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Das Haus Zamis 51 - Juna
Das Haus Zamis 51 - Juna
Das Haus Zamis 51 - Juna
eBook228 Seiten3 Stunden

Das Haus Zamis 51 - Juna

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Über dieses E-Book

Juna macht sich auf die Suche nach Michael Zamis, ohne zu ahnen, dass er ihr leiblicher Vater ist. Doch der Hoia-Baciu-Wald ist voller Gefahren. Die Geister uralter Dämonen hausen dort …

In der Gegenwart eröffnet Skarabäus Toth das Testament der Fürstin Bredica. Auch Michael Zamis, seine Frau Thekla und Coco reisen nach Rumänien. Auf der sagenumwobenen Temeschburg trifft Michael Zamis nicht nur Juna wieder – es erwartet ihn eine weitere Überraschung: Die Fürstin verspricht demjenigen ihr Erbe, der ihren Mörder überführt. Ein tödlicher Wettstreit beginnt, bei dem schon bald die Ersten auf der Strecke bleiben.

Der 51. Band von "Das Haus Zamis".

"Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - ›Dorian Hunter‹ und sein Spin-Off ›Das Haus Zamis‹ vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction." Kai Meyer

enthält die Romane:
117: "Juna"
118: "Familiengeheimnisse"
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum1. Sept. 2017
ISBN9783955722517
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    Buchvorschau

    Das Haus Zamis 51 - Juna - Michael Marcus Thurner

    Fußnoten

    Was bisher geschah:

    Die junge Hexe Coco Zamis ist das weiße Schaf ihrer Familie. Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht sie den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Auf einem Sabbat soll Coco endlich zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an. Doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut – umso mehr, da Cocos Vater Michael Zamis ohnehin mehr oder minder unverhohlen Ansprüche auf den Thron der Schwarzen Familie erhebt.

    Nach jahrelangen Scharmützeln scheint endlich wieder Ruhe einzukehren: Michael Zamis und seine Familie festigen ihre Stellung als stärkste Familie in Wien, und auch Asmodi findet sich mit den Gegebenheiten ab. Coco Zamis indes hat sich von ihrer Familie offiziell emanzipiert. Das geheimnisvolle »Café Zamis«, dessen wahrer Ursprung in der Vergangenheit begründet liegt und innerhalb dessen Mauern allein Cocos Magie wirkt, ist zu einem neutralen Ort innerhalb Wiens geworden. Menschen wie Dämonen treffen sich dort – und manchmal auch Kreaturen, die alles andere als erwünscht sind.

    Michael Zamis, seine Frau Thekla und Coco reisen nach Rumänien. Dort, auf der Temeschburg, findet die Testamentseröffnung der Fürstin Bredica statt, einer Großtante Michaels. Hier trifft er seine ehemalige Geliebte Florentina wieder – und seine uneheliche Tochter Juna, die er bisher verschwiegen hat …

    Erstes Buch: Juna

    Juna

    von Michael Marcus Thurner

    nach einem Exposé von Uwe Voehl

    Prolog

    Mein Name ist Juna. Juna Zadrazil. Ich habe diesen Namen bis heute behalten, weil er mich auf gewisse Weise schützt. Er ist für mich wie ein Tarnmantel, den ich umgelegt habe, um weitgehend in Frieden zu leben. Ich könnte mich auch anders nennen. Denn ich hatte viele Mütter und viele Väter, die vorgaben, für mein Wohl sorgen zu wollen. Mehr oder weniger waren die Erziehungsberechtigten und Vormunde üble Schläger, potenzielle Kinderschänder, sadistische Nonnen und Pfarrer und grausame Dämonen.

    Ich habe natürlich auch eine wirkliche Mutter. Uns verbindet nicht viel miteinander. Vielleicht, weil einfach nie die Gelegenheit da war, dass wir uns einander nähern konnten.

    Anders sieht es mit meinem Vater aus. Obwohl ich ihm nur wenige Male begegnet bin, ist er die Person, zu der ich mich am meisten hingezogen fühlte. Seit jeher.

    Denn unsere Begegnungen bedeuteten stets einen entscheidenden Einschnitt in meinem Leben. Mein Vater war es, der mich vor seiner vor Eifersucht rasenden Ehefrau rettete, als sie davon erfuhr, dass er eine Nebenbuhlerin geschwängert hatte: Florentina Badgruber. Ich war noch ein Embryo, als man mir schon das erste Mal nach dem Leben trachtete.

