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Teufels Träume
Teufels Träume
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eBook528 Seiten7 Stunden

Teufels Träume

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Über dieses E-Book

Wenn all deine Träume wahr werden, gilt das auch für deine Albträume. Was ein Segen sein sollte entpuppt sich als Fluch und Emilia Schwarz erfährt am eigenen Leib was es bedeutet ein Monster zu sein. Ihre Träume stürzen sie und alle die sie liebt in eine Katastrophe. Sie steht alleine da. Sie ist die Ursache allen Übels und das Schicksal hat nur einen auserkoren ihr beizustehen. Darren Newcorn, er hat nichts zu verlieren denn er ist das personifizierte Böse selbst.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum30. Jan. 2021
ISBN9783752933116
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    Buchvorschau

    Teufels Träume - Jasmin Salfinger

    Prolog

    Teufels Träume

    Träume… Es gibt ein Reich in das wir uns flüchten, wenn die Realität uns nicht gefällt. Wo wir unsere Wünsche und Hoffnungen tatsächlich verwirklichen können. Fernab und sicher vor den Augen anderer. Ein Reich in dem alles wonach wir uns sehnen sich erfüllt. Das Reich der Träume. Man erklimmt die höchsten Berge, taucht ein in die tiefsten Seen, hinab bis zum Grund des Meeres. Kein Weg ist zu weit, kein Abenteuer zu gefährlich. Man erschafft neue Welten die man im wachen Zustand nicht einmal erahnen könnte. Träume lassen uns hoffen. Sie treiben uns voran und wir versuchen sie zu verwirklichen.

    Von Kindesalter an wünscht man sich, dass alle Träume wahr werden. Denn was könnte es schöneres geben?

    Doch es existieren auch jene Schatten die uns den Schlaf rauben. Die einen fieberhaft von der einen auf die andere Seite werfen, bis man mit einem Schrecken und rasendem Herzen erwacht. Jedes Kind auf Erden kennt dieses Dunkle der Nacht, das einen heimsucht und einen in die schrecklichsten Welten hinab führt. Das uns in Furcht erstarren lässt, bewegungsunfähig kurz davor den Verstand zu verlieren bis man ruckartig die Augen aufschlägt und dankend zurück in die Realität findet. Die Hand einer Mutter beruhigend über das Haar ihres Kindes streicht und ihm mit sanfter Stimme ins Ohr flüstert: Es war nur ein Traum und mit Glückseligkeit beginnt man bereits zu vergessen was einem wiederfahren ist, denn es war ja nur …ein Traum.

    Wie seltsam ist es, dass ich mir genau das wünschte; sagen zu können „es war nur ein Traum". Mir wurde einst ein Geschenk gemacht, eines dass sich eigentlich jeder wünscht, doch ich gäbe alles damit man es mir wieder nimmt. Ich konnte es nicht, meine Geschichte als harmlosen Traum abzutun, als etwas Irreales, etwas das man vergessen kann. Hier beginnt meine Geschichte, ich möchte sie erzählen solange ich noch kann, denn schon bald werde ich mich nicht mehr erinnern…

    Normales Sterben

    Der Dreck spritzte und ihr Kleid zerriss als sie in rasendem Tempo durch den verwunschenen Wald hetzte. Wilder Farn umschlang ihre Beine. Ihre Knöchel knickten. Äste peitschten durch ihr braunes Haar und trieben ihr die Tränen in die Augen. Es war ein grotesker Anblick, wie dieses Mädchen in einem silbernen Ballkleid panisch durch den gigantischen Garten floh. Ein silberner Schweif im finsteren der Nacht. Verfolgt von den schwarzen Schatten der Dunkelheit die ihre Klauen nach ihr ausstreckten. Was es auch immer war vor dem dieses Mädchen floh, es hatte sie in Todesangst versetzt. Gefangen im wilden Irrsinn floh sie mit hämmerndem Herzschlag. Der Wind säuselte ihr ins Ohr und wisperte Lauf Emilia, lauf.... Fort, fort, fort von dem Grauen! Dem Grauen, das sie selbst geweckt hatte, dem Grauen das sich im Hause Morrelli zugetragen hatte.

    Wenige Tage zuvor

    Sanfte Sonnenstrahlen fielen herein, brachen sich an den funkelnden Scheiben und verwandelten sich in einen glühenden Tanz aus roten Lichtspektren. Das Licht verformte sich zu züngelnden Flammen. Tausend Feuerblumen erblühten aus dem Inferno und die Straße wurden zu der Brutstätte fauchender Drachen-

    Lia? Emilia, hörst du mir überhaupt zu?!

    Emilia Schwarz tauchte aus ihrer Fantasie auf und blickte hoch, sie seufzte innerlich. Ihre Fantasiewelt war um so vieles spannender und lebendiger als die Realität. Sie stand vor den rötlichen Fenstern des Balkons im Rathauses von St. Monterose. St. Monterose war ein sehr wohlhabender Stadtteil einer Millionenmetropole. Von dem Büro ihrer Mutter aus, hatte sie aus dem imperialen Rathaus hinaus auf das wunderschöne St. Monterose geblickt. Sie hatte ihrer Fantasie in den malerischen Straßen freien Lauf gelassen. Sie wollte sich immer so lebendig fühlen, wie in ihren Träumen. Den so wie sie jetzt lebte, fühlte sie sich taub. Sie hatte nicht bemerkt wie jemand hinter ihr in das opulente Zimmer eingetreten war.

    Äh, was? fragte sie leicht neben der Spur, und wendete sich von den Reflektionen der Sonnenstrahlen ab. Ein Mädchen mit blutroten Haaren sah sie mit giftgrünen Augen ungeduldig an.

    Deine Mutter sucht dich! Was treibst du die ganze Zeit? Es geht gleich los. Sagte Melica Salveter.

    Emilia war verwirrt: Ich weiß, sie hat zu mir gesagt ich soll hier auf sie warten?! Gerade da trat Leatrice Schwarz, Emilias Mutter, selbst durch die Tür. Leatrice Schwarz war eine schöne hochgewachsene Frau. Ihr langes blondes Haar hatte sie zu einem festen Dutt hochgebunden. Sie war eine Geschäftsfrau durch und durch. Sie trug einen feinen Magentafarbenen Hosenanzug und bei jeder Kopfbewegung glitzerten Diamantohrstecker in ihren Ohrläppchen. Was Haare und Augen anging kam Emilia eindeutig nach ihrem braunhaarigen und braunäugigen Vater.

