Das Resultat war Liebe: Leni Behrendt Bestseller 8 – Liebesroman
Von Leni Behrendt
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Die Hotels der großen Stadt hatten heute bedeutend mehr Zugang als sonst, was auf das unwirtliche Novemberwetter zurückzuführen war. Bis zum Nachmittag hatte der grauverhangene Himmel Schlackschnee ausgeschüttet, dann jedoch setzte Frost ein und machte die ohnehin schon glitschigen Straßen spiegelblank, was für einen Autofahrer immer ein SOS bedeutet, wenigstens für den vernünftigen. Und diese waren es auch, die kurz entschlossen ihre Fahrt unterbrachen und in den Hotels Unterkunft suchten. Jetzt hielt wieder vor dem Portal eines Hotels ein großspuriger Wagen, auf den der Portier gemessenen Schrittes zuging. »Guten Tag. Zimmer noch frei?« »Sehr wohl, mein Herr.« Darauf entstieg dem noblen Gefährt ein hochgewachsener Mann in kurzem Pelz. Ein prüfender Blick des Portiers und schon war der gute Menschenkenner im Bilde. Unwillkürlich beugte sich der Rücken. »Die besten Zimmer sind allerdings schon vergeben, mein Herr.« »Das macht mir nichts aus.« Der Sprecher hielt inne und griff geistesgegenwärtig nach einer weiblichen Gestalt, die an ihm vorübergehen wollte, auf dem glatten Boden ausglitt und in Männerarmen landete. »Hoppla, das war forsch«, klang ein dunkles Lachen auf. Dann hüben wie drüben ein musternder Blick, dann eine lachende Mädchenstimme. »Ja, Witold, darf ich denn meinen Augen trauen? Bist du's oder bist du's nicht.« »Witold heiße ich allerdings«, kam es gedehnt über die Lippen des überraschten Mannes.
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Das Resultat war Liebe - Leni Behrendt
Leni Behrendt Bestseller
– 8 –
Das Resultat war Liebe
Die Heirat, die kam plötzlich
Leni Behrendt
Die Hotels der großen Stadt hatten heute bedeutend mehr Zugang als sonst, was auf das unwirtliche Novemberwetter zurückzuführen war. Bis zum Nachmittag hatte der grauverhangene Himmel Schlackschnee ausgeschüttet, dann jedoch setzte Frost ein und machte die ohnehin schon glitschigen Straßen spiegelblank, was für einen Autofahrer immer ein SOS bedeutet, wenigstens für den vernünftigen. Und diese waren es auch, die kurz entschlossen ihre Fahrt unterbrachen und in den Hotels Unterkunft suchten.
Jetzt hielt wieder vor dem Portal eines Hotels ein großspuriger Wagen, auf den der Portier gemessenen Schrittes zuging. Ein Männerkopf streckte sich aus dem offenen Fenster, und eine befehlsgewohnte Stimme sprach:
»Guten Tag. Zimmer noch frei?«
»Sehr wohl, mein Herr.«
Darauf entstieg dem noblen Gefährt ein hochgewachsener Mann in kurzem Pelz. Ein prüfender Blick des Portiers und schon war der gute Menschenkenner im Bilde. Unwillkürlich beugte sich der Rücken.
»Die besten Zimmer sind allerdings schon vergeben, mein Herr.«
»Das macht mir nichts aus.«
Der Sprecher hielt inne und griff geistesgegenwärtig nach einer weiblichen Gestalt, die an ihm vorübergehen wollte, auf dem glatten Boden ausglitt und in Männerarmen landete.
»Hoppla, das war forsch«, klang ein dunkles Lachen auf. Dann hüben wie drüben ein musternder Blick, dann eine lachende Mädchenstimme.
»Ja, Witold, darf ich denn meinen Augen trauen? Bist du’s oder bist du’s nicht.«
»Witold heiße ich allerdings«, kam es gedehnt über die Lippen des überraschten Mannes. »Bekannt kommen Sie mir auch vor. Wenn ich nur wüßte…«
»Tolde«, lächelte sie mit ihrem schiefgeneigtem Köpfchen spitzbübisch zu ihm hoch, und nun war endlich der Groschen gefallen.
