Ein Stern für unsere Liebe: Der Bergpfarrer 206 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Der Himmel über dem Wachnertal war wolkenlos und sternenklar. Der volle Mond leuchtete die Nacht aus.Solche Vollmondnächte waren genau die Nächte, die Alois Brandhuber brauchte, um bestimmte Kräuter und Wurzeln zu suchen und auszugraben. Diese Dinge mischte der alte Gauner seinen angeblichen Wundermitteln bei, um sie dann für teures Geld an gutgläubige Urlauber zu verkaufen. In seiner armseligen Hütte am Rande des Dorfes bewahrte er ein uraltes Buch auf, aus dem er sein »Wissen« bezog. Ein Zauberbuch, wie er immer behauptete, und tatsächlich genoss dieses »6. und 7. Buch Moses« genannte Machwerk einen besonderen Ruf in gewissen Kreisen. In ihm waren allerlei Zaubersprüche enthalten, Anweisungen, wie Geister beschworen wurden, und etliche Rezepte zum Anfertigen von Amuletten, Kräutertees und Heilsalben – deren angebliche Wirkung nicht nur bei Medizinern auf große Skepsis stieß. Jeder vernünftig denkende Mensch tat dieses dem biblischen Urvater Moses zugeschriebene Buch, mit dem es allerdings absolut nichts zu tun hatte, als ein Überbleibsel aus grauer Vorzeit ab, als die Menschen noch abergläubisch und für derlei Dinge empfänglich waren.Kurz vor Mitternacht war der selbsternannte Wunderheiler von St. Johann aufgebrochen. Diese Stunde zwischen zwölf und ein Uhr – die Geisterstunde – war seiner Meinung nach besonders geeignet, um reiche Ernte zu halten, und gerade bei Vollmond waren die Kräfte, die den Pflanzen innewohnten, von besonderer Intensität.Inzwischen hatte Loisl seinen Korb schon recht ordentlich gefüllt, und er schickte sich an, sich bald wieder auf den Heimweg zu machen. Alles, was er gesammelt hatte, musste recht schnell verarbeitet werden, sollte es seine Wirkung nicht verlieren. Das »Zauberbuch« schrieb vor, dass diese Handlung noch vor dem Morgengrauen zu geschehen habe. Bis nach St. Johann war es noch eine knappe Stunde zu gehen. Der Alte befand sich in etwa zwischen dem Ainringer Wald und dem Dorf, auf halbem Wege zum Höllenbruch. Loisl zwängte sich durch ein paar Büsche, die einen Acker begrenzten, und stapfte über das frisch abgemähte Feld, um den Weg abzukürzen, als er zufällig zum Himmel sah und wie gebannt stehen blieb.
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Buchvorschau
Ein Stern für unsere Liebe - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 206–
Ein Stern für unsere Liebe
Werden jetzt alle Wünsche wahr?
Toni Waidacher
Der Himmel über dem Wachnertal war wolkenlos und sternenklar. Der volle Mond leuchtete die Nacht aus.
Solche Vollmondnächte waren genau die Nächte, die Alois Brandhuber brauchte, um bestimmte Kräuter und Wurzeln zu suchen und auszugraben. Diese Dinge mischte der alte Gauner seinen angeblichen Wundermitteln bei, um sie dann für teures Geld an gutgläubige Urlauber zu verkaufen. In seiner armseligen Hütte am Rande des Dorfes bewahrte er ein uraltes Buch auf, aus dem er sein »Wissen« bezog. Ein Zauberbuch, wie er immer behauptete, und tatsächlich genoss dieses »6. und 7. Buch Moses« genannte Machwerk einen besonderen Ruf in gewissen Kreisen. In ihm waren allerlei Zaubersprüche enthalten, Anweisungen, wie Geister beschworen wurden, und etliche Rezepte zum Anfertigen von Amuletten, Kräutertees und Heilsalben – deren angebliche Wirkung nicht nur bei Medizinern auf große Skepsis stieß. Jeder vernünftig denkende Mensch tat dieses dem biblischen Urvater Moses zugeschriebene Buch, mit dem es allerdings absolut nichts zu tun hatte, als ein Überbleibsel aus grauer Vorzeit ab, als die Menschen noch abergläubisch und für derlei Dinge empfänglich waren.
