Eva kommt nach St. Johann: Der Bergpfarrer 208 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
()
Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
»Guten Tag, Frau Berger. Bitte nehmen Sie Platz.« Heinz Reimann wies auf den lederbezogenen Sessel vor seinem Schreibtisch und lächelte der jungen Textildesignerin Eva Berger höflich, aber distanziert zu. Eva erwiderte sein Lächeln, trat dann zögernd näher und setzte sich auf die äußerste Kante des Stuhls. Fast acht Jahre arbeitete sie nun schon in der Textilfirma Reimann und Co., und trotzdem klopfte ihr, wenn sie in das Büro ihres Chefs gerufen wurde, noch immer das Herz bis zum Hals. Was allerdings weniger mit der attraktiven Erscheinung des braungebrannten, sportlichen Mittvierzigers Heinz Reimann zu tun hatte als vielmehr mit der abweisenden Kälte, die von ihm ausging. Obwohl Eva sich keiner Schuld bewusst war, fühlte sie sich verunsichert. Unruhig ließ sie ihre Augen in dem ganz in Schwarz- und Weißtönen gehaltenen kahlen Büroraum umherschweifen. Bis sie schließlich an einer Radierung hängen blieben, die eine Berglandschaft zeigte. Unwillkürlich entspannte sich Eva ein wenig. Früher hatte sie immer ihre Ferien in St. Johann im Wachnertal verbracht. Ein Räuspern ihres Chefs brachte Eva wieder ins Hier und Jetzt zurück. »Tja, Frau Berger. Was ich Ihnen sagen will oder … sagen muss …« Heinz Reimanns Blick flackerte kurz. »Nun, wir sind zwei vernünftige, erwachsene Menschen, deshalb will ich nicht lang herumreden. Zumal Sie mit Sicherheit bereits davon gehört haben, dass in unserer Firma grundlegende Umstrukturierungsmaßnahmen in Angriff genommen werden müssen«, begann Heinz Reimann.
Mehr von Toni Waidacher lesen
Der Bergpfarrer (ab 375)
Ähnlich wie Eva kommt nach St. Johann
Titel in dieser Serie (100)
Der Bergpfarrer 78 – Heimatroman: Stille Tränen – neues Glück? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 115 – Heimatroman: Katharinas neues Glück Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 109 – Heimatroman: Liebe auf den zweiten Blick Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 100 – Heimatroman: Geh' nicht am Glück vorbei Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 79 – Heimatroman: Wo das Edelweiß blüht… Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 103 – Heimatroman: Dich hat mir der Himmel geschenkt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 111 – Heimatroman: Verschmähte Liebe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 120 – Heimatroman: Er fühlt sich schuldig Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 99 – Heimatroman: Von der Liebe vergessen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 104 – Heimatroman: Der unbeugsame Bergbauer Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 108 – Heimatroman: Solang du nur zu mir hältst! Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 113 – Heimatroman: Ein Mann mit vielen Gesichtern Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 101 – Heimatroman: Nimm mich, wie ich bin Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 125 – Heimatroman: Maria – eine erfolgreiche Frau Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 102 – Heimatroman: Die Tochter seines ärgsten Feindes… Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 118 – Heimatroman: Wer andere auf die Probe stellt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 107 – Heimatroman: Intrige aus Liebe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 122 – Heimatroman: Florian, unser rettender Engel? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 114 – Heimatroman: Er wollte ihr eine Heimat geben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 123 – Heimatroman: Hochzeit mit Hindernissen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 124 – Heimatroman: Ich bringe dir das Glück zurück Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 105 – Heimatroman: Sagt mir, wer mein Vater ist Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWeil das Schicksal es so wollte: Der Bergpfarrer 133 – Heimatroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 110 – Heimatroman: Wenn aus Freundschaft Liebe wird Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWir halten zusammen!: Der Bergpfarrer 131 – Heimatroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 116 – Heimatroman: Die Macht der Liebe wird uns helfen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 112 – Heimatroman: Was kümmern uns die Leut'? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 106 – Heimatroman: Er brach ihr das Herz Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSie fanden sich in St. Johann: Der Bergpfarrer 130 – Heimatroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Bergpfarrer 119 – Heimatroman: Braut für einen Tag Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnliche E-Books