»Theoda!« lachte er auf. »Mädchen, ist das eine Überraschung. Komm schnell aus dem schneidenden Nordost ins Warme!«
»Es geht nicht, Witold«, unterbrach sie ihn rasch. »Ich muß auf dem schnellsten Wege nach Hause.«
»Mit der Bahn?«
»Nein, zu Fuß. Ich wohne jetzt nämlich in dieser Stadt: Es freut mich, dich nach so langer Zeit wiedergesehen zu haben, wenn auch nur für einen Augenblick, daß es dir gutgeht, sehe ich, laß es dir auch weiter so gehen.«
»Na, nun mal langsam, mein Kind, so einfach wirst du mich nicht los. Ich bringe dich im Wagen nach Hause.«
»Es würde kaum das Anfahren lohnen, weil ich gleich hier um die Ecke wohne.«
Jetzt entnahm der Mann der Brieftasche ein Kärtchen und reichte es dem Portier, der dem Gespräch mit begreiflicher Neugierde gefolgt war.
»Hier haben Sie meine Karte. Geben Sie diese an der Rezeption ab. Lassen Sie dort ein Zimmer reservieren, schaffen Sie den Koffer, der auf dem hinteren Sitz des Wagens liegt, hinein, und sorgen Sie dafür, daß dieser selbst in die Garage kommt. Der Zündschlüssel steckt. Kapiert, mein Freund?«
»Sehr wohl, Herr Graf«, riß der Mann, der flugs Nam’ und Art auf dem Kärtchen erluchst und das noble Trinkgeld entgegengenommen hatte, gewissermaßen die Knochen zusammen. »Wird alles bestens erledigt.«
Schmunzelnd sah er dem Paar nach, das auf dem glatten Boden vorsichtig dahinschritt.
»Häng dich in meinen Arm«, sagte der Mann, was seine Begleiterin nach kurzem Zögern tat. »Und sprich jetzt nicht, wir kriegen den eisigen Wind direkt ins Gesicht.«
Also legten sie schweigend den Weg zurück. Nach wenigen Minuten verhielt das Mädchen den Schritt vor einem Gebäude, das zu einer Zeit erbaut war, als man noch nicht mit jedem Meter Raum zu geizen brauchte. Drei lange Treppen ging es hoch, bis man endlich sein Ziel erreicht hatte.
»So tritt denn ein und bring Glück herein«, ermunterte das Mädchen den Mann, nachdem es die Etagentür aufgeschlossen hatte. Als man in der kleinen Diele abgelegt hatte, führte sie den Gast in ein Zimmer, machte Licht und sagte:
»Nimm Platz, Witold. Und entschuldige mich bitte für eine kleine Weile, dann will ich dir gern alle Fragen beantworten, die dir direkt auf den Lippen liegen.«
Sie eilte davon, und der Zurückgebliebene ließ sich in einen der tiefen Sessel sinken, die sich um einen niederen Tisch gruppierten. Sah sich in dem behaglichen Raum um, dessen wertvolle Einrichtung ihm vertraut war.
Auch das große Gemälde im schweren Goldrahmen, das den Baron von Synot in der Galauniform der Ulanen zeigte, und in dessen Haus der junge Graf Rodeland während seiner Militärdienstzeit fast täglicher Gast gewesen war. Er mochte den flotten Rittmeister gern, zu dem die Gattin, ein zartes Treibhauspflänzchen, nicht so richtig paßte, stand mit der damals elfjährigen Tochter auf lustigem Neckfuß, während er das Nesthäkchen in der Wiege mit andachtsvoller Scheu zu betrachten pflegte.
Drei Jahre ging er in dem gastfreien großzügigen Hause aus und ein, dann siedelte er in eine Universitätsstadt über, um dort die Landwirtschaftliche Hochschule zu besuchen.
Der Eintritt der Baroneß riß ihn aus seinen grübelnden Gedanken. Sie stellte das besetzte Tablett ab, deckte behende den Tisch zwischen den Sesseln, füllte die Tassen mit dem aromatischen Trank, schob den Teller mit delikaten Happen dem Gast zu und ließ sich ihm gegenüber nieder.
»Greif zu, Witold«, ermunterte sie. »Und erzähle zwischendurch, wie du in diese Stadt kommen konntest.«
»Ich mußte sie auf meinem Heimweg – ich nahm an einer Landwirtschaftstagung teil – passieren. Mußte jedoch des plötzlich einsetzenden Glatteises wegen die Fahrt unterbrechen, fuhr vor einem Hotel vor, und ausgerechnet da mußte ich dir begegnen, wo ich dich nie vermutet hätte. Was ist geschehen, Theoda? Warum habt ihr euern Wohnsitz gewechselt?«
»Weil wir nach dem Tode meines Vaters dazu gezwungen wurden.«
»Wann starb er?« fragte der Mann betroffen.
