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Pferdeheimat im Hochland - Mein Herz ist in den Highlands
Pferdeheimat im Hochland - Mein Herz ist in den Highlands
Pferdeheimat im Hochland - Mein Herz ist in den Highlands
eBook208 Seiten2 Stunden

Pferdeheimat im Hochland - Mein Herz ist in den Highlands

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Über dieses E-Book

Laura ist glücklich, sie hat sich entschieden und liebt ihr neues Leben auf dem Pferdehof ihres Onkels. Nichts könnte ihr Glück trügen, denn Laura liebt nicht nur jedes Pferd auf dem Hof, sondern auch Danny vom Nachbarhof Braeside. Wie sicher ist die Zukunft? Danny und Laura scheinen endlich ihr Happy End gefunden zu haben, doch dann passiert etwas Dramatisches und Dannys Zukunft ist in Gefahr. Finden die beiden eine Möglichkeit?Die 16-jährige Laura konnte ihre Eltern endlich davon überzeugen ein Jahr auf dem Gnadenhof ihres Onkels zu verbringen. Sie liebt die Arbeit dort mit den Tieren und als ihr Onkel Laura in Aussicht stellt den Hof an sie zu vererben, ist die junge Pferdenärrin im absoluten Glück. Lauras Eltern stimmen zu, dass sie auf dem Hof bleiben darf und die Teenagerin beginnt eine Freundschaft mit Danny vom Nachbarhof. Doch die Familien leben seit langer Zeit im Streit. Kann Lauras und Dannys Freundschaft dagegen bestehen?
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum26. Apr. 2021
ISBN9788726877403
Pferdeheimat im Hochland - Mein Herz ist in den Highlands

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    Buchvorschau

    Pferdeheimat im Hochland - Mein Herz ist in den Highlands - Ursula Isbel

    Cover: Pferdeheimat im Hochland - Mein Herz ist in den Highlands by Ursula Isbel

    Ursula Isbel

    Pferdeheimat im Hochland - Mein Herz ist in den Highlands

    Saga

    Pferdeheimat im Hochland - Mein Herz ist in den Highlands

    Coverbild/Illustration: Shutterstock

    Copyright © 2001, 2021 Ursula Isbel und SAGA Egmont

    Alle Rechte vorbehalten

    ISBN: 9788726877403

    1. E-Book-Ausgabe

    Format: EPUB 3.0

    Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

    www.sagaegmont.com

    Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com

    1

    Längst war mir die Melodie des Hochlandwinds vertraut, wenn er in den Wipfeln der Bäume sang und über die Hügel brauste, so wie in einem von Andersens Märchen, wo es heißt, dass der Wind alte Lieder singt.

    In Herbstnächten oder an manchem stürmischem Frühlingsmorgen lag ich im Bett, hörte ihn ums Haus streichen und in den Efeuranken flüstern, die das Mauerwerk wie ein dunkelgrüner Pelz bedeckten.

    Auch die Pferde liebten den Wind. Sie standen mit erhobenen Köpfen auf den Koppeln, die Nüstern geweitet, und atmeten die Gerüche ein, die der Wind vom Meer mitbrachte, durch die Täler und über die Hügel trug – den Duft nach Teer und Tang, nach Heidekraut und fernen Koppeln, auf denen andere Pferde weideten. Er ließ ihre Mähnen und Schweife wie Segel flattern, trocknete den Schweiß von ihren Flanken und kühlte ihre Fesseln.

    Wenn ich das Brausen hörte, wusste ich, dass sein Lied nirgends so sein konnte wie hier, und dass ich in die Highlands gehörte, auch wenn ich an einem ganz anderen Ort der Welt geboren und aufgewachsen war.

    Und ich durfte bleiben – nicht nur dieses eine Jahr. Endlich konnte ich sicher sein. Sie waren einverstanden, hatten ja gesagt.