Das Rosefield-Haus Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Schattenuhr: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDoppeltes Glück in Las Vegas Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEine Mutter findet heim: Fürstenkinder 31 – Adelsroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWenn das Glück in den Sternen steht: Der Bergpfarrer 284 – Heimatroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Fuhrmann des Todes Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSeverins Traumreise Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Herr Hofrat Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDonaugrund Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGefangen im Rittersaal: Fürstenkrone 207 – Adelsroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Rächer Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Unschuldige: historischer Krimi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Kampf mit den Geistern Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHerzblut Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenShine on me Kampf zweier Seelen um Liebe und Überleben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTod einer Schulrätin Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAufbruch ins Ungewisse: Roman. Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Das Haus Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Deutsche Jugend in schwerer Zeit (Historischer Roman): Napoleonische Kriege Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHanne - eine Rheinländerin im Chiemgau Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHans Hyan-Krimis Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWenn ein Herz verwundet ist: Dr. Norden Extra 169 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Toten von Bayreuth: Kriminalroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Pferdediebin: Alle verdienen es, gerettet zu werden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Zimtschneckenfiasko: Kriminalroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie schöne Valentina: Der neue Dr. Laurin 112 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Eulenhaus Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnna Karenina Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAus dem Geschlecht der Byge - Band 2 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Wind singt deinen Namen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Zeitgenössische Romantik für Sie
Eine Rose für den Milliardär Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Dem Paradies so nah Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVerführung wie in 1001 Nacht Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLieb mich so heiß wie damals Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenToskanische Liebesmelodie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHochzeitsnacht mit Hindernissen Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Die Braut des italienischen Milliardärs Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Hochzeitsnacht auf Spanisch Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJulia Ärzte zum Verlieben Band 9: Verliebt in den Arzt aus Italien / Zu spät für das Glück? / Dr. Knight - retten Sie mein Herz / Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEine Nacht, ein Jahr - ein Leben? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVerführt am Valentinstag?: Digital Edition Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWie erobert man einen Earl? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMit dir auf der Insel der Liebe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDu hast mich wachgeküsst Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZurück im Palast der Liebe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUnter Feuer: Band 4: Unter Feuer, #4 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Hilfe: Könige der Linwood-Akademie, #1 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWeiße Nächte: Aus den Memoiren eines Träumers (Ein empfindsamer Roman) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEnglisch im Garten: Sexy Storys aus der Weltstadt mit Herz Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin besonderes Praktikum Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Duke, der mein Herz stahl Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIm Bann der Gefühle Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAuf Seinen Knien: Ein Liebesroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKleines Biest | Kurzgeschichte: Der etwas andere Bar-Besuch Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Geliehenes Glück Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Der Rancher Und Die Zweckdienliche Braut Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDoktorluder Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGefährlicher Nachbar: Eine Bad Boy von nebenan Romanze Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHot Pursuit - 1 Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Unbedarft: Raw, #1 Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5
Rezensionen für Eva kommt nach St. Johann
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Eva kommt nach St. Johann - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 208–
Eva kommt nach St. Johann
Ein neues Leben auf dem Gerstacker-Hof?
Toni Waidacher
»Guten Tag, Frau Berger. Bitte nehmen Sie Platz.«
Heinz Reimann wies auf den lederbezogenen Sessel vor seinem Schreibtisch und lächelte der jungen Textildesignerin Eva Berger höflich, aber distanziert zu.
Eva erwiderte sein Lächeln, trat dann zögernd näher und setzte sich auf die äußerste Kante des Stuhls.
Fast acht Jahre arbeitete sie nun schon in der Textilfirma Reimann und Co., und trotzdem klopfte ihr, wenn sie in das Büro ihres Chefs gerufen wurde, noch immer das Herz bis zum Hals. Was allerdings weniger mit der attraktiven Erscheinung des braungebrannten, sportlichen Mittvierzigers Heinz Reimann zu tun hatte als vielmehr mit der abweisenden Kälte, die von ihm ausging.
Obwohl Eva sich keiner Schuld bewusst war, fühlte sie sich verunsichert.
Unruhig ließ sie ihre Augen in dem ganz in Schwarz- und Weißtönen gehaltenen kahlen Büroraum umherschweifen. Bis sie schließlich an einer Radierung hängen blieben, die eine Berglandschaft zeigte.
Berge …
Unwillkürlich entspannte sich Eva ein wenig.
