Gefangen im Rittersaal: Fürstenkrone 207 – Adelsroman
Von Renate Busch
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Über dieses E-Book
Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit.
"Fürstenkrone" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
»Kind …! Ich habe ein ungutes Gefühl bei dieser Geschichte …« Die alte gütig aussehende Frau seufzte unwillkürlich. »Aber Tantchen, dich schüchtert der Grafentitel ein … Doch selbst ein Graf und eine Gräfin sind schließlich auch nur Menschen.« Eva lächelte herzlich. »Diese Stellung ist eine einmalige Chance für mich. Sie wird erstens sehr gut bezahlt, und außerdem lebt die gräfliche Familie auf ihrem alten angestammten Besitz. Das bedeutet sicher, man braucht nur aus dem Haus zu treten und ist in der Natur. Ich werde mit Katzen, Hunden, Kühen, Pferden und anderen Tieren leben.« Evas große blaue Augen leuchteten. »Du warst von jeher eine Romantikerin und Träumerin, Eva«, sagte die alte Dame nachsichtig. »Du machst dir ganz bestimmt falsche Vorstellungen von deiner zukünftigen Tätigkeit. Die gräfliche Familie ist sicher schrecklich hochmütig, du wirst dich dort nicht wohlfühlen. Hier hast du eine gute Stellung, wirst von deinem Chef geschätzt, bist bei deinen Kollegen beliebt.« Um den schönen, ausdrucksvollen Mund des jungen Mädchens lief ein etwas schmerzliches Lächeln. »Das habe ich mir selbstverständlich auch vor Augen gehalten, Tantchen. Aber ich bin nun einmal ein Landkind, und obwohl ich nun bereits seit Jahren hier in der Stadt lebe, kann ich die Zeit meiner Kindheit und Jugend nicht vergessen.« Die alte Dame nickte versonnen. »Das kann ich natürlich verstehen.
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Buchvorschau
Gefangen im Rittersaal - Renate Busch
Fürstenkrone
– 207 –
Gefangen im Rittersaal
Welches Geheimnis umgibt Schloss Altenwalde?
Renate Busch
»Kind …! Ich habe ein ungutes Gefühl bei dieser Geschichte …« Die alte gütig aussehende Frau seufzte unwillkürlich.
»Aber Tantchen, dich schüchtert der Grafentitel ein … Doch selbst ein Graf und eine Gräfin sind schließlich auch nur Menschen.« Eva lächelte herzlich. »Diese Stellung ist eine einmalige Chance für mich. Sie wird erstens sehr gut bezahlt, und außerdem lebt die gräfliche Familie auf ihrem alten angestammten Besitz. Das bedeutet sicher, man braucht nur aus dem Haus zu treten und ist in der Natur. Ich werde mit Katzen, Hunden, Kühen, Pferden und anderen Tieren leben.« Evas große blaue Augen leuchteten.
»Du warst von jeher eine Romantikerin und Träumerin, Eva«, sagte die alte Dame nachsichtig. »Du machst dir ganz bestimmt falsche Vorstellungen von deiner zukünftigen Tätigkeit. Die gräfliche Familie ist sicher schrecklich hochmütig, du wirst dich dort nicht wohlfühlen. Hier hast du eine gute Stellung, wirst von deinem Chef geschätzt, bist bei deinen Kollegen beliebt.«
Um den schönen, ausdrucksvollen Mund des jungen Mädchens lief ein etwas schmerzliches Lächeln. »Das habe ich mir selbstverständlich auch vor Augen gehalten, Tantchen. Aber ich bin nun einmal ein Landkind, und obwohl ich nun bereits seit Jahren hier in der Stadt lebe, kann ich die Zeit meiner Kindheit und Jugend nicht vergessen.«
Die alte Dame nickte versonnen. »Das kann ich natürlich verstehen. Du hattest als Kind auch das wahre Paradies.«
»Ich erinnere mich noch genau an jeden Obstbaum in unserem großen Garten hinter dem Haus«, fuhr Eva eifrig fort. »In einem Apfelbaum hatte ich meinen Stammsitz. Auf einem seiner dicken Äste habe ich oft lange gesessen, mir von oben die Welt angesehen und geträumt.«
»Deine Mutter hat deswegen häufig mit dir gezankt. Sie fürchtete stets, du könntest dir bei deiner Kletterei Hals und Glieder brechen.«
»Was ich allerdings niemals getan habe.« Eva lachte fröhlich.
»Nein, gottlob nicht. Du warst wild wie ein Junge und geschickt im Klettern wie ein Äffchen.«
»Unser Haus war groß und weiß«, erinnerte sich Eva weiter.