»Vor vier Jahren an Herzschlag. Er hatte so flott drauflos gelebt, daß er nicht nur Mutters großes Vermögen verbrachte, sondern auch noch Schulden hinterließ, für die sie aufkommen mußte. Also kam es zur Versteigerung der Villa nebst allem Drum und Dran, und der Erlös reichte gerade aus, um die Schulden zu decken. An Möbeln nebst den nötigen Gegenständen blieb uns so viel, daß wir diese Wohnung einrichten konnten, eine Summe von tausend Mark – und unser unbefleckter Name.
Mutter bekommt die Rittmeisterpension, die ja nicht üppig ist, wie du wissen wirst. Also nahm ich Kurse, und verdiene nun mit schriftlicher Heimarbeit und Übersetzungen dazu.
Die Stadt wechselten wir, weil es uns unerträglich war, da, wo wir einst eine Rolle spielten, von den lieben Freunden geschnitten zu werden. Das ist nun mal so im Leben. Wenn der Mensch nichts ist und nichts hat«, schloß sie achselzuckend, und er sah sie mitfühlend an.
»Arme Theda. Es will mir fast scheinen, als läge alle Verantwortung hier allein auf deinen Schultern. Wie kommt es übrigens, daß du noch nicht geheiratet hast. Denn daß du schön bist, brauche ich dir wohl nicht zu sagen, das hast du sicherlich oft gehört.«
»Allerdings«, schnitt sie eine Grimasse. »Aber mit Schönheit allein ist den Herren der Schöpfung nicht gedient, wenigstens nicht denjenigen, die bisher meinen Weg kreuzten. Die wollten eine Frau mit möglichst reicher Mitgift, und damit kann ich ja leider nicht dienen. Außerdem müßten sie meine Mutter und meine kleine Schwester zu sich nehmen, da ich die beiden unmöglich sich selbst überlassen kann. Du weißt ja von früher, ein wie unselbständiger Mensch meine Mutter ist. Als einziges Kind reicher Eltern über Gebühr verzärtelt und verwöhnt, setzte mein Vater das in der Ehe fort, hielt ihr alle Unannehmlichkeiten des Alltags fern. Das hat sie so hilflos gemacht, daß sie ohne behütenden Schutz zugrunde gehen würde.«
»Hm – na ja«, behielt der Mann taktvoll seine Meinung für sich, sein bezauberndes Gegenüber eingehend betrachtend. Als er sie das letzte Mal sah, war sie vierzehn Jahre alt gewesen. Ein reizendes Kind, das sich in den sieben verflossenen Jahren zu einer rassigen Schönheit entwickelt hatte. Gertenschlank und hochbeinig die biegsame Gestalt, feingeschnitten das Gesicht, mit dem leicht hochmütigen Zug, aus dem zwei große blaue Augen strahlten. Das naturgewellte Haar, das zwanglos in den Nacken fiel, hatte die Farbe reifen Korns. Es glänzte und gleißte, als wären Goldfunken darübergestreut. Es ging etwas Klares von dem Mädchen aus, etwas ungemein Vornehmes.
»Wenn du mich genügend beäugt hast, wirst du gewiß in der Lage sein, meine bereits zweimal gestellte Frage zu beantworten«, ließ eine lachende Stimme ihn verlegen werden. Er tat einen langen Zug aus der Tasse, stellte sie umständlich auf den Unterteller und sagte dann zögernd: »Ist deine Mutter nicht zu Hause?«
»Leider nicht. Sie befindet sich im Krankenhaus, wo sie sich einer Operation unterziehen mußte, die gottlob gut verlief.«
»Auch das noch, du Ärmste. Und wo ist die kleine Alexa, die mittlerweile dem Babyalter entwachsen sein dürfte?«
»Schon reichlich mit ihren zehn Jahren. Sie kam arg verschnupft aus der Schule nach Hause, worauf ich sie ins Bett steckte, zur Apotheke ging und auf dem Rückweg balancesuchend in deine Arme sank. Hoffentlich handelt es sich bei Alexa um eine harmlose Erkältung, denn einen zweiten ernsten Krankheitsfall würde ich wohl schwerlich verkraften können. Ich glaube, sie ruft nach mir. Also entschuldige mich ein zweites Mal.«
Flink stellte sie das Kaffeegeschirr aufs Tablett und nahm es mit hinaus.