    Leicht war es nicht gewesen. Es hatte heftige Diskussionen gegeben, die jedes Mal haarscharf an einem handfesten Streit mit meiner Mutter vorbeigegangen waren. Sie fand, dass ich eine »ordentliche« Berufsausbildung brauchte, damit ich später gut verdiente und abgesichert war. Sicherheit bedeutete viel für sie. Vielleicht störte es sie auch, ihren Freunden und Bekannten sagen zu müssen, dass ihre Tochter Laurie »nur« Pferdewirtin werden wollte; Anwältin oder Kinderärztin, ihr Traumberuf, hätte sicher besser geklungen.

    Ich versuchte ihr zu erklären, dass für mich andere Dinge zählten – die Liebe zu meiner neuen Heimat, zu Danny und den Pferden. Und dass die Arbeit auf dem Gnadenhof in meinen Augen schöner und sinnvoller war als alles andere, auch wenn sie manchmal bis an die Grenzen meiner Kräfte ging, auch wenn man damit weder reich werden konnte noch gesellschaftlich besonders geachtet war.

    Mit meinem Vater war es weniger schwierig gewesen. Er verstand, dass ich in Schottland leben wollte, bei Onkel Scott und den Pferden, die hier in The Laurels ihr Gnadenbrot bekamen.

    Er war immer auf meiner Seite gewesen, mein ganzes Leben lang schon. Doch schließlich, am Ende dieses Sommers, den meine Eltern mit uns im Hochland verbrachten, hatte auch meine Mutter zugestimmt.

    »Wenn du meinst, dass du hier glücklich bist, muss ich es wohl akzeptieren«, sagte sie, als wir sie und meinen Vater zum Flughafen brachten – ohne meinen Bruder Tim, der seine Ferien mit Freunden in Griechenland verbrachte. »Es ist dein Leben, Laurie. Aber du hättest studieren können! Pferdewirtin ist doch ein viel zu anstrengender Beruf für eine Frau. Du bist nicht besonders kräftig; und was willst du machen, wenn du älter wirst?«

    Wieder antwortete ich, dass keiner wissen kann, was später einmal sein wird, dass man nicht so weit vorausdenken sollte. Mein Vater half mir.

    »Heutzutage gibt es doch jede Menge arbeitslose Akademiker«, sagte er. »Und Scott möchte Laurie eines Tages zu seiner Nachfolgerin auf dem Gnadenhof machen. Sie hat sich entschieden, jetzt hier zu leben. Und ich glaube, es war eine gute Entscheidung.«

    Er umarmte mich zum Abschied und fügte hinzu: »Nur schade, dass wir so weit voneinander entfernt sind.«

    »Ihr müsst wiederkommen!«, sagte ich. »Jeden Sommer. Es hat euch doch so gut gefallen und ihr habt euch wunderbar erholt.«

    Wie gern hätte ich meinen Vater hier behalten! Genau wie ich passte er viel besser ins Hochland, in die freie Natur, als in das enge Münchner Reihenhaus zwischen winzigen Grasvierecken und Straßen, auf denen der Verkehr Tag und Nacht brandete und lärmte.

    »Sie kommen nächstes Jahr wieder, da bin ich sicher!«

    Onkel Scott versuchte mich zu trösten, denn meine Augen standen voller Tränen, als die beiden durch den Zoll des Flughafens in Aberdeen verschwanden.

    »Ja, aber... warum können Menschen, die zusammengehören, nicht am gleichen Ort wohnen? Warum muss man erst so weite Strecken überwinden, um sich zu sehen?«

    Er legte den Arm um meine Schulter und drückte mich an sich. »Viel schlimmer als die räumlichen Entfernungen sind die inneren, Laurie. Viele Menschen leben eng zusammen und sind innerlich doch meilenweit voneinander entfernt.«

    Wir fuhren durch die Hügel zurück, auf denen die Heide wie ein tief violetter Teppich blühte. In meine Traurigkeit darüber, dass meine Eltern jetzt fort waren und dass ich sie wohl lange nicht wiedersehen würde, mischte sich Erleichterung. Ich konnte hier bleiben, durfte nach The Laurels zurückfahren. Keiner hatte mich gezwungen, ins Flugzeug zu steigen und Schottland unter den Wolken verschwinden zu sehen.