    Mein Vater Michael bewahrte mich davor, als Ungeborenes zu sterben, und ließ seine Ehefrau in dem Glauben, ich sei tot. Er schickte mich in die Zeit zurück, in das Jahr 1945, damit niemand meine Spur verfolgen konnte. In Wien wuchs ich bei Zieheltern auf, die glaubten, ich wäre ihre leibliche Tochter. Es waren vielleicht die Jahre, in denen ich mich am geborgensten fühlte. Und nur allmählich ahnte ich, dass ich anders war als die anderen Kinder. Und dass die Verdammnis wie ein Unglücksstern über mir schwebt.

    Ich habe mehr Schmerzen erlitten, als selbst die meisten Dämonen sie ertragen könnten. Von Menschen ganz zu schweigen.

    Aber was noch schlimmer ist: Gevatter Tod ist mein ständiger Begleiter. Wann immer ich etwas wünsche, ist der Preis dafür das Leben der anderen.

    Mein Vater Michael war es auch, der mich aus der Obhut meiner Ziehfamilie holte, als er glaubte, ich sei nun reif genug für die Ausbildung zur Hexe. Ich war es nicht, wie ich sehr schnell begriff. Mit dem Hexen hatte ich keine Probleme, wohl aber mit der Grausamkeit, mit der die Fürstin Bredica auf der Temeschburg ihr Internat führte. Und doch war dies noch ein Zuckerschlecken im Vergleich zu dem, was mir später in der Anstalt des Dr. Grauss bevorstand.

    Die dämonische Seele ist da wie die menschliche: Selbst die schlimmsten Gräueltaten übersteht sie. Mit Wunden und Rissen zwar, und wenn diese auch nie mehr verheilen mögen, so ist da immer noch der Verstand. Der Verstand befiehlt uns, nach vorne zu blicken, nicht zurück. Er lenkt den Blick auf die Probleme, die anstehen. Ich nehme an, nur so können unsere beiden Rassen überleben – die Menschen wie die Dämonen.

    Und dann ist da noch der Wille. Der Wille zu überleben, möge das, was uns erschüttert hat, auch noch so grausam gewesen sein.

    Wenn ich ihn den Spiegel schaue, so sehe ich da keine Narben. Ich sehe eine hübsche junge Frau von fünfundzwanzig Jahren. Keine Schönheit, aber doch so attraktiv, dass mancher Mann sie im Gedächtnis behält. Schon als Kind zog ich die Blicke der Männer an, aber auch die Eifersucht der anderen Mädchen und Frauen auf mich.

    Ich schaue also in den Spiegel und lächle mir aufmunternd zu.

    Aufmunterung kann ich brauchen. Denn ich bin wieder dort gelandet, wohin mich mein Vater Michael dereinst gebracht hatte: Auf der Temeschburg.

    Ein letztes Mal ziehe ich mit dem hellrosa Lippenstift dezent die Konturen meines Mundes nach, atme noch einmal kurz durch – und dann bin ich bereit.

    Bereit, nicht nur meinen Vater wiederzusehen. Sondern auch die Frau, die mich derart hasst, dass sie mich schon vor meiner Geburt töten wollte.

    Die Frau heißt Thekla Zamis, und ich traue ihr nicht ein Jota über den Weg.

    In dem Moment, als ich damals vor der Gartenpforte der Villa Zamis stand und sie ihr Lächeln verlor, wusste ich, dass es ein Fehler war, dort anzuklingeln.

    Zuvor hatte ich ihr gesagt, dass ich glaubte, Michael Zamis sei mein Vater.

    Es war sogar mehr als nur Glaube. Die tiefe Verbundenheit, die ich zu ihm spürte, war nur so zu erklären. Eine Hexentochter fühlt, wer ihr Erzeuger ist.

    Basta.

    1.

    Vergangenheit

    Das kleine Mädchen roch gut. Nach frischem und rohem Fleisch. Aber auch nach Unschuld und Naivität.

