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Jacques: Erinnerungen eines Callboys
Jacques: Erinnerungen eines Callboys
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eBook176 Seiten2 Stunden

Jacques: Erinnerungen eines Callboys

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Über dieses E-Book

Ein Tag, wie er langweiliger und öder kaum sein kann. Statt Sonne gibt es nur Regen, der unaufhörlich - fast sintflutartig - gegen die Scheiben prasselt. Man kann kaum etwas tun und genau das verleitet dazu, Rückschau zu halten und das bisherige Leben noch einmal an sich vorbeiziehen zu lassen.

So ergeht es auch Jacques - einem Mann im besten Alter. Immer wieder taucht er in die Vergangenheit ein und erinnert sich dabei an gute und schlechte Tage, an den Verlust einiger Menschen und - an Paul, mit dem er seine Homosexualität entdeckte und den er bis heute nicht vergessen kann.

Doch warum ist er seit damals allein geblieben? Weshalb sitzt er an diesem Tag in seiner Luxuswohnung, schaut auf die Straße hinab, die vor lauter Wasser kaum noch zu sehen ist, und hat statt lebendiger Personen nur Andenken an Verstorbene oder aus seinem Leben Verschwundene um sich herum?

Ihm fallen seine ersten Gehversuche als Stricher ein - und die Menschen, die ihm damals geholfen haben. Ohne sie wäre er sicher immer noch auf der Straße und nicht das, was er heute ist - ein schwuler, teurer und sehr begehrter Callboy der Upperclass.
**************************************** 
Der Buchinhalt umfasst ca. 41.000 Wörter
SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum17. Okt. 2018
ISBN9783739663906
Jacques: Erinnerungen eines Callboys

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    Buchvorschau

    Jacques - Valerie le Fiery

    Impressum

    Coverfoto by Fotolia 58229872 © CURAphotography

    Der Inhalt des Buches sagt nichts über die sexuelle Ausrichtung des Covermodels aus. 

    Sämtliche Personen und Handlungen in diesem Buch sind frei erfunden, Ähnlichkeiten mit real existierenden oder bereits verstorbenen Personen sind somit rein zufällig und nicht beabsichtigt.

    Dieses Buch, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt und darf ohne Zustimmung der Autorin nicht vervielfältigt oder weiterverbreitet werden.

    Jacques

    Die schlanken, sorgfältig manikürten Finger halten die Tasse mit dem aufgedruckten Smiley fest umklammert. Dass sie eiskalt sind, spürt nur er. Er nimmt den nächsten Schluck und schaut dabei aus dem Fenster in den beständig fallenden Regen. Bereits seit Tagen hat es nicht mehr aufgehört, beinahe so, als wolle sich eine neue Sintflut ankündigen. 

    'Eigentlich keine schlechte Idee, alles noch einmal auf Start zurückzusetzen', schießt es ihm durch den Kopf. 'Ist nicht wirklich schade um die meisten Menschen.' Ob es wohl eine höhere Macht gibt, die alles irgendwie lenkt? Er weiß es nicht, aber wenn, dann ... 

    Ja was …? Beschweren? Doch worüber? Er sieht sich in seiner Wohnung um. Groß ist sie, hell und teuer möbliert. Sein Kleiderschrank ist voll mit Klamotten der gängigen Nobelmarken, um die Menge der Schuhe, die er besitzt, würde ihn wohl manche Frau beneiden, im Badezimmer stehen etliche edle Duftwässerchen und vor der Tür parkt ein nicht ganz billiges Cabrio. Sein Schlafzimmer scheint wie dafür gemacht, Liebenden entspannte Stunden zu bescheren, nur ... da ist niemand. Er ist allein. Wer will schon mit einem wie ihm zusammen sein? Einem Callboy der Upperclass?

    Sein blasses Gesicht spiegelt sich in der nassen Scheibe, an der die Tropfen unablässig hinabrinnen, um letztlich irgendwo in einem für ihn unsichtbaren Nirgendwo zu verschwinden. Große, weit geöffnete Augen mit einwandfrei gezupften Brauen sehen ihm entgegen, die Haare sind modisch frisiert und natürlich sitzt das Hemd wie angegossen auf seinem schlanken, durchtrainierten Oberkörper. Er weiß genau, was er seinem Beruf – oder besser gesagt, seinem Ruf – schuldig ist. Er ist schließlich Jacques, der Kühle. Jacques, der Franzose. Jacques, der perfekte Mann für alle Fälle.