Kurz vor Mitternacht war der selbsternannte Wunderheiler von St. Johann aufgebrochen. Diese Stunde zwischen zwölf und ein Uhr – die Geisterstunde – war seiner Meinung nach besonders geeignet, um reiche Ernte zu halten, und gerade bei Vollmond waren die Kräfte, die den Pflanzen innewohnten, von besonderer Intensität.
Inzwischen hatte Loisl seinen Korb schon recht ordentlich gefüllt, und er schickte sich an, sich bald wieder auf den Heimweg zu machen. Alles, was er gesammelt hatte, musste recht schnell verarbeitet werden, sollte es seine Wirkung nicht verlieren. Das »Zauberbuch« schrieb vor, dass diese Handlung noch vor dem Morgengrauen zu geschehen habe. Bis nach St. Johann war es noch eine knappe Stunde zu gehen. Der Alte befand sich in etwa zwischen dem Ainringer Wald und dem Dorf, auf halbem Wege zum Höllenbruch. Loisl zwängte sich durch ein paar Büsche, die einen Acker begrenzten, und stapfte über das frisch abgemähte Feld, um den Weg abzukürzen, als er zufällig zum Himmel sah und wie gebannt stehen blieb.
Zwischen den unendlich vielen, glitzernden Sternen leuchtete etwas. Weitere Sterne, die aber nicht fest am Firmament standen, sondern in Bewegung schienen. Loisl schluckte vor Aufregung, als direkt über ihm ein Sternenregen niederging – jedenfalls hatte er das Gefühl, dass es direkt über ihm geschah. Er wusste natürlich, was das für ein Phänomen war, dessen Zeuge er da wurde. Meteoriten hatte er schon öfter am nächtlichen Himmel gesehen, aber nie waren es so viele gewesen, die dann auch noch direkt hier niedergegangen waren.
Und dann geschah etwas, das Loisl mit großer Freude erfüllte, gleichzeitig aber auch ein Angstgefühl in ihm auslöste, wie er es noch nie in seinem über siebzig Jahre zählenden Leben gespürt hatte.
Ein unheimliches Rauschen erfüllte die Luft. Zuerst glaubte er, der Wind habe die Bäume des nahen Waldes so wehen lassen, doch das war es nicht. Die Erde des Ackers wirbelte auf, und es dröhnte um ihn herum. Loisl schaute gebannt zum Himmel, wo ein riesiger Feuerball dahinflog. Die Atmosphäre schien zu brennen, und es wurde für Sekunden taghell. Plötzlich gab es einen lauten Knall, und dann war es wieder dunkel.
Alois Brandhuber hatte seinen Korb samt Inhalt zu Boden fallen lassen und sich hingeworfen. Es dauerte eine ganze Weile, bis er wagte, wieder aufzuschauen, doch er konnte in der Dunkelheit fast nichts sehen.
Der Mond, der eben noch alles erhellt hatte, war verschwunden!
Erst nach ein paar Minuten begriff der Alte, dass der Himmel von einer riesigen Staubwolke bedeckt wurde, die den Mond verbarg. Es roch seltsam, und drunten im Dorf gellte eine Sirene.
Feueralarm!
»Was war denn das bloß?«, murmelte der Brandhuber kopfschüttelnd. »Teifi noch amal, grad so, als wenn der Leibhaftige selbst zur Hölle fährt!«
Indes glaubte der selbsternannte Wunderheiler weder an den lieben Gott, noch an den Teufel und er wusste ganz genau, was sich da ereignet hatte.
Eine Sternschnuppe war vom Himmel gefallen und erst nach Eintritt in die Erdatmosphäre verglüht.
Loisl sammelte den Korb wieder auf. Er musste machen, dass er verschwand; nicht mehr lange, und die Gegend hier würde nur so vor Neugierigen wimmeln, die von dem Spektakel anzogen würden, wie die Motten vom Licht.
