Wo die Liebe hinführt …: Heißes Wiedersehen in Chicago
Von Beth Kery
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Über dieses E-Book
Durch eine Tragödie wurden Mari und Marc getrennt. Jetzt haben sie sich wieder, wenn auch nur für eine Nacht in Chicago. Allerdings wissen beide nicht, dass sie ein gemeinsames Reiseziel haben: Harbor Town.
…
Beth Kery
Die Nr.-1-New York Times-Bestsellerautorin Susan Mallery, die Spiegel-Online-Bestsellerautorin Beth Kery und die beiden RITA-Award-Gewinnerinnen Roxanne St. Claire und Debbie Macomber schreiben über die Liebe in all ihren Facetten, von romantisch-witzig bis zu leidenschaftlich-sexy, aber immer zutiefst berührend.
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Buchvorschau
Wo die Liebe hinführt … - Beth Kery
1. KAPITEL
Fünf Wochen später
Zum ersten Mal in ihrem Leben begriff Mari die volle Bedeutung des Wortes bittersüß, als sie nach fast fünfzehn Jahren Harbor Town zum ersten Mal wieder besuchte. Das Gefühl wurde stärker, als sie den Lake Michigan durch die Bäume schimmern sah.
„Ist hier nicht irgendwo die Silver Dune Bay?", erkundigte sie sich bei Eric Reyes und winkte zugleich der Immobilienmaklerin, die ihnen gerade das Bürogebäude gezeigt hatte, zum Abschied zu.
„Ja. Was hältst du davon, wenn wir schwimmen gehen? Eric betrachtete Mari ein wenig besorgt. „Bei dieser Hitze täte das vielleicht ganz gut.
Sein Blick wurde forschender. „Mari? Ist alles in Ordnung? Du bist so blass."
Mari strich sich eine feuchte Haarsträhne aus der Stirn und lehnte sich an die Hauswand, bis die Übelkeit, die sie plötzlich überfallen hatte, wieder verschwunden war.
„Vermutlich habe ich mich bei meinem Sitznachbarn im Flugzeug angesteckt. Der hat den ganzen Flug über ununterbrochen gehustet."
Eric betrachtete sie aus schmalen Augen. Er war Arzt, und zwar ein sehr guter, soviel Mari wusste.
„Kein Grund zur Beunruhigung, versicherte sie ihm. „Es ist gleich wieder vorbei. Vermutlich ist die Hitze mit daran schuld.
Mari löste sich von der Wand. Im Moment hatte sie keine Zeit, krank zu sein. Sie wollte ihre Mission möglichst schnell abschließen, und ihre unerwartete Begegnung mit Marc Kavanaugh vor fünf Wochen hatte diesem Wunsch noch sehr viel mehr Nachdruck verliehen.
Sie zwang sich zu einem Lächeln, als sie mit Eric zu seinem Wagen ging.
„Bist du damals eigentlich auch von der Klippe gesprungen wie die anderen?, wollte sie von ihrem alten Jugendfreund wissen. „Dazu gehört sicher eine Portion Mut.
Sie sah wieder ihre damals beste Freundin Colleen Kavanaugh mit ihren wehenden blonden Haaren vor sich. Die Furchtlosigkeit der Geschwister Kavanaugh hatte sie immer schon bewundert, diese selbstbewusste, aber sympathische Schönheit, die Offenheit und Fröhlichkeit, ihre Liebe zum Wagnis, das Temperament und vor allem die Loyalität gegenüber den Menschen, die sie liebten.
„Es geht siebzehn Meter in die Tiefe, erwiderte Eric jetzt, als er neben ihr im Wagen Platz genommen und die Klimaanlage auf die höchste Stufe geschaltet hatte. „Klar bin ich auch gesprungen.
Mari selbst hatte nur einmal den Mut zu diesem Sprung aufgebracht. Noch immer erinnerte sie sich daran, wie Marc sie damals angesehen hatte, den Mund zu diesem aufregenden kleinen Lächeln verzogen, das so unerhört sexy war.
