Leb wohl, Thorsten: Sophienlust Bestseller 59 – Familienroman
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Das Kinderheim Sophienlust erfreut sich einer großen Beliebtheit und weist in den verschiedenen Ausgaben der Serie auf einen langen Erfolgsweg zurück. Denise von Schoenecker verwaltet das Erbe ihres Sohnes Nick, dem später einmal, mit Erreichen seiner Volljährigkeit, das Kinderheim Sophienlust gehören wird.
»Es war eine großartige Idee von dir, dieses Haus zu mieten, mein Lieber!« rief Helen Leistinger-Krumbach mit ihrer angenehm klangvollen, geschulten Stimme aus. »Dieses Haus ist genau der richtige Ort, um ein neues Leben zu beginnen! Schluß mit dem ewigen Kofferpacken, mit dem Herumzigeunern, mit all der Hektik!« »Es freut mich, daß dir das Haus gefällt«, gab Klaus Krumbach leise zurück. Auch er war während seiner Ausbildung zum Schauspieler darauf gedrillt worden, jede Klangfärbung seiner Stimme stets unter Kontrolle zu haben, dennoch fiel es ihm jetzt schwer, ein Zittern zu unterdrücken und sich den Anstrich heiterer Zuversicht zu geben. Er wagte seiner Frau nicht in die Augen zu sehen, aus Angst, sie könnte seine innersten Gedanken lesen. Helen lief mit beschwingten Schritten zu dem großen Fenster und blickte hinaus auf die Terrasse. »Der Garten wirkt ziemlich vernachlässigt«, stellte sie kritisch fest. »Auf dem Rasen liegt noch das welke Laub vom Vorjahr, die Sträucher gehören zurechtgestutzt, auch die Bäume benötigen einen Radikalschnitt.« »Ich werde einen Gärtner kommen lassen«, versprach Klaus, trat neben Helen und legte einen Arm um ihre Schultern. Er war ein gutaussehender Mann, groß, kräftig, mit dichten brünetten Haaren, scharf geschnittenen Gesichtszügen und blitzenden graublauen Augen. Obwohl er nur selten in Fernsehspielen in Erscheinung trat und nie für längere Zeit an einem der großen Theater engagiert gewesen war, gab es immer wieder Fanpost für ihn. Briefe von Verehrerinnen, denen es nicht nur seine Schauspielkunst angetan hatte. Helen neckte ihn gern wegen der Bewunderung, die viele ihrer Geschlechtsgenossinnen ihm zollten. Sie fand diese anhimmelnden Briefe überaus komisch und verspürte nie den geringsten Stich der Eifersucht, so sicher war sie sich, daß die Liebe ihres Gatten einzig und allein ihr gehörte. »Einen Gärtner?«
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Sophienlust (ab 351)
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Buchvorschau
Leb wohl, Thorsten - Elisabeth Swoboda
Sophienlust Bestseller
– 59 –
Leb wohl, Thorsten
Warum er seine liebe Tante Marianne verlassen musste …
Elisabeth Swoboda
»Es war eine großartige Idee von dir, dieses Haus zu mieten, mein Lieber!« rief Helen Leistinger-Krumbach mit ihrer angenehm klangvollen, geschulten Stimme aus. »Dieses Haus ist genau der richtige Ort, um ein neues Leben zu beginnen! Schluß mit dem ewigen Kofferpacken, mit dem Herumzigeunern, mit all der Hektik!«
»Es freut mich, daß dir das Haus gefällt«, gab Klaus Krumbach leise zurück. Auch er war während seiner Ausbildung zum Schauspieler darauf gedrillt worden, jede Klangfärbung seiner Stimme stets unter Kontrolle zu haben, dennoch fiel es ihm jetzt schwer, ein Zittern zu unterdrücken und sich den Anstrich heiterer Zuversicht zu geben. Er wagte seiner Frau nicht in die Augen zu sehen, aus Angst, sie könnte seine innersten Gedanken lesen.
Helen lief mit beschwingten Schritten zu dem großen Fenster und blickte hinaus auf die Terrasse. »Der Garten wirkt ziemlich vernachlässigt«, stellte sie kritisch fest. »Auf dem Rasen liegt noch das welke Laub vom Vorjahr, die Sträucher gehören zurechtgestutzt, auch die Bäume benötigen einen Radikalschnitt.«
»Ich werde einen Gärtner kommen lassen«, versprach Klaus, trat neben Helen und legte einen Arm um ihre Schultern. Er war ein gutaussehender Mann, groß, kräftig, mit dichten brünetten Haaren, scharf geschnittenen Gesichtszügen und blitzenden graublauen Augen. Obwohl er nur selten in Fernsehspielen in Erscheinung trat und nie für längere Zeit an einem der großen Theater engagiert gewesen war, gab es immer wieder Fanpost für ihn. Briefe von Verehrerinnen, denen es nicht nur seine Schauspielkunst angetan hatte. Helen neckte ihn gern wegen der Bewunderung, die viele ihrer Geschlechtsgenossinnen ihm zollten. Sie fand diese anhimmelnden Briefe überaus komisch und verspürte nie den geringsten Stich der Eifersucht, so sicher war sie sich, daß die Liebe ihres Gatten einzig und allein ihr gehörte.
