Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Höllensee: Horrorthriller
Höllensee: Horrorthriller
Höllensee: Horrorthriller
eBook383 Seiten4 Stunden

Höllensee: Horrorthriller

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Alex und Hugo, zwei gute Freunde, die in München als Taxifahrer arbeiten, fahren mit ihrem alten Wohnmobil in die Allgäuer Alpen, um dort ihren Osterkurzurlaub zu verbringen. Sie landen an einem Campingplatz im Oytal, an dem sie ausschließlich uralte Gespanne aus den siebziger Jahren vorfinden. Zu den beiden Freunden gesellen sich ein Bremer Ehepaar, das einen Hund mit sich führt. Keine weiteren, neuen Camper von außen folgen.

Schon sehr bald lernen sie einige "Urlauber" kennen, die sich äußerst seltsam verhalten, und die hier offensichtlich Stammcamper sind. Ihnen gehören scheinbar die alten Gespanne. Diese Leute nennen "ihren See" den ROTEN SEE, und sie zeigen sehr außergewöhnliche Verhaltensweisen. Ihre Körper zeigen Anzeichen von Schuppen, ähnlich wie bei Fischen. Sie tragen uralte, zerrissene Kleidung, haben schadhafte Zähne, und sie essen nichts. Sie trinken ausschließlich das warme Wasser aus "ihrem" See.

Alex schwimmt in dem ungewöhnlich warmen See und kommt plötzlich trotz aller Anstrengung nicht mehr ans Ufer zurück. Der See versucht, ihn festzuhalten. Einer der "Urlauber" rettet ihn aber in letzter Sekunde vor dem sicheren Ertrinken.

Was ist hier los? Wohin sind die Urlauber geraten?
SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum15. Dez. 2016
ISBN9783730982105
Höllensee: Horrorthriller

Mehr von Alfred J. Schindler lesen

Ähnlich wie Höllensee

Ähnliche E-Books

Horrorfiktion für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Höllensee

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Höllensee - Alfred J. Schindler

    Alfred J. Schindler

    Höllensee

    Horrorthriller

    von

    Alfred J. Schindler

    VORWORT

    Im Leben geschehen immer wieder unerklärliche Dinge, die man einfach nicht begreifen kann. Vielleicht will man sie ja auch nicht begreifen. Man kann diese Ereignisse aus den verschiedens­ten Perspektiven betrachten, jedoch man kommt letztendlich doch zu keiner aussagefähigen, de­finitiven Erklärung. Auch mein Freund Hugo und ich mussten diese bitterböse Erfahrung machen.

    Aber lesen Sie selbst...

    GRÜNDONNERSTAG

    „Es geht doch nichts über das Gefühl der Freiheit, was Hugo?"

    „Ja, es ist ein wunderbares Gefühl!", bestätigt er schwärmerisch und haut mir kameradschaftlich auf die Schulter.

    Wir brausen mit unserem alten, rot gestrichenen Vehikel, das früher bessere Zeiten gesehen hatte, von München aus Richtung Allgäuer Alpen. Das Osterfest steht vor der Türe und die Sonne lacht. Gerade passieren wir Garmisch-Partenkirchen.

    „Wie heißt dieses Tal, in das wir fahren?"

    „Oy-Tal, Hugo."

    „Fünf volle Tage haben wir vor uns, Alex!"

    „Fünfmal ausschlafen, Fleisch brutzeln, saufen und entspannen."

    „Hast du auch an alles gedacht?"

    „Aber sicher."

    „Hierher hätten wir schon viel früher fahren sol­len! „Ja. Drei Stunden Fahrt von München, und schon sind wir in der herrlichsten Gegend!

    Nachdem wir etwas später das wunderschöne Städtchen Oberstdorf hinter uns haben, geht es langsam ins Oy-Tal über.

    „Seealpsee! Hört sich gut an, Hugo!"

    „Sag mir, wo es lang geht, Alex!"

    „Vielleicht finden wir dort irgendwo auch einen kleinen Campingplatz!"

    „Mal sehen."

    Die enge, weiterführende Straße führt uns schließlich an besagten See. Wir befinden uns in einer sehr gebirgigen Landschaft, etwa einhundert Meter über dem herrlich schimmernden Gewässer. Der See selbst hat einen eiförmigen Umriss.

    „Der See passt genau zu Ostern, Hugo!"

    „Weißt du was? Hier bleiben wir!"

    Ganz am Ende des Sees geht die schmale Straße in einen Feldweg über. Wir sehen in einiger Entfer­nung ein altes, verwittertes Schildchen. Jetzt können wir es lesen:

    - CAMPINGPLATZ -

    Auf einem holprigen, ausgetrockneten Weg geht es einige hundert Meter weiter. Ringsum ist ein wun­derschöner, dunkler Wald. Hugo fährt im Schritt­tempo. Der Weg führt uns, nachdem hinter uns einige kleine, sicherlich unbewohnte Hütten aus unserem Blickfeld verschwunden sind, Richtung See.

    „Ich bin ja gespannt, was uns dort erwarten wird, Hugo!"

    „Ja, ich auch."

    „Dort unten ist sicherlich nicht viel los, was?"

    „Mir wäre es am liebsten, Hugo, wenn überhaupt niemand dort wäre. Dann hätten wir unsere selige Ruhe."

    „Hauptsache, wir können ungestört Schach spielen und so ganz nebenbei vielleicht noch das eine, oder andere nette Mädchen aufreißen."

    „Mal sehen. Lassen wir uns überraschen."