Denk nicht so viel, Mari, spring.
Und sie war gesprungen. Es war in dem Sommer gewesen, in dem ihre Eltern ums Leben gekommen waren.
Vor fünf Wochen in Chicago hatte sie sich ähnlich leichtsinnig verhalten. Dabei konnte sie sich mit ihren dreiunddreißig Jahren wohl kaum auf jugendliche Schwärmerei und Unbekümmertheit berufen. Ihr Magen verkrampfte sich, als sie daran dachte, wie Marc sie angesehen hatte, als er zu ihr gekommen war. Und sie hörte wieder seine Stimme, rau vor Lust und Begehren.
Darauf habe ich fünfzehn Jahre gewartet, Mari.
Sie schloss die Augen in der Erinnerung an dieses aufregende, wunderbare Zusammensein mit Marc. Als sie jetzt die Augen wieder aufschlug, stellte sie fest, dass Eric auf etwas zu warten schien.
„Willst du es besonders spannend machen? Oder was ist?", fragte er, als er den Wagen auf die Straße lenkte.
„Wie meinst du das?", fragte sie vorsichtig.
Ein verwunderter Blick traf sie. „Ich will nur wissen, wie dir das Anwesen gefallen hat."
„Oh! Mari lachte erleichtert auf. Eine Sekunde lang hatte sie schon befürchtet, er hätte ihre Gedanken gelesen. „Ausgesprochen gut
, erwiderte sie dann. „Es ist schön ruhig gelegen gleich am See und beim Wald, und wir haben genug Platz, damit das Familienzentrum bei Bedarf wachsen kann. Vielen, vielen Dank für deine Vorarbeit, Eric. Du und Natalie, ihr habt viel mehr getan, als ich erwartet hatte."
„So viel war das auch wieder nicht."
„Die meisten Leute halten mich sowieso für total verrückt: eine Cellistin, die ein Zentrum für Opfer von Drogen- und Alkoholmissbrauch gründet."
Eric hob die Augenbrauen. „Wie gut, dass die Reyes nicht die meisten Leute sind", meinte er trocken.
Mari lächelte. Natürlich hatte er recht.
Fünfzehn Jahre war es jetzt her, dass Derry Kavanaugh, Marcs Vater, sich betrunken ans Steuer gesetzt hatte. In dieser Nacht hatte er einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem er selbst, Maris Eltern und Erics Mutter ums Leben gekommen waren. Natalie, Erics Schwester, hatte dabei schwere körperliche und seelische Schäden davongetragen.
Deshalb war Mari jetzt nach all diesen Jahren nach Harbor Town zurückgekehrt. Sie wollte endlich die alten Wunden heilen. Aber das tat sie nicht nur für sich oder Eric und Natalie oder Marc, sondern für alle, die ähnlich traumatische Erlebnisse hinter sich hatten.
Eric nahm ihre Hand. „Nat und ich stehen hundertprozentig hinter dir. Bist du dir sicher, dass du für dich selbst nichts von dem Schmerzensgeld möchtest und wirklich die ganze Summe in diese Stiftung stecken willst?"
„Ganz sicher. Ich verfolge diesen Plan seit Jahren, es war ja keine spontane Entscheidung. Nie könnte ich das Geld für mich anrühren. Es ist einfach so … Sie machte eine kleine Pause und suchte nach den richtigen Worten. „Ja, irgendwie war das Geld für etwas Größeres bestimmt. Außerdem wollen wir das Haus an der Sycamore Avenue verkaufen. Damit haben Ryan und ich ein ganz hübsches finanzielles Polster.
Mari sah auf die Reihen gepflegter Ferienhäuschen am See. In den Sommermonaten kamen viele Gäste nach Harbor Town, und der kleine Ort platzte aus allen Nähten.
Sie lächelte ein wenig, als sie ein kleines Mädchen mit Pferdeschwanz entdeckte, das gerade um eine Hausecke gerannt kam. Es trug einen pinkfarbenen Bikini und einen Schwimmring in Form eines grünen Drachens um den Bauch.
