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Dirty Little Lies - Little Things Band 1
Dirty Little Lies - Little Things Band 1
Dirty Little Lies - Little Things Band 1
eBook328 Seiten4 Stunden

Dirty Little Lies - Little Things Band 1

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Über dieses E-Book

Lügen haben kurze Beine, doch manchmal haben sie einen verdammt langen Atem.

Amy Kingston und Rhysand MacMillan gelten seit der Highschool als das Traumpaar ihrer Clique, dabei konnten sie sich anfangs nicht einmal ausstehen. Fünf Jahre nach ihrem Abschluss sind sie verlobt und die Hochzeitsvorbereitungen laufen auf Hochtouren. Aber Verrat, Misstrauen und Eifersucht reißen die beiden auseinander, bevor sie vor den Traualtar treten und sich das Ja-Wort geben können.

Während Amy verzweifelt versucht, ihre Beziehung zu retten, ist Rhys am Boden zerstört, weil er glaubt, die Frau, die er liebt, hätte ihn heimtückisch hintergangen. Als er schließlich die Wahrheit herausfindet, scheint es für ein Happy End jedoch zu spät zu sein, denn Amy hat die Stadt verlassen und Rhys keine Ahnung, wo er mit seiner Suche nach ihr ansetzen soll ...

SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum2. Apr. 2024
ISBN9783964151285
Dirty Little Lies - Little Things Band 1
Autor

Melanie Thorn

Melanie Thorn ist das, was man eine Tagträumerin nennt. Eigentlich ist es ein Wunder, dass sie noch nicht "unter die Räder" gekommen ist, denn sie hat die Angewohnheit, während des Einkaufens oder Spazierengehens ihren Gedanken vollkommen freien Lauf zu lassen, ohne auf ihre Umgebung zu achten. Dabei denkt sie sich immer wieder neue Geschichten aus, die sie in einem dicken Notizbuch festhält. "Obsession: Von dir besessen" war die erste Geschichte, die es aus Melanies Notizbuch herausgeschafft hat, veröffentlicht wurde und sogar Bestsellerstatus auf Amazon erreicht hat. Mittlerweile hat sie auch "Seduction: Von dir verführt" und "Dedication: Von dir gezähmt" veröffentlicht. Aktuell arbeitet sie an ihrer neuen Reihe "Secret Society".

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    Buchvorschau

    Dirty Little Lies - Little Things Band 1 - Melanie Thorn

    Vorwort

    Liebe/r Leser/in,

    vielen Dank, dass Du Dich für mein Buch entschieden hast. Ich wünsche Dir viel Spaß und gute Unterhaltung mit »Dirty Little Lies«. Bevor Du Dich jedoch in die Geschichte stürzt, habe ich noch ein kleines Anliegen.

    Alle Autoren brauchen Feedback zu ihren Geschichten. Deswegen würde ich mich sehr freuen, von Dir zu hören, wie Dir dieses Buch gefallen hat. Bewertungen helfen Lesern dabei, neue Bücher zu entdecken, vielleicht auch dieses.

    Falls Du mich kontaktieren möchtest, findest Du mich unter: https://www.facebook.com/MelanieThornAutorin/ und https://www.instagram.com/melanie.thorn.autorin/.

    Hinterlasse ein »Like« auf meiner Autorenseite, dann bleibst Du auf dem Laufenden und verpasst keine meiner Ankündigungen und Neuerscheinungen.

    Ich freue mich auf Dein Feedback!

    Alles Liebe

    Deine Melanie Thorn

    Prolog

    Fünf Jahre zuvor

    Amy

    »W as soll’s für dich sein, Herzchen?«, erkundigte sich Mrs. Marshall mit einem Lächeln bei mir. Sie war eine der Servicekräfte, die in der Cafeteria das Essen an die Schüler austeilten. Und egal, wie mies mein Tag verlief, sobald es Zeit für die Lunchpause war, sorgte sie mit ihrer herzlich mütterlichen Fürsorge stets dafür, dass es mir besser ging. Vielleicht lag es aber auch daran, dass sie immer einen ihrer Blaubeermuffins für mich zurücklegte, von denen es niemals genug für alle zu geben schien. Obwohl ich ja die Vermutung hatte, dass die ganzen Jocks einen Großteil der Muffins abstaubten, noch bevor diese es von den Backblechen in die Auslagen schafften.