    Der etwas düstere, undurchdringliche Wald liegt hinter uns. Urplötzlich haben wir einen geradezu unglaublichen, ja atemberaubenden Blick auf den ruhig und majestätisch wirkenden See. Die steile Felswand im Hintergrund vervollkommnet dieses geradezu paradiesische Bild.

    „Hast du schon mal solch eine herrliche Land­schaft gesehen, Alex?"

    „Nein. Sie ist grandios!"

    Direkt vor uns liegt ein länglicher, vereinsamter Campingplatz. Wenigstens wirkt er so auf uns. Es befinden sich etwa ein Dutzend Gespanne, die der Reihe nach, fast direkt am See, nebeneinander in einem Abstand von etwa drei Metern stehen.

    „Schau! Hier sind schon einige Camper!", meint Hugo.

    „Aber was sind das denn für alte Gespanne?, frage ich ihn erstaunt. „Da steht ein alter OPEL Kadett mit Vogelnest. Und da! Vier VW-Käfer mit Vogel­nest.

    „Ein FORD Taunus mit Vogelnest. Daneben ein FIAT 126!"m kommentiert Hugo.

    „Mit Vogelnest", ergänze ich.

    „Was soll das denn bedeuten?" Er schaut mich un­sicher an.

    „Da fragst du mich zu viel. Das sind Autos um die Baujahre 1966 bis 1968! Ja, so in etwa. Und an jedem Fahrzeug befindet sich eines dieser winzi­gen Vogelnester!"

    „Diese Dinger waren damals unglaublich billig und somit bei jungen Leuten sehr begehrt!"

    „Woher weißt du das?"

    „Von meinen Eltern, Alex!"

    „Dagegen sind wir ja geradezu luxuriös ausgestat­tet!"

    Aber was das Seltsamste daran ist: Wir sehen kei­ne Menschenseele. Der Platz liegt völlig verein­samt vor uns. Nicht einmal ein kleiner Hund springt um die alten Autos herum.

    Komisch.

    Hugo rangiert unsere Karre am See entlang rechts an der Reihe von Fahrzeugen mit Hänger vorbei, direkt neben das hinterste Gespann, und schaltet den Motor ab. Wir steigen aus und dehnen unsere halb eingeschlafenen Glieder. Wir rauchen und schauen uns interessiert um.

    „Lass uns mal ein wenig umhergehen, Hugo."

    „Ich bin ja gespannt, wo die ganzen Leute sind!", antwortet er leise.

    „Vielleicht schlafen sie alle?"

    „Nachmittags um vier Uhr? Du spinnst wohl?"

    „Oder sie tauchen gerade alle zusammen?"

    „Was bist du doch für ein Witzbold! Tauchen..."

    Wir schlendern ganz langsam und unauffällig über den etwa einhundertzwanzig bis einhundertdreißig Meter langen Platz. Die Gespanne stehen, wie gesagt, sauber und ordentlich aneinandergereiht, eines neben dem anderen, etwa drei Meter vom Wasser entfernt. Diese drei Meter stellen sozusa­gen den Strand dar. Ganz am Anfang des Platzes (hier macht der See eine kleine, halbkreisförmige Biegung nach rechts) stehen zwei uralte, verros­tete Duschen aus den sechziger Jahren. Dahinter ist wieder Wald. Dichter, dunkler Wald. Ich drehe spaßeshalber an einem der zwei Räder der Duschstangen und warmes Wasser schießt aus der so gebrechlich erscheinenden Anlage heraus. Auf einem Schildchen, das arg verrostet ist, lese ich:

    1969.

    „Diese beiden Duschen sind fast vierzig Jahre alt!"

    „Ja. Es scheint so, Alex."

    „Hier gibt es warmes Wasser, Hugo!"

    „Das gibt es doch gar nicht!", antwortet er über­rascht.

    „Wo kommt denn diese warme Brühe her?", frage ich etwas blöde.

    „Von unten. Woher denn sonst?"

    „Du Affe! Von unten. Aber wieso ist sie so warm?"

    „Vielleicht ist unter uns eine heiße Quelle, Alex."

    „Ja, anders kann ich mir das auch nicht erklären."

    Ich blicke etwas ratlos umher.

    „Oder dort unten ist ein unterirdischer Ofen!"

    „Verarschen kannst du dich selbst, Hugo!"

    „Wie kannst du es dir denn erklären?"

    „Dieses Wasser hat mindestens 35 C!"

    „Wie schön, Alex. Er fährt unbeirrt fort: „Ich klopfe jetzt an die Wohnwagen! Er ist sichtlich zu allem entschlossen.

    Wir gehen zurück zum ersten Gespann und klopfen sachte an die erste, schmale und zerbrechlich wir­kende Türe eines der alten Vogelnester.

    Nichts.

    Keine Reaktion.

    Noch einmal.

    Wieder nichts.

    „Vielleicht sind sie ja alle irgendwo unterwegs?", meint Hugo zweifelnd.

    „Wo denn, bitte? Ohne ihre Fahrzeuge! Etwa mit Fahrrädern?"

    „Ja, das könnte schon möglich sein. Genau. Sie haben sicherlich alle zusammen eine Fahrradtour unternommen!" Hugo grinst, weil er anscheinend die Lösung des etwas mysteriösen Falles gefunden hat.

    „Gut kombiniert, Sherlock!"

    „Hast du etwa eine andere Lösung auf Lager?"

    „Nein. Ich passe."

    Wir marschieren, anscheinend völlig unbeteiligt, weiter und Hugo klopft, offensichtlich seine eige­ne These anzweifelnd, an das nächste Nest.

    Keine Reaktion.

    Absolute Stille.

    Die perfekte Ruhe