Schenk mir dein Lächeln
Von Lynne Marshall
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Über dieses E-Book
Dr. John Griffin ist Schwester Polly ein Rätsel: Für seine kleinen Patienten im Angel’s hat er immer ein Lächeln übrig, ihr jedoch zeigt er die kalte Schulter. War es ein Fehler, sich von ihm zum Dinner einladen und zu einer zärtlichen Liebesnacht verführen zu lassen?
Lynne Marshall
Die USA-Today-Bestsellerautorin Lynne Marshall war beim Schreiben eine Spätzünderin: Lange dachte sie, sie hätte ein ernsthaftes Problem, weil sie so oft Tagträumen nachhing. Doch dann fand sie heraus, dass sie diese einfach niederschreiben konnte und daraus tolle Geschichten entstanden! Diese Erkenntnis traf sie erst, als ihre Kinder schon fast erwachsen waren. Über das fast leere Haus tröstet sie heute das Schreiben über die Liebe, das Leben und Happy Ends hinweg. Lynne Marshall ist stolze Mutter und Oma, und sie liebt Babys, Hunde, Bücher, Musik und das Reisen.
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Buchvorschau
Schenk mir dein Lächeln - Lynne Marshall
IMPRESSUM
Schenk mir dein Lächeln erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2013 by Harlequin Books S.A.
Originaltitel: „NYC Angels: Making the Surgeon Smile"
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN
Band 67 - 2014 by HARLEQUIN ENTERPRISES GmbH, Hamburg
Übersetzung: Michaela Rabe
Umschlagsmotive: bbernard_Shutterstock
Veröffentlicht im ePub Format in 10/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733728151
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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1. KAPITEL
Polly Seymour hastete in die Eingangshalle des Angel Mendez Children’s Hospital, von allen liebevoll nur Angel’s genannt, und eilte über den spiegelblanken Marmorfußboden. Ausgerechnet heute an ihrem ersten Tag als Krankenschwester in der Orthopädie hatte die U-Bahn von der Lower East Side bis zum Central Park länger gebraucht. Und Polly wollte an diesem Montag auf keinen Fall zu spät kommen.
Um sich nicht in einen der überfüllten Fahrstühle zwängen zu müssen, entschied sie sich fürs Treppenhaus. Zwei Stufen auf einmal nehmend lief sie hinauf in den sechsten Stock. Dabei ging ihr durch den Kopf, was sie in der letzten Woche bei der allgemeinen Einführung in den Organisationsablauf des Krankenhauses gelernt hatte. Oberster Grundsatz: Das Angel Mendez Children’s Hospital weist nie ein Kind ab.
Eine Philosophie, mit der sie gut leben konnte.
Sie hatten ja sogar sie akzeptiert, ein Mädchen, das von Tanten und Onkeln immer nur mitleidig „die arme Polly" genannt wurde. Im Angel’s war sie jedoch mit offenen Armen aufgenommen worden.
Atemlos stürzte sie in den Flur, rannte weiter und dabei einen Mann im Arztkittel über den Haufen. Oder beinahe. Athletisch gebaut wie ein Football-Spieler, mit kurzem braunen Haar, in dem sich viele attraktive silbergraue Strähnen zeigten, blieb er stehen wie ein Baum, fasste sie bei den Schultern und bewahrte sie dadurch vor einem peinlichen Sturz.
„Vorsicht, Küken", sagte er und klang wie ein bärbeißiger Cowboy aus einem Clint-Eastwood-Streifen.
Zutiefst verlegen holte sie bebend Luft. „Verzeihen Sie, Dr. … Sie blickte von den braunen Augen hin zu seinem Namensschild. „Dr. Griffin.
Ach, du Schande, stand da wirklich Ltd. Chefarzt Orthopädie? Dann war er ihr Boss. Auch das noch!
Der erste Eindruck zählt, hieß es doch immer. Und den hatte sie gründlich verdorben. Ohne ihm eine weitere Gelegenheit zu geben, sie „Küken zu nennen – für wie alt hielt er sie? Dreizehn? – deutete sie auf die Automatiktüren zur Station und ließ ihn mit einem zerknirschten „Entschuldigung …
stehen.
An der Schwesternstation zog sie den Riemen der Umhängetasche über den Kopf, schälte sich aus ihrer Jacke und deponierte beides, Jacke und Tasche, schwungvoll auf dem Tresen. „Ich bin Polly Seymour. Ich fange heute hier an. Ist Brooke Hawkins da?"
Die junge Frau mit den unzähligen winzigen Zöpfchen, die sie zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst trug, hob den Kopf, sah Polly mit ihren großen schokoladenbraunen Augen an, lächelte gezwungen und zeigte den Flur hinunter. „Die lange Rothaarige", gab sie knapp Auskunft und tippte weiter Laborwerte in den Computer ein.
Polly raffte ihre Sachen zusammen und flitzte zu der Stationsschwester. Brooke begrüßte sie mit einem herzlichen Lächeln, und das nervöse Flattern in Pollys Magen legte sich ein wenig.