    Keine Ahnung, wie sie es anstellten – und Beweise hatte ich auch keine –, aber ich traute es ihnen zu, sich heimlich in die Küche zu schleichen und gleich mehrere Dutzend der fluffig saftigen Kuchen zu klauen. Für uns Normalos blieben in der regulären Lunchpause dann jedes Mal nur die kümmerlichen Reste, sofern sie denn welche übrig ließen.

    Wahrscheinlich glaubte der Haufen Jocks, die Muffins stünden ihnen zu, weil sie mit ihren sportlichen Leistungen zum guten Ruf der Highschool beitrugen. Was für Idioten, als wären sie der Nabel der Welt und alles drehte sich nur um sie.

    Aber so lief das nun mal an einer Highschool, vollkommen egal, ob es sich dabei um eine staatliche oder um eine prestigeträchtige private handelte wie die Blue Archer Academy. In jeder Schule gab es die angesagten coolen Kids, zu denen vor allem die Sportler und Cheerleader zählten, und die besonders cleveren Kids, die Intelligenzbestien und Lehrerlieblinge, die regelmäßig irgendwelche Auszeichnungen einfuhren, und daneben den Rest, der irgendwie versuchte, den nervenaufreibenden Schulalltag zu überstehen. Und ich gehörte definitiv nicht in die ersten beiden Kategorien.

    Meine Noten waren okay, oberes Drittel, würde ich sagen, aber keineswegs überdurchschnittlich oder gar nerdverdächtig. Im Sport war ich eine Niete, weswegen Cheerleading oder Leichtathletik als nebenunterrichtliche Aktivitäten für mich nicht infrage kamen. Dabei würde ich mir wahrscheinlich jeden einzelnen Knochen im Körper brechen. Dafür liebte ich die weitaus weniger populären Kochkurse bei Mrs. Rogers, die mich eifrig in meinem Entschluss bestärkte, nach der Highschool auf das Culinary Institute NY zu gehen. Ich war kein auffälliges Emo-Girl, kein Tech-Freak und besaß null schauspielerisches Talent, weswegen ich den Theaterkurs nicht belegen konnte und stattdessen das Schulorchester gewählt hatte, wo ich – was wohl niemanden überraschte – lediglich an den richtigen Stellen auf die Pauke hauen musste.

    Nicht angesagt.

    Nicht überragend intelligent.

    Ich war einfach nur stinknormaler Durchschnitt. Und das war an den meisten Tagen auch vollkommen okay.

    Mein Blick schweifte von einer geduldig wartenden Mrs. Marshall zur Auslage vor mir. Hm, was sollte es sein? Mit gerunzelter Stirn betrachtete ich den Inhalt der einzelnen Thermobehälter in der verglasten Theke. »Ich nehme heute nur einen kleinen Salat ohne Dressing.«

    Mrs. Marshall zog die dicken grauen Augenbrauen zusammen und sah mich mit ihren warmen braunen Augen zweifelnd an. »Bist du dir sicher?«

    Ich zuckte mit den Schultern und versuchte, nicht zu auffällig in Richtung des cremigen Chicken Currys mit gebratenem Reis zu linsen, dessen würziger Duft meinen Magen laut knurren ließ. »Ich glaub schon?«

    »Und ich glaube, du nimmst dir in letzter Zeit die wenig einfallsreichen Kommentare der Sportidioten zu sehr zu Herzen.«

    Es war erfrischend, dass sich zur Abwechslung jemand auf meine Seite schlug. Normalerweise fand ich mich den ganzen »Sportidioten« … nein, eigentlich nur Rhysand MacMillan und seiner Clique, die hauptsächlich aus Sportlern bestand, allein gegenüber, meistens jedenfalls. Oh, und nicht zu vergessen der Horde Lemminge, die ihnen blindlings folgten und mir nicht mal im Traum beistehen würden. Weil ich mich erdreistete, mir von Rhys und seinen Minions nicht alles gefallen zu lassen, auch wenn mir dabei jedes Mal das Herz bis zum Hals schlug, aus Angst, sie könnten bemerken, dass ich nicht so abgebrüht war, wie ich mich nach außen hin gab.