    Das Gör hatte etwas an sich, das ihn wie magisch anzog, und es dauerte eine Weile, bis er den Grund für diese Anziehungskraft verstand: Sie war kein Mensch. Tief in ihr drin loderte das schwarze Feuer, das eine Hexe ausmachte und sie antrieb, eine Quelle, die niemals erlosch.

    Oh, dieser Geruch … Er erzitterte vor Geilheit und hatte Mühe, sich zu beherrschen. Er wäre so gern über das Mädchen hergefallen, jetzt gleich, um seine Klauen in seinen Leib zu schlagen und sich an der obszönen Lebensflamme zu laben.

    Er hatte gelernt, sich zu gedulden. Es gab so viele andere hier, die stärker als er selbst waren. Er musste abschätzen und abwarten und im richtigen Moment zuschlagen, wollte er das Mädchen für sich alleine haben.

    Also blieb er auf seinem Baum hocken und beobachtete.

    Juna lief, schnell und schneller. Irgendetwas hatte sie erschreckt. Ein knackender Ast oder ein Windstoß. Ein Etwas, das sachte nach ihren Haaren gegriffen hatte. Oder jemand, der unter der Erdoberfläche steckte und seine Krallen nach ihren Füßen ausgestreckt hatte.

    Sie lief dahin wie der Wind – und kam doch kaum vorwärts. Die Bäume ringsum versperrten ihr immer wieder den Weg. Sie musste ausweichen und Umwege nehmen, in einem düsteren Landstrich, den Juna kaum kannte und in dem die Orientierung schwerfiel.

    Ab und zu lugte der Mond zwischen den Baumkronen hervor. Am unteren Rand der Sichel war er rot, so, als wäre er verletzt worden und würde bluten.

    Sie war doch schon einige Male hier gewesen! Immer, wenn ihnen die Fürstin einige Stunden Freizeit gegönnt hatte, war sie mit Matilda zum Fluss gelaufen, um dort im Wasser vergnügt zu plantschen. Um Kind zu sein und nicht nur Hexe. Doch jetzt, in der Dunkelheit, war ihr das Gelände völlig fremd.

    Juna hielt keuchend inne und stützte sich an einem der Baumstämme ab. Ihr war schwindlig. Sie musste ein paarmal durchatmen, um zu Kräften zu kommen.

    Wie lange war sie schon unterwegs? Verfolgte sie die Fürstin, war jemand hinter ihr her? War sie weit genug weg von der Temeschburg, dem Sitz dieses schrecklichen Dämonenweibes?

    Sie durfte sich derartige Gedanken nicht erlauben. Weiter musste sie, weiter, hin zum Hoia-Baciu-Wald. Nur dort durfte sie darauf hoffen, zurück zu Michael Zamis zu gelangen. Er alleine würde ihr helfen und sie beschützen.

    Juna hielt den Atem an und lauschte. Nein. Da war nichts. All die Geräusche und Berührungen waren bloß Einbildung gewesen, Ergebnisse ihrer überhitzten Fantasie.

    Kein Wunder: Während ihres Aufenthalts auf der Temeschburg hatte sie schreckliche Dinge gehört, gesehen und am eigenen Leib erfahren. Die Fürstin Bredica hatte sie gequält und mit ihrem Rohrstock mehr als einmal verprügelt, sie aber auch mit Mitgliedern einiger rumänischen Dämonensippen Bekanntschaft machen lassen.

    In der Ferne hörte sie Wasser gurgeln. Der Fluss war nicht mehr fern. Sie musste ihn durchschwimmen, um anschließend zwei Kilometer leicht ansteigendes Brachland zu queren und die Ausläufer des Hoia Baciu auf einer kleinen Hochebene zu erreichen.

    Juna aß einige Bissen vom belegten Brot, das sie in einem Beutel mit sich trug, und setzte sich wieder in Bewegung, vorsichtiger diesmal.

    Sie folgte dem Geräusch des Wasserplätscherns. Der Boden war feucht und glitschig – und er dampfte. Die Nacht war ungewöhnlich warm. Nebel stieg auf und erschwerte ihr die Orientierung noch mehr.

    Ein Laut!

    Juna blieb wie erstarrt stehen. Sie hielt den Atem an, eine halbe Minute, eine Minute, um sich nur ja nicht zu verraten.

    Erleichtert blies sie Luft aus, als sie das Geräusch ein weiteres Mal hörte. Es war bloß das Schuhuhen eines Kauzes, der irgendwo im Geäst saß.