    Leatrice Schwarz wirkte leicht hektisch, als sie die beiden Mädchen erblickte. Emilia, es ist so weit, komm- Oh hallo Melica! Was machst du denn hier? fragte sie gestresst aber freundlich. Jetzt war Emilia noch verwirrter, Melica war doch von ihr geschickt worden?

    Ich hab‘ Lia gesucht. Gab Mel schulterzuckend zur Antwort.

    Gefunden! Also los ihr zwei, die ganze Gemeinde ist schon auf den Beinen! Scheuchte sie die Mädchen auf. Sie ging noch rasch zu ihrem Schreibtisch und legte einen Schlüssel darauf ab. Ich habe noch schnell ein letztes Mal die Gegenstände inspiziert. Ich kann euch sagen, da sind ein paar wahre Schmuckstücke dabei! Diese Auktion kann nur ein Erfolg werden! Frohlockte sie. Es war recht altmodisch, im reichsten Gemeinderathaus ganz gewöhnliche Schlüssel zu verwenden, aber die konnten im Gegensatz zu digitalen Schlössern nicht gehackt werden. Emilias Mutter scheuchte die beiden quer durch das imperiale Gebäude ein paar Stockwerke tiefer zur großen Halle. Da sie das ganze Spektakel organisierte, verabschiedete sie sich von den Mädchen beim Besuchereingang und eilte hin zum Bühneneingang.

    Ich komm gleich nach, ich muss noch kurz aufs WC sagte Mel und war auch schon verschwunden. Also betrat Emilia alleine die große Halle.

    Sehr viele Menschen trippelten durch die Halle hindurch. Es waren so viele, dass heute sogar ein Platzanweiser benötigt wurde. Pfennigabsätze klackerten hundertfach über die marmornen Böden. Ausladende Kristallluster brillierten strahlendes Licht auf die Köpfe der feinen Besucher. Langsam kam Ordnung in das Spektakel. Es standen hunderte von Stühlen vor dem Podest in der großen Halle. Inmitten all dem Stuhlrücken hatte jemand schon längst seinen Platz gefunden und Emilia ging durch die Menge schlängelnd direkt auf ihn zu. Henrik Schwarz, Emilias Vater, saß gut gelaunt in seinem Designer-Sakko auf einem der alten Stühle und sah zur Bühne hoch. Ausnahmsweise stand er heute einmal nicht im Mittelpunkt, sondern saß wartend und entspannt in der Menge. Er amüsierte sich über den albernen Hochmut mancher Besucher. Er begrüßte sein Töchterchen als sich Emilia neben ihm niederließ.

    St. Montrose war eine Blase der isolierten Oberschicht. Ein Stadtteil der den privilegierten oberen Prozent vorbehalten war. Die Gegend glich dem Ebenbild eines royalen Katalogs. Weite schöne Straßen, große Einfahrten mit noch größeren und prächtigeren Villen, Luxusboutiquen und Privatschulen. Wer das Glück hatte in diese Welt hineingeboren zu sein, lebte nicht nur den Wohlstand, derjenige war Wohlstand. Eine Glitzerwelt die so einiges in ihren Schatten verbarg. Heute hatte sich fast die gesamte sehr reiche Bevölkerung von St. Montrose im Gemeinderathaus eingefunden um bei einer skandalösen Auktion teilzunehmen.

    Die Morelli Villa stand nach seit rund fünfzig Jahren Verwahrlosung zum Verkauf, deshalb sollte zuvor der Privatbesitz der ehemaligen Besitzer versteigert werden. Um die Morelli Villa woben sich viele Gerüchte und Skandale. Man wusste nur, dass die Villa von einem Steuerberater der als Treuhandverwalter fungierte, seit gut fünfzig Jahren verwaltet wurde. Doch für wen er sie genau verwaltete, war ein offenkundiges Geheimnis, denn die Familie Morelli war vor fünfzig Jahren angeblich ausgestorben. Diese Tatsache alleine würde den regen Andrang heute noch nicht erklären, dafür gab es einen anderen Grund: Das Morelli Anwesen war das größte und mächtigste Anwesen von allen. Man konnte es auch als die Perle von St. Montrose bezeichnen. Die Morellis waren einst die Könige der Reichen gewesen, bis sie sich durch eine Reihe vieler Unglücksschläge innerhalb einer Generation allesamt selbst ausgerottet hatten.

    Deshalb waren die Bewohner von St. Monterose so fasziniert von der Auktion: jeder wollte ein Stückchen von den Morellis. Jeder wollte ein Stückchen von der einstigen Macht sein Eigen nennen können. Wer wusste was für Schätze sich hinter den hohen Toren und den vielen Hektar Land verbargen? Endlich, nach so vielen Jahren, konnte man danach greifen. Ob der Treuhandverwalter das überhaupt tun durfte oder nicht, interessierte herzlich wenig. Der Mann war schon längst über jedes Pensionsalter hinaus, sollte der doch machen was er wollte. Emilia ließ ihren suchenden Blick schweifen. Wie lange versteckte Mel sich bloß am Klo? Dagegen hatte sie Mels Vater Dr. Michael Salveter schnell entdeckt. Er saß drei Reihen hinter ihnen, und als er Emilia erblickte, hob er freundlich die Hand und winkte herzlich. Die Salveters und die Schwarz waren schon seit Jahren eng befreundete Familien. Das war auch der Grund warum Mel heute hier war, ansonsten erwartete Emilia niemanden aus ihrem Freundeskreis. Die heutige Veranstaltung war was für Personen ab vierzig und aufwärts, dementsprechend war Emilia auch nur mäßig gespannt und eher gelangweilt.

    Es war sehr wichtig freundschaftliche Bande zwischen den oberen Familien zu hegen und zu pflegen. Man benötigte die Gegenseitige Loyalität. Es war in diesen Zeiten immer schwerer geworden dorthin zu kommen wo all diese Menschen waren. Die Kluft zwischen Arm und Reich war mit den fortwährenden Einflüssen von Wirtschaftskrisen, Kriegen und Klimawandel immer tiefer aufgerissen. Genauso schwieriger war es auch an der Spitze zu bleiben. Geschichten von Familien die sich heruntergewirtschaftet hatten, die betrogen, erpresst oder sozial verstoßen worden waren, waren an der Tagesordnung. Sehr oft waren auch die Sprösslinge der Familien schuld ~ nichtsnutzige Tunichtgute deren Familien dadurch alles verloren. Es gab keinen größeren Horror in St. Monterose als wie die Möglichkeit alles zu verlieren. Emilias Familie stand ganz oben auf der Liste der Menschen die viel zu verlieren hatten.