    Fressen oder gefressen werden. Was im Tierreich zutraf, galt auch für die Blue Archer. Und wer Angst zeigte, wurde ohne Gnade gefressen. Nur wer sich behauptete, überlebte am Ende die Highschool unversehrt. Na ja, zum größten Teil unversehrt und mit etwas Glück, ohne einen Psychotherapeuten aufsuchen zu müssen.

    »Lassen Sie das bloß niemanden hören, sonst sind Sie die Nächste, die von ihnen geprankt wird«, gab ich mit einem breiten Grinsen zurück.

    »Haben sie dir etwa schon wieder einen Streich gespielt?« Die Furchen auf Mrs. Marshalls Stirn vertieften sich, als sie nach einem Teller griff und eine großzügige Portion Chicken Curry mit Reis auftat. Mein sehnsüchtiger Blick hatte ihr wohl die Antwort gegeben, auf die sie gewartet hatte. Scheiß auf Salat, ich hatte ohnehin mächtigen Hunger, nachdem ich heute Morgen zu spät aufgestanden war und das Frühstück verpasst hatte. »Was war es dieses Mal? Haben sie deine Spindtür zugeklebt? Oder haben sie dich wieder stundenlang in der Umkleidekabine der Jungen eingesperrt? Gott, da drin muss es fürchterlich riechen, wie in einem Pumakäfig. Wenn sie Zahnpasta auf die Türgriffe deines Autos geschmiert haben, dann kann ich dir ein erstklassiges Reinigungsmittel geben. Das ist ein Geheimrezept meines Mannes, das hinterlässt keine Schäden am Lack, sollte die Zahnpasta zu stark angetrocknet sein. Das hilft sogar bei Markerfarbe. O nein …« Sie hielt abrupt inne, die Greifzange in ihrer Hand schwebte über dem Behälter mit dem Krautsalat, der noch auf dem Teller fehlte, um die Mahlzeit zu vervollständigen. Ihre Miene schwankte irgendwo zwischen Mitgefühl und Ekel. »… sag bloß nicht, sie haben dir wieder benutzte Kondome in den Spind getan. Diese Ferkel …«

    Ich seufzte bei der Erinnerung an diese »Überraschung«, die vor gut einem Monat in meinem Spind auf mich gewartet hatte. Um sie zu entfernen, hatte ich mir vom Hausmeister eine dieser langen Greifzangen, mit denen man Müll vom Boden aufsammelte, und einen Müllsack besorgen müssen. Und dann hatte gefühlt die halbe Schule im Gang hinter mir gestanden, zugesehen und meine Anstrengungen, die unzähligen benutzten Lümmeltüten aus meinem Spind zu klauben, feixend kommentiert und Videos davon aufgenommen.

    Manchmal hasste ich es, in einer Zeit aufzuwachsen, in der jeder ständig ein technisches Spielzeug parat hatte, um allen möglichen Scheiß damit zu dokumentieren – Handy, Tablet … ein paar der Highschool-Tech-Freaks liefen sogar mit Body-Cams durch die Gegend. Schräger ging es kaum.

    »Nein, dieses Mal waren sie kreativer. Sie haben gestern, als ich nach dem Sportunterricht unter der Dusche stand, meine Schuluniform und meine Sportsachen zerschnitten, sodass ich mir für die restlichen Stunden Hollys Ersatzoutfit borgen musste. Schließlich konnte ich nicht nur in ein nasses Handtuch gewickelt im Unterricht sitzen.«

    »Von der kleinen Holly Bennett?« Mrs. Marshalls Brauen hoben sich beinahe bis an den Rand des Haarnetzes, das sie auf dem Kopf trug, und ihre Augen wirkten, als würden sie jeden Moment aus ihren Höhlen ploppen.

    Mir war vollauf bewusst, warum sie so überrascht reagierte. Holly war nicht nur kleiner als ich, sondern auch schmaler. Die Sporthose, die bei ihr einfach nur kurz war, war an meinem Körper zu hautengen Hotpants geschrumpft. Denn ich entsprach im Gegensatz zu ihr nicht dem aktuellen Schönheitsideal – von wegen zierliche Figur, winziger Arsch und keine Tittchen wie Schneewittchen. Ich war zwar schlank, hatte aber dennoch stattliche weibliche Rundungen, die ich gestern ungewollt der gesamten Schule in zu engen Shorts und einem enganliegenden Shirt präsentiert hatte.