    »Ein Glück, dass du hier bleiben kannst«, sagte Onkel Scott wie ein Echo auf meine Gedanken und wich einem schwarzweißen Schaf voller Dreadlocks aus, das mitten auf der Straße stand und gemütlich kaute.

    »Ich glaube, ich würde eingehen wie eine Primel, wenn ich wieder in der Stadt leben müsste, ohne dich und die Pferde.«

    »Und vor allem ohne Danny.«

    »Ja, vor allem ohne Danny.« Das konnte ich jetzt so offen sagen, ohne dass Onkel Scott sich ärgerte oder verletzt war. Inzwischen mochte er Danny. Das war nicht immer so gewesen.

    Das Abendlicht hüllte die Bergkuppen und den Gipfel des Ben Wyvis in einen rosigen Schimmer und der Duft von Heide, Moorwasser und Thymian strich durchs geöffnete Wagenfenster. Ich schloss die Augen; da sagte Onkel Scott unvermittelt: »Laurie, was würdest du davon halten, wenn Moragh – Mrs. MacClintock – zu uns ziehen würde? Wäre dir das recht?«

    Moragh MacClintock war Dannys Mutter. Sie und meinen Onkel verband eine alte und schwierige Liebesgeschichte.

    »Natürlich!«, erwiderte ich. »Ich fänd’s gut. Du brauchst mich doch nicht um Erlaubnis zu fragen!«

    »Aber du lebst mit mir zusammen. Du bist inzwischen wie eine Tochter für mich. Ich möchte nichts über deinen Kopf hinweg tun.«

    Ich legte eine Hand auf die seine. »Ich freu mich doch für dich!«, versicherte ich. »Sie ist eine wunderbare Frau. Nicht nur, weil sie Dannys Mutter ist. Wollt ihr heiraten?«

    Er sah rasch zu mir herüber. Ein Lächeln stand in seinen grauen Augen. »Nein, so tollkühn sind wir nicht. Wir wollen erst mal schauen, wie wir miteinander auskommen. Man kann ja auch ohne Trauschein ganz gut zusammenleben. Und in unserem Alter heiratet man nicht mehr so leicht.«

    Ich überlegte, ob Danny es schon wusste. Bisher hatten er und seine Schwester Sheila mit ihrer Mutter auf Braeside gelebt, ganz in unserer Nähe.

    »Es wird schön sein, sie im Haus zu haben«, sagte ich.

    »Ja, sicher. Und für dich wird dadurch auch manches einfacher. Du musst nicht mehr so viel Zeit in der Küche verbringen. Ich hoffe, dass wir’s in Zukunft ein bisschen ruhiger und gemütlicher haben werden, wenn wieder eine Frau in The Laurels ist.«

    Das klang so sachlich, als hätte er eine Haushälterin eingestellt. Doch ein Unterton schwang in seiner Stimme mit, der mir verriet, wie glücklich er war.

    »Ich werde den Wintergarten und das angrenzende Zimmer für Moragh herrichten lassen«, sagte er. »Der Wintergarten war früher so ein hübscher Raum, als deine Tante Anne noch lebte, mit all den Pflanzen und den hellen Korbmöbeln. Wir haben ihn viel benutzt und fast täglich da gefrühstückt.«

    Tante Anne war Onkel Scotts Frau gewesen, die Schwester meiner Mutter. Ich dachte an seine Bemerkung über Ruhe und Gemütlichkeit, als wir ins Haus zurückkamen. Die Küche war voll mit schmutzigem Geschirr und ungespülten Töpfen und Pfannen. Meine Mutter hatte mittags noch für uns gekocht, doch zum Aufräumen war keine Zeit mehr gewesen.

    Kater MacDuff kam uns entgegen und verlangte heftig maunzend nach seinem Futter. Die Katze Emma kauerte auf dem Fensterbrett und sah uns mit ihren großen, immer noch scheuen Augen fragend an. Sie hatte sich lange Zeit allein durchschlagen müssen, und die tägliche Fütterung bei uns war wohl immer noch eine unsichere, durchaus nicht selbstverständliche Sache für sie.

