Wenn ich groß bin, liebe Mutti: Fürstenkinder 49 – Adelsroman
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Ihre Lebensschicksale gehen zu Herzen, ihre erstaunliche Jugend, ihre erste Liebe – ein Leben in Reichtum, in Saus und Braus, aber oft auch in großer, verletzender Einsamkeit.
Große Gefühle, zauberhafte Prinzessinnen, edle Prinzen begeistern die Leserinnen dieser einzigartigen Romane und ziehen sie in ihren Bann.
Rainer von Enckhusen war nicht überrascht, als Veronika ihm die Tür öffnete. Insgeheim hatte er es erhofft. Seine hellblauen Augen strahlten freudig auf, als er dem zarten jungen Mädchen mit dem scheuen Blick die Hand schüttelte. »Ich wollte zu deinem Vater, Veronika«, sagte er, aber sein Anliegen erschien ihm in diesem Moment gar nicht so wichtig. »Ist er zu Hause?« Veronika Hasbach schüttelte den Kopf. »Nein, leider nicht. Aber er wird vielleicht in einer halben Stunde zurück sein. Willst du so lange hereinkommen und auf ihn warten?« »Gern«, erwiderte Rainer erfreut und trat näher. Im Wohnzimmer des Fürstenhauses war noch der Kaffeetisch gedeckt, und die Tür, die zum Balkon führte, war weit geöffnet. Frische Morgenluft strömte herein und vermischte sich in ihrem zarten Blütenduft mit dem kräftigen Aroma des Kaffees. »Möchtest du eine Tasse Kaffee?« fragte Veronika. »Ich wollte gerade abräumen. Wie gut, daß ich es noch nicht getan habe.« Als sie lachte, konnte man ihre regelmäßigen schönen Zähne sehen. Rainer von Enckhusen nickte und setzte sich an den Tisch.
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Buchvorschau
Wenn ich groß bin, liebe Mutti - Lieselotte Immenhof
Fürstenkinder
– 49 –
Wenn ich groß bin, liebe Mutti
Du hast so viel für mich geopfert
Lieselotte Immenhof
Rainer von Enckhusen war nicht überrascht, als Veronika ihm die Tür öffnete. Insgeheim hatte er es erhofft. Seine hellblauen Augen strahlten freudig auf, als er dem zarten jungen Mädchen mit dem scheuen Blick die Hand schüttelte.
»Ich wollte zu deinem Vater, Veronika«, sagte er, aber sein Anliegen erschien ihm in diesem Moment gar nicht so wichtig. »Ist er zu Hause?«
Veronika Hasbach schüttelte den Kopf.
»Nein, leider nicht. Aber er wird vielleicht in einer halben Stunde zurück sein. Willst du so lange hereinkommen und auf ihn warten?«
»Gern«, erwiderte Rainer erfreut und trat näher.
Im Wohnzimmer des Fürstenhauses war noch der Kaffeetisch gedeckt, und die Tür, die zum Balkon führte, war weit geöffnet. Frische Morgenluft strömte herein und vermischte sich in ihrem zarten Blütenduft mit dem kräftigen Aroma des Kaffees.
»Möchtest du eine Tasse Kaffee?« fragte Veronika. »Ich wollte gerade abräumen. Wie gut, daß ich es noch nicht getan habe.« Als sie lachte, konnte man ihre regelmäßigen schönen Zähne sehen.
Rainer von Enckhusen nickte und setzte sich an den Tisch. Er beobachtete ihre geschmeidigen Bewegungen, während sie ihm eine frische Tasse hinstellte und einschenkte.
Ihr seidiges goldblondes Haar umrahmte weich das ovale Gesicht, das von einer leuchtenden Schönheit und Lieblichkeit war. Die Wangen waren zart gerötet, und in den braunen Augen glomm ein warmes, lebendiges Licht.
Rainer trank den Kaffee, der nicht mehr ganz heiß war, während Veronika sich stillschweigend ihm gegenüber an die andere Seite des Tisches setzte.
Ihr Blick war fragend auf ihn gerichtet, doch als er aufsah und über den Tisch hinweg seine Hand ausstreckte und die ihre ergriff, senkte sie rasch den Kopf.
»Ich bin sehr froh, daß ich dich allein angetroffen habe, Veronika«, sagte Rainer von Enckhusen mit dunkel-verhaltener Stimme. »Ich wollte schon sehr lange mit dir sprechen.«
»Ja?« flüsterte sie und errötete tief.