Früher hatte sie immer ihre Ferien in St. Johann im Wachnertal verbracht. Bei Onkel und Tante auf dem Gerstacker-Hof, der in herrlicher Lage am Ortsrand …
Ein Räuspern ihres Chefs brachte Eva wieder ins Hier und Jetzt zurück.
»Tja, Frau Berger. Was ich Ihnen sagen will oder … sagen muss …« Heinz Reimanns Blick flackerte kurz. »Nun, wir sind zwei vernünftige, erwachsene Menschen, deshalb will ich nicht lang herumreden. Zumal Sie mit Sicherheit bereits davon gehört haben, dass in unserer Firma grundlegende Umstrukturierungsmaßnahmen in Angriff genommen werden müssen«, begann Heinz Reimann.
Eva rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl hin und her.
Bedeuteten diese Worte, dass
die grundlegenden Umstrukturierungsmaßnahmen sie betrafen? Dass sie hierherbestellt worden war, weil Dr. Reimann ihr Kurzarbeit ankündigen wollte – oder gar die Entlassung?
Eva schluckte trocken, als säße ein Kloß in ihrem Hals.
Warum gerade ihr?
Sie teilte ihren Arbeitsraum mit drei weiteren Textildesignerinnen, die nicht schlechter, aber auch nicht besser waren als sie.
»Und im Zuge dieser Umstrukturierungsmaßnahmen sehen wir uns gezwungen, Personal abzubauen«, fuhr in diesem Moment Heinz Reimann in Evas Gedanken hinein fort.
Obwohl sie geahnt hatte, was kommen würde, breitete sich in ihrem Magen ein Gefühl aus, als säße sie in einer Achterbahn, die
in Schwindelerregendem Tempo bergab sauste.
»Aber … aber ich habe immer mein Bestes gegeben«, stammelte sie zu Tode erschrocken.
Heinz Reimanns professionelles Lächeln bekam nun doch einen Anstrich leisen Bedauerns.
»Das mag sein«, erwiderte er dennoch kühl. »Nur darum geht es leider nicht. Die Firma sieht sich, wie gesagt, in der traurigen Lage, einem gewissen Prozentsatz ihrer Angestellten kündigen zu müssen. Auch die anderen von dieser Maßnahme Betroffenen sind zum großen Teil verdiente Mitarbeiter.«
Der Kloß in Evas Hals wurde immer dicker, bis er ihr fast die Luft abschnürte. Nun war es also amtlich. Sie war ohne Arbeit, ohne Geld. Sie stand auf der Straße. Von einer Sekunde auf die andere schwammen ihre Augen in Tränen.
Heinz Reimann fühlte sich zunehmend unbehaglich. Über den Schreibtisch hinweg reichte er Eva mit spitzen Fingern ein Papiertaschentuch.
»Sie sollten sich diese Kündigung nicht so zu Herzen nehmen, Frau Berger«, versuchte er, die
Angelegenheit herunterzuspielen. »Sie sind schließlich noch jung. In Ihrem Alter und bei Ihrer Qualifikation dürfte es keine Schwierigkeit darstellen, in absehbarer Zeit wieder in Lohn und Brot zu kommen. Wer weiß, vielleicht gelingt es Ihnen sogar, sich zu verbessern. Und in einem halben Jahr sind Sie froh, dass alles so und nicht anders gelaufen ist.«
Eva sagte nichts.
Sie schnäuzte sich. Dann nickte sie mechanisch, während sie sich die Tränen abwischte.
»Wir haben unsere Entscheidung durchaus nach sozialen Kriterien ausgerichtet«, redete Heinz Reimann weiter, um die Stille zu überbrücken. »Zwei Ihrer Kolleginnen haben im Gegensatz zu Ihnen Familie. Und Frau Höfer ist bereits über Vierzig.«
Wieder nickte Eva, obwohl sie gar nicht richtig zugehört hatte.
Wie betäubt verabschiedete sie sich von ihrem Chef, als dieser sich nach ein paar Minuten demonstrativ erhob und ihr die Hand hinstreckte.
Sie hätte später nicht mehr sagen können, wie sie es geschafft hatte, den Weg an der Vorzimmerdame vorbei zu ihrem Arbeitsraum zurückzulegen, ohne dass ihre zitternden Knie unter ihr nachgaben. Und dabei war sie noch froh, dass Frau Höfer und die anderen beiden Frauen bereits nach Hause gegangen waren und ihr somit wenigstens neugierige Fragen und mitleidige Blicke erspart blieben.