    MacDuff aber maunzte so laut, bis ich die beiden Katzenschälchen gefüllt hatte. Rascal und Dart, die Hunde, stürmten ins Haus, begrüßten uns hechelnd und wollten ebenfalls gefüttert werden. Obwohl ich Durst hatte, kam ich nicht dazu, mir Saft aus dem Keller zu holen.

    Onkel Scott wühlte in den Klamotten, die auf dem Sofa lagen, und brummte: »Hast du meine graue Strickjacke gesehen?«

    »Die ist in der Wäsche«, sagte ich. »Rascal hat drauf gesessen.«

    »Das macht doch nichts. Deshalb muss man sie nicht gleich waschen.«

    »Er hatte sich vorher in Kaninchendreck gewälzt.«

    Wir mussten lachen.

    Ich rannte die Treppe hoch, um mich umzuziehen. Als ich den Kopf durchs Fenster streckte, sah ich, dass Allan und Annika schon damit beschäftigt waren, die Futtereimer mit Schubkarren zu den Koppeln zu fahren. Die Pferde drängten sich hinter dem Gatter. Über dem Heathery Hill zogen wieder einmal Regenwolken auf.

    Die Pferde wieherten. Ich hörte Dandys dunkle Stimme heraus, untermalt von Belles Trompetengewieher, das immer einen entrüsteten Ton hatte, wenn die Futterzeiten nicht genau eingehalten wurden.

    Meine Gummistiefel, die am Fuß der Vortreppe standen, waren nass vom letzten Regenschauer. Ich goss ein bisschen Wasser aus und schlüpfte barfuß hinein. Onkel Scott kam mir vom Futterschuppen her entgegen, als ich um die Ecke des Wintergartens bog.

    »Der geschrotete Mais ist ausgegangen«, sagte er. »Vom Quetschhafer ist auch nicht mehr allzu viel da. Ich nehme den Transporter und fahre rasch zur Mill Farm. Brauchen wir Mehl?«

    Ich nickte. »Und frische Milch. Und Eier, wenn sie noch welche haben.«

    Ginger, unsere alte Stute, mit der ich manchmal ausritt, und der Jährling Bairnie kamen mir innerhalb des Koppelzauns entgegen. Ich nahm mir einen Augenblick Zeit, ihre Köpfe zu streicheln und mein Gesicht an Bairnies schmutzige Nase zu drücken. Er war mein besonderer Liebling.

    Hinter dem Haus wurde der Lastwagen gestartet. Ich sah mich nach den Hunden um. Wahrscheinlich saßen sie neben Onkel Scott auf dem Beifahrersitz und fuhren mit nach Mill Farm. Die beiden liebten Autofahrten, auch wenn sie noch so kurz waren.

    Annika erwartete mich am Gatter. »Kannst du Nutmeg füttern?«, fragte sie hastig. »Die anderen fressen ihm sonst wieder alles weg. Ich hol schon die nächste Fuhre.«

    Ich nahm ihr den Eimer ab und wartete, den Arm um Nutmegs Hals gelegt, während er seine Nase im Hafer versenkte. Er war eines der ersten Pferde, die Onkel Scott in The Laurels aufgenommen hatte. Es gab immer wieder Menschen, die meinten, ein blindes Pferd wie Nutmeg sollte besser getötet werden, damit es von seinen »Leiden« erlöst wurde. Sie kannten Nutmeg eben nicht wie wir, seine Art, die Nase in den Wind zu heben und nach fremden Gerüchen zu schnuppern, seine Dankbarkeit für jede liebe Geste, jedes zärtliche Wort, seine Freundschaft mit der Stute Fairy Queen. Er konnte zwar nicht mehr sehen, aber er freute sich noch am Leben, er genoss die guten Jahre hier auf den Koppeln der Highlands, nachdem er es früher sehr schwer gehabt hatte. So war es mit den meisten unserer Pferde, auch wenn wir nur wenig über ihr früheres Schicksal wussten.

