Julias Weg ins Glück?: Der Bergpfarrer 343 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Julia Dippl hatte den Abendessentisch besonders liebevoll gedeckt. An diesem Tag, es war der 27. September, war es genau ein Jahr her, dass sie und Manfred sich verlobt hatten. Julia wollte keinen großen Akt aus diesem Jahrestag machen, aber sie fand es einfach schön, ihn in besonderer Stimmung zu genießen. Manfred Ebner, ihr Verlobter, war Außendienstmitarbeiter bei einem Münchener Großhandel für Bürobedarf. Er und Julia kannten sich seit über drei Jahren. Es ging auf achtzehn Uhr zu. Julia hatte sich an diesem Tag schon etwas früher freigenommen, um alles für den Abend vorzubereiten. Sie wollte Manfred mit seiner Leibspeise verwöhnen; Zwiebelrostbraten mit Bratkartoffeln. Der Geruch des bratenden Fleisches erfüllte die Wohnung. Auf dem Tisch standen eine Flasche Trollinger, rot und halbtrocken, wie Manfred den Wein liebte, sowie zwei Gläser. Julia wollte an diesem Abend ihre Beziehung mit Manfred etwas auffrischen, denn was vor drei Jahren so liebevoll begonnen hatte, war Alltag geworden. Darum hatte sie sich für Manfred schön gemacht und einen engen, schwarzen Rock angezogen, der nicht ganz bis zu den Knien reichte, eine transparente Strumpfhose sowie eine dunkelgrüne Bluse. Rock und Bluse brachten ihre weiblichen Proportionen voll zur Geltung. Die langen, blonden Haare, die sie meistens zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden oder aufgesteckt hatte, trug sie offen, Augen und Lippen waren dezent geschminkt. Alles in allem war die dreißigjährige Julia eine sehr schöne, begehrenswerte und verführerische Frau, deren Ausstrahlung sich kein Mann entziehen konnte. Leider hatte sich Manfred in den vergangenen Monaten zu einem ausgesprochenen Langweiler entwickelt. An den Abenden saß er am liebsten auf der Couch, schaute auf den Fernseher und trank dazu Bier. Er hatte an Gewicht zugelegt und von dem einmal so sportlichen Typ war nicht mehr viel übrig geblieben. Wenn sie irgendeine Unternehmung vorschlug, lehnte er mit fadenscheinigen Argumenten ab.
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Buchvorschau
Julias Weg ins Glück? - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 343 –
Julias Weg ins Glück?
Ich beginne mein Leben neu!
Toni Waidacher
Julia Dippl hatte den Abendessentisch besonders liebevoll gedeckt. An diesem Tag, es war der 27. September, war es genau ein Jahr her, dass sie und Manfred sich verlobt hatten. Julia wollte keinen großen Akt aus diesem Jahrestag machen, aber sie fand es einfach schön, ihn in besonderer Stimmung zu genießen.
Manfred Ebner, ihr Verlobter, war Außendienstmitarbeiter bei einem Münchener Großhandel für Bürobedarf. Er und Julia kannten sich seit über drei Jahren. Vor anderthalb Jahren waren sie zusammengezogen …
Es ging auf achtzehn Uhr zu. Julia hatte sich an diesem Tag schon etwas früher freigenommen, um alles für den Abend vorzubereiten. Sie wollte Manfred mit seiner Leibspeise verwöhnen; Zwiebelrostbraten mit Bratkartoffeln.
Der Geruch des bratenden Fleisches erfüllte die Wohnung. Auf dem Tisch standen eine Flasche Trollinger, rot und halbtrocken, wie Manfred den Wein liebte, sowie zwei Gläser.