„Sie sind früh dran, meinte Brooke nach einem Blick auf ihre Uhr. „Ich habe Sie nicht vor sieben Uhr erwartet.
„Ich wollte die Übergabe nicht verpassen, und außerdem habe ich keine Ahnung, wo ich meine Sachen unterbringen oder meine Arbeitszeit eingeben soll", stieß sie hastig hervor, immer noch außer Atem.
„Kommen Sie. Die Stationsschwester deutete auf eine Tür, zu der der Weg leider an dem hochgewachsenen Arzt vorbeiführte. „Wie ich gesehen habe, sind Sie unserem Chef schon in die Arme gerannt. Buchstäblich
, fügte sie augenzwinkernd hinzu.
Polly legte eine Hand an die linke Schläfe, um ihr Gesicht vor dem Mann zu verbergen, der einige Schritte entfernt stand und sie immer noch betrachtete. „Ich glaube, er hat mich für eine Patientin gehalten."
„Hat er Sie angelächelt?"
„Ja."
„Dann hat er auf jeden Fall gedacht, Sie wären eine Patientin. Mitarbeiter lächelt er nie an."
Eine Stunde später stand Polly in einem Vierbettzimmer, um bei jedem Kind die Vitalzeichen zu kontrollieren, als eines von ihnen herzzerreißend zu weinen anfing.
Polly blickte über die Schulter. „Was ist los, Karen?" Das kleine Mädchen hatte Sichelfüße gehabt, eine Fußfehlstellung, bei der die Zehen und der Mittelfuß nach innen gewölbt waren. Jetzt trug sie beide Beinchen in Gips, verbunden mit einer Metallstange, damit ihre Füße in genau der richtigen Position blieben.
Karen brüllte aus Leibeskräften, und Polly nahm sie aus dem Gitterbett. Mit dem Gips wog die Kleine gut zehn Pfund mehr. „Honey, was hast du denn?", murmelte Polly und strich ihr beruhigend über den Rücken.
Ohne Ergebnis. Das Geschrei wurde noch lauter, und Polly versuchte es mit Singen. Aber auch das muntere Kinderlied half nichts. Womit konnte sie die Kleine noch ablenken?
„Oh, sieh mal! Sieh mal da! Sie stellte sich mit ihr ans Fenster, von dem aus man einen herrlichen Blick auf den Central Park hatte. „Wie schön, siehst du?
Hoffnungsvoll zeigte sie auf die prachtvollen grünen Bäume, von denen einige selbst Ende Juni noch mit weißen und rosa Blüten bezauberten.
„Nein!" Wild schüttelte Karen den Kopf und plärrte weiter.
Polly setzte sich das Mädchen auf die Hüfte, soweit der Gips es zuließ, und hüpfte mit ihr durchs Zimmer. „Hoppe, hoppe, Reiter …, sang sie. „Hüh, Pferdchen, hüh!
„Nein hüh!", protestierte ihr Schützling ungnädig und bekam einen Schluckauf.
„Dann fresse ich dich! Polly tat, als wollte sie ihr in die Schulter beißen. „Rrrr, Rrrr!
„Nicht fressen, nein, nicht fressen!"
„Ich will auch reiten!", verlangte Felicia, die Fünfjährige mit dem Gipsarm.
Polly tanzte zu dem Bettchen in der Zimmerecke. „Hörst du, Karen, Felicia will reiten."
Aber Karens Kummer schien ansteckend zu sein, denn jetzt weinten beide Mädchen. Weder die albernen Grimassen noch die lustige Kinderlieder, die Polly zum Besten gab, konnten die Welle der Traurigkeit, die das Vierbettzimmer überschwemmte, aufhalten. Auch Erin in Bett C, deren rechter Arm in einer Schlinge lag, stimmte in das Geheul mit ein. Nur das Mädchen in Bett D schlief seelenruhig.
Allerdings war es nur eine Frage der Zeit, bis auch dieses Kind schreiend seinen Unmut kundtun würde.
„Hallo, hallo!", ertönte eine tiefe Stimme hinter ihr.
Als sie sich verwundert umdrehte, entdeckte sie Dr. Griffins breitschultrige Gestalt an der Tür. Er griff in seine Kitteltasche, förderte eine Hand voll bunter Gummischlangen zutage und wedelte damit herum. Dann fing er an zu schielen, spitzte die Lippen und stieß einen trompetenden Laut aus, als wäre ein Elefant im Anmarsch.
Polly konnte sich nur mit Mühe ein Lachen verkneifen. Blitzschnell blies er gelbe und grüne Gummischlangen auf und formte sie zu einem Schwan. Alle Kinder waren so fasziniert, dass sie prompt aufhörten zu brüllen und den Magier im weißen Kittel mit großen Augen anstarrten.
„Bitte schön, Karen. Hier hast du einen neuen Freund zum Spielen", sagte Dr. Griffin.
Zu Pollys Erstaunen nahm Karen das Geschenk mit einem glücklichen Lächeln entgegen. Wären da nicht die Tränenspuren auf den nassen Wangen gewesen, niemand hätte vermutet, dass sie noch vor wenigen Minuten ergreifend geschluchzt hatte.