    »Vielleicht ist es gut, dass sie nicht reden können«, sagte Onkel Scott manchmal. »Wenn man von all dem Leid und Elend wüsste, das ihnen widerfahren ist, könnte man nicht mehr ruhig schlafen.«

    Während Nutmeg die letzten Haferkörnchen aus dem Eimer leckte, kam Allan. »Ist Mr. Montrose nochmal weggefahren?«, fragte er.

    »Zur Mill Farm, ja, um Mais und Quetschhafer zu holen.«

    »Hat er Rian mitgenommen?«

    »Nein, wieso? Ich dachte, er ist hier.«

    »Vor einer halben Stunde war er noch im Futterschuppen und hat die Portionen abgemessen, aber jetzt ist er verschwunden.«

    Dandy schob seine taubengraue Nase über meine Schulter. Ich streichelte ihn mit der einen Hand und Nutmeg mit der anderen. »Im Haus war er nicht«, sagte ich.

    Allan zog die Brauen zusammen. Eine dunkle Locke fiel ihm in die Stirn. Unvermittelt wandte er sich ab und ging mit langen Schritten davon, während ich eine der Schubkarren nahm und mich damit auf den Weg zum Futterschuppen machte.

    Als ich am Stall vorüber kam, sah ich, dass die Seitentür nur angelehnt war. Dahinter glaubte ich einen Schatten zu erkennen. War es eine der Katzen? Die Pferde waren alle auf der Weide, auch nachts; um diese Jahreszeit wurde der Stall nicht benutzt. Unwillkürlich blieb ich stehen, stellte die Schubkarre ab und ging zur Tür.

    Fast hätte ich ihn übersehen. Er kauerte wie ein verletztes Tier in der Streu, an eine Boxwand gedrückt, und bewegte sich nicht. Erschrocken starrten wir uns an.

    »Rian!«, sagte ich. »Was machst du denn hier? Was ist passiert?«

    Dann erst bemerkte ich, wie seltsam verkrümmt er dasaß. Er hielt seinen rechten Oberarm vor der Brust und stützte den Ellbogen mit der linken Hand. Seine Lippen waren fest zusammengepresst. Rasch ging ich zu ihm.

    »Hast du dich verletzt?«

    Wie sein Bruder Allan war auch Rian daran gewöhnt, Schmerz, Kummer oder Angst mit sich allein abzumachen. Die beiden hatten nie fürsorgliche Eltern gehabt. Ihr Vater war schon vor Jahren spurlos verschwunden, die Mutter trank. Allan, der älteste Sohn, hatte versucht, den fünf Geschwistern so gut wie möglich den Vater zu ersetzen und die Mutter davor zu bewahren, dass sie völlig dem Alkohol verfiel. Die schwierige Kindheit hatte Allan und Rian geprägt und ihre Spuren bei beiden hinterlassen.

    Ich kniete neben ihm nieder. »Zeig«, sagte ich behutsam.

    Dann sah ich es. Sein Flanellhemd war zerrissen, der Oberarm dick angeschwollen. Unter dem Riss war die Haut blutrot und glänzte unnatürlich. Es musste verteufelt wehtun.

    »Mist! War’s eins von den Pferden?«

    Rian nickte stumm. Am Ausdruck seiner scheuen braunen Augen merkte ich, wie sehr er sich zusammennehmen musste, um nicht zu weinen. Er war immerhin erst dreizehn. Doch irgendjemand – Allan vermutlich – hatte ihm beigebracht, dass ein Junge tapfer zu sein hat und die Zähne zusammenbeißen muss.

    Vorsichtig fasste ich nach seinem gesunden Arm und zog ihn hoch. »Komm mit ins Haus«, sagte ich. »Wir machen Umschläge mit Essigwasser, dann wird’s gleich besser.« Meine Befürchtung, dass er sich den Arm gebrochen haben könnte, verschwieg ich.

    Widerstrebend folgte er mir. »Wir dürfen Allan nichts sagen«,

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