„Ich hoffe, dass die Zeit für alles reicht, was ich mir vorgenommen habe."
Eric drückte Maris Hand. „Weißt du, was du unbedingt brauchst? Ein bisschen Spaß und Entspannung."
„Denkst du dabei an etwas Bestimmtes?"
„Erzähl mir nicht, dass du den Umzug am 4. Juli vergessen hast!"
Mari lachte ein wenig. „Wie könnte ich so ein bedeutendes Ereignis vergessen?"
„Dann gönnen wir uns doch eine Pause und gehen hin. Unsere Pläne für das Familienzentrum können wir auch später noch besprechen."
Mari zögerte. Sie wollte möglichst wenig in der Öffentlichkeit auftreten. Marc kam zwar nur noch selten nach Harbor Town, aber seine Mutter und Schwester lebten noch immer dort, und sie wollte keiner von beiden über den Weg laufen.
„Mari, sagte Eric jetzt sanft. „Du hast keinen Grund, dich für irgendetwas zu schämen. Einer deiner Gründe, dieses Zentrum zu gründen, war doch, etwas gutzumachen. Du kannst dich nicht die ganze Zeit verstecken.
Ihre Augen wurden feucht, und sie starrte aus dem Fenster, ohne etwas zu sehen. Natürlich hatte Eric recht. Und es gehörte ja zu ihrer eigenen Heilung, nicht immer nur an diesen Schmerz und an dieses Leid zu denken, sondern auch an die schöne Zeit in Harbor Town.
„Also gut. Du hast mich überzeugt."
Mari stand neben Eric an der Hauptstraße, umgeben von einer fröhlich geräuschvollen Ansammlung von Einheimischen, Urlaubern und Tagesausflüglern. Eine Posaune gab einen ziemlich schrägen Ton von sich, und Mari verzog schmerzlich das Gesicht. Hinter der marschierenden Blaskapelle folgte ein riesiges Segelboot, begleitet von Mitgliedern des arabisch-amerikanischen Wirtschaftsrates. In Harbor Town hatten sich viele arabischstämmige Menschen angesiedelt, und die Stadt war ein lebendes Beispiel dafür, dass eine Minderheitengruppe sich nicht nur in eine Gesellschaft integrieren, sondern diese Gesellschaft auch bereichern und verbessern kann. Maris Eltern, Kassim und Shada Itani, waren Mitglieder der orthodoxen libanesischen Christengemeinde, der Maroniten, gewesen.
Als Kind hatte Mari nie so richtig begriffen, welchen Einfluss die Herkunft und die religiösen Ansichten ihrer Eltern auf sie selbst hatten. Ihr Bruder Ryan war als junger Mann oft ausgegangen und hatte mit vielen Mädchen geflirtet. Aber als sie selbst dann fünfzehn gewesen war, hatte sie schnell am eigenen Leib verspürt, dass an sie andere Maßstäbe angelegt wurden als an Ryan – vor allem, wenn es um Marc Kavanaugh ging, Ryans Freund.
Dabei hatten ihre Eltern Marc sogar sehr gern gehabt, und er war häufig zu Gast gewesen im Wochenendhaus der Familie. Aber an ihrem fünfzehnten Geburtstag hatte sich mit einem Mal alles verändert. Marc Kavanaugh stand plötzlich oben auf einer neuen Liste unerwünschter Freunde.
Mari sah sich jetzt um und entdeckte die beiden großen dunkelblonden braun gebrannten Männer in der Menge. Sie erstarrte. Einer der beiden trug ein kleines Mädchen auf den Schultern. Liam und Marc Kavanaugh.
In Shorts und T-Shirt sah Marc genauso gut aus wie in dem grauen Anzug, den er in Chicago getragen hatte.
Ihr Blick fiel auf die Frau neben ihm – Brigit Kavanaugh, die ausgerechnet jetzt zu ihr herübersah. Offene Wut stand in Brigits Augen, und Mari fühlte sich, als hätte man ihr mitten ins Gesicht geschlagen.