    Ein bitteres Lachen steigt in seiner Kehle hoch und für einen Moment legt er den Kopf an das kühle Glas des Fensters, eine einsame Träne will sich ihren Weg bahnen, doch mit einem krampfhaften Schlucken verhindert er das, so wie er meistens Regungen verdrängt, kontrolliert, nicht zulässt. Geweint hat er das letzte Mal vor Jahren, intensive Gefühle sind nicht erlaubt, sie zerstören ihn nur.

    Jacques ist eigentlich nicht sein korrekter Name. Seine Mutter hat ihn – anscheinend in einem Anfall hormonell bedingter Umnachtung – tatsächlich auf Johannes taufen lassen, dafür hat er sie als kleines Kind manchmal gehasst, doch heutzutage – immerhin ist sie bereits seit vielen Jahren tot – hat er ihr verziehen. Den ungeliebten Rufnamen hat er geändert, als er sich selbstständig machte. Seine Klassenkameraden nannten ihn immer Hannes, das hat er in Hans weiter verkürzt. Hans heißt im Englischen bekanntlich Jack und aus eben diesem Jack wurde schließlich der kühle Jacques, Jacques Lerón. Natürlich weiß er, dass es eigentlich Jakob bedeutet, glücklicherweise beherrschen aber nur die wenigsten seiner Kunden oder Bekannten die französische Sprache und ohnehin kennt ihn nur eine Handvoll Freunde etwas besser – wenn es überhaupt so viele sind. Nur diesen ausgewählten Menschen ist bekannt, dass er eigentlich ein ganz anderer ist, als er nach außen vorgibt zu sein.

    Seufzend schaut er zur Uhr. Heute hat er massig Zeit, ein extravaganter Kunde erwartet ihn erst am späten Abend in seiner Nobelsuite in einem stadtbekannten Luxushotel. Allerdings wird er ihm dann die ganze Nacht zur Verfügung stehen müssen, was natürlich sehr gut bezahlt wird. Einen Tausender sind dem Herrn seine Gesellschaft und sein Schwanz immerhin wert.

    Was soll er mit diesem trüben Tag also beginnen, an dem man – des Wetters wegen – nicht einmal einen Hund vor die Tür jagen würde? Zusätzlich zum Regen stürmt es heftig und er will es nicht riskieren, sich eine Erkältung einzufangen. Das ist eine Art Ehrenkodex, dass man nicht mit Schnupfen oder Husten zu einem Freier geht. Nicht nur, weil man ihn anstecken könnte, es würde beim Ficken definitiv ziemlich störend wirken. Immerhin wird man gut bezahlt, dafür erwarten die Kunden eine entsprechend perfekte Leistung.

    Warum nur ist er heute derart grüblerisch? Ist es, weil ihn gestern die Nachricht vom Tod eines annähernd gleichaltrigen ehemaligen Kollegen und Freundes erreicht hat? Na ja, eigentlich sein allerbester Freund. Auf dem Hamburger Kiez hatten sie sich kennengelernt und knapp zwei Jahre einträchtig nebeneinander auf zahlende Kunden gewartet. Natürlich nicht ganz so offen wie die Damen des gleichen Gewerbes, aber doch immer in der Art, dass einer auf den anderen achtete und sich auch schon mal die Autonummer merkte, falls der Freier motorisiert war … und überhaupt hatten sie fast alles miteinander geteilt – die Großpackungen Kondome ebenso wie die letzte Flasche Cola oder das leicht angetrocknete, übrig gebliebene Sandwich von der Tanke, das sie vom mitleidigen Besitzer derselben zugesteckt bekommen hatten.

    Sven ist tot!

    Sven, der zierliche, quirlige Junge, der immer unbekümmert war und für jeden ein freundliches Wort übrig hatte. Dieser Mann, der sogar einem Hund über die Straße half oder der alten Nachbarin die Taschen nach Hause trug. Jacques kann sich an keinen einzigen Tag erinnern, an dem Sven irgendwie mies drauf gewesen wäre. Nie war er launisch, sondern hatte jeden getröstet, der einmal einen schlechten Moment hatte. Und eben diese Unbekümmertheit war ihm zum Verhängnis geworden. Irgendwann stellte ein Arzt fest, dass er HIV-Positiv war. Infiziert durch Leichtsinn, denn manche Kunden zahlten eben besonders gut, wenn man sie ohne Gummi bediente.