    Ein paar letzte Nachzügler suchten noch ihre Plätze. Ein paar Leute wollten sich durch die Reihe drängeln in der Emilia und Mr. Schwarz saßen. Die Beiden standen auf um die Drängler vorbeizulassen. Die Leute erkannten, wen sie da gerade aufgescheucht hatten und entschuldigten sich extrem übertrieben. Emilia tat so als wäre das normal. Doch natürlich war es das nicht. Sie kannte die Blicke die man ihrem Vater zuwarf. Den Respekt den man ihm entgegenbrachte und die Hochachtung die er erntete. Selbst wenn man neu in St. Montrose war, so erkannte man sofort, dass Mr. Schwarz ein großer Mann war. Er war ein angesehner Aktien- und Immobilienmogul. Über die Jahre hinweg hatte er aus dem Nichts ein Imperium erschaffen über das er mit eiserner und strenger Hand herrschte. Ein Imperium das schwer auf Emilias Schultern lastete. Einestages, würde man von ihr erwarten alles zu übernehmen und zu noch größerer Macht und größerem Einfluss zu führen. Immer mehr, immer höher hinauf. Eine Verantwortung die ihr als erstgeborene in die Wiege gelegt worden war. Eine große allgegenwärtige Frage in ihrem Kopf zweifelte ob sie dieser Aufgabe gewachsen war. Ihr kleines Schwesterchen Sophia spürte mit ihren acht Jahren von alldem noch nichts, sie würde im Laufe der Zeit auch das Gewicht des Erfolgs auferlegt bekommen.

    Endlich war es soweit und Emilias Mutter Leatrice Schwarz betrat das Podest, gefolgt von Emilias Schwesterchen Sophia. Sophia sah aus wie eine achtjährige Version ihrer Mutter. Blond und hübsch, sie würde ihrer Mama heute als kleine Helferin zur Seite stehen. Emsige Gehilfen wirbelten um ihre Mutter Leatrice herum und rückten Bilder der ersten zu versteigernden Objekte zurecht. Die Stücke waren viel zu wertvoll um sie einfach so auf das Podest herauszutragen. Sie wurden stattdessen in einer Kammer verwahrt. Emilias Mutter war eine Immobilienmaklern und Vorstandsmitglied im Familienunternehmen, sie war auch diejenige die damit beauftragt worden war das Morelli Anwesen zu verkaufen und die Auktion des Privatbesitzes zu leiten. Das Immobiliengeschäft war in St. Monterose ein äußerst lukratives Geschäft. Leatrice hatte durch ihre Geschäfte so viel Einfluss in St. Monterose erwirtschaftet, dass sie zusätzlich organisatorische Funktionen in der Gemeinde innehatte und sie sich ihr Büro im schicken Gemeinderathaus einrichten konnte.

    „Na mal sehen welchen Krempel die Morellis in ihrer Hütte versteckten." Schmunzelte ihr Vater Henrik gut gelaunt und machte es sich in seinem teuren Sakko bequem. Er war zwar ein strenger Geschäftsmann, aber ansonsten ein sehr umgänglicher Mensch.

    Leatrice begrüßte alle recht herzlich und eröffnete die Auktion.

    Emilia sah sich um, wo steckte Mel nur? Ein Butler hielt eine Seitentür auf und Mel huschte gerade noch rechtzeig herein. Ihr rosa Kleid biss sich herrlich mit Ihrer Haarfarbe. Sie flitzte schnell drei Reihen hinter Emilia zu ihrem Vater. Dr. Salveter, Mels Vater, war ein extrem freundlicher Mensch. Er war ein alleinerziehender Vater, was bei einer Achtzehnjährigen Tochter sicher nicht immer leicht war. Er hatte eine ruhige und gelassene Art. Er gab den Menschen ein gutes Gefühl, man fühlte sich geschätzt in seiner Nähe.

    Wahrscheinlich einer der Gründe warum die Familien so gut miteinander auskamen. Das hatte sich auch auf die Töchter übertragen. So unterschiedlich Emilia und Melica auch waren, sie waren dennoch Freunde von der Wiege bis zur Bahre. Melica war ein verrücktes Weibsbild, energisch, aufbrausend, aggressiv und zu allem Übel auch noch abergläubisch wie die Pest. Gleichzeitig war sie durch eine deftige Portion Humor und Selbstironie der amüsanteste Mensch überhaupt. Dafür erntete sie Anerkennung bei ihren Mitschülern. Emilia dagegen bemühte sich um Freundlichkeit, Offenheit und Toleranz. Und sie sah die Dinge anders, als viele andere Menschen. Emilia versuchte immer mehr in Dingen zu sehen, als was man augenscheinlich erkennen konnte. Vielleicht war das auch ein Problem, sie wollte nicht das vorbestimmte Leben ihrer Eltern, sie wollte selbst bestimmen. Sie wollte mehr sehen als das was augenscheinlich da war. Geheimnisse...und Abenteuer... und nicht den Rest ihres Lebens in einem Büro kauern, vor einem Computer sitzend und Tag ein Tag aus dasselbe tun bis zur Pension.

    Sie wollte Abenteuer wie die, die sie in ihren Träumen erlebte. In denen es wirklich um etwas ging. Sie wollte für etwas Kämpfen das Bedeutung und Sinn hatte, stattdessen saß sie in einem goldenen Käfig. Mochten sie auch noch so reich sein, sie waren trotzdem alle gewöhnlich... Nichts Besonderes. Emilia war keine Kriegerin, kein magisches Wesen dessen Kräfte plötzlich erwachten, ein radioaktiver Spinnenbiss würde sie nicht in einen Superhelden verwandeln und es gab keine verborgenen Welten die hinter dem Horizont auf sie lauerten. Uni-Job-Familie-Tod. Sollte es so sein? Sollte es dieser ewige Kreislauf sein? Immer und immer wieder? Tausende auf der Welt würden alles für diesen Kreislauf geben. Sie würden alles Geben für die Möglichkeit auf so ein Leben, mangelte es ihnen doch am Grundlegendsten. Diejenigen die es hatten, verspürten nur den Drang auszubrechen, denn es war ja... gewöhnlich. #ErsteWeltProbleme. Genau diese Denkweise führte dann auch noch dazu, dass sie ein schlechtes Gewissen hatte, etwas anderes zu wollen, als das Leben, dass ihr so federleicht in den Schoß geworfen wurde.