    Mrs. Marshall reichte mir den Teller mit dem Chicken Curry und zwinkerte mir zu. »Ich könnte wetten, den Jungs sind bei deinem Anblick fast die Augen aus dem Kopf gefallen. Hat der Übeltäter denn wenigstens seine verdiente Strafe bekommen? Das hat der Dekan doch bestimmt nicht durchgehen lassen.«

    Ich schüttelte den Kopf. »In den Umkleiden gibt es keine Kameras, also kann auch nicht nachgewiesen werden, wer von ihnen meine Sachen zerschnitten hat.«

    »Das ist schade. Ich hätte ihnen drei Monate Nachsitzen gegönnt.«

    Nicht nur sie. Ich hätte ihnen sogar Nachsitzen für den Rest des Schuljahres gegönnt, zusätzlich zu meiner Rache, von der ich noch nicht genau wusste, wie sie dieses Mal ausfallen würde. Aber irgendetwas würde mir sicherlich einfallen, und wenn es nur das gute alte Juckpulver in ihrer Sportausrüstung war.

    Der Anblick, wie sie beim letzten Einsatz dieser simplen, aber effizienten Wunderwaffe auf dem Football-Feld und der Eisfläche herumgetänzelt waren wie Ballerinas und sich gemeinschaftlich die Ärsche und Eier gekratzt hatten, an die sie wegen der ganzen Schutzkleidung nicht richtig rangekommen waren, war episch gewesen. Irgendwer hatte davon sogar Aufnahmen gemacht und sie in der Schule herumgeschickt, und zur Abwechslung waren es mal die ständig bejubelten Sportler gewesen, über die lauthals gelacht wurde. Schade nur, dass ich MacMillan mit der Juckpulver-Attacke nicht erwischt hatte, denn er war der Einzige von ihnen, der weder im Football- noch im Eishockey-Team war.

    Mrs. Marshall griff unter die Küchentheke und ich ahnte, was sie mir gleich geben würde. Dann lehnte sie sich über die Wärmebehälter hinweg und setzte einen Muffin auf mein Tablett. Der kleine Kuchen war mit so vielen Blaubeeren gespickt, dass der fluffige Teig einen dunklen Beerenton angenommen hatte. »Dafür hast du dir deinen Muffin mehr als verdient.«

    »Sie sind ein Engel, Mrs. Marshall. Vielen Dank!«

    »Ganz sicher nicht dafür, Herzchen. Es macht mir einfach Freude, dir ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern.«

    »Ich möchte den Seehecht mit Spinat im Teigmantel«, erklang Kelly Sturges’ glockenhelle Stimme neben mir und ich beeilte mich, von der Essensausgabe wegzukommen. Denn wo auch immer sie war, waren Rhysand MacMillan und sein Gefolge nicht weit entfernt.

    Kelly war nicht nur die Headcheerleaderin, die mit ihrem stets perfekt gestylten Barbiepuppen-Look jedes über Cheerleader bekannte Klischee erfüllte, sie gehörte auch zu Rhys’ engstem Freundeskreis. Und mit dem setzte ich mich nur auseinander, wenn ich es unbedingt musste – vorzugsweise nicht während meiner Lunchpause.

    »Und ich hätte gerne einen großen Salat und dazu einen Blaubeermuffin«, erklang Cajas Stimme hinter mir, als ich mir einen Apfelsaft auf das Tablett stellte und mich an der Schlange vor der Kasse einreihte.

    Caja und Kelly waren wie Siamesische Zwillinge, nur dass sie nicht an irgendeiner Stelle zusammengewachsen waren. Sie machten wirklich alles zusammen. Wenn mir irgendjemand erzählen würde, er hätte die beiden zusammen auf ein und derselben Toilette beim gemeinsamen Pippimachen beobachtet, ich würde demjenigen sofort glauben.

    »Tut mir leid, Blaubeermuffins sind aus.« Mrs. Marshalls Worte ließen meine Mundwinkel zucken. Gott, wie ich diese kleinen Fügungen des Schicksals liebte.