Julia wollte an diesem Abend ihre Beziehung mit Manfred etwas auffrischen, denn was vor drei Jahren so liebevoll begonnen hatte, war Alltag geworden. Darum hatte sie sich für Manfred schön gemacht und einen engen, schwarzen Rock angezogen, der nicht ganz bis zu den Knien reichte, eine transparente Strumpfhose sowie eine dunkelgrüne Bluse. Rock und Bluse brachten ihre weiblichen Proportionen voll zur Geltung. Die langen, blonden Haare, die sie meistens zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden oder aufgesteckt hatte, trug sie offen, Augen und Lippen waren dezent geschminkt.
Alles in allem war die dreißigjährige Julia eine sehr schöne, begehrenswerte und verführerische Frau, deren Ausstrahlung sich kein Mann entziehen konnte.
Leider hatte sich Manfred in den vergangenen Monaten zu einem ausgesprochenen Langweiler entwickelt. An den Abenden saß er am liebsten auf der Couch, schaute auf den Fernseher und trank dazu Bier. Er hatte an Gewicht zugelegt und von dem einmal so sportlichen Typ war nicht mehr viel übrig geblieben. Wenn sie irgendeine Unternehmung vorschlug, lehnte er mit fadenscheinigen Argumenten ab. Manchmal – allerdings auch immer seltener – ging er nach der Arbeit mit Kollegen auf ein Bier aus. Darin erschöpften sich jedoch seine Freizeitaktivitäten. Und an den Wochenenden war er überhaupt nicht mehr von der Couch wegzukriegen …
Heute wollte ihn Julia aus der Reserve locken. Irgendetwas musste geschehen, was ihrer Beziehung wieder etwas Romantik und Schwung verlieh. So nebeneinanderher zu leben war nicht das, was sie sich vorgestellt hatte, als sie mit Manfred die gemeinsame Wohnung bezog.
Im Esszimmer lief leise das Radio. Julia stellte sich noch einmal in die Tür und ließ ihren prüfenden Blick über den festlich deckten Tisch gleiten. Sie war zufrieden. Jetzt musste nur noch Manfred erscheinen …
Julia zuckte zusammen, als das Telefon läutete. Im nächsten Moment überschattete sich ihr Gesicht, denn sie beschlich eine wenig erfreuliche Ahnung. Sie nahm das Gespräch an. Es war Manfred.
»Hallo, Schatz«, sagte er. »Ich ruf’ dich an, weil ich auf der Autobahn in einem Stau steck’. Und dann muss ich noch in den Betrieb. Es kann also noch eine gute Stund’ dauern, bis ich komm’.«
Julia spürte wie herbe Enttäuschung in ihr aufstieg. Sie atmete tief durch. »Ich hab’ einen Zwiebelrostbraten im Ofen«, murmelte sie. »Du hast mir doch versprochen, heute pünktlich heimzukommen. Du wolltest heut’ net hinausfahren, sondern deinen Schreibtischkram erledigen, um rechtzeitig zum Abendessen zu Haus’ zu sein.«
»Du weißt doch, wie sehr ich es hasse, den ganzen Tag am Schreibtisch zu hocken. Wobei mir jetzt, wo du von einem Zwiebelrostbraten sprichst, das Wasser im Mund zusammenläuft. Aber wieso kochst du mitten in der Woche so auf? Heut’ ist Donnerstag. Gibt’s einen besonderen Anlass, weil du mir mein Lieblingsessen kochst?«
Julia stand da wie vom Donner gerührt. Sekundenlang lauschte sie seiner Frage hinterher und fragte sich, ob sie sich nicht verhört hatte. »Ist das dein Ernst?«, stammelte sie schließlich.
»Ich versteh’ net«, sagte Manfred. »Du klingst ja richtig entsetzt? Kriegen wir vielleicht Besuch und ich hab’ vergessen, dass …«
»Heut’ ist unser Jahrestag!«, unterbrach ihn Julia.
