Brennende Galgen: Wyatt Earp 140 – Western
Von William Mark und Mark William
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Drei Tage waren seit der Flucht Capucines aus Camp Masadona vergangen.
Am Stadtrand von Yellow Jacket lehnte ein baumlanger Mann an einem Vorbaupfeiler. Er hatte die Beine übereinandergeschlagen und blickte unter halbgesenkten Lidern in die Prärie hinaus, in die sich die Zwillingsspur zahlloser Wagenreifen wie eine Doppelschlange mit vielen Windungen zog.
Der Mann trug ein verwaschen-blaues kragenloses Hemd, eine braune, ärmellose abgewetzte Lederweste und eine braune Levishose, die unten in den Schäften der hohen Stiefel steckte. Quer um die Hüfte lief ein Riemen, an dem tief über dem linken Oberschenkel in einem offenen Halfter ein schwerer Revolver hing.
Der Mann hatte ein längliches Gesicht mit einem fliehenden Kinn. Seine Augen, die zu nahe bei der Nase zu liegen schienen, waren graublau. Die Nase war kräftig ausgeprägt und an ihrem unteren Ende etwas nach links gebogen. Die aufgeworfenen Lippen paßten zu diesem Gesicht eines Menschen, der brutal und feige war. Besonders auffällig waren die übergroßen Ohren, die oben von der Krempe des Hutes heruntergedrückt wurden und deren Läppchen dem Mann fast bis auf die hochgezogenen Schultern hingen.
Es war aber etwas an diesem Manne, das ganz und gar nicht zu ihm passen wollte: links auf seiner abgeschabten Weste trug er einen großen fünfzackigen Stern. Der Mann war Rock Tancred, der Sheriff von Yellow Jacket.
Der Blick des Sheriffs ging nicht etwa ins Wesenlose. Denn hinten in der Ferne auf der schmalen Fahrstraße, die nach Süden führte, bewegten sich zwei Punkte, die unablässig auf und ab zu tanzen schienen.
Es waren zwei Reiter.
Sie hatten vor wenigen Minuten die
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Brennende Galgen - William Mark
Wyatt Earp –140–
Brennende Galgen
William Mark
Drei Tage waren seit der Flucht Capucines aus Camp Masadona vergangen.
Am Stadtrand von Yellow Jacket lehnte ein baumlanger Mann an einem Vorbaupfeiler. Er hatte die Beine übereinandergeschlagen und blickte unter halbgesenkten Lidern in die Prärie hinaus, in die sich die Zwillingsspur zahlloser Wagenreifen wie eine Doppelschlange mit vielen Windungen zog.
Der Mann trug ein verwaschen-blaues kragenloses Hemd, eine braune, ärmellose abgewetzte Lederweste und eine braune Levishose, die unten in den Schäften der hohen Stiefel steckte. Quer um die Hüfte lief ein Riemen, an dem tief über dem linken Oberschenkel in einem offenen Halfter ein schwerer Revolver hing.
Der Mann hatte ein längliches Gesicht mit einem fliehenden Kinn. Seine Augen, die zu nahe bei der Nase zu liegen schienen, waren graublau. Die Nase war kräftig ausgeprägt und an ihrem unteren Ende etwas nach links gebogen. Die aufgeworfenen Lippen paßten zu diesem Gesicht eines Menschen, der brutal und feige war. Besonders auffällig waren die übergroßen Ohren, die oben von der Krempe des Hutes heruntergedrückt wurden und deren Läppchen dem Mann fast bis auf die hochgezogenen Schultern hingen.
Es war aber etwas an diesem Manne, das ganz und gar nicht zu ihm passen wollte: links auf seiner abgeschabten Weste trug er einen großen fünfzackigen Stern. Der Mann war Rock Tancred, der Sheriff von Yellow Jacket.
Der Blick des Sheriffs ging nicht etwa ins Wesenlose. Denn hinten in der Ferne auf der schmalen Fahrstraße, die nach Süden führte, bewegten sich zwei Punkte, die unablässig auf und ab zu tanzen schienen.
Es waren zwei Reiter.
Sie hatten vor wenigen Minuten die Mainstreet von Yellow Jacket passiert.
Rock Tancred hatte gerade in Baldwins Saloon an der Theke gestanden, als er durch die nicht eben sehr sauberen Fenster der Schenke die beiden Männer hatte vorüberreiten sehen. Und er war zusammengezuckt, als er die beiden Männer erkannt hatte.
Jawohl, er hatte sie erkannt, obgleich sieben Jahre verstrichen waren, seit er ihnen begegnet war!