    Ich bezahlte für mein Essen, steckte das Wechselgeld in meine Hosentasche und nahm das Tablett wieder auf. Suchend sah ich mich nach Holly und Serena um, die einzigen beiden Mädchen an dieser Schule, mit denen ich mich nach meinem Wechsel an die Blue Archer vor nicht ganz drei Monaten angefreundet hatte. Es war schade, dass wir so wenige gemeinsame Kurse hatten, weswegen wir uns meist nur vor oder nach der Schule und in den langen Pausen treffen konnten.

    Holly winkte mir freudestrahlend von einem der Tische zu, dass die honigblonden Korkenzieherlocken um ihren Kopf auf und ab hüpften, und ich bewegte mich in ihre Richtung. Ich kam keine fünf Meter weit, als sich mir mein persönlicher Albtraum in den Weg stellte – Rhysand MacMillan. Groß, schwarzhaarig, breite Schultern, Team Captain des Blue Archer Schwimmteams, beliebtester Schüler – keine Ahnung, wie er das geschafft hatte – und Schwarm von geschätzt siebzig Prozent der weiblichen Schülerschaft. Alle anderen, mich natürlich ausgeschlossen, waren verrückt nach seinen Freunden Owen, Jordan, Vincent, Steve und Brent.

    »Wen haben wir denn hier? Miss Hotpants.« Rhys bedachte mich mit einem abschätzigen Blick, wie er es in den letzten Wochen schon so oft getan hatte. Nein, dieses Mal war er nicht abschätzig, eher neugierig und … interessiert? »Bist du heute wieder in deinem üblichen Schlabberlook unterwegs? Die Klamotten sind dir doch locker zwei Nummern zu groß. Verstößt das nicht sogar gegen die Kleiderordnung?«

    Die weiße Bluse, die ich trug, war sogar drei Nummern zu groß, und ich hatte sie aus gutem Grund ausgewählt. Der Grund, der allen, die mich gestern in Hollys hautengem Sportoutfit gesehen hatten, deutlich vor Augen geführt worden war. Sie kaschierte meine üppige Oberweite und meinen runden Hintern. Denn lieber wurde ich keines Blickes gewürdigt, weil ich wegen meiner weiten Klamotten stämmiger wirkte, als ich es tatsächlich war, als dass mir alle ständig auf die Möpse und den Hintern glotzten und dämliche Sprüche rissen.

    »Stimmt.« Vincent positionierte sich neben ihm und musterte mich mit einem anzüglichen Grinsen von oben bis unten. Er war das »helle« Pendant zu seinem Freund, womit ich nicht meinte, dass er cleverer war als MacMillan. Rhys war eher der düstere, geheimnisvolle Typ und Vince wirkte mit seinen blonden, etwas zu langen Haaren wie ein Kalifornischer Beach Boy. »Bis gestern hätte ich auch nicht gedacht, dass sich unter all den unförmigen, sackähnlichen Outfits so ein heißes Gestell befindet.«

    Rhys bedachte seinen Freund mit einem missbilligenden Seitenblick, als würde ihm dessen Kommentar nicht gefallen. Vielleicht irrte ich mich auch und ihm gefiel nur nicht, dass Vincent ihm mit seinem idiotischen Spruch zuvorgekommen war.

    »Wir wissen doch alle, dass denken nicht unbedingt zu deinen Stärken gehört, Vince. Deine Stärken liegen eher auf einem anderen Gebiet. Gibt es eigentlich irgendein Cheerleader, dem du noch nicht nachgestiegen bist?«, erwiderte ich mit einem zuckersüßen Lächeln. »Und nein, meine Sachen verstoßen nicht gegen den Dresscode der Schule. Ich trage dunkle Hosen, eine weiße Bluse und Schulkrawatte, wie es die Kleiderordnung vorgibt. Es steht nichts darüber in den Richtlinien, dass die Sachen enganliegend sein müssen.« Ich neigte mich ein wenig vor und sah über den Rand des Tabletts in meinen Händen hinweg bedeutungsvoll auf ihre unteren Körperhälften. »Auf enganliegend solltet ihr vielleicht auch besser verzichten, dann klappt das mit der Blutzirkulation besser und es erreicht hin und wieder das Hirn, um es mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen.«

    Zwei Jungs am Tisch neben uns prusteten vor Lachen und lenkten damit Rhys’ und Vince’ Aufmerksamkeit auf sich. Wenn Blicke töten könnten, wäre die Blue Archer jetzt um zwei schmächtige Nerds ärmer.