    Fotos der Objekte wanderten über die Bühne. Eines älter als das andere und ebenfalls eines teurer als das andere. Die Veranstaltung zog sich allmählich in die Länge. Emilias Vater Henrik bemerkte die müßige Miene seiner Tochter und knuff ihr in die Schultern: Na komm, bald hast du es überstanden. schmunzelte er. Emilia verdrehte die Augen. Ihr Blick blieb plötzlich an einem Objekt hängen, dessen Bild gerade zu ihrer Mutter auf das Podest getragen wurde. Es war ein Schmuckstück. Ein schlichtes schwarzes Band an der eine Brosche oder so etwas hing. Die Brosche sah aus wie ein Skarabäus aus blauem, glänzenden Saphir. Emilias Nackenhaare stellten sich auf und ein eisiger Schauer schlängelte ihren Rücken hinab. Sie konnte den Blick nicht von dieser Kette lassen und ein summendes Säuseln füllte ihre Ohren. Warum wusste sie nicht, aber sie verabscheute diese Kette. Trotzdem konnte sie nicht den Blick davon abwenden. Gerade in dem Moment als sich Schweiß auf ihrer Stirn bildete, klopfte ihre Mutter mit einem Hämmerchen fest auf den Tresen und nahm die ersten Geboten entgegen. Das Klopfen des Hammers hatte in Emilias Brust nachgehallt wie ihr Herzschlag. Auf einmal wollte sie diese Kette. Nein sie wollte sie nicht, sie brauchte sie!

    Kann ich die Kette haben?! Fragte sie schnell. Ihr Vater sah sie überrascht an und musterte dann das Bild des Objektes auf dem Podest.

    Das Ding? Ich meine mich in Mode nicht auszukennen, aber ich hätte nicht vermutet, dass so ein Krabbeltier deinen Geschmack trifft. Sagte er mit hochgezogenen Brauen.

    Bitte Papa! Flehte Emilia. Warum zum Henker wollte sie diese Kette haben? Es war als ob ihr die Luft ausginge und dort oben, das Ding würde ihr Sauerstoff bringen.

    Ihr Vater war mehr als nur verwirrt über den quengelnden Ton seiner Tochter. Den hatte er das letzte Mal gehört als sie fünf war.

    Ergeben seufzte er: 5000! Sagte er laut und gab sein Gebot ab. Das war für normale Verhältnisse sehr viel Geld. Aber in St. Monterose galten andere Relationen zum Geld.

    Leatrice Schwarz ließ ihr Hämmerchen kurz überrascht schwenken als sie das Gebot ihres Mannes entgegennahm. Henrik Schwarz sah sie nur Schulter zuckend an und nickte zu Emilia. Jede Sekunde die jetzt in Stille verstrich zog sich in die Länge wie eine donnernde Ewigkeit. Bitte lass es keine weiteren Gebote mehr geben! Dann sauste der Hammer nieder und die Kette gehörte Familie Schwarz. Erleichtert stieß Emilia die Luft aus ihren Lungen. Sie hatte immer noch ein schweres Gefühl auf der Brust, aber sie wusste das Erleichterung auf dem Weg war. Es hatte einen Vorteil die Tochter der Organisatorin zu sein; Emilia musste nicht auf das Ende der Auktion warten, sondern konnte sich ihr Schmuckstück gleich und als erste Ersteigerin abholen.

    Emilia und ihr Vater Mr. Schwarz erhoben sich und ein Platzanweiser führte sie die schöne Halle entlang, an der Bühne vorbei in einen großzügigen Gang des Gemeinderathauses. Jetzt würde der Papierkram geregelt werden und Emilia würde in wenigen Sekunden ihre Kette in Händen halten. Personal wuselte herbei. Ihr Vater folgte ihnen in einen Nebenraum, Emilia ging währenddessen schon einmal vor zum Aufbewahrungsort, wo all die Gegenstände gelagert wurden. Die Schatzkammer sozusagen. Sie wollte lieber dort vor der verschlossenen Tür warten, bis ihr Vater das Bürokratische erledigt hatte. Warum war sie so angespannt? Ihr Hirn schien wie elektrisiert. Unruhig ging sie auf und ab. Sich selbst zur Ruhe zwingend drehte sie sich um und wollte sich gegen die verschlossene Tür lehnen.

    Nur dass die Tür gar nicht mehr verschlossen war, und gerade nach Innen aufschwang. Emilia verlor fast das Gleichgewicht als sie nach hinten strauchelte und japste. Sie fing sich gerade noch rechtzeitig und blickte in ein paar sehr, sehr dunkler Augen, fast schwarz. Augen voller Feuer. Ein blonder Haarschopf und eine schwarze Lederjacke. Das war schon alles was sie wahrnahm, denn für mehr reichte die Zeit dieses kurzen Moments nicht. Der Junge Kerl sah sie an, einen minimalen Augenblick waren beide erstarrt. Emilia sah stumm und starr in diese unheilvoll schwarzen und feurigen Augen. Dann löste der Typ den Blickkontakt und warf einen Blick über ihre Schulter, ehe er in die entgegengesetzte Richtung aus der Emilia gekommen war davonlief und um eine Ecke verschwand.

    Wer war denn das?

    Emilia wurde von hektischen Schritten abgelenkt, die von der anderen Seite des Ganges kamen. Eine Dame, zwei Security Männer und ihr Vater kamen eilig um die Ecke.

    Miss Schwarz! Bitte verzeihen sie, aber wie es aussieht ist der Schlüssel zum Aufbewahrungsraum abhandengekommen! Wir werden ihn natürlich so rasch wie möglich ausfindig machen! Beteuerte die junge Dame entschuldigend.

    Äh die Tür ist offen. Sagte Emilia verdutzt und wies mit der Hand Richtung der offenstehenden Tür. Sie linste an der Dame vorbei zu ihrem Vater, der sah nur mit gerunzelter Stirn zu.