„Ich auch!" Felicia streckte den gesunden Arm aus.
Dr. Griffin ging zu ihr ans Bettchen und tätschelte ihr die Hand. „Welche Farbe möchtest du?"
„Rot."
„Möchtest du eine Krone oder ein Äffchen?"
„Beides!"
Sekunden später trug Felicia eine rote Ballonkrone und gab ihrem lila Äffchen einen quietschenden Kuss.
Als Dr. Griffin Polly ansah, blitzten seine dunklen Augen triumphierend. Der Mann strahlte einen rauen Charme aus, dem sie sich nicht entziehen konnte. Im Handumdrehen hatte er zwei weitere Luftballons aufgeblasen und sie geschickt zu lustigen Tieren geformt. Eins reichte er dem dritten Kind, das zweite legte er auf die Bettdecke des schlafenden Mädchens.
Auf dem Weg zur Tür blieb er bei Polly stehen, die Karen gerade wieder ins Bett gelegt hatte, und blies einen letzten Ballon auf. Ein himmelblaues Schwert entstand, das er Polly in die Hand drückte. „Nutzen Sie das, wenn Sie mal wieder Ihren Tag retten wollen. Zufrieden sah er sich um. Alle Kinder waren ruhig und friedlich. „So macht man das.
Sie hätte schwören können, dass er es sich gerade noch verkniffen hatte, sie wieder „Küken" zu nennen.
Er verschwand so schnell, wie er aufgetaucht war, und Polly kam sich mit dem blauen Ballonschwert in der Hand ein bisschen albern vor. Aus dem Flur drangen Stimmen herein, die eines Jungen und seiner Krankenschwester.
„Ich hab keine Lust, laufen zu üben", beschwerte er sich.
Auch hier übernahm Dr. Griffin sofort. „Wetten, du traust dich nicht, noch zehn Schritte zu schaffen, Richie?, sagte er aufmunternd. „Mal sehen, wer von uns schneller an der Wand da ist.
War das wirklich der Mann, von dem alle behaupteten, er würde nie lächeln?
Leicht beschämt bei dem Gedanken daran, wie großartig der grimmige Doktor mit Kindern umging, widmete sich Polly ihren Pflichten. Sie verteilte Medikamente und badete drei ihrer vier Patientinnen. Am frühen Vormittag kam die Spieltherapeutin und nahm ihr Karen und Felicia für eine Stunde ab. Inzwischen war auch Erins Mutter gekommen, sodass sich Polly ganz auf ihr Dornröschen Angelica konzentrieren konnte.
Die Kleine litt an der Glasknochenkrankheit und war zur Schmerzkontrolle stationär aufgenommen worden. Außerdem war sie infolge der Erkrankung schwerhörig, was sicher erklärte, warum sie inmitten des Chaos vorhin einfach weitergeschlafen hatte.
Polly beschloss, die Dreijährige schlafen zu lassen, und verließ das Zimmer, um ihre morgendlichen Notizen in den Computer einzugeben.
„Na, wie steht’s?", fragte Darren, ein Pflegehelfer mittleren Alters, der seine grauen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden trug. Das verblasste Tattoo auf seinem Oberarm verriet, dass er früher bei der Marine gewesen war.
„Sehr gut. Und selbst?"
„Alles wie immer. Hart arbeiten, Kindern helfen, anständig verdienen und sich auf die freien Tage freuen."
Polly war nicht gerade begeistert von der Stimmung, die auf der Station herrschte. Sicher, sie war von erfahrenen Pflegekräften umgeben, die gewissenhaft ihrer Arbeit nachgingen. Doch obwohl sich alle duzten, schien die Freude zu fehlen, die Begeisterung. Eine Atmosphäre, die Polly nur schwer ertrug. Sie selbst hatte früh gelernt, sich die Sonne ins Leben zu holen. Reine Überlebenstaktik. Irgendwann, so nahm sie sich vor, würde sie einen Weg finden, auch hier mehr Licht in den Laden zu bringen.
Eine Krankengymnastin kam vorbei, begleitete einen ungefähr Zehnjährigen, der sich mit seiner Gehhilfe abmühte. Polly winkte ihnen fröhlich zu. Die Physiotherapeutin nickte kaum merklich, doch der Junge war so sehr in seine Aufgabe vertieft, dass er nicht einmal aufblickte.
Was hatte jemand während der Einführung noch gesagt? Das Angel’s ist der freundlichste Ort der ganzen Stadt.
Wirklich?
Polly wandte sich an Darren. „Zeigst du mir, wie der Patientenlifter funktioniert? Ich muss eine Patientin wiegen und ihr Bett neu beziehen."
„Klar."
„Das ist nett. Danke!"
„Jetzt?"
„Was du heute kannst besorgen …", antwortete sie munter, speicherte ihre Eintragungen und ging mit Darren zu ihrem Zimmer.
Behutsam hoben sie Angelica aus dem Bett. Stumm blickte die Kleine sie dabei an. Der normalerweise weiße Teil um ihre hübschen grauen Augen