Seitentür des Hauses geöffnet wurde und ein Mädchen hinaustrat. Entzückt blieben die blauen Augen an dem rotglühenden Sonnenball haften, der durch die kahlen Äste der Parkbäume hindurchleuchtete. Gleichzeitig vernahm das Ohr die Glockenklänge, und es war dem Mädchen wohl kaum bewußt, daß es die Hände über der Brust faltete wie in stillem Gebet. Erst als der letzte Glockenton verhallt war, schritt die schlanke Gestalt ohne Eile den Parkweg entlang. Der Schnee knackte unter den leichten Füßen wie sprödes Glas. Der Abendwind fuhr sacht durch die Bäume und schlug die gefrorenen Äste zusammen, daß es ein Klingen gab wie bei einer Äolsharfe, so lieblich und zart. Am Horizont loderte es wie ein Flammenmeer. Die Augen des jungen Mädchens strahlten vor Lebensfreude, der rote Mund lachte. Das Lachen wurde hörbar, als es den Mann entdeckte, der an der Parkmauer stand und mißmutig umherschaute. »Nanu, Achim, du machst ja ein Gesicht, als wäre dir die Petersilie verhagelt«, neckte sie ihn, der nun auf sie zutrat.
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Stranddistel - Leni Behrendt
Leni Behrendt Bestseller
– 54 –
Stranddistel
Leni Behrendt
Abendfriede lag über Uthersbrünn. Den großen Gutshof, auf dem eben noch reges Leben geherrscht, hatten die Arbeiter verlassen, um in den Ställen das Vieh zu versorgen. Ab und zu klang Lachen gedämpft durch die Türen, ein Zeichen, daß man bei der Arbeit recht vergnügt war. Nun, dazu hatte man auch allen Grund; denn es arbeitete sich gut unter dem Befehl der Herrin von Uthersbrünn. Obgleich es März war, stellte sich immer noch Frost ein. Von den Dachrinnen hingen dicke Eiszapfen, die im funkelnden Licht der untergehenden Sonne wie herrliche Diamanten gleißten. Der Schnee glitzerte an manchen Stellen wie grober Zucker, und doch lag schon ein Frühlingsahnen in der Luft. Gerade als die Turmuhr des Herrenhauses zu sechs dumpftönenden Schlägen ausholte, klangen die Glocken der kleinen Schloßkapelle, die ein wenig abseits des Gutes auf einer Anhöhe stand, melodisch in das dumpfe Getön. Hellklingend läuteten sie den Abend ein. Noch waren die Töne nicht verklungen, als eine Seitentür des Hauses geöffnet wurde und ein Mädchen hinaustrat. Entzückt blieben die blauen Augen an dem rotglühenden Sonnenball haften, der durch die kahlen Äste der Parkbäume hindurchleuchtete. Gleichzeitig vernahm das Ohr die Glockenklänge, und es war dem Mädchen wohl kaum bewußt, daß es die Hände über der Brust faltete wie in stillem Gebet.
Erst als der letzte Glockenton verhallt war, schritt die schlanke Gestalt ohne Eile den Parkweg entlang. Der Schnee knackte unter den leichten Füßen wie sprödes Glas. Der Abendwind fuhr sacht durch die Bäume und schlug die gefrorenen Äste zusammen, daß es ein Klingen gab wie bei einer Äolsharfe, so lieblich und zart. Am Horizont loderte es wie ein Flammenmeer.
Die Augen des jungen Mädchens strahlten vor Lebensfreude, der rote Mund lachte. Das Lachen wurde hörbar, als es den Mann entdeckte, der an der Parkmauer stand und mißmutig umherschaute.
»Nanu, Achim, du machst ja ein Gesicht, als wäre dir die Petersilie verhagelt«, neckte sie ihn, der nun auf sie zutrat.
»Du kommst recht spät, Melitta. Es ist bereits zehn Minuten über die vereinbarte Zeit«, sagte er vorwurfsvoll, worauf sie erwiderte:
»Dafür ist es ja auch ein Rendezvous, mein lieber Achim. Also gehört es sich, daß die Angebetete den Liebsten warten läßt. Mach bloß ein freundlicheres Gesicht, sonst laufe ich gleich wieder davon.«
Stürmisch wollte er sie an sein Herz ziehen, doch sie trat hastig einen Schritt zurück.
»Bitte nicht, Achim, es könnte uns jemand sehen.«
»Sei doch nicht so prüde«, mehrte sich sein Ärger. Erst einen Kuß habe ich von dir bekommen. Schließlich bist du doch meine Braut –«
»Noch nicht«, unterbrach sie ihn ruhig. »Noch trage ich nicht deinen Ring.«
»Spießig bis dort hinaus. Dazu stets rücksichtsvoll gegen andere – nur nicht gegen mich.«
»Worin soll diese Rücksichtnahme wohl bestehen?« fragte sie spöttisch. »Etwa darin, daß ich mich von dir abknutschen lasse wie das erste beste Gänschen? Das würde mich doch wohl in deinen Augen herabsetzen, nicht wahr? Außerdem würde ich dann meiner Herrin, die so großes Vertrauen in mich setzt, nicht mehr frei in die Augen schauen können.
Und nun sei friedlich, du Dummer. Schau dir mal den Sonnenuntergang an. Ist der nicht herrlich?«
»Ach was –«, brummte er verdrossen. »Den genieße ich jeden Tag. Aber nicht dich, woran mir mehr gelegen ist als an sämtlichen Naturschönheiten der Welt. Du machst dich doch wahrhaftig rar genug, ich bekomme dich kaum zu sehen. »
»Aber du siehst mich doch jeden Tag –«
»Geschäftlich, jawohl, immer im Beisein anderer. So richtig allein habe ich dich für mich wohl noch nie gehabt während unserer vierwöchigen Verlobungszeit. Immer strenge Distanz. Melitta, du hast einfach kein Blut in den Adern –«
Ironisch klang es, als sie sagte:
»Soso. Nur immer gemach, mein Lieber. Warte ab, bis wir verheiratet sind. Dann wirst du die gewünschte Zweisamkeit schon noch genießen dürfen.«
»Ich höre immer heiraten –«, lachte er ärgerlich. »Das kann noch eine gute Weile dauern. Hast du der Alten überhaupt schon nahegelegt…«
»Achim, ich verbiete dir, daß du so verächtlich von unserer Herrin sprichst«, blitzte sie ihn an. »Das hat sie doch wahrhaftig nicht um dich verdient.«
»Fehlt nur noch, daß du mir die Wohltaten einzeln aufzählst«, unterbrach er sie. Doch sie ließ sich nicht beirren, sondern sprach kühl weiter:
»Wenn du es so nennen willst – bitte. Jedenfalls steht fest, daß sie