Ein moralischer Mann?: Dr. Norden Extra 84 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben.
Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen.
»Was soll ich denn jetzt nur tun, Herr Dr. Norden?« wandte sich eine verzweifelte Susanne Schmied an ihren Hausarzt, der schon oft einen guten Rat für sie parat gehabt hatte. Allerdings ging es diesmal nicht, wie man vermuten mochte, um ein medizinisches Problem. »Da habe ich meiner Nichte versprochen, mich um eine Wohnung für sie zu kümmern. Und nun stehe ich mit leeren Händen da. Erst die Absage vom Makler und dann noch diese Verletzung am Finger. Die hat mich völlig aus der Bahn geworfen.« Nicht zum ersten Mal hatte sich Susanne beim Blumenschneiden verletzt. »Sie können von Glück sagen, dass diese Schnittwunde gut verheilt ist und Sie sich keine Infektion geholt haben.« »Natürlich, und das habe ich nur Ihrer Hilfe zu verdanken. Trotzdem weiß ich im Augenblick nicht weiter. Melissa kommt schon übermorgen. Ich habe sie in dem Glauben gelassen, eine hübsche Wohnung für sie zu haben. Jetzt stehe ich mit leeren Händen da.« »Warum haben Sie denn die Karten nicht offen auf den Tisch gelegt?« fragte Daniel Norden verständnislos, während er einen neuen Verband um Susanne Schmieds Daumen anlegte. »Das war nicht abzusehen, dass der Makler in allerletzter Minute absagt. Ich hatte die Wohnung so gut wie sicher. Was soll ich jetzt nur tun?«
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Dr. Norden
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Buchvorschau
Ein moralischer Mann? - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Extra
– 84 –
Ein moralischer Mann?
Die Wahrheit kann ernüchternd sein
Patricia Vandenberg
»Was soll ich denn jetzt nur tun, Herr Dr. Norden?« wandte sich eine verzweifelte Susanne Schmied an ihren Hausarzt, der schon oft einen guten Rat für sie parat gehabt hatte. Allerdings ging es diesmal nicht, wie man vermuten mochte, um ein medizinisches Problem. »Da habe ich meiner Nichte versprochen, mich um eine Wohnung für sie zu kümmern. Und nun stehe ich mit leeren Händen da. Erst die Absage vom Makler und dann noch diese Verletzung am Finger. Die hat mich völlig aus der Bahn geworfen.« Nicht zum ersten Mal hatte sich Susanne beim Blumenschneiden verletzt.
»Sie können von Glück sagen, dass diese Schnittwunde gut verheilt ist und Sie sich keine Infektion geholt haben.«
»Natürlich, und das habe ich nur Ihrer Hilfe zu verdanken. Trotzdem weiß ich im Augenblick nicht weiter. Melissa kommt schon übermorgen. Ich habe sie in dem Glauben gelassen, eine hübsche Wohnung für sie zu haben. Jetzt stehe ich mit leeren Händen da.«
»Warum haben Sie denn die Karten nicht offen auf den Tisch gelegt?« fragte Daniel Norden verständnislos, während er einen neuen Verband um Susanne Schmieds Daumen anlegte. »Das war nicht abzusehen, dass der Makler in allerletzter Minute absagt. Ich hatte die Wohnung so gut wie sicher. Was soll ich jetzt nur tun?«
Daniel Norden erledigte seine Arbeit schweigend, während er nachdachte. Das war es, was seine Patienten an ihrem Hausarzt so sehr schätzten: dass er nicht nur ein offenes Ohr für alle körperlichen Leiden hatte, sondern sich obendrein um seelische Sorgen und praktische Probleme kümmerte, und beinahe für jede Lebenslage einen Rat bereithielt. »Wenn ich nicht irre, berichtete mir ein Patient von einem freien Zimmer in einem seiner Häuser«, erklärte er schließlich, als der Verband perfekt saß. »Es handelt sich dabei allerdings um eine Wohngemeinschaft in einem Reihenhaus. Genaueres kann ich Ihnen nicht sagen. Da müssten Sie sich bitte selbst mit Herrn Kübler in Verbindung setzen.«
Diese verheißungsvolle Nachricht zauberte ein Lächeln auf Susannes Gesicht. »Im Augenblick ist es völlig egal, wo Melissa unterkommt. Hauptsache, sie hat ein Dach über dem Kopf. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie schwierig es ist, zu dieser Zeit eine Bleibe zu finden.«
»Es findet ja wieder eine große Messe auf dem Messegelände statt«, erinnerte sich Dr. Norden. »Dann gebe ich Ihnen am besten einmal die Telefonnummer von Herrn Kübler.«
»Vielen Dank, Herr Dr. Norden. Ohne Sie wäre ich wieder einmal verloren. Wie schon so oft im Leben.«
»Sie übertreiben«, lächelte Daniel, dem es selbst nach so vielen Jahren noch immer schwerfiel, Komplimente seine Person betreffend anzunehmen. »Ich sage Wendy Bescheid. Sie hat die Nummer und wird sie für Sie aufschreiben.« Mit diesen Worten begleitete Daniel seine Patientin zur Tür. Susanne gab ihm dankbar die Hand und tat, wie Daniel ihr geheißen hatte. Mit einem Schlag hatten sich ihre größten Sorgen in Luft aufgelöst, und erleichtert verließ sie die Praxis, um das wichtige Telefonat zu führen.