    Ich nutzte den Moment, in dem Rhys und Vincent damit beschäftigt waren, die beiden anderen Jungs mit wütenden Blicken niederzustarren, und machte einen Schritt zur Seite, um an ihnen vorbeizugehen. Doch so einfach wollten sie mich offenbar nicht entkommen lassen, denn sie stellten sich mir erneut in den Weg, was die Aufmerksamkeit weiterer Schüler in der unmittelbaren Umgebung auf sich zog. All die Blicke, die auf mich gerichtet waren – und sicherlich auch ein paar Handykameras. Ich hasste das, dieses Starren, das Wispern und Kichern, offen und hinter vorgehaltener Hand, sie alle warteten gespannt darauf, ob und in welcher Form Rhys und Vince mich vor aller Augen demütigen würden.

    »Hey, hey, hey, Firecracker, nicht so eilig.« Rhys hielt mich am Ellenbogen fest. »Ich will mit dir reden.«

    Firecracker? Der Spitzname war neu. Bisher hatten MacMillan und sein Gefolge mich wegen meiner kaum zu bändigenden Merida-Lockenmähne immer ganz einfallslos Rotkäppchen genannt.

    »Ich will aber nicht mit dir reden.« Ich trat einen Schritt zurück, damit er mich losließ, und versicherte mich mit einem schnellen Schulterblick, dass sich nicht noch mehr von seinen Anhängern hinter mir postiert hatten. »Ich will einfach nur mein Lunch essen, meine Mittagspause und die Gesellschaft meiner Freunde genießen. Zu denen weder du …« Für einen Moment verlor ich mich in Rhys’ eisblauen Augen, ehe ich mich blinzelnd zusammenriss und von ihm zu Vince sah. »… noch Birdbrain hier gehören.«

    »Hast du mich gerade Birdbrain genannt?«, empörte sich Vincent.

    »Ja, hat sie.« Rhys nickte amüsiert. Es war frustrierend, wie viel Spaß ihm unser kleiner Schlagabtausch zu machen schien. Sollte er nicht viel eher verärgert oder irritiert reagieren? Schließlich hatte ich ihn und seinen best Buddy gerade beleidigt, was normalerweise wie ein rotes Tuch wirkte, das man vor den Augen eines Bullen hin und her schwenkte.

    Stattdessen nickte er lediglich in Richtung des Tisches, an dem sich der Rest seiner Clique bereits versammelt hatte. »Geh schon mal vor, Vince, ich komme gleich nach.« Sein Freund trottete nach einem letzten grimmigen Blick in meine Richtung zu ihrem Tisch und Rhys wandte seine volle Aufmerksamkeit wieder mir zu.

    Ich könnte wetten, dieses gewinnende Lächeln, mit dem er mich gerade bedachte, war das gleiche, mit dem er es auch schaffte, dass all die Mädchen ihre Höschen für ihn fallen ließen. Und plötzlich verstand ich sie – zumindest ansatzweise –, denn dieses verdammte Lächeln sorgte auch bei mir für ein klitzekleines bisschen Bauchkribbeln, das ich mir nicht erklären konnte. Bisher hatte ich doch auch keine Probleme damit gehabt, ihn kacke zu finden. Lag es daran, dass Rhys mich anders ansah als sonst?

    »Okay, Amy, was muss ich tun, damit du mir für ein paar Minuten zuhörst? Ohne dass du mir gleich die Augen auskratzen und mich über einem offenen Feuer rösten willst. Irgendwie scheinen wir uns immer gegenseitig auf dem falschen Fuß zu erwischen. Und ich denke, das sollten wir ändern.«

    »Nein, das sollten wir nicht.« Würde ich nicht das Tablett mit beiden Händen halten, hätte ich in diesem Augenblick meine Arme vor der Brust verschränkt, um meine abwehrende Haltung deutlich zu machen.