Das war damals drüben im Nachbarstaat Kansas gewesen, und zwar in Dodge City.
Der eine der beiden Reiter war ein hochgewachsener Mann mit breiten weitausladenden Schultern, markant-männlich geschnittenem tiefbraunem Gesicht und dunkelblauen langbewimperten Augen. Unter der breiten Krempe seines flachkronigen Hutes blickte volles blauschwarzes Haar hervor. Er trug ein graues Kattunhemd und eine ärmellose schwarze Boleroweste, dazu eine schwarze enganliegende Levishose, die unten über die Schäfte der hochhackigen Texasboots auslief. Um die Hüften hatte er einen breiten büffelledernen Waffengurt geschnallt, der zwei große fünfundvierziger Revolver in den Halftern hielt. Der Mann saß auf einem hochbeinigen Falbhengst, dessen Mähnen- und Schwanzhaar schwarz war.
Obgleich nichts Auffälliges an ihm zu sein schien, gab es doch im ganzen Westen von den Eisbergen Montanas bis hinunter an die Küste von Texas, und von den Ufern des Missouri bis hinüber nach Kalifornien keinen Cowboy und keinen Rancher, keinen Richter und keinen Banditen, keinen Greis und keinen Jungen, der den Namen dieses Mannes nicht gekannt hätte: es war Wyatt Earp.
Neben dem berühmten Marshal ritt auf einem Rapphengst, der ebenfalls von edler Zucht war, ein Mann, dessen Äußeres ganz anders geartet war. Er trug einen schwarzen Anzug, der nach der neuesten Bostoner Mode geschnitten war, ein weißes Rüschenhemd und eine exakt gebundene schwarze Samtschleife. Die weinrote Weste unterstrich die Eleganz dieses Mannes ebenso wie der neue schwarze Stetsonhut. Er hatte ein aristokratisch geschnittenes kluges Gesicht, das von einem eisblauen Augenpaar beherrscht wurde. Wer einmal in dieses Gesicht gesehen hatte, konnte es so schnell nicht wieder vergessen. Dieser Mann war der gefürchtetste Revolverschütze und größte Gambler, den es je im weiten Westen gegeben hatte. Sein Name war kaum weniger bekannt als der des Missouriers: es war Doc Holliday.
Der Missourier und der Georgier waren nach der Flucht Capucines auf dem direkten Weg vom Green River hinunter nach Süden geritten, da sie befürchten mußten, daß sich der gefährliche Galgenmann nach Tombstone begeben hatte. Bisher war es dem Marshal allerdings trotz sorgfältigster Suche nicht gelungen, irgendwo auf die Spur des flüchtigen Sträflings zu stoßen.
Lazaro Capucine, der stellvertretende Anführer der Galgenmännerbande, war vor Monaten zu lebenslänglicher Zwangslagerhaft im berüchtigten Camp Masadona verurteilt worden. Auf waghalsige Weise war es dem Verbrecher gelungen, aus dem schwerbefestigten Camp zu entkommen. Leider hatte der Marshal ihn daran nicht hindern können, denn die kopflosen Lagerbewacher und ihr Kommandant, hatten ihn selbst für einen Galgenmann gehalten, der nur ins Lager gekommen sei, um Capucine zu befreien.
In dem allgemeinen Tumult gelang dem Desperado der Ausbruch. Er sprang hoch oben vom Wachturm hinunter in die Fluten des Green-River-Creek. Und die Nacht war sein Bundesgenosse gewesen, hatte einen Mantel über diese Flucht gebreitet, so daß es dem Missourier nicht gelungen war, Capucines Fährte aufzuspüren.
Was niemand für möglich gehalten hätte, war eingetreten: dem gefährlichsten Galgenmann war die Flucht geglückt. Er befand sich wieder auf freiem Fuß.
Wyatt Earp beschloß noch am gleichen Tag, die Suche nach der Fährte aufzugeben und sich statt dessen schleunigst auf den Heimweg zu machen, da zu erwarten stand, daß Laz Capucine nach Süden reiten würde. Denn immer noch betrachteten die Galgenmänner Tombstone als das Zentrum des Gegners, und deshalb hatte Wyatt Earp ja den riesigen Texaner Luke Short in Tombstone als Sheriff eingesetzt.
Tancred wußte bereits von Capucines Flucht; wie jeder Sheriff in der Umgebung, so hatte auch er die Drahtnachricht schon in den frühen Morgenstunden erhalten.