*
Graf Rodeland steckte eine Zigarette in Brand, legte sich im Sessel zurück und betrachtete versonnen das Porträt des feschen Offiziers. Genauso hatte Witold ihn in Erinnerung, der nie ein Freund von Traurigkeit gewesen war. Immer lustig und vergnügt, liebte er die Geselligkeit und machte daher ein großes Haus, wo alles so unbekümmert anmutete, so selbstverständlich. Da der Baron allgemein als reich galt, hatte man keine Ahnung, daß er über seine Verhältnisse lebte, jedenfalls so lange nicht, da der junge Rodeland in dem Haus aus und ein ging.
Daher fiel er sozusagen aus allen Wolken über das, was die Baroneß ihm soeben eröffnete. Er konnte sich denken, was das verwöhnte Mädchen ertragen mußte, als die Pseudoherrlichkeit zusammenbrach und alle, die es sich in ihrem Elternhaus hatten wohlsein lassen, es schleunigst verließen wie die Ratten das sinkende Schiff. Da war wohl niemand gewesen, der der damals noch nicht Achtzehnjährigen tatkräftig zur Seite stand. Dazu noch die verzärtelte, hilflose Mutter, die sechsjährige Schwester. Hut ab vor dem tapferen Menschenkind, das das lecke Schiff wieder flottmachte und es in einen zwar bescheidenen, aber ruhigen Hafen steuerte, wahrscheinlich mit genauso wenig Trara, wie es zu ihm gesprochen hatte.
Keine Klagen, keine Vorwürfe gegen den Vater, nur eben so als Tatsache hingestellt. Für sie war es eine Selbstverständlichkeit, für Mutter nebst Schwester zu sorgen und ihnen durch gewiß nicht leichte Arbeit das Leben behaglich zu machen – ohne Aussicht auf ein eigenes Leben.
Gedankenverloren saß der Mann da, bis der Eintritt der Baroneß ihn aus seiner Versponnenheit riß.
»Da bin ich«, sagte sie in ihrer frischen Art. »Ich habe mein malades Puttchen verarztet, das nun friedlich schläft. Demnach scheint es sich gottlob nur um eine Erkältung zu handeln. Du rauchst«, stellte sie befriedigt fest. »Das ist gut. Denn ich hätte dir nichts Rauchbares anbieten können, da ich nichts im Hause habe.«
»Rauchst du denn nicht?«
»Ab und zu tu ich es schon mal, laß es aber nicht zur Gewohnheit werden. Offen gestanden tut mir das Geld zu leid, für das ich eine bessere Verwendung habe. Jetzt besonders, da meine Mutter nach der Operation gepflegt werden muß. Da heißt es, den Daumen ganz fest aufs Portemonnaie drücken. Warum siehst du mich denn so seltsam an?«
»Weil ich einem jungen Mädchen deiner Art noch nicht begegnet bin, das über Sorge und Arbeit für andere sich selbst vergißt und dabei seine schönsten Jugendjahre vergeudet.«
»Na, nun mal langsam, mein Lieber. Ich würde sie mehr vergeuden, wenn ich von einem Vergnügen zum anderen hetzte, dabei auf ständiger Jagd nach dem Mann. Außerdem sorge ich schon dafür, daß ich nicht zu kurz komme, denn so selbstlos, wie du anzunehmen scheinst, bin ich nun auch wieder nicht. Aber nun erzähle auch mal was von dir. Sicherlich bist du schon längst verheiratet. Wieviel Kinder?«
»Keine«, lachte er amüsiert über ihre Sachlichkeit.
»Aus welchem Grunde?«
»Weil ich Junggeselle bin.«
»Ach so«, fiel sie in sein Lachen ein. »Dann allerdings. Hat dir bisher noch keine gefallen?«
»Es haben mir sogar recht viele gefallen. Aber nur wenige waren darunter, die ich hätte heiraten können, von denen ich mir dann meiner Ansicht nach die beste erwählte. Sie war jung, hübsch, aus guter Familie und liebte mich abgöttisch, bis diese Liebe auf die Probe gestellt wurde.
Ich hatte nämlich noch vor der