Wie aus Tausendundeiner Nacht: Dr. Norden Bestseller 424 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration.
»Tut dir das weh?« fragte Dr. Norden seine kleine Patientin Sina Karner, während er die Hand des zehnjährigen Kindes in der seinen hielt und den Mittelfinger langsam auf- und abbewegte. Zunächst spürte er einen Widerstand, dann schnellte der Finger nach oben. »Ein bisschen«, antwortete das Mädchen, das die hübschen braunen Locken seiner Mutter und die mandelförmig geschnittenen Augen geerbt hatte. In diesem Augenblick fühlte sich Johanna Karner bemüßigt, sich in das Gespräch zwischen Arzt und Kind einzumischen. »Wenn der Finger erst einmal in Bewegung ist, tut er nicht mehr so weh. Aber Sina klagt am Morgen öfter darüber, dass er regelrecht hängen bleibt. Ich beobachte das schon eine ganze Weile und habe das Gefühl, es wird immer schlimmer.« Dr. Daniel Norden hatte der Erklärung der besorgten Mutter aufmerksam gelauscht und wandte sich nun wieder seiner Patientin zu. Als fünffachem Familienvater lagen ihm die Sorgen und Nöte der Kinder, die den Weg in seine Praxis fanden, mindestens ebenso am Herzen wie die der erwachsenen Patienten. »Hast du ein Hobby, bei dem du deine Hand besonders belasten musst?« »Ich spiele Klavier. Und seit einem halben Jahr gehe ich einmal in der Woche zum Klettern.« »In die Berge? Ist das nicht eine aufwendige Freizeitbeschäftigung?« erkundigte sich Daniel interessiert. Sina lachte.
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Buchvorschau
Wie aus Tausendundeiner Nacht - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller
– 424 –
Wie aus Tausendundeiner Nacht
Doch das Leben ist kein Märchen
Patricia Vandenberg
»Tut dir das weh?« fragte Dr. Norden seine kleine Patientin Sina Karner, während er die Hand des zehnjährigen Kindes in der seinen hielt und den Mittelfinger langsam auf- und abbewegte. Zunächst spürte er einen Widerstand, dann schnellte der Finger nach oben.
»Ein bisschen«, antwortete das Mädchen, das die hübschen braunen Locken seiner Mutter und die mandelförmig geschnittenen Augen geerbt hatte.
In diesem Augenblick fühlte sich Johanna Karner bemüßigt, sich in das Gespräch zwischen Arzt und Kind einzumischen.
»Wenn der Finger erst einmal in Bewegung ist, tut er nicht mehr so weh. Aber Sina klagt am Morgen öfter darüber, dass er regelrecht hängen bleibt. Ich beobachte das schon eine ganze Weile und habe das Gefühl, es wird immer schlimmer.«
Dr. Daniel Norden hatte der Erklärung der besorgten Mutter aufmerksam gelauscht und wandte sich nun wieder seiner Patientin zu. Als fünffachem Familienvater lagen ihm die Sorgen und Nöte der Kinder, die den Weg in seine Praxis fanden, mindestens ebenso am Herzen wie die der erwachsenen Patienten.
»Hast du ein Hobby, bei dem du deine Hand besonders belasten musst?«
»Ich spiele Klavier. Und seit einem halben Jahr gehe ich einmal in der Woche zum Klettern.«
»In die Berge? Ist das nicht eine aufwendige Freizeitbeschäftigung?« erkundigte sich Daniel interessiert. Sina lachte.
»Jedes Mal ein Ausflug in die Berge wäre toll. Aber nein, es gibt extra Hallen, in denen große Kletterwände aufgebaut sind. An denen üben wir.«
»Siehst du, jetzt habe ich schon wieder etwas dazugelernt«, stimmte Daniel in das ausgelassene Lachen des Kindes mit ein, ehe er wieder ernst wurde. »Allerdings fürchte ich, dieses Hobby ist schuld an deinen Beschwerden.«
Interessiert horchte Johanna auf und rechnete im Kopf nach.
»Das könnte tatsächlich sein. Die Probleme mit dem Finger traten ein paar Wochen nach Beginn des Klettertrainings auf«, nickte sie bestätigend. »Ich wäre nie darauf gekommen, diesen Zusammenhang herzustellen.«
»Ehrlich gelingt mir das auch nur, weil die Diagnose relativ eindeutig ist«, gab Dr. Norden offen zu und kehrte an seinen Schreibtisch zurück.
»Was ist eine Diganose? Fehlt mir was Schlimmes?« fragte Sina angesichts des schwierigen Fremdwortes sofort beunruhigt nach.
»Diagnose ist ein anderes Wort für die Bestimmung einer Krankheit. Deine Erkrankung heißt im Fachjargon ›Tendovaginitis‹ und bedeutet übersetzt soviel wie ›Schnellender Finger‹. In der Regel sind von dieser Krankheit überwiegend Frauen im mittleren Alter betroffen. Ab und zu können aber schon Säuglinge und Kleinkinder unter dieser Sehnengleitstörung der Hand leiden.«
»Was genau stimmt denn auf einmal nicht mehr mit Sinas Mittelfinger?« fragte Johanna nach, die der lateinische Begriff nun doch leicht beunruhigte. »Schließlich war doch bis vor Kurzem alles in Ordnung, und Sina hatte keine Verletzung.«
Daniel lächelte ihr tröstlich zu.
»Es handelt sich um eine Verdickung einer Sehnenscheide der Fingerbeugemuskulatur. Da es sich dabei um eine chronische Entzündung im Körper handelt, würde ich zu einem kleinen operativen Eingriff raten, bei dem der Ringkanal geweitet wird, durch den die verdickte Sehne nicht mehr beschwerdefrei gleiten kann.«
Angesichts dieser Ankündigung weiteten sich Sinas Augen. Aber nicht etwa vor Schreck, wie Johanna im ersten Augenblick befürchtet hatte, sondern vor Begeisterung.