Und es gab einige darunter, denen wollte er lieber nicht begegnen …
Vor allem diesem neunmalklugen Doktor musste er nicht über den Weg laufen.
Himmel, was war das für eine Wohltat gewesen, als der Kerl im Urlaub war!
Leider waren die Wiesingers vor zwei Tagen wieder zurückgekommen, und der Brandhuber wusste nur zu gut, dass der Arzt ihn auf dem Kieker hatte.
Loisl nahm den Korb fest in die Hand und setzte seinen Weg fort. Noch immer roch es seltsam brandig, und die ersten Autos fuhren bereits in Richtung Höllenbruch. Doch das interessierte den Alten im Moment nicht. Er sann vielmehr darüber nach, wie er aus dem Spektakel dieser Nacht Kapital schlagen könne.
Irgendwie musste es doch möglich sein, daraus ein Geschäft zu machen …
Und er wusste auch schon wie.
*
Sebastian Trenker war, wie viele andere auch, durch den lauten Knall geweckt worden, der durchs ganze Wachnertal gedröhnt hatte. Der gute Hirte von St. Johann war sofort hellwach gewesen und hatte sich angezogen. Durch das Pfarrhaus ging ein brandiger Geruch, und der Geistliche nahm im ersten Moment an, dass ein Feuer ausgebrochen sei. Seine Haushälterin erschien kurz darauf oben an der Treppe und schaute ängstlich herunter.
»Haben S’ das auch gehört?«, rief sie von oben.
Sebastian nickte. Er hatte sich gerade davon überzeugt, dass es im Haus nicht brannte, und auch die Kirche nicht in Flammen stand.
»Beruhigen S’ sich, Frau Tappert«, sagte er. »Hier ist alles in Ordnung.«
Die Haushälterin kam die Treppe herab. »Ja, aber riechen S’ das denn net?«, fragte sie
»Doch, freilich. Ich schau mal nach, was da los ist. Seien S’ doch so gut und kochen uns einen Tee. Vielleicht können wir dann nachher besser wieder einschlafen.«
Als der Bergpfarrer nach draußen ging, ahnte er nicht, dass er in dieser Nacht nicht wieder zum Schlafen kommen würde …
Als Erstes wunderte ihn, dass die Straßenbeleuchtung brannte. Sie wurde jede Nacht, Punkt dreiundzwanzig Uhr, ausgeschaltet, und nur an einigen markanten Punkten, wie an Straßenkreuzungen und Zebrastreifen, leuchteten orangefarbene Signallampen. Jetzt aber waren sämtliche Laternen im Ort eingeschaltet.
Sebastian stellte fest, dass der Himmel dunkel war, dabei war eigentlich Vollmond, und der Wetterbericht hatte keine Bewölkung vorhergesagt.
»Seltsam«, murmelte er, während er den Kiesweg hinunterging, der zur Straße führte.
Im selben Moment hatte jemand Feueralarm ausgelöst.
Sebastian Trenker lief zum Polizeirevier hinüber. Gleich nebenan war die Feuerwache untergebracht. Das große Tor war weit geöffnet, und die ersten Männer der Wehr trafen bereits ein.
Sebastian wandte sich an den Ortsbrandmeister.
»Wo brennt’s denn?«, erkundigte er sich.
Wolfgang Huber schüttelte den Kopf.
»Allem Anschein nach brennt’s gar net, Hochwürden«, antwortete er. »Der Alarm wurde in der Stadt ausgelöst. Mit ihm wurden alle Wehren im Wachnertal in Bereitschaft versetzt.«
»Hat es etwas mit dem lauten Knall zu tun? Hat’s irgendwo eine Explosion gegeben?«
Ein Telefon schrillte laut.
»Entschuldigen S’ mich einen Moment«, rief der Ortsbrandmeister und verschwand im Büro.
»Wir wissen auch net, was los ist«, meinte einer der Männer, die mehr oder weniger ratlos herumstanden.
Sie waren alarmiert worden und waren