    Erleichtert setzte sie ihren Weg fort – und rutschte weg. Ein Augenblick der Unachtsamkeit reichte, um sie in den Morast plumpsen zu lassen. Vom Schwung getragen, nahm sie Fahrt auf und glitschte einen immer steiler werdenden Abhang hinab.

    Verzweifelt versuchte Juna, sich festzuhalten. Sie schnappte nach Ästen und Wurzeln, nach Trieben und Steinen. Doch sie war zu schnell, ihre Hände zu schwach.

    Sie stieß sich an einem Baumstumpf und fühlte, wie eine Dornenranke das Fleisch ihrer Haut am Oberarm aufriss. Sie glitt auf Schlamm dahin, schneller und schneller.

    Juna fühlte sich mit einem Mal schwerelos. Sie segelte durch die Luft, überschlug sich. Klatschte mit dem Bauch voran auf – und tauchte unter.

    Der Fluss!

    Die Strömung riss sie fort, zog sie in die Tiefe hinab, spuckte sie wieder aus. Sie trieb dahin, orientierungslos und hilflos.

    Das Wasser war eisig kalt. Eine jede Bewegung schmerzte, ein jeder Atemzug fiel Juna schwer. Sie musste ans andere Ufer, rasch! Es waren doch bloß wenige Meter!

    Sie tat Schwimmbewegungen und stabilisierte ihre Körperlage, sodass sie sich orientieren konnte. Über dem Brachland lag eine dicke Nebelschicht, vom Blutmond beschienen. Der dahinterliegende Wald des Hoia Baciu war nicht zu erkennen. Sie meinte stattdessen, mehrere rotglühende Augenpaare in dieser trüben Suppe zu entdecken, die ihr aufmerksam mit Blicken folgten.

    Juna atmete flach und rasch. Die Kälte des Wassers ging ihr durch Mark und Bein. Sie bewirkte, dass ihre Gedanken träger wurden und sie kaum mehr wusste, was sie eigentlich vorgehabt hatte.

    »Ans … Ufer«, sagte sie sich selbst, vermochte aber ihr eigenes Wort kaum zu verstehen. Kein Wunder, denn der Fluss brüllte und schrie. Der Nebel vermengte sich nicht weit voraus mit feinstem Wasserstaub.

    Die Radulescu-Fälle!

    Juna erinnerte sich, vor Wochen an der steinernen Verengung dieser tückischen Wasserfälle herumgeklettert zu sein. Sie hatte minutenlang fasziniert zugesehen, wie die tosenden Massen hinabgestürzt waren, mehr als zehn Meter tief, um sich über wie Zähne hochragende Felsen zu ergießen. War sie tatsächlich schon so weit abgetrieben worden?

    Sie war so schrecklich müde – und dennoch verstärkte sie ihre Anstrengungen. Sie paddelte und strampelte und machte Schwimmbewegungen, sie tastete nach Felsen und einigen Ästen, die neben ihr dahintrieben. Selbst nach den langen Armen glitschigen Seetangs griff sie, um sich festzuhalten. Vergebens.

    Das Wasser war doch nicht einmal eineinhalb Meter tief! Dennoch wollte und wollte es Juna nicht gelingen, irgendwo Halt zu finden oder sich mit den Beinen ins Kiesbett zu stemmen. Immer lauter wurde es, immer näher kam die Wolke des Wasserstaubs, immer schneller wurde sie vorangetrieben, auf die Radulescu-Fälle zu.

    Da war Hexerei im Spiel. Die Fürstin hatte ihre Flucht entdeckt und war ihr nachgeeilt, um nun irgendwo am Rand des Flusses dabei zuzusehen, wie Juna ihrem Tod entgegentrieb. Oder? Wollte sie sich bloß nicht eingestehen, dass sie sich ungeschickt verhalten hatte und selbst Schuld an ihrer Misere trug?

    Sie wehrte sich nicht länger gegen die Strömung. Es war sinnlos, gegen derartige Kräfte anzukämpfen. Sie musste sich auf ihre eigenen Stärken konzentrieren, auf ihre ganz besondere Form der Hexenmagie.