»Ja, es war ein stattliches Haus, und ich konnte deine Mutter niemals recht verstehen, warum sie es nach dem Tode deines Vaters verkauft hat.«
Eva nickte.
»Ich auch nicht. Aber Mama hat sich wohl niemals auf dem Lande ganz wohlgefühlt. Es zog sie halt immer wieder in die Stadt zurück. Außerdem war das Haus bei Papas Tod leider Gottes noch längst nicht schuldenfrei.« Eva seufzte. »Es kam halt eines zum anderen. In manchen Dingen musste ich ihr auch beipflichten. In der Stadt fand Mama selbstverständlich schneller eine Beschäftigung als in unserem kleinen Dorf. Ich konnte dort ohne große Fahrerei und Schwierigkeiten die Handelsschule besuchen.«
»In der Beziehung war es für deine arme, verstorbene Mutter natürlich leichter«, stimmte Elfriede Großmann ihrer Nichte zu. »Und sie war ja aufs Geldverdienen angewiesen. Die Witwenrente, die sie bezog, war viel zu klein, um davon einigermaßen leben zu können. Du warst in gewissem Sinne noch unversorgt, hattest keinen Beruf.«
Eva nickte. »Papas Tod hatte damals Mama und mich völlig aus dem Gleis geworfen. Ich war noch so jung, gerade sechzehn Jahre alt. Da ist man in manchen Dingen noch ein Kind, in anderen wird man zu den Erwachsenen gezählt. Aber ich war mehr Kind«, sinnierte Eva weiter. »Ich habe bis dahin so unbeschwert und heiter gelebt. Ich bin mit meinen Freunden geritten, wir sind durch die Wälder gestreift, haben in dem oft noch eiskalten See geschwommen.«
»Wenn ich damals nicht gerade selbst so krank gewesen wäre, ich hätte es vielleicht verhindert, dass du das Gymnasium verlässt, um auf eine Handelsschule zu gehen. Deine arme Mutter war von jeher unselbstständig gewesen und durch den plötzlichen Tod deines Vaters in Panikstimmung geraten. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass sie es zuließ, als du darauf bestandest, dein Abitur nicht zu machen, sondern möglichst gleich Geld zu verdienen.«
»Ach ja, Mama …« Eva lächelte weich. »Ich glaube, Papa hat sie immer zu sehr verwöhnt und alles Schwere von ihr ferngehalten. Dadurch wurde sie schrecklich unselbstständig. Wenn ich es mir jetzt so überlege, bin ich auch der Meinung, Mama hätte mich davon abhalten müssen, so Hals über Kopf die Schule zu verlassen.«
»Zumal du eine der besten Schülerinnen deiner Klasse warst.«
Eva errötete ein wenig.
»Nun ja, das Lernen fiel mir nicht schwer«, gab sie zu.
»Na, du bist gottlob trotzdem im Leben etwas geworden«, stellte die alte Dame mit einem gewissen Stolz fest. »Gut, dass deine Mutter das noch erlebt hat.«
»Ja«, sagte Eva. »Sie hat Papa leider nur wenige Jahre überlebt. Wenn ich jetzt an die letzten Jahre ihres Lebens denke, meine ich, sie hat seit Papas Tod nur noch halb gelebt. Etwas war damals in ihr zerbrochen. Als sie dann die schreckliche Krankheit bekam, war sie durchaus nicht so verzweifelt wie andere Menschen. Sie ertrug sie bis zuletzt mit bewunderungswürdiger Geduld und Tapferkeit und sprach kurz vor ihrem Tode einige Male davon, wie froh sie sei, bald wieder mit Papa vereint zu sein.«
»Durch das Austauschen von Erinnerungen vergessen wir unseren Kaffee.« Frau Elfriede hob die dickbauchige Kaffeekanne und schenkte von dem aromatisch duftenden Getränk nach.
»Nun iss, Kind«, ermunterte sie.
»Deine Torte ist wie immer vorzüglich«, lobte Eva.
»Es freut mich, wenn sie dir schmeckt. Aber nun noch einmal auf deinen Stellungswechsel zurückzukommen, was dann, wenn du nun von deiner neuen Stellung enttäuscht wirst und hast die alte aufgegeben?«
»So etwas ist immer ein Risiko, Tantchen«, sagte Eva sachlich.