Der Anblick der beiden Männer, die da vorübergeritten waren, hatte ihn in einen nicht gelinden Schrecken versetzt, denn es war ein unseliger Tag gewesen, an dem er den beiden seinerzeit in Dodge City begegnet war.
Tancred hatte zusammen mit seinem Partner Hillary im Long Branch Saloon gegen Bliff Cardwyk und Jonny Orges einen Head-Poker gespielt, bei dem es nicht ganz sauber zugegangen war, denn Tancreds Partner hatte dafür gesorgt, daß Tancred die beiden anderen »ausspielen« konnte. Das hatten sich Porges und sein Partner wiederum nicht bieten lassen, und augenblicklich war die Schießerei im Gange gewesen.
Keine volle Minute nach dem ersten Schuß tauchte der Marshal im Eingang des Saloons auf, und damit war die Schießerei beendet. Aber Tancred hatte seinen Verlust nicht verwinden können und war einfältig genug gewesen, nach Einbruch der Dunkelheit aus dem Hinterhalt einen Revolverschuß auf den Marshal abzugeben.
Er verfehlte jedoch sein Ziel, da der Missourier das Klicken des Revolverhahns bemerkt hatte. Der damals siebzehnjährige Rocky Tancred war mit einer kräftigen Tracht Prügel gnädig davongekommen. Sehr ungern erinnerte sich der heutige Deputy-Sheriff Tancred dieses Tages.
Yellow Jacket hatte kein eigenes Sheriffsamt, und deshalb war der Mann, der hier den Stern trug, dem vierzehn Meilen weiter südwestlich liegenden Cortez unterstellt. Tancred hatte den Job auf nicht ganz saubere Weise bekommen. Er hielt sich bereits seit fünf Jahren in der Stadt auf und hatte es von vornherein darauf abgesehen, den Stern zu bekommen. Aber erst in diesem Frühjahr war es ihm gelungen, nachdem er einige wichtige Männer aus dem Bürgerrat hatte unter Druck setzen können. Innerhalb eines halben Jahrzehnts hatte der Outlaw es geschafft, von jedem dieser Männer etwas in Erfahrung zu bringen, das sie veranlaßte, ihre Stimme für ihn abzugeben.
Daß er sich damit nicht gerade Freunde gemacht hatte, interessierte Tancred wenig, für ihn war nur eines wichtig: Er trug jetzt den Stern!
Es war nicht nur der düstere Tag von Dodge City, der seinen Weg beschattete; Tancred hatte sich auch noch andere Dinge zuschulden kommen lassen, die ihn normalerweise vom Besitz eines Sheriffssterns ausgeschlossen hätten. Als er vorhin die beiden Reiter vorüberkommen sah, war der Schreck ihm brennend ins Gedärm gefahren. Er hatte einen doppelstöckigen Brandy hinunterkippen müssen, ehe er den Schankraum durch die Hoftür verließ.
Verdutzt hatte der Wirt ihm hinterdrein gesehen. Da er den Blick des Sheriffs aufgefangen hatte, war dann gleich auf den Vorbau hinausgelaufen, um den beiden Reitern nachzublicken. Aber Baldwin hatte nichts Besonderes an ihnen finden können und war kopfschüttelnd in die Schenke zurückgekommen.
Der alte Atkins, der an der Theke gelehnt hatte und sich den Schnauzbart zwirbelte, sah den Wirt fragend an.
»Na, wer war denn das?«
»Keine Ahnung. Zwei Männer, ich kenne sie nicht. Wahrscheinlich hat unser prächtiger Hilfssheriff doch mehr Dreck am Stecken, als wir ahnen…«
Tancred hatte den Hof der Bar verlassen und war durch den anschließenden Mietstall auf eine Quergasse gekommen, die er mit raschen Schritten bis zur Einmündung in die Mainstreet durchmaß.
Die beiden Reiter hatten schon den Ausgang der kleinen Stadt Yellow Jacket erreicht. Tancred schob sich den Hut aus der Stirn, um sich mit dem haarigen Handrücken die winzigen Schweißperlen von seiner Stirn zu wissen.
Dann lehnte er auf dem Vorbau des letzten Hauses, das dem Schuhmacher Hanel gehörte, an einem Dachpfeiler und blickte hinter den beiden her.
Alois Hanel, der aus einem Bergdorf im fernen Tirol stammte, saß währenddessen hinter einem Fenster auf seinem Hocker und hatte über das eiserne Dreibein einen alten Frauenschuh gezogen, um ihm eine neue Sohle zu