    Was?! Sagte die Dame entgeistert, laut ihres Namenschildes hieß Sie Monica, und glotzte an Emilia vorbei. Sie gab den beiden Secuirty Männern ein Zeichen, die brausten sofort an Emilia vorbei in den Raum und sahen sich um.

    Es scheint alles in Ordnung zu sein Monica. Sagte einer der beiden Securities. Monica ging in den Raum um sich selbst zu überzeugen. Wir werden dennoch ein Inventar vornehmen, um sicherzugehen, dass nichts verschwunden ist. Sagte sie, wirkte aber schonmal erleichtert.

    Na gut, verzeihen sie die Umstände. Bitte warten sie hier kurz, ich bringe ihnen ihre Ersteigerung. Wand sie sich nochmal an Emilia und ihren Vater Mr. Schwarz, ehe sie mit ein paar Dokumenten in der Hand in dem Raum verschwand.

    Ein entsetzter Laut entwich ihrer Kehle.

    Was ist los? Fragte Emilia sofort und Monica erschien mit leidendem Gesichtsausdruck.

    Miss Schwarz haben Sie, abgesehen von der offenstehenden Tür, sonst noch etwas Ungewöhnliches bemerkt? Fragte sie schnell.

    Emilia sah sie kurz mit großen Augen an, ehe sie ihr von dem jungen Mann berichtete der zuvor noch aus der Tür gekommen war.

    Was? Wie sah er aus? Und plötzlich verlangte sie von Emilia jede Kleinigkeit zu schildern. Sie gab daraufhin beiden Männern Anweisungen und diese stürmten alarmiert davon. Anscheinend hatte sich ein Dieb in das Rathaus eingeschlichen. Monica war die Einzige, die Zugang zu dem Schlüssel zu der Kammer haben sollte, doch der Schlüssel war aus dem Büro von Emilias Mutter verschwunden. Der Dieb musste sich ihn unter den Nagel gerissen haben. Das Ganze führte zu einer Unterbrechung der Auktion. Man versuchte die Angelegenheit zwar diskret zu behandeln, doch man konnte nicht verhindern, dass das Publikum Wind von der Sache bekam. Auch Dr. Salveter erschien an der Seite von Familie Schwarz. Im Schlepptau trottete Melica hinter ihm her. Als sie, wie Emilia ebenfalls, erfuhr was genau gestohlen worden war, nahm ihr Gesicht einen ganz merkwürdigen Ausdruck an. Der Dieb hatte nur einen einzigen Gegenstand gestohlen. Emilias saphirblaue Skarabäuskette.

    Schule

    Gibt es jetzt eigentlich schon wen der sich für das Morelli Anwesen interessiert? Fragte Alexander.

    Keine Ahnung, nach dem was gestern passiert ist, ist meine Mutter gerade nur mehr mit den Sicherheitsvorkehrungen im Rathaus beschäftigt. Sie will unbedingt herausfinden wer meine Kette gestohlen hat. Antwortete Emilia.

    Das sowas überhaupt passieren konnte. Verlautete Corrinn kopfschüttelnd, während sie ihr Spiegelbild in einer Coladose begutachtete und ihre blonde lange Lockenpracht zurecht zupfte.

    Warum klaut man überhaupt nur EIN Ding? Wenn man da schon reinkommt hätte der Typ doch gleich viel mehr mitnehmen können. Sagte Ben laut überlegend, während er ein paar Smarties hoch warf und sie mit dem Mund auffangen wollte. Sie prasselten ihm Großteiles in die schwarzen Haare.

    Lia hat ihn wohl überrascht, da hat er sich aus dem Staub gemacht. Sagte der brünette Alexander. Er schien sich als einziger der wirklich Gedanken zu machen.

    Jaaa- das kann sein. Pflichtete ihm Emilia zu.

    Sonnenstrahlen ergossen sich überschwänglich über die St. Monterose Akademie und versprühten über den azurblauen Himmel schon einen sehnlichsten Geschmack auf die Sommerferien. Die Schule ruhte in der Mitte des Parks wie ein hochmodernes, gläsernes Gebäude, das mit einem Gemäuer aus den Zeiten des Gotik Stils verschmolzen worden war. Sie beherbergte neben einem unschätzbaren Wert an Büchern, Künsten und Wissen den vermögenden Nachwuchs von St. Monterose. Folgte man dem gepflasterten Weg vom Haupteingang hinunter zum Schultor, dass das große, erblühende Gelände schützte, so gelangte man auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu einem hübschen kleinen Diner. Das Diner war ganz im Stile der fünfziger Jahre und bot Fastfood an das mindestens so teuer wie fettig war. Es war dennoch die beliebteste Nahrungsquelle der Akademie Schüler. Emilia saß mit ihren privilegierten Freunden auf den Stühlen in dem Gastgarten des Diners. Es war nicht wirklich ein Gastgarten, viel eher ein paar Tische und Sessel die man auf dem gepflasterten Vorplatz gestellt hatte um auch die sommerliche Jahreszeit für etwaige Gäste verlockend zu gestalten.

    Und du hast ihn wirklich nicht erkannt? Hakte Alex nach und griff nebenbei nach ein paar Pommes Frites.

    Nein, ganz sicher. Er ist definitiv nicht aus St. Monterose. Sagte Emilia bestimmt.

    Den ganzen Vormittag über hatten sie mit Emilia im Unterricht über den Diebstahl debattiert, und jetzt in der Mittagspause, griffen ihre Freunde das Thema wieder auf.

    Sie plauderten und waren umringt von anderen Schülern in dem rappelvollen Lokal. Da fielen ihnen auf dem Parkplatz der gegenüberliegenden Straßenseite ein paar Motorräder auf. Um die Motorräder stand eine Gruppe Jungs herum. Sie wirkten nicht wie Schüler der Akademie, dafür schienen sie zu alt zu sein. Sie wirkten dagegen… irgendwie schäbig und zwielichtig. Allesamt trugen sie schwarze oder braune Motorradjacken.

    Wer sind denn die? Fragte Corrinn die Emilias Blick folgte. Keine Ahnung. Niemand dabei den ich kenne War Emilias schlichte Antwort, nachdem sie einen Jungen nach dem anderen gemustert hatte. Ben richtete sich über seinem Burger wachsam auf. Die Nummernschilder sind aus Terrino. Sagte er langsam.