»Einen Gärtner?« wiederholte Helen lachend. »Aber Klaus, du Dummer, hast du vergessen, daß ich aus einer Gärtnerei stamme? Meine Eltern hatten sich dem Gärtnerberuf mit Leib und Seele verschrieben, meine Geschwister haben diese Leidenschaft geerbt. Nur ich bin aus der Art geschlagen, ich wollte schon von klein auf Schauspielerin werden.« Sie seufzte, hob den Kopf, warf ihre schulterlangen blonden Haare zurück und fuhr entschlossen fort: »Mit der Schauspielerei ist es nun ein für allemal bei mir vorbei.«
»Vielleicht änderst du deine Meinung noch«, warf Klaus halbherzig ein.
»O nein, gewiß nicht! Dem Streß und dem ständigen Kleinkrieg mit Theaterdirektoren, Regisseuren, Kollegen, Kritikern und Publikum bin ich nicht mehr gewachsen. Die gräßliche Operation, die ich nun glücklich hinter mir habe, war gewissermaßen ein Einschnitt in meinem Leben, eine Warnung. Ich spüre es genau… Ich habe nur dann eine Chance, wenn ich meinen Lebensstil von Grund auf ändere. Von nun an spiele ich nur noch das brave Hausmütterchen und die Gärtnerin. Du mußt mir lediglich Werkzeug besorgen. Rechen, Baumschere, Säge, Rasenmäher, Leitern…«
»Kommt nicht in Frage! Du darfst dich nicht überanstrengen«, unterbrach Klaus seine Frau.
»Aber Klaus, Liebster, ich fühle mich prächtig!« Helen löste sich von dem Mann und drehte sich übermütig im Kreis, so daß ihr weiter dunkelroter Kaschmirrock um ihre Beine flatterte. »Ich könnte Bäume ausreißen!« behauptete sie, obwohl sie nach der raschen Bewegung nach Atem ringen mußte.
»Helen, um Himmels willen, du mußt dich schonen!« warnte der Mann.
»Ich habe mich lange genug geschont. Im Krankenhaus, nachdem die Ärzte an mir herumgeschnipselt hatten, fühlte ich mich hundeelend. Doch das ist nun vorbei… Erledigt! Der Kuraufenthalt danach hat mich wiederaufgebaut. Ich bin kerngesund. Ich habe diese schreckliche Krankheit überwunden. Oder bist du anderer Meinung?« Sie warf ihrem Mann einen Blick zu, in dem ein verzweifeltes Flehen lag.
Klaus hatte das Gefühl, als ob sein Herz sich zusammenkrampfte. Er kannte die Wahrheit, der Oberarzt hatte ihn rufen lassen und sie ihm mitgeteilt. Seither klammerte sich Klaus wider besseres Wissen an den Strohhalm, daß vielleicht ein Wunder geschehen könnte. Trotz der Schwierigkeiten, die sie ihm im Laufe ihrer zehnjährigen Ehe bereitet hatte, trotz ihres Egoismus und ihrer Verständnislosigkeit für andere liebte er seine Frau über alles.
»Klaus, warum antwortest du mir nicht?«
Der Mann riß sich zusammen. Schließlich war er Schauspieler. Was ihm auf der Bühne und im Fernsehstudio gelang, mußte er auch im Privatleben fertigbringen. Er lächelte und erklärte mit überzeugender Festigkeit: »Selbstverständlich bist du jetzt gesund! Trotzdem darfst du dir noch nicht zuviel zumuten. Du mußt deine Kräfte einteilen. Diese Operation war keine Kleinigkeit.«
»Nein, das war sie nicht!« Mit einem kleinen Aufschrei flog Helen in seine Arme und schmiegte ihren blonden Kopf an seine Brust. »Ich bin keine vollwertige Frau mehr«, schluchzte sie. »Ich kann dir keine Kinder mehr schenken.«
»Unsinn«, murmelte der Mann und streichelte besänftigend Helens Haar. »Für mich bist du die Beste und Schönste, das weißt du. Abgesehen davon – wir wollten doch gar keine Kinder mehr. In unserem Alter…«
»Ja, ja, erinnere mich nur daran, daß ich schon neununddreißig bin!« fiel Helen ihrem Mann ins Wort. Jetzt lag ein schriller Ton in ihrer sonst so angenehmen Stimme. »Neununddreißig! Für eine Schauspielerin ist das eine Katastrophe! Die schönsten Rollen schnappen einem die Jüngeren weg, oft genug sind das dumme Dinger ohne den geringsten Funken von Talent. Das einzige, was sie verstehen, ist, dem Produzenten schöne Augen zu machen. Und die Herren fallen prompt auf die hübschen Lärvchen herein. Es ist zum Kotzen!«
»Reg dich nicht auf«, bat der Mann.