»Du warst bisher Sekretärin und wirst als Gutssekretärin sicher einen ganz anderen Arbeitsbereich haben.«
»Tantchen, du machst dir sicher zu viele Gedanken.« Eva legte liebevoll ihre Hand auf den Unterarm ihrer Tante. »Irgendwie komme ich bestimmt durch.«
In den alten, gütigen Frauenaugen schimmerte jetzt ein gewisser Stolz. Die alte Dame nickte. »Auf den Kopf gefallen bist du gottlob nicht, das stimmt. Ich habe, wie gesagt, nur deiner sozialen Stellung wegen einige Bedenken. Du kannst nicht erwarten, an die gräfliche Familie irgendwelchen Anschluss zu finden. Sie steht turmhoch über dir. Für sie bist du wahrscheinlich ein Nichts und ein Niemand.«
»Tantchen, darauf spekuliere ich wahrlich nicht. Du denkst doch nicht etwa, dass ich mich um die Stellung einer Gutssekretärin beworben habe, weil ich so hoffe, Eingang in höhere Kreise zu finden. Nein, das liegt mir völlig fern«, schloss sie energisch.
»Aber nein, so meine ich es auch wieder nicht, Evchen.« Die alte Dame seufzte. »Zuweilen drücke ich mich vielleicht ein wenig ungeschickt aus. Du weißt, dass dein Papa und ich als Kinder eines Gutsverwalters in Ostpreußen aufgewachsen sind. Daher ist mir die soziale Struktur des Gutspersonals nicht unbekannt.
Als Gutssekretärin hast du eine gehobene Stellung. Mägde und Knechte behandeln dich sicher mit gewissem Respekt. Die gräfliche Familie steht, wie gesagt, so hoch über dir, dass du dich freuen kannst, wenn man freundlich mit dir spricht. Du wirst also dort ziemlich einsam sein.«
Eva war nur einen Moment betroffen, dann schüttelte sie den Kopf.
»Tantchen, du hast Erfahrungen gesammelt, die bald ein halbes Jahrhundert zurückliegen. Sicher wird es zuerst schwer sein, in den neuen Lebenskreis hineinzuwachsen, aber davor fürchte ich mich nicht. Ich habe schon auf dem Atlas nachgesehen, dieses Altenwalde liegt sicher in einer zauberhaften Landschaft. Wahrscheinlich wird das Land bereits schon recht wellig sein.«
»Dass ich dir alles Gute wünsche, brauche ich dir hoffentlich nicht zu sagen, Eva.« Die alte Dame führte die dünne Porzellantasse zum Mund.
»Nein, das weiß ich«, gab das junge Mädchen mit leuchtenden Augen zurück.
Tante Elfriede, Papas unverheiratete Schwester, war Eva von jeher die liebste ihrer Tanten gewesen. Seit dem Tode ihrer Eltern hatte sich die alte Dame rührend um sie gekümmert.
*
Sechs Wochen später hatte Eva ihren bereits recht klapprigen Volkswagen bis zum Dach hoch mit Gepäck beladen und war auf dem Weg nach Altenwalde. Sie fuhr voller Erwartung, aber schlug dennoch ein sehr mäßiges Tempo an. Erstens wollte sie ihrem betagten Wagen mit der Gepäcklast nicht mehr zu viel zumuten, zweitens liebte sie es, ab und zu einen Blick zur Seite zu werfen.
Die Gegend wurde immer schöner. Um diese Jahreszeit bestellten die Bauern rechts und links der Landstraße ihre Felder. Der Frühling zog mit aller Macht ins Land. Überall blühten die Forsythien und die Mandelbäumchen. In den Vorgärten läuteten Krokusse, Schneeglöckchen und Osterblumen den Frühling ein.
Eva atmete tief die würzige Luft ein. Wie frisch und rein! Und diese Felder, Wiesen und Wälder würde sie nun täglich direkt vor der Nase haben … Herrlich!
Eva summte ein fröhliches Lied. Je näher sie Altenwalde kam, umso deutlicher zeichnete sich auch das Mittelgebirge ab.
In einem Dorf hielt sie und fragte nach dem Gut. Ein behäbiger Bauer mit dreckverschmierter Arbeitshose zeigte ihr freundlich den Weg.
»Weit ist es nicht mehr, junge Frau«, fügte er hinzu.
»Danke«, sagte Eva heiter. Dann fuhr sie weiter.
Aber kurz hinter dem Dorf streikte plötzlich der Motor, und ihr Wagen stand.
Nach etlichen Schrecksekunden stieg Eva aus und ging um ihr Fahrzeug herum. Davon wurde ihr Motor freilich nicht wieder fit. Eva kannte sich und wusste, wie technisch unbegabt sie war. Es würde wenig nützen, die Motorhaube zu