»Jahrestag?«, wiederholte er, und es klang in der Tat ausgesprochen verständnislos. »Was war denn vor einem … Ach du lieber Himmel! Richtig, wir haben uns vor genau einem Jahr verlobt. Sakra, sakra, Schatz, wie konnt’ ich das vergessen? Warum hast du denn heut’ Früh nix davon gesagt? Dann wär’ ich doch …«
Julias ungläubige Erschütterung verwandelte sich in Zorn und sie schnitt ihm kurzerhand das Wort ab: »Vergiss es, Manfred! Es ist schlimm geworden mit dir. Weißt du, was ich dir schon längst sagen wollt: Dein Desinteresse wird immer offensichtlicher. Du lebst neben mir dahin, als wären wir schon jahrzehntelang verheiratet, wobei ich davon überzeugt bin, dass ein altes Ehepaar mehr Elan und Unternehmungsgeist an den Tag legt als wir beide. Du willst nur noch deine Ruhe haben, faul auf der Couch liegen und fernsehen. So hab’ ich mir das net vorgestellt mit uns beiden.«
»Aber …«
»Nix Aber! Ich hab’ langsam die Nase voll!« Julia unterbrach die Verbindung, warf wütend das Telefon auf den Tisch, setzte sich in einen Sessel und ließ den Kopf hängen.
Mit erloschenem Blick starrte sie vor sich hin. Ihre Gedanken arbeiteten. Manfred hatte sich zu einer richtigen Couch-Potatoe entwickelt. Keine Spur mehr von dem unternehmungslustigen, charmanten Mann, in den sie sich verliebt hatte. Sie gestand sich ein: Das Leben, das sie führten, ödete sie nur noch an. Auch ihr Job gefiel ihr nicht mehr. Sie arbeitete als Lohnbucherhalterin in einem Bauunternehmen. Jeden Morgen und jeden Abend war sie über eine Stunde unterwegs, um zur Arbeit und wieder nach Hause zu gelangen, ihr Chef forderte darüber hinaus immer öfter Überstunden und nörgelte ständig an irgendetwas herum. Aber das schlimmste war: Von der großen Liebe ihres Lebens, die Manfred und sie zusammengeführt hatte und von den Träumen eines gemeinsamen, glücklichen Lebens, war nicht mehr viel übrig geblieben. Eigentlich war es nur noch ein Scherbenhaufen, vor dem sie stand.
›Du musst etwas ändern!‹, schoss es ihr durch den Kopf. ›Und du darfst es nicht mehr länger hinausschieben.‹
Dass Manfred heute den Jahrestag ihrer Verlobung vergessen hatte, war nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte.
Ihr fiel ein, dass sie vor zwei oder drei Tagen in der Zeitung ein Stellenangebot gelesen hatte. Eine Brauerei in der Nähe von Garmisch, die im kommenden Frühjahr die Produktion aufnehmen wollte, suchte einen Lohnbuchhalter respektive eine Lohnbuchhalterin. Der Gedanken elektrisierte sie regelrecht. ›Das wär’ was für dich!‹, durchfuhr es sie. ›Du liebst die Berge und München hängt dir schon lang’ zum Hals raus.‹ Der Stress, die Hektik und das unpersönliche Nebeneinander! Das alles ödete sie nur noch an.
Sie ging in die Küche. Auf der Arbeitsplatte der Küchenzeile lagen die Zeitungen, die sich Manfred für das Wochenende zurückgelegt hatte.
Es dauerte nicht lange, dann fand sie das Stellenangebot. Sie nahm die Zeitung und ging in das kleine Zimmer, das eigentlich als Kinderzimmer gedacht war, in dem jetzt aber unter anderem ein Schreibtisch mit einem Computer stand. Julia machte sich daran, eine Bewerbung zu schreiben …
*
Am darauffolgenden Dienstag saß Julia, wie an allen anderen Werktagen auch, an ihrem Schreibtisch in dem Bauunternehmen, bei dem sie beschäftigt war. Es war vormittags, zehn Uhr vorbei. Ihr Handy läutete und sie schaute auf das Display, aber die Telefonnummer sagte ihr nichts. Sie nahm das Gespräch dennoch an. »Julia Dippl.«
»Grüß Gott,