Der nächste Fall schien sich nicht so leicht lösen zu lassen. Erschrocken Begrüßte Daniel Norden seine langjährige Patientin Luise Böhm. Es fiel ihr sichtlich schwer, die Tränen zurückzuhalten. Ihre verquollenen Augen zeugten von dem großen Kummer, der ihr Herz bewegte.
»Um Gottes willen, was ist geschehen?« fragte Dr. Norden erschrocken und reichte ihr ein Taschentuch, als auf diese Frage erneut die Tränen über ihre Wangen liefen.
»Es tut mir so leid, dass ich Ihnen etwas vorheule wie ein unglücklicher Teenager …«
»Aber ich bitte Sie. Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Das können Sie nicht, leider. Ich bin hier, um Sie um ein Schlafmittel zu bitten. Seit Tagen finde ich keine Ruhe mehr. Deshalb ist meine seelische Verfassung auch so miserabel«, entschuldigte sich Luise schluchzend.
»So kenne ich Sie gar nicht. Gibt es einen Grund, warum es Ihnen so schlecht geht?« fragte Daniel besorgt. Es war nicht seine Art, einfach Rezepte auszustellen, ohne mehr über die Hintergründe zu erfahren. Luise Böhm holte tief Luft und trocknete umständlich die Tränen, ehe sie sich erklären konnte.
»Mein Mann hat mich verlassen. Wegen einer Jüngeren. Sie ist dreissig. Nicht nur, dass er mich schon seit Monaten betrügt. Nein, nun mutet er mir auch noch diese Schande zu. Es ist einfach unglaublich. Und das alles nach dem, was ich für ihn getan habe. Mein Leben lang war ich nur für ihn, unseren Sohn Bernd und das Haus da. Bernd ist wegen des ständigen Krachs in letzter Zeit ausgezogen, und Norbert verbringt die meiste Zeit bei seiner Freundin. Können Sie mir mal sagen, was ich jetzt machen soll, mutterseelenallein in dem großen Haus?« fragte sie unglücklich. »Alles ist zerstört. All meine Träume von einem gemeinsamen, beschaulichen Lebensabend sind dahin. Ich weiß einfach nicht, was ich jetzt tun soll.«
Daniel Norden, der seine Patientin in Ruhe hatte reden lassen, seufzte tief. Allzu oft geschah es, dass er miterleben musste, wie die Ehen seiner älteren Patienten in die Brüche gingen. Kaum mehr ein Paar schien mit den Turbulenzen und Schwierigkeiten, die eine langjährige Partnerschaft nun einmal zu überstehen hatte, zurechtzukommen.
»Das ist in der Tat eine schlimme Sache«, suchte er jetzt nach den richtigen Worten, obwohl ihm mehr als bewusst war, dass es kaum einen Trost gab, den er Luise in diesem Augenblick spenden konnte. »Alles, was ich Ihnen sagen kann, wollen Sie vermutlich nicht hören, und wird Sie auch nicht weiterbringen.«
»Was könnten Sie mir denn sagen?« fragte Luise zaghaft, und die Hoffnung blitzte in ihren Augen.
»Ich könnte Ihnen zum Beispiel raten, sich auf sich selbst zu besinnen. Sicherlich ist es schwierig, mit einer solchen Situation zurechtzukommen. Zeigen Sie Ihrem Mann, dass Sie eine eigenständige Persönlichkeit sind, die ihn nicht nötig hat. Wer weiß, vielleicht wacht er dann auf und merkt, was er an Ihnen verloren hat.«
»Glauben Sie wirklich?«
»Ein allgemeingültiges Rezept gibt es natürlich nicht. Sie dürfen auch nicht den Fehler machen, es nur seinetwegen zu tun. Sie sollten es sich selbst wert sein. Das ist schwieriger, als es sich anhört und gewiss ein schmerzhafter Prozess.«
Angesichts dieses Vorschlags erlosch der Hoffnungsschimmer in Luise Böhms Augen wieder.
»Mein ganzes Denken ist nur auf Norbert ausgerichtet. Wann immer ich die Augen schließe, sehe ich ihn vor mir mit dieser jungen Frau. Wie soll ich mich da auf mich konzentrieren?« »Zuerst einmal bekommen Sie von mir ein Rezept für das Schlafmittel. Ich verschreibe Ihnen ein leichtes Präparat, das sollte genügen. Sie werden sehen, wenn Sie erst wieder richtig schlafen können, und zur Ruhe gekommen sind, sieht die Welt wieder ganz anders aus. Dann wird Ihnen alles Leichterfallen.«
»Ausprobieren kann ich Ihren Vorschlag zumindest mal«, gab Luise deprimiert zurück. Der Rat des Arztes kam ihr nicht gelegen. Allzu gerne hätte sie sich von ihm eine Tablette verschreiben lassen, die ihr Leben sofort wieder in Ordnung brachte. Aber damit konnte selbst Dr. Norden nicht dienen, so sehr er sich es manchmal auch wünschte. So nahm Luise Böhm das Rezept entgegen und erhob sich langsam.
»Es tut mir leid, Ihnen im Augenblick nicht mehr helfen zu können. Aber ich bitte Sie, meinen Rat anzunehmen. Denken Sie an sich und an das, was Ihnen guttut. Überlegen Sie, was Ihnen Spaß machen könnte. Sehen Sie diese Zeit als Chance, ohne Rücksicht auf einen anderen Menschen leben und zu sich selbst zurückfinden zu können. In jeder Krise liegt auch immer eine große Chance verborgen.«
»So einfach ist das nicht, wenn man vergessen