Rainer von Enckhusen ließ ihre Hand los, erhob sich und trat neben ihren Stuhl. »Veronika«, murmelte er zärtlich und berührte mit einer liebevollen Geste ihre Schultern, »sieh mich an!«
Langsam wandte sie sich ihm zu.
Er nahm ihre beiden Hände und zog sie sanft zu sich empor. »Wir kennen uns seit unserer Kindheit«, sagte er tastend, »und immer waren wir gute Freunde. Aber seit einiger Zeit ist es anders geworden, Veronika. Hast du es auch gespürt?«
Die Röte in ihrem Gesicht wurde tiefdunkel. Wortlos nickte sie. »Ich habe Angst vor jeder Begegnung mit dir«, hauchte sie nach einem Augenblick des Schweigens.
»Warum, Veronika?« fragte er weich.
»Weil – weil…« Sie konnte nicht weitersprechen.
»Ich ahne es: Du fühlst genau wie ich«, sprach er weiter. »Es ist nicht nur Freundschaft, was uns verbindet –, nein, wir lieben einander. Ist es so?« Er hatte sie ganz nah zu sich herangezogen.
Sie leistete schüchtern Widerstand. »Oh, bitte, Rainer, sprich so etwas nicht aus!« sagte sie mit ängstlichen Augen. »Es würde alles zerstören!«
Er lachte leise und warm. »Was sollte es zerstören, Veronika?« drängte er. »Ich liebe dich –, schon sehr lange«, bekannte er leidenschaftlich. »Und oftmals schon wollte ich dir ein Geständnis machen. Aber dann habe ich es nicht gewagt, denn du warst so scheu und zurückhaltend, daß ich glaubte, du könntest mich nicht lieben.«
»Das ist nicht wahr!« rief sie heftig aus und erschrak gleichzeitig über ihre Antwort.
Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und sah ihr tief in die Augen. »Wie glücklich machst du mich mit deinen Worten, Liebes«, flüsterte er erregt. »Dann liebst du mich also auch – wirklich und wahrhaftig?« Er konnte es immer noch nicht glauben, daß nun endlich sein Sehnen Erfüllung finden sollte.
»Ja, ich liebe dich«, hauchte sie und schloß dabei die Augen.
Er beugte sich zu ihrer zierlichen Gestalt herab und küßte sie lange und innig. Als sie seinen Kuß erwiderte, zweifelte er nicht mehr an ihrer Liebe.
»Oh, Rainer«, stammelte sie jauchzend und schluchzend zugleich, als er sie wieder freigab, »mir ist noch alles wie ein Traum, ein wundervoller, märchenhafter Traum!« Sie schlang die Arme um seinen Nacken und lehnte sich an ihn.
Er streichelte ihr Haar und hatte Mühe, seiner inneren Bewegung Herr zu werden.
»Es ist kein Traum«, sprach er mit beschwörender Stimme. »Es ist die Wirklichkeit, nach der ich mich schon lange gesehnt habe.«
»Ich habe Angst, ich könnte aufwachen, und alles wäre zu Ende!«
»Unsere Liebe wird niemals zu Ende gehen, Veronika«, versprach er ernst. »Wir werden heiraten und bis ans Ende unserer Tage zusammenbleiben.«
»Heiraten?« wiederholte sie fassungslos. »Du willst mich heiraten?«
Ein belustigtes Lächeln spielte um seinen energischen Mund. »Willst du mich nicht?« fragte er heiter.
Sie flog ihm wieder in die Arme. »O doch, Liebster –, keinen anderen als dich!« rief sie überglücklich aus. Dann löste sie sich ein wenig aus seiner liebevollen Umarmung. »Aber darfst du mich denn heiraten?« fragte sie mit bangem Gesicht. »Wird deine Mutter gestatten, daß du eine Bürgerliche zu deiner Frau machst?«
Sein Lächeln war ein wenig verkrampft.
»Sei unbesorgt«, erwiderte er rasch, »Mutter wird sich einverstanden erklären. Es wird ihr gar nichts anderes übrig bleiben!« Sein Blick ging über Veronika hinweg in die Ferne.
»Ich habe Furcht vor ihr«, murmelte Veronika.
Er küßte sie noch einmal. »Wenn ich bei dir bin, brauchst du dich vor nichts und niemandem zu fürchten«, sagte er.
Die Haustür klappte, und Veronika versuchte erschrocken, sich aus Rainers Umarmung zu befreien, doch er hielt sie fest.
»Der Vater«, flüsterte Veronika warnend.
Schon wurde die Tür geöffnet, und der Förster stand auf der Schwelle. Er stutzte einen Moment, als er seine Tochter neben dem jungen Grafen sah, der einen Arm um Veronikas Schultern gelegt hatte.