    Juna ließ sich treiben und fand, so gut es ging, zu innerer Ruhe. Sie überlegte sich einen Wunsch. Sie musste ihren Gedanken so klar und deutlich wie möglich formulieren.

    Ich will überleben, dachte sie. Ich will nicht sterben!

    Nein. Das war viel zu allgemein gehalten. Sie benötigte eine präzise Idee. Andernfalls würde ihre Dämonenkraft nicht reichen.

    Ihre Arme und Beine waren taub, der Kopf schmerzte, und immer wieder verlor sie die Orientierung. Vor ihr verengte sich der Fluss, sie trieb schneller und schneller dahin. Ein Wirbel riss sie sekundenlang unters Wasser, und als Juna wieder hochkam, waren es keine zwanzig Meter mehr bis zu den Radulescu-Fällen.

    Ich wünsche mir, dass sich das Wasser an der Kante aufstaut und nicht länger abrinnen kann!

    Juna steckte all ihre verbliebenen Energien in diesen einen Gedanken. Doch er kam zu spät. Sie war der Kante zu nahe. Nichts konnte sie mehr retten, nichts …

    Es krachte und knirschte, und Juna fühlte einen plötzlichen Ruck. Die Strömung ließ abrupt nach. Sie prallte gegen irgendetwas, wurde von einer Welle hochgeschwappt und stürzte zurück in die eisig kalten Wassermassen.

    Alles war ruhig. Das Tosen des Wasserfalls war kaum mehr zu hören. Wogen schaukelten sie hin und her, bis auch diese Bewegungen endeten und sie nur noch einen sanften Kreiselsog spürte.

    »Ans Ufer!«, feuerte sich Juna selbst an und tat einige Schwimmbewegungen hin zum Brachland. Sie bekam Fels zu fassen und irgendein dorniges Gewächs, dessen Äste zu ihr ins Wasser reichten.

    Juna zog sich in die Höhe und scherte sich nicht darum, dass die Dornen ihre Handinnenflächen zerrissen. Sie fühlte festen Boden unter ihren Beinen und kletterte aus dem Wasser, schlotternd und mit tauben Gliedern, die ihr kaum noch gehorchen wollten.

    Rasch torkelte sie einige Schritte weg vom Fluss, umrundete faulig riechende Tümpel und ließ sich auf schlammige Erde fallen. Ihr Körper versagte, sie konnte nicht mehr weiter.

    Ein Schemen tauchte aus dem Nebel auf. Klein, aber breit gebaut, wankte die Gestalt auf sie zu. Juna war zu erschöpft, um auch nur Angst zu verspüren. Sie musste hinnehmen, was nun geschah. Da war nichts mehr, kein Jota Kraft, um sich gegen das Wesen zur Wehr zu setzen.

    Sie wollte schreien – und brachte bloß ein Krächzen hervor. Sollte ihr Gegner doch mit ihr machen, was er wollte. Sie würde ohnedies erfrieren. Es gab nichts mehr, das sie tun konnte.

    Der Unbekannte tat weitere Schritte. Er stank erbärmlich, und aus dem hässlichen Maul, das Juna in ihrer Benommenheit kaum erkennen konnte, troff Sabber.

    »Komm schon«, murmelte sie. »Ich gebe auf.«

    Die Sabberschnauze stieß mehrmals gegen ihren Leib und badete sie in Schleim.

    Die Kuh, ein hageres und fleckiges Tier, muhte laut, beutelte ihren Kopf aus und drehte sich weg von Juna. Nicht, ohne unmittelbar neben ihr zwei große, dampfende Fladen fallen zu lassen. Die Kuh tauchte wieder in die Nebelbank ein und verschwand.

    Juna hätte so gerne gelacht oder geweint oder auch nur irgendeine Regung zusammengebracht. Doch ihr fehlte selbst dafür die Kraft. Sie zitterte, ihre Zähne klapperten unkontrolliert aufeinander, ihre Sicht wurde schlechter und schlechter.

    Dampfende Fladen …

    Da war dieser eine, sonderbare Gedanke. Er konnte ihr nur jetzt kommen, in dieser Situation.

    Juna zog mit klammen Fingern ihr nasses Gewand vom Leib und rollte sich zur Seite. Sie wälzte sich in der Kuhscheiße. In einem warmen und stinkenden Brei, bis sie von oben

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