    »Dir ist schon klar, dass ich versuche, nett zu dir zu sein?«

    »Du glaubst ernsthaft, ein abwertender Kommentar über meinen Look …« Ich sah mich bedeutungsvoll in der vollbesetzten, lichtdurchfluteten Cafeteria um. »… vor praktisch der gesamten Schule empfinde ich als nett?«

    Rhys sah sich verwundert um, als würde ihm erst jetzt bewusstwerden, dass wir jede Menge Zuschauer und -hörer hatten. War er bereits so sehr daran gewöhnt, ständig von einer Traube Menschen umschwärmt und hofiert zu werden, dass er sie nicht einmal mehr wahrnahm?

    Er fuhr sich seufzend mit einer Hand durchs Haar. »So war das nicht gemeint …«

    »Verstehe, es ist dir nur schon in Fleisch und Blut übergegangen, mich bei jeder sich bietenden Gelegenheit niederzumachen, dass dein Hirn automatisch Beleidigungen ausspuckt, sobald du mich siehst.«

    »Nein, das ist Schwachsinn! Außerdem warst du diejenige, die mit dem ganzen Mist angefangen hat. Und dann …«

    »… hat es sich einfach verselbstständigt?«, half ich ihm aus.

    In meiner ersten Woche an der Blue Archer hatte ich jeden Tag »seinen« Parkplatz mit meinem Auto besetzt, ohne zu wissen, dass es sein angestammter Parkplatz war. Niemand hatte mir einen Hinweis gegeben. Zwar hatten mir einige Schüler komische Blicke zugeworfen, auf die hatte ich mir jedoch keinen Reim machen können. Ich hatte gedacht, sie waren einfach der Tatsache geschuldet, dass ich neu war. Ich hatte erst in dem Moment herausgefunden, was tatsächlich los war, als Rhys und sein Gefolge einen Tag lang in jeder Pause mit ihren riesigen Körpern den Zugang zu meinem Spind blockierten, sodass ich es zu keinem meiner Kurse pünktlich schaffte und drei Lehrer mich dafür nachsitzen ließen. Tja, und danach hatte es sich tatsächlich verselbstständigt. Seitdem war es ein ständiges Hin und Her an Sticheleien, kleineren und manchmal auch gemeineren Streichen.

    »Ja, könnte man so sagen«, stimmte er zu.

    »Okay, ich nehme deine Entschuldigung an.« Ich nickte hoheitsvoll, was ihn aus dem Konzept zu bringen schien. Rhys blinzelte verwirrt und ich ahnte, dass er eigentlich nicht vorgehabt hatte, sich bei mir zu entschuldigen. »Und jetzt entschuldige mich bitte. Ich habe Hunger und möchte endlich essen.«

    Womöglich hätte ich Letzteres nicht hinzufügen sollen, denn mein Kommentar brachte ihn dazu, auf mein Tablett zu schauen, wo er unweigerlich den Muffin entdeckte, der sich keine zwei Sekunden später nicht mehr auf meinem Tablett befand.

    »Hey!«, fuhr ich ihn aufgebracht an, als er genüsslich in den Muffin biss und ihn sich schmecken ließ. »Das war meiner.«

    »Sorry.« Rhys zuckte mit den Schultern, wischte sich ein paar Krümel vom Hemd und schob sich den kümmerlichen Rest meines Muffins in den Mund. »Mrs. Marshalls Blaubeermuffins sind einfach zu gut. Denen kann ich nie widerstehen. Aber warte …« Er beugte sich ein Stück über den Tisch neben uns, nahm den Apfel vom Tablett eines Mitschülers, der Rhys nur mit großen Augen ehrfürchtig anstarrte, und legte ihn auf die Stelle neben meinem Teller, wo vorher der Muffin gestanden hatten. »Nimm den als Wiedergutmachung.« Er knüllte das leere Papierförmchen des Muffins zusammen und platzierte es neben dem Apfel auf meinem Tablett. Dann trat er einen Schritt zurück und steckte seine Hände in die Hosentaschen. »Ich lasse dich dann mal in Ruhe dein Mittag essen. Wir sehen uns später, okay?«

    »Nicht, wenn ich es verhindern kann«, grummelte ich missmutig, woraufhin er mir frech zuzwinkerte, bevor er sich abwandte, um sich zu seinen Freunden zu gesellen.