    Terrino? Ugh! Machte Corrinn und rümpfte die Nase. Emilia verdrehte die Augen über dieses klischeehafte „Ugh". Terrino war ebenfalls ein Bezirk und lag ziemlich weit entfernt auf der anderen Seite der Millionenmetropole. Man musste zuvor das gesamte Wolkenkratzer bepflasterte Stadtzentrum durchqueren um dorthin zu gelangen. Aus St. Monterose fuhr dort aber niemand hin. Terrino war so ziemlich der schäbigste und einkommensschwächste Bezirk. Zu alledem befand sich dort auch der Schmelzpol der hiesigen Kriminalität. Mafiosi, Drogen, illegaler Waffenhandel, was das Verbrecherherz begehrte war irgendwo in Terrino zu finden. Nicht wenige Menschen gaben der Versuchung nach schnellem Geld nach und wurden von dem Bezirk regelrecht verschlungen, durchgekaut und nie wieder ausgespuckt.

    Ich frag mich was die hier wollen. Ich hoffe mal nicht Drogen an Schüler zu verkaufen. meinte Alex mit gerunzelter Stirn.

    Nein, so wahnsinnig werden die schon nicht sein. Wehrte Emilia ab. Die Zeiten hatten sich was Drogen angeht geändert. Früher waren sie illegal und wurden bestraft. Heutzutage waren sie aufs höchste illegal und wurden schwerstens bestraft. Die reiche Bevölkerung von St. Monterose wollte ihren Reichtum schützen und viele von ihnen hatten Einfluss auf die Regierung. Drogen war zu früheren Zeiten eine der größten Versuchungen für reiche Kinder und damit eine Gefährdung für die Imperien ihrer Eltern. Ein Drogensüchtiger konnte kaum, das Erbe seiner Eltern und seiner Familie zu noch mehr Ansehen und Macht führen. Deswegen schützten sich die wohlhabenden Familien dagegen und nutzten ihren Einfluss um noch strengere Gesetzte und Sanktionen zu erlassen. Die Regierung hatte es jedoch nicht gern gesehen, dass ihre Autorität von wohlhabenden Wirtschaftlern degradiert wurde und hatte einen Weg gefunden sich zu rächen. Zu den äußerst harten Sanktionen für Drogenhandel und oder missbrauch, kam in dem Fall, dass derjenige noch Minderjährig sei eine weitere Strafe hinzu. Der Staat konnte sich fünfzig Prozent des Vermögens der Erziehungsberechtigten einverleiben. Diese hatten für ihre Kinder zu haften und sollten wegen Fahrlässigkeit und Vernachlässigung der Aufsichtspflicht angezeigt werden können. Dadurch gab es kaum noch jemanden der sich an die verbotenen Substanzen wagte. Wobei manchen jungen Menschen die Neugier darauf ins Gesicht geschrieben stand. Aber keiner würde das Vermögen seiner Eltern aufs Spiel setzen.

    Geht ihr jetzt eigentlich mit zu dem Debütanten Ball? Wechselte Corrinn das Thema, zu etwas das sie mehr interessierte.

    Ja und Nein, kam es zeitgleich von Ben und Alex. Ben sah Alex an und maulte laut drauf los: Na klar gehst du auch mit! Forderte er ihn auf.

    Ich hab aber keine Lust! Warum gehst du überhaupt? Gab Alex patzig zurück.

    Ich bin Mels Tanzpartner, das verrückte Weibsbild zwingt mich. Grunzte Ben.

    Ben mochte sich großspurig verhalten, Emilia wusste aber ganz genau, dass der Muskelprotz keineswegs etwas dagegen hatte Mels Tanzpartner zu sein. Er war seit langem extrem verknallt in sie. Außer Emilia wusste das aber keiner. Sie war sich auch ziemlich sicher das Mel nichts davon wusste. Emilia befürchtete sogar, dass diese Verknalltheit eine Einbahnstraße für Ben war. Das Mel und Ben Tanzpartner auf dem Ball waren hatte nicht viel zu bedeuten, die meisten die ihr Debüt feiern wollten und sich am Auftanzen beteiligten, hatten einfach irgendwelche Freunde gefragt. Bis auf Corrinn, denn als Ebenbild einer Barbiepuppe konnte sie sich vor Einladungen kaum retten.

    Sie waren zu fünft ein Gespann an besten Freunden seit Ewigkeiten. Dass Ben in jüngster Zeit Gefühle für Melica hatte, könnte zu einem Streit im Freundeskreis führen. Ein Drama auf das Emilia gerne verzichten würde. Es blieben ihnen nur mehr wenige Wochen gemeinsam auf ihrer Schule, in ihrer Stadt. Emilia sah diesem immer näherkommenden Ende ihres Alltages mit ungutem Gefühl entgegen. Alles würde sich verändern. Sie alle würden woanders hingehen, neue Wege einschlagen und... Verantwortungen übernehmen müssen. Jetzt hieß es herauszufindend was man mit seinem Leben anfangen wollte, wann könnte man seine Freunde eher brauchen als in dieser Lebensphase. Die Wahrscheinlichkeit sich voneinander zu entfremden war aber leider recht hoch, da sich alle quer über das Land und in zigtausende Kilometer zerstreuten.

    Klar gehst du hin Alex! Ich werde auch nicht Auftanzen, aber hingehen. Sagte Emilia und schnipste ihm eine Zwiebel von ihrem Burger entgegen.

    Warum? Sollt- wollte er schon weiter maulen, doch Emilia unterbrach ihn mit einer verlockenden Aussicht: Mel wird anschließend eine Afterparty schmeißen! Grinste sie. Das würde sicherlich ein Spaß werden. Mels Partys waren legendär.

    Alex sah sie allesamt in der Runde an, na gut, damit war er überredet: Von mir aus, ich geh hin.

    Ben lehnte sich im Sonnenschein zufrieden zurück und setzte ein breites Grinsen auf.

    Das ihr Vater das erlaubt wundert mich immer wieder. Regel Nummer eins bei Partys: Sei niemals der Gastgeber! Alleine das Aufräumen: BÄH! Hatte Corrinn beizusteuern. Als ob sie das selbst machen würde murmelte Alex halblaut über den Tisch und Ben gluckste.

    Wo steckt Mel überhaupt?! Fiel Emilia dem Geplaudere ins Wort.