»Morgen, Graf«, sagte Erwin Hasbach mit rauher Stimme und schob seine vierschrötige, untersetzte Gestalt näher. Die grauen Augen funkelten erstaunt unter den buschigen Brauen. »Was ist denn hier los?« knurrte er, aber seine Mundwinkel waren zu einem gutmütigen Schmunzeln verzogen.
»Herr Hasbach«, sagte Rainer von Enckhusen ohne Vorrede, »ich möchte Sie um die Hand Ihrer Tochter bitten!«
Erwin Hasbach blieb überrascht stehen und sah zu der hochgewachsenen, breitschultrigen Gestalt des jungen Grafen auf. »Holla, das ist ja beinahe ein Überfall!«
»Wir lieben einander und möchten heiraten«, fuhr Rainer lebhaft fort. »Ich hoffe, daß Sie nichts dagegen haben!«
Bang schaute Veronika auf den Vater, der seinen aufmerksamen Blick zwischen ihr und Rainer von Enckhusen hin und her gehen ließ. Dann zog er seine Pfeife aus der Jackentasche und kaute daran herum. »Hm«, machte er schließlich bedenklich, »das ist keine einfache Frage.«
»Sag ja, Vater, bitte, bitte!« flehte Veronika und hängte sich an seinen Arm.
»Habt ihr euch das auch gut überlegt?« fragte der Förster und sah den Grafen dabei eindringlich an.
»Ja, Herr Hasbach, ganz genau«, erwiderte Rainer fest.
»Ich verspreche Ihnen, daß ich alles von Veronika fernhalten werde, was sie je betrüben könnte. Es wird für immer nur ein Ziel geben: Veronika glücklich zu machen!«
Hasbach zögerte. Er mochte den Grafen gern, und eigentlich kam es ihm auch nicht überraschend, daß er seine Tochter liebte, denn er hatte Veronika gut beobachtet und ahnte, was in ihrem Herzen vorging. Aber der Förster wußte auch, daß auf dem Schloß Johanna von Enckhusen regierte, und was das bedeutete, war niemandem im Ort ein Geheimnis. Würde Rainer sich gegen seine Mutter durchsetzen können, und durfte er, Erwin Hasbach, seine Tochter diesem Kampf ausliefern?
Der Förster schaute auf das junge Paar. Die Geste inniger Zuneigung, mit der der junge Graf Veronika an sich zog, entschied Hasbachs innere Zweifel.
»Also schön«, sagte er langsam und breit, »werdet glücklich miteinander! Meinen Segen habt ihr!« Er legte ihre beiden Hände ineinander und schickte dabei ein stilles Gebet zum Himmel.
*
»Ich werde Veronika Hasbach heiraten, Mutter! Davon wirst du mich mit keiner Macht der Welt abhalten können!« Breitbeinig blieb Rainer von Enckhusen vor Gräfin Johanna stehen.
Ihr starkknochiges Gesicht mit den scharfen Linien der Verbitterung und der Menschenverachtung war starr auf den Sohn gerichtet. Ihre Körperhaltung blieb aufrecht und steif, nur ihre gichtkranken Hände bewegten sich unruhig in ihrem Schoß. »Das lasse ich nicht zu!« antwortete sie hart.
Rainers Miene wurde entschlossener, das frohe Leuchten in seinen Augen wich einem kampflustigen Funkeln. »Mutter«, begann er mit gefährlich leiser Stimme, »es gibt nur zwei Möglichkeiten: entweder du nimmst Veronika als Schwiegertochter im Schloß auf, oder ich verlasse das Gut – und zwar für immer!«
Der ohnehin schmale Mund der Gräfin zog sich nach innen. Es war nur noch ein dünner, harter Strich, der ihre Unbeugsamkeit verriet. Die eisen-grauen Augen blickten kalt und gefühllos auf den Sohn. »Willst du mich erpressen?«
»Nein, ich habe dir nur meine Entscheidung mitgeteilt, Mutter, damit du weißt, woran du bist!«
Sie stand auf. Ihr Stock stieß hart auf den Boden. »Diese Freundschaft hat mich schon immer gestört!« sprach sie mit verkniffener Miene. »Daraus konnte sich nichts Gutes entwickeln!«
»Es hat sich eine wundervolle Liebe daraus entwickelt«, antwortete er heftig. »Und diese Liebe ist mein ganzes Glück!« Sein männlich-kraftvolles Gesicht bekam ein frohes Leuchten.
»Dann sieh zu, daß du draußen in der Welt dein Glück machst!« stieß die Gräfin heiser hervor.
Rainers