    Natürlich hatte Sven von dem Zeitpunkt an nie wieder ungeschützten Sex, nahm seinen Medikamentencocktail regelmäßig ein und versäumte keinen Arzttermin, aber … nun hat er diese Welt doch viel zu jung verlassen müssen. Obwohl sie sich in der letzten Zeit nur unregelmäßig getroffen haben, da Jacques bereits seit einigen Jahren nicht mehr auf der Straße arbeitet, trifft ihn die Nachricht doch mit voller Wucht. Gestorben mit siebenunddreißig, knapp ein Jahr älter als er selbst.

    Erneut ist das Lachen zu hören, dieses verbitterte, halb schluchzende, heisere und trotzdem schrille Lachen, das sich aus der Tiefe seines Inneren nach oben kämpft und das dieses Mal etliche Tränen im Gepäck hat, die er nun doch nicht mehr unterdrücken kann. Unaufhaltsam strömen sie über Jacques' Wangen, rinnen über den Hals und versickern schließlich im Hemdkragen. In Gedanken schickt er ein Gebet zum Himmel, auch wenn er nicht wirklich gläubig ist. Leise flüstert er ein „Lebwohl, alter Freund", anschließend schluckt er kräftig und schüttelt unwirsch den Kopf. Das fehlte gerade noch, dass er hier herumheult wie ein kleines Mädchen, dem das Lieblingseis heruntergefallen ist.

    Gedanken an die Zeit auf dem Strich schießen ihm in den Kopf. Ist es tatsächlich schon zwanzig Jahre her, dass er begonnen hat, da draußen auf Männer zu warten? Auf junge oder alte lüstern blickende Kerle, die dafür zahlten, damit er mit ihnen das tat, was offenbar sonst keiner wollte?

    Seufzend geht Jacques in die Küche. Er weiß nicht genau, wonach er sucht, doch im Kühlschrank findet er beim Hineinsehen eine Flasche Prosecco. Ja, er wird heute eine Ausnahme machen und auf das Wohl von Sven trinken, nur ein Glas, denn in zwölf Stunden soll er im Hotel sein, sein Kunde erwartet Pünktlichkeit und natürlich will er keinen angesäuselten Callboy im Bett haben.

    Mit der Flasche in der einen und einem Glas in der anderen Hand lässt er sich auf seine weiße Designercouch fallen, gießt sich etwas von dem Prickelgebräu ein und hebt anschließend seinen geschliffenen Sektkelch in die Luft.

    „Wo auch immer du jetzt sein magst, Sven, ich trink auf dich und darauf, dass es dir jetzt wieder gut geht. Cheers, altes Haus!"

    Ein weiteres Mal glitzert es verräterisch in seinen Augen, bevor er ansetzt und sein Getränk in einem Zug herunterstürzt. Er schließt seine Lider und ohne lange zu überlegen, wirft er das Glas hinter sich, sodass es mit einem schrillen Geräusch auf dem Fliesenboden in tausend Stücke zerbricht. Erschöpft wie nach einem Marathonlauf lässt er sich nach hinten in die Sofakissen fallen und versinkt in den Erinnerungen an die Vergangenheit.

    Pubertätserinnerungen

    „Kommst du mit, Hannes?"

    Der Angesprochene drehte seinen Kopf und sah seinen Klassenkameraden an.

    „Wohin soll’s denn gehen?"

    „Na ja, bei dem Wetter wollten wir eigentlich ins Freibad und Mädels gucken", antwortete Matthias, sein direkter Sitznachbar in der Schule.

    „Mädels gucken? Wie meinst du denn das?, kam es etwas ratlos von Hannes. „Die sehen wir doch jeden Tag hier, was ist da denn nun anders als sonst?

    „Mensch, bist du schwer von Begriff. Im Freibad haben sie fast nichts mehr an, nur kleine Bikinis. Normalerweise tragen sie meistens diese dämlichen Jeans und Pullis. Wir wollen aber ihre Möpse und Hintern richtig wackeln sehen. Na was ist nun, bist du dabei?"

    „Ich weiß gar nicht, ob ich meine Badehose finde", versuchte Hannes sich aus der Affäre zu ziehen. Irgendwie behagte ihm die Vorstellung nicht. Er wusste zwar, dass seine Freunde und Klassenkameraden sich bereits ziemlich stark für Mädchen interessierten, doch ihm war das völlig einerlei.