    Keine Ahnung, ich hab sie heute in Mathe gesehen, aber Wirtschaft hat sie geschwänzt. Antwortete ihr Corrinn und nuckelte an einem pinken Strohhalm in ihrem rosa Erdbeermilchshake. Sie hat sich heute Vormittag ziemlich merkwürdig verhalten.

    Emilia runzelte die Stirn, es war nicht üblich für Mel zu schwänzen. Ja gut, keiner von ihnen war so ein Genie wie Corrinn die hinter ihrer Tussi-Fassade ein Monsterhirn versteckte, aber sie erschien zumindest zu jeder Stunde. Sie war gestern nach der Auktion schon irgendwie komisch gewesen. Das Leuten der Schulglocke schallte über die Straße zu ihnen herüber. Schüler rundherum erhoben sich und sammelten ihre Sachen zusammen. Auch die vier packten ihr Zeug und schlenderten zum blühenden Schulgelände rüber. Als sie das große Schultor passierten und den gepflasterten Weg hochgingen, fiel Emilia auf dass sie ihre Geldbörse vermisste. Mist.

    Ich komm gleich nach! Rief sie den anderen zu und eilte schnell zurück zum Diner. Sie hatte Glück, es lag noch genau dort wo sie es vergessen hatte. Mittlerweile war sie die letzte Schülerin auf der Straße vor dem Schultor. Nur auf dem Parkplatz neben dem Schultor standen immer noch die Kerle mit ihren Motorrädern. Emilia beobachtete sie aus den Augenwinkeln während sie zügig zurück aufs Schulgelände kommen wollte. Es war zwar ein dummes Vorurteil, aber irgendwie hatten die doch etwas Bedrohliches an sich. Die kleine Gruppe schien Emilia jedenfalls nicht zu bemerken. Emilia stockte bevor sie durch das Tor trat und blieb mit einem Fuß in der Schwebe stehen.

    Ein blutroter Haarschopf wehte vorbei. Melica.

    Emilia wollte nach ihr rufen, doch sie hielt inne. Irgendetwas war merkwürdig. Melica hatte sehr darauf geachtet unbemerkt aus dem Schulgelände rauszukommen, so sehr, dass sie dabei Emilia übersehen hatte. Was Emilia zum Stutzen gebracht hatte, war dass sie genau auf den Trupp mit den Motorrädern zusteuerte. Hä? Hallte es durch Emilias Kopf. Unschlüssig blieb sie zwischen dem Tor und einer grünen Hecke stehen. Sollte sie sich bemerkbar machen oder sich einfach höflich verziehen und ihre Nase nicht in anderer Leute Angelegenheiten stecken? Die Neugier gewann überhand und Emilia trat verborgen hinter die Hecke. Vorsichtig spähte sie an den Blättern vorbei.

    Mel ging ziemlich energisch auf die Gruppe los. Ein hochgewachsener, schlaksiger junger Mann drehte sich um und sah ihr entgegen. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen kannte er Mel, er schien sie sogar zu erwarten und breitete vertraut die Arme aus. Woher kannte Mel Jungs aus Terrino? Und noch viel wichtiger: was wollte sie von denen? Emilia konnte nicht verhindern, dass ihr Alex‘s Bemerkung über die Drogen einfiel. Nein, Mel war nicht bescheuert. Mel würde in ihrem Abschlussjahr keine Haftstrafe riskieren. Hundert prozentig. Außerdem: würde ein Drogendealer seine Kundschaft umarmen? Unwahrscheinlich.

    Mel schien keine Lust darauf zu haben umarmt zu werden. Verärgert schlug sie seine Arme weg und plusterte sich plötzlich wie eine wild gewordene Henne vor dem jungen Kerl auf. Die zwielichtigen Jungs die hinter ihm standen reagierten überhaupt nicht, die sahen einfach nur ein paar Blicke wechselnd zu. Mel schien sich furchtbar über irgendetwas aufzuregen. Der Wind rauschte zu laut und Emilia konnte nicht verstehen was sie sagten. Der schlaksige Junge wollte sie beschwichtigen und beugte sich zu Mel runter. Mel dagegen gestikulierte wild herum.

    Ein Grollen fegte über die Straße als ein weiteres schwarzes Motorrad am Ende der Straße um die Ecke geschossen kam. Schlagartig sahen alle Köpfe des Trupps auf und sahen der schwarzen Maschine entgegen. Alle schienen das Geräusch speziell dieser Maschine zu kennen. Das Motorrad steuerte donnernd auf den Parkplatz zu und kam mit quietschenden Reifen vor den anderen zum Stillstand. So knapp, dass Mel erschrocken einen Satz zurücksprang. Oben auf saß ein Typ mit muskulöser Statur, schwarzer Lederjacke und schwarzem Helm. Mel kannte ihn anscheinend, den sie erholte sich rasch wieder von ihrem Schreck und holte Luft um weiter zu meckern.

    Der Typ drehte ihr den Kopf zu, schien aber ansonsten recht unbeeindruckt. Er stieg gemächlich von seinem Motorrad ab, ignorierte Mel und wechselte ein paar Worte mit ihrem schlaksigem Bekannten. Etwas Seltsames schien durch die Gruppe zu wandern. Emilia erkannte rasch was das war: Respekt. Sie hatten allen Respekt vor ihm. Ein kurzes Wortgefecht ging von Statten in das sich Mel immer wieder einmischte.

    Was zur Hölle war da los? Der schlaksige Typ sah den Motorradfahrer bittend an und sie schienen sich einig zu werden.

    Hätte Emilias Kinnlade abfallen können, dann hätte sie das sicherlich getan, denn mit dem was jetzt passierte hatte sie niemals gerechnet.

    Der Motorradfahrer nahm seinen Helm ab und zum Vorschein kam ein blonder Haarschopf. Ein Haarschopf den Emilia schon einmal gesehen hatte.

    Der Dieb! Das war der Dieb aus dem Rathaus!

    Dem nicht genug, er griff in die Innenseite seiner Lederjacke und holte etwas heraus. Eine Saphirblaue, kristallene Skarabäusbrosche an einem schwarzen Band. Emilias Kette aus dem Morelli-Vermögen.

    Komplett überrascht starrte Emilia völlig verdattert auf die Szene vor sich.