»Eine richtige Operation? Cool«, stieß das Mädchen beeindruckt hervor. »Kann ich dann nicht in die Schule gehen?«
Johanna und Daniel sahen sich an und brachen gleichzeitig in Gelächter aus.
»Das ist mal wieder typisch meine Tochter.«
»Ich würde sagen typisch Kind. Aber ich fürchte, dem rauen Alltag entkommst du nicht, da es sich um deine linke Hand handelt.«
»Ich bin aber Linkshänder«, triumphierte Sina strahlend. »Wie lange kann ich dann nicht schreiben?«
»Darüber wirst du mit dem Operateur sprechen müssen«, erklärte Daniel schmunzelnd. »So genau kann ich dir das nicht sagen.«
Johanna, die unterdessen ihren Kalender aufgeschlagen hatte, seufzte hörbar.
»Wie dringend ist die Angelegenheit denn? Die nächsten Ferien sind meilenweit entfernt, und ich habe im Augenblick eine Menge Arbeit in der Agentur. An Urlaub ist im Moment unmöglich zu denken.«
Bedauernd zog Dr. Norden die Stirn in Falten.
»Ich würde dazu raten, den Eingriff so bald wie möglich vornehmen zu lassen. Nach so langer Beschwerdezeit ist mit einer spontanen Rückbildung der Schwellung und dem Rückgang der Schmerzen nicht mehr zu rechnen. Die chronische Entzündung kann an der Sehne durchaus Schaden anrichten.« Er maß die sorgengeplagte Mutter mit einem ernsten Blick. »Außerdem sollten Sie bedenken, dass im Grund niemals Zeit ist für einen solchen Eingriff. Diese Dinge, die nicht sofort erledigt werden müssen, schiebt man unweigerlich immer auf die lange Bank. Das ist im Fall Ihrer Tochter nicht ratsam, da ernsthafte Schmerzen auf sie zukommen könnten.«
Dieser Hinweis genügte, um Johanna zu überzeugen. Entschieden klappte sie den Terminkalender zu und nickte.
»Sie haben wie immer recht, Herr Dr. Norden. Welche Klinik können Sie mir für diesen Eingriff empfehlen?« hatte sie spontan den Entschluss gefasst, die Operation durchführen zu lassen. Keinen Tag länger als nötig sollte Sina unter Schmerzen zu leiden haben.
»Gewöhnlich arbeite ich eng mit der Behnisch-Klinik zusammen. Dort ist neben vielen anderen Kapazitäten auch eine hervorragende Handchirurgin beschäftigt, die ich Ihnen ans Herz legen möchte. Es steht Ihnen jedoch jederzeit frei, sich an eine Klinik Ihrer Wahl zu wenden.«
Angesichts dieses Vorschlags lächelte Johanna Karner beinahe amüsiert.
»Sie sind der Arzt meines Vertrauens und haben mich noch nie enttäuscht. Da werde ich doch Ihren Rat nicht in den Wind schlagen und mich anderweitig orientieren«, erklärte sie im Brustton der Überzeugung. Gleich darauf wurde sie jedoch ernst. »Allerdings fürchte ich, dass ich mir den Aufenthalt in einer Privatklinik nicht leisten kann. Unsere finanzielle Lage ist im Moment nicht gerade rosig.«
Aber auch diese Sorgen konnte Daniel der Mutter nehmen.
»Es handelt sich um einen Eingriff, der ambulant durchgeführt wird. Und selbst, wenn es anders wäre, müssten Sie sich keine Gedanken machen. Die Chefin der Klinik, Frau Dr. Behnisch, hat es sich zur Maxime gemacht, jeden Hilfesuchenden in ihrer Klinik zu behandeln, egal, ob arm oder reich.«
»Ich hätte nicht gedacht, dass es noch solche Menschen auf dieser Welt gibt«, staunte Johanna über alle Maßen erleichtert. »Man hört immer nur von solchen, die uns an den letzten Groschen wollen.«
»Dabei gibt es genug, die Gutes tun. Die meisten hängen ihr Werk nur nicht an die große Glocke«, wußte Daniel zu berichten. Er kannte mehr als einen Gönner, der die Behnisch-Klinik aus Dankbarkeit großzügig unterstützte und es Jenny damit leicht machte, ihr Werk im Sinne ihres verstorbenen Mannes fortzuführen. »Leider ist unsere Gesellschaft häufig auch mehr an Katastrophenmeldungen interessiert denn an positiven Meldungen«, stimmte Johanna dem Arzt voll und ganz zu, ehe sie sich schließlich verabschiedete. Sie war eine viel beschäftigte Frau und hatte an diesem Tag noch jede Menge zu erledigen. Daniel Norden blickte Johanna Karner und ihrer Tochter Sina kurz nach. Er schätzte die alleinerziehende Mutter, die den Balanceakt zwischen Beruf und Familie offenbar bravourös meisterte. Doch ihre müden Augen und die tiefen Falten, die sich um ihren Mund gegraben hatten, verrieten ihm auch, dass Johanna es perfekt verstand, den äußeren Schein zu wahren. Was in ihrem Inneren mitunter vorgehen mochte, konnte er nur erahnen.
*
Mit zusammengezogenen Augenbrauen saß der Bildhauer Clemens Schlüter am Tisch des Wirtshauses und wartete auf Fred Meyer, seinen Freund aus Kindertagen. Nervös trommelte er mit den Fingerspitzen auf die blanke Tischplatte. Als sich die Tür zum Gastraum öffnete, blickte er erwartungsfroh nach oben.
»Da