Die Frau holte tief Atem. »Du hast recht, mein Lieber. Ich habe meinen Beruf samt meinem Ehrgeiz und allem sonstigen Drum und Dran an den Nagel gehängt. Meine Gesundheit geht vor. Nicht wahr, Klaus, du bist doch ebenfalls der Ansicht, daß die vielen beruflichen Aufregungen schuld an meiner Krankheit hatten? Es heißt ja, daß Krebs durch seelischen Streß hervorgerufen werden kann.«
»Gewiß, Liebes!«
»Ich werde also der Schauspielerei nicht nachtrauern, sondern mich einzig und allein einem harmonischen Familienleben widmen. Das erscheint mit die beste Garantie gegen einen Rückfall.«
»Gewiß, Liebes«, wiederholte Klaus.
»Ein Glück, daß du einen Fünfjahresvertrag an einer renommierten Bühne ergattern konntest. Wir müssen nun allein von deiner Gage unseren Lebensunterhalt fristen, aber ich denke, es wird zu machen sein.«
»Gewiß, Liebes«, murmelte Klaus zum drittenmal.
»Schließlich ersparen wir uns in Zukunft die teuren Hotelrechnungen«, überlegte Helen halblaut. »Ich werde selbst kochen und den Haushalt versorgen. Es wird ganz amüsant werden.«
»Wie oft muß ich dir noch erklären, daß du dich nicht überanstrengen darfst? Ich will unbedingt eine Putzfrau anstellen, die dich unterstützt.«
»Lieb von dir, Klaus! Du bist der beste Ehemann, den man sich vorstellen kann.« Helen wischte sich ein paar Tränen aus den Augenwinkeln. Ihre Stimmung wechselte ununterbrochen, von einer Sekunde auf die andere konnte bei ihr ein vergnügtes Lachen in ein herzzerreißendes Weinen umschlagen. Das war allerdings keine Folge ihres labilen Gesundheitszustandes, sie war schon immer launenhaft gewesen.
»Wollen wir unseren Gang durch das Haus fortsetzen?« erkundigte sich Klaus.
»Gern.« Helen strahlte schon wieder, was dem Mann mehr ins Herz schnitt als ihr Schluchzen. Die Tränen hatten ihre Wimperntusche ein wenig verschmiert, aber das nahm Klaus nicht wahr. Was ihm auffiel, waren die eingefallenen Wangen und die vielen harten Linien um Augen und Mund. Ihr Lachen klang in seinen Ohren gekünstelt, er konnte nur hoffen, daß sie selbst es nicht so empfand und auch nichts von seiner eigenen dumpfen Niedergeschlagenheit merkte.
Während sie den Besichtigungsgang durch den bungalowartigen Flachbau wiederaufnahmen, zwang auch der Mann sich zur Fröhlichkeit. Er hatte das Haus samt einer geschmackvollen Einrichtung gemietet. Die Besitzer waren für einige Jahre ins Ausland übersiedelt und waren froh gewesen, innerhalb kurzer Zeit einen Mieter zu finden. Sie hatten es ihm verhältnismäßig günstig überlassen.
»Auch die Möbel sind in Ordnung«, stellte Helen nach ihrem Rundgang zufrieden fest. »Das einzige, was fehlt, ist ein Kinderzimmer. Aber das ist nicht weiter schlimm. Wir werden die Sitzgarnitur aus dem grün tapezierten Zimmer in den Salon schieben, dort können wir noch gut einige zusätzliche Sitzgelegenheiten brauchen. Wenn ich mich auch aus dem Beruf zurückgezogen habe, gänzlich versauern möchte ich nicht. Wir werden Partys geben, zu denen wir deine Freunde und Kollegen einladen. Du wirst dich wundern, was für tolle hausfrauliche Qualitäten ich entfalten werde. Ich…«
»Helen!« versuchte Klaus seiner Frau Einhalt zu gebieten, aber sie achtete nicht auf ihn, sondern sprach mit fieberhaftem Eifer weiter.
»… ich werde mich auch zu einem Vorbild an Mütterlichkeit entwickeln. Ich werde alles wiedergutmachen, was ich bisher an Thorsten versäumt habe. Wir werden gemeinsam alle Möbelhäuser abklappern, bis wir wirklich gute und auf eine kindgerechte Entwicklung abgestimmte Möbel gefunden haben. Die Wände im grünen Zimmer sind zu düster, ein Tapezierer muß her! Glaubst du, wir könnten in dem Schuppen hinter