    Es wurde aber nicht besser. Der Blondschopf sah Mel gelangweilt an, ehe er den Arm ausstreckte und ihr die Kette aushändigte. Mel nahm sie wütend entgegen und wollte noch ein paar beleidigende Worte herauspreschen, doch der Blondschopf schenkte ihr keine Beachtung mehr. Seelenruhig stieg er auf sein Motorrad, startete es und brauste so schnell davon wie er gekommen war. Damit ließ er den gesammelten Trupp der anscheinend nur auf ihn gewartet hatte, im Staub stehen.

    Mel! Was soll das? Was tust du?! Schallte es in Emilias Kopf. Was hast du mit dem Diebstahl zu tun? Gelächter und andere Geräusche drangen an Emilias Ohren als ein paar Schüler der Akademie zum Sportunterricht auf das Gelände schwirrten. Auch die Jungs und Mel hörten die Geräusche und Emilia sah wie Mel sich unentdeckt auf den Weg zurück in die Schule machte. Emilia duckte sich kurz vor ihr in die Hecke weg und dachte sich nur sehr damenhaft: WTF?

    Schwarzes Debüt

    Ein satter Bass brummte über den Gehweg. Musik wummerte laut aus einer großen Villa auf die Straße hinaus. Es war ein Wunder, dass sich noch keine Nachbarn beschwerten. Auf dem Rasen parkten teure Autos, wie Ferraris, Porsche und Bentleys und ein paar Schüler torkelten betrunken herum.

    Der Debütanten Ball der in der St. Monterose Akademie stattgefunden hatte, war längst vorbei. Dafür war Mels Party im Inneren des Hauses in vollem Gange. Der Salon und das große Wohnzimmer hatten sich in eine rauschende Tanzfläche verwandelt. Mel hatte sogar ein richtiges DJ-Pult organisiert und während die meisten ihrer Mitschüler in feinen Designerroben ausgelassen um die modernen Möbel tanzten, taten sich andere an den exquisiten Snacks in der Küche gütlich. Jede menge Cupcakes, extravagantes Fingerfood und exotische Obststücken waren von einer Cateringfirma hübsch und appetitlich drapiert worden. Jetzt wurden alle Speisen von angeheiterten Schülerfingern zerpflückt. Eine Bowle Schüssel zerschellte auf dem Boden und während sich der purpurne Saft über die weißen Marmorfliesen ergoss, brach auch noch eine Designerlampe von der Wand. Dr. Salveter würde die Decke hochgehen, wenn er das Chaos sah, dass diese Party anrichtete. Spätestens wenn er die ganze Kotze im Pool bemerkte, sollte Mel die Flucht ergreifen.

    In einem dunklen Zimmer im ersten Stock war die Musik der Party nur dumpf zu hören. Eine Tür ging sachte auf und jemand huschte in einem Ballkleid blitzschnell in den dunklen Raum.

    Es war Emilia, die sich hochgeschlichen hatte um in Mels Zimmer Detektiv zu spielen.

    Emilia hatte aus Mel nichts herauskitzeln können. Da Emilia aber wissen wollte, was Mel mit den Dieben zu tun hatte, und warum sie ihr ihre Kette gegeben hatten, machte sie sich selbst auf die Suche nach Antworten. Wenn sie hier ihre Kette fand würde Mel mit der Sprache herausrücken müssen.

    Ihr schlechtes Gewissen, beim durchwühlen von Mels Sachen hielt sich ebenfalls in Grenzen: Die Kette gehörte schließlich ihr. Sie schaltete die Lampe Ihres Smartphones ein und zog leise die oberste Schublade von Mels Edelstahlkommode auf. So leise wie möglich ging sie eine Lade nach der anderen durch, finden konnte sie jedoch nichts.

    Emilia wollte sich gerade Mels Schreibtisch zuwenden als ihr Blick an dem Spiegel auf der Kommode hängen blieb. Es war eigentlich ein gewöhnlicher mittelgroßer Standspiegel mit einem dicken Zierrahmen. Emilia spürte kleine Impulse in ihren Fingerspitzen. Ihre Finger wollten sich nach dem Spiegel ausstrecken. Emilia legte ihr Smartphone auf der Kommode ab und hob den Spiegel mit beiden Händen an. Für seine Größe war er ziemlich schwer. Ein weiterer Impuls brachte sie dazu ihre Hände den Kunststoff-Rahmen entlang gleiten zu lassen. Ihre Fingerspitzen bekamen ein ungutes kribbeliges Gefühl und brachten sie dazu fester zuzudrücken. Der hintere Teil des Rahmens gab unter ihren Fingern nach und Emilia konnte eine kleine Einbuchtung ertasten. Überrascht hielt sie inne, drehte den Spiegel herum und sah sich das genauer an. Sie konnte einen Teil der Rückseite des Rahmens anheben und einen Hohlraum freilegen. Kurz hielt sie gespannt die Luft an, ehe sie den Rahmen leicht schüttelte und etwas heraus auf die Kommode purzelte.

    Drei Gegenstände fielen heraus:

    Emilias blaue, Saphir-Skarabäuskette

    Ein Schlüssel

    Und-

    Ein durchsichtiges Säckchen, zum bersten gefüllt mit einem weißen Pulver.

    Emilia starrte sprachlos auf die drei Dinge.

    Drogen. Das waren Drogen.

    Das weiße Säckchen war nicht einmal das Schockierenste. Viel mehr schockierte sie der Anblick des Schlüssels. Das war der Schlüssel zum Aufbewahrungsraum im Rathaus. Der Schlüssel der eigentlich in dem Büro ihrer Mutter liegen sollte. Mel steckte tatsächlich mit den Dieben unter einer Decke. Sie war für den Raub verantwortlich.

    Und langsam kam ihr auch eine Erklärung für das „Warum?":

    Mel wollte von den Terrino Typen Drogen kaufen. Drogen waren durch die strengen Gesetzte noch viel teurer und schwieriger zu bekommen als früher. Sie waren so teuer, dass ein Kauf selbst bei den reichen Kids auffallen würde.

    Leisten konnte sich Mel das Pulverchen sicher, aber wie hätte sie das Fehlen der Summe ihrem Vater erklärt? Hätte sie bar bezahlt, hätte er wissen wollen wozu sie so viel Bargeld brauchte. Die Kreditkarte zu verwenden kam gar nicht erst in Frage: 1. die Abrechnung lief

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