Rasch packte Eva ihre Sachen zusammen und verließ, immer wieder von heftigem Schluchzen geschüttelt, ihren langjährigen Arbeitsplatz, ohne sich noch ein einziges Mal umzublicken.
Während sie ihren kleinen Wagen durch den dichten Frankfurter Berufsverkehr heimwärts lenkte, sehnte sie sich einzig und allein danach, sich in ihrer Wohnung zu verkriechen.
Mit dem Handrücken wischte sie sich die Tränen fort, die ihre Sicht behinderten.
Vielleicht war sogar Lukas, mit dem sie seit zwei Jahren zusammenlebte und der als Angestellter in einem Reisebüro arbeitete, schon zu Hause.
Beim Gedanken an Lukas fühlte Eva sich unwillkürlich ein wenig erleichtert.
Sie würde sich in seine Arme flüchten und sich ein bisschen von ihm trösten und verwöhnen lassen. Und sich die Liebe und Geborgenheit holen, die sie nach dem schrecklichen Gespräch mit ihrem Chef so bitter nötig hatte.
*
Lukas Frommelt zündete sich eine Zigarette an und vertiefte sich, den Rauch in die Luft blasend, in eine knallbunte Broschüre über Thailand. Das Blatt hatte er zuoberst von einem unordentlichen Stapel mit Reiseprospekten genommen, der sich auf dem Küchentisch türmte.
Mit jeder Zeile, die Lukas las, wurde der Ausdruck seiner wasserblauen Augen sehnsuchtsvoller: traumhaft schöne Tempel, Sandstrände mit Palmen und blauen Lagunen, exotisch gewürzte Speisen, freundlich lächelnde Menschen, die nichts von dem Alltagsstress und der beispiellosen Hektik einer Großstadt wie Frankfurt wussten, tropische Wärme und Sonne pur.
Er würde sich in diesem Land fühlen wie ein junger Gott! Endlich würde er leben und nicht nur dahinvegetieren wie ein eingesperrtes Tier!
Und dabei würde Thailand nur eine unter vielen Stationen seiner Weltreise sein!
Lukas merkte nicht, wie der Rest seiner Zigarette ungeraucht herunterbrannte. Er hörte nicht, wie sich der Schlüssel im Schloss der Wohnungstür umdrehte, und bemerkte Evas Anwesenheit erst, als die junge Frau längst neben ihm stand.
Als sie Lukas auf die Schulter tippte und ihn ansprach, erwachte er wie aus einem tiefen Traum und fuhr erschrocken herum. Er brauchte eine Weile, um sich wieder in der profanen Wirklichkeit seiner Umgebung zurechtzufinden, zumal Evas vom Weinen gerötetes Gesicht wie eine kalte Dusche auf ihn wirkte.
Unwillkürlich runzelte er die Stirn.
»Hallo, Eva«, sagte er beinahe ein wenig unwillig, »auch schon zu Hause? Ausnahmsweise keine Überstunden heute?«
Eva presste die Lippen aufeinander, um nicht laut herauszuschreien.
Von einer Sekunde auf die andere wurde ihr schmerzlich bewusst, wie oft sie länger in der Firma geblieben war, um irgendeine Arbeit fertig zu machen. Wie viele Abende sie daheim über besonders interessanten und ausgefallenen Stoffmustern gebrütet hatte, um ihren anspruchsvollen Chef zufriedenzustellen. Abende, an denen Lukas enttäuscht und verärgert allein auf ein Bierchen in die Kneipe nebenan gegangen war. Abende, an denen sie Freunden und guten Bekannten abgesagt und sie dadurch verprellt hatte.
Und wofür das alles?
Für eine Kündigung wie ein Blitz aus heiterem Himmel, für einen Karriereknick, für eine ungewisse Zukunft!
Eva schämte sich mit einem Mal derart für die erlittene Niederlage, dass sie es nicht schaffte, auf Lukas’ Frage hin sofort mit der ganzen unerfreulichen Wahrheit herauszurücken.
Zumal Lukas, der doch sehen musste, dass sie geweint hatte, nicht einmal nach dem