    Verdammt, Rhys hatte Grübchen, wenn er lächelte? Wieso waren die mir vorher nie aufgefallen?

    Ich verdrehte die Augen über meinen bescheuerten Gedankengang. War das ernsthaft alles, woran ich nach seiner Aktion denken konnte? Dieser Idiot schaffte es, mir selbst die kleinen Freuden meines Lebens zu verderben, nachdem er kurz zuvor noch etwas davon gefaselt hatte, dass wir das Kriegsbeil begraben sollten. Er hatte mir verdammt noch mal meinen Muffin geklaut, auf den ich mich schon den halben Tag gefreut hatte.

    Und da war sie plötzlich, die Wut, auf die ich die ganze Zeit gewartet hatte, die jedoch von einer ungewohnten Verwirrung überlagert gewesen war, solange Rhys mich mit diesen beeindruckenden Eisaugen angesehen hatte.

    Ich war verärgert, frustriert und kam gegen mein Naturell nicht an, das mich hin und wieder dazu brachte, impulsiv zu reagieren. Jetzt brachte es mich dazu, nach dem Granny Smith-Apfel auf meinem Tablett zu greifen und ihn Rhys hinterherzuwerfen.

    Ein allgemeines Aufkeuchen ging durch die Cafeteria, als der Apfel erst deutlich hörbar gegen seinen Hinterkopf knallte, danach zu Boden fiel und unter einem der Tische hindurch über den Fliesenboden kullerte. Rhys stolperte einen Schritt nach vorn, blieb dann stocksteif stehen, und erschrockene Stille senkte sich über den Raum. Nicht einmal ein leises Kratzen von Besteck über Geschirr war zu hören. Vielleicht wagte sich auch nur keiner mehr, sich zu bewegen oder zu atmen, um ja nichts von der Szene zu verpassen, von der sie ausgingen, dass sie sich gleich vor ihren Augen entfalten würde.

    Rhys hielt sich mit einer Hand den Hinterkopf und drehte sich mit ungläubiger Miene zu mir um.

    Ich konnte genauso wenig fassen, was ich vor aller Augen – und damit vor einem Haufen Zeugen – getan hatte. Nichtsdestotrotz richtete ich mich etwas gerader auf und reckte herausfordernd mein Kinn.

    »Miss Kingston!«, dröhnte Dekan Sullivans laute Stimme durch Raum, dass es sich anhörte, als würde sie von den Wänden und der Decke zigfach zurückgeworfen werden. Ich sah zu dem stämmigen Mann bei der Tür, der selbst mit den Einlagen in seinen Schuhen noch wenigstens drei Zentimeter kleiner war als ich. »Das ist kein Benehmen, das wir an dieser Schule dulden. Zwei Wochen Küchendienst und einen Monat Nachsitzen.«

    Ich presste die Lippen zusammen, schnaubte wie ein irritiertes Nashorn und lief an Rhys vorbei, der mich aus zusammengekniffenen Augen beobachtete.

    Ich stellte das Tablett auf den Tisch, an dem Holly und Serena mit weit aufgerissenen Augen saßen, als könnten sie noch immer nicht fassen, was ich getan hatte. Dann setzte ich mich ihnen gegenüber auf einen Stuhl und griff nach der Gabel neben meinem Teller. Das Chicken Curry war wahrscheinlich schon kalt, trotzdem wollte ich es noch essen und den Rest der Lunchpause genießen, als hinter mir ein lautes Scheppern erklang.

    »Und für Sie gilt das Gleiche, Mr. MacMillan. Zwei Wochen Küchendienst und einen Monat Nachsitzen. Beim Nächsten, der mit Essen um sich wirft, wird die Strafe verdoppelt. Also überlegt euch, was ihr tut, meine Herrschaften.«

    Verwundert drehte ich mich auf meinem Stuhl um und sah von dem zerborstenen Teller und dem verstreuten Essen auf dem Boden zu Rhys, der mit einem triumphierenden Grinsen auf mich zukam. Neben mir hielt er inne, beugte sich herab und flüsterte mir ins Ohr: »Sieht so aus, als

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