    Mädchen waren nett, intelligent und meistens ziemlich hilfsbereit, zumindest einige von ihnen, doch ob da nun etwas wackelte oder nicht, interessierte ihn nicht wirklich.

    „Kein Problem, ich habe mehrere, konterte Matthias, „ich leihe dir eine. Also um drei am Schwimmbad?

    Hannes nickte, drehte sich erneut seinem Fahrrad zu, schloss es auf und radelte nach Hause. Dort angekommen wärmte er sich sein Mittagessen in der Mikrowelle auf und setzte sich auf die Terrasse. Sollte er wirklich ins Freibad gehen, nur um sich etwas anzusehen, was ihn überhaupt nicht reizte? Bloß – warum machte ihn der Anblick von Mädchen derart wenig an? Na ja, das würde sicher noch kommen. Vielleicht war er in der Hinsicht eben ein Spätentwickler und dann wäre es eventuell gar keine schlechte Idee, wenn er sich ein wenig inspirieren ließe. Eventuell würde es ja doch ganz nett werden.

    Schade, dass seine Mutter noch auf der Arbeit war, er hätte sie gerne gefragt, was er wohl falsch machte. Seinen Vater mochte er damit nicht belästigen, der war ziemlich konservativ, eigentlich sogar ein Spießer. Maurer von Beruf und nebenbei arbeitete er wie die meisten in dieser Branche schwarz. Daher war er eher selten zu Hause – und einmal im Monat betrank er sich am Wochenende, bis nichts mehr ging. Ein sogenannter Quartalssäufer, das war wohl seine Art der Rebellion gegen seinen langweiligen, vorhersehbaren Alltag und das ewig gleiche Hamsterrad, in dem er seine Runden drehte.

    In letzter Zeit hatte er Hannes des Öfteren gefragt, wie es denn nun endlich mal mit der ersten Freundin aussehen würde, er wäre mit seinen dreizehn nun wirklich alt genug, um wenigstens mit einem Mädchen zu gehen, wie er es nannte. Meistens lag dabei ein eher unangenehmes Grinsen auf seinem Gesicht, was Hannes dazu veranlasste, sich jedes Mal mit einer neuen Begründung aus der Affäre zu ziehen. Häufig schob er zu viele Hausaufgaben vor oder eben Klassenarbeiten, die ihm nicht genug Zeit lassen würden. Und außerdem wäre er noch ziemlich jung, so eilig hätte er es damit nicht.

    „Aber bei dir funktioniert alles richtig, oder?"

    Noch immer klang diese Frage seines alten Herrn in Hannes' Ohren. Bei ihrem letzten Gespräch war das gewesen und natürlich war er daraufhin sofort rot angelaufen.

    „Wie meinst du das?"

    Zögernd hatte er diese Frage gestellt und sie bereits im nächsten Augenblick bereut.

    „Na, ob dir nachts einer abgeht oder du dir wenigstens ab und zu selber einen abrubbelst."

    Dröhnendes Lachen hatte diese Äußerung begleitet und während Hannes mit knallrotem Gesicht aufgesprungen und aus dem Zimmer geflüchtet war, hatte seine Mutter ihren Mann ins Gebet genommen.

    „Wie kannst du nur, Horst? Er ist erst dreizehn, da muss er das alles noch gar nicht zwingend machen. Du hast ihn ziemlich verunsichert und etwas derart Intimes fragt man einfach nicht, vor allem nicht in Anwesenheit der Mutter. Manchmal verstehe ich dich wirklich nicht."

    „Ach was, in seinem Alter hatte ich bereits eine feste Freundin und kräftig gefummelt haben wir auch schon. Ich war gerade eben vierzehn, als ich sie das erste Mal flachgelegt habe. Er wird nächsten Monat ebenso alt, da wird man als Vater wohl mal fragen dürfen. Hauptsache, er wird nicht schwul."

    Seufzend verdrängte Hannes diese unschöne Szene, die sich vor knapp vierzehn Tagen abgespielt hatte. In weiteren drei Wochen würde er seinen vierzehnten Geburtstag feiern – ob sein Erzeuger dann noch öfter nachhaken würde, ob er Sex in irgendeiner Form hätte? Mit zwei Handgriffen räumte er seinen Teller in die Spülmaschine und schaute zur Uhr. Es war bereits fast halb drei

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