Mari wusste, dass Marc gelegentlich zu Besuch nach Harbor Town kam – welch ein Zufall, dass er sich dieselbe Zeit wie sie dafür ausgesucht hatte.
Andererseits … Heute war Unabhängigkeitstag, und morgen jährte sich der Unfall. Vielleicht kam die Familie jedes Jahr an diesem Tag an Derry Kavanaughs Grab zusammen. Damit hätte sie eigentlich rechnen müssen.
Mari versuchte, sich wieder auf den bunten, fröhlichen Umzug zu konzentrieren. Aber sie spürte fast körperlich, dass Marc sie beobachtete. Diese blauen Augen hatten immer wieder eine magische Kraft auf sie ausgeübt, und sie konnte sich gut vorstellen, dass es im Gerichtssaal nicht anders war.
In Chicago hatte sie die Macht dieser Augen zum letzten Mal gespürt.
Vermutlich war er ziemlich böse auf sie gewesen, als sie nicht zu ihrer Verabredung erschienen war und dann auch auf seine Anrufe nicht reagiert hatte – vor allem nach dieser Nacht im Hotel.
„Na, wenn das nicht Marianna Itani ist!", rief Liam Kavanaugh verwundert.
Marc folge Liams Blick und fand Mari sofort. Sie trug ihr langes Haar offen, das gelbe Kleid unterstrich ihre golden schimmernde Haut und brachte ihre aufregenden Kurven aufs Vorteilhafteste zur Geltung.
„Marianna Itani?, wiederholte Colleen Kavanaugh hinter ihren Brüdern ungläubig. „Wo?
„Wusstest du, dass sie hier ist, Mom?", wollte Marc von seiner Mutter wissen.
„Ja. Sie will das Haus in Ordnung bringen, bevor es verkauft wird. Unglaublich, dass sie und Ryan so lange damit gewartet haben. Aber sie scheinen auf das Geld nicht angewiesen zu sein", bemerkte Brigit bitter.
„Mommy, können wir mit der Parade laufen?, bettelte die sechsjährige Jenny. „Brendan sieht so lustig aus, ich will ihn noch mal sehen.
Marc bückte sich, um seine Nichte von seinen Schultern absteigen zu lassen.
„Gehst du nicht mit, Onkel Marc?" Jenny zog an seiner Hand.
„Nein. Ich leiste Grandma noch ein bisschen Gesellschaft. Du kannst mir ja später erzählen, ob Brendan irgendeinen Unsinn gemacht hat."
Jenny zerrte ungeduldig an Colleens Hand, und bald waren die beiden nicht mehr zu sehen.
Liam lachte. „Offenbar gibt es für kleine Mädchen kein größeres Vergnügen, als ihre Brüder in erniedrigenden Situationen zu ertappen."
„Das liegt vermutlich daran, dass Jungen dazu neigen, ihre Schwestern zu übersehen", erwiderte Marc. Er konnte den Blick nicht von Mari lösen.
„Sieht so aus, als hätte Mari sich sehr erfreulich entwickelt", meinte Liam jetzt.
Marc versuchte immer noch, sich von dieser unerwarteten Begegnung zu erholen. Sein erster Gedanke war gewesen, dass Maris Besuch in Harbor Town irgendetwas mit dieser Nacht in Chicago zu tun hatte. Aber als sie ganz offensichtlich seinen Blick mied, war er sich nicht mehr so sicher.
„Ist Ryan auch da?", wollte Marc wissen. Wie Ryan sich damals vor Gericht benommen hatte, gehörte zu seinen unangenehmsten Erinnerungen.
„Nein. Er ist bei der Air Force und derzeit in Afghanistan stationiert, kann also nicht hier sein. Aber dass Mari ihr Haus verkaufen will, höre ich zum ersten Mal. Ich finde es gut. Ein Haus sollte bewohnt werden."
„Es ist ein Schandfleck!, erklärte Brigit. „Nicht einmal als Ferienwohnung wurde es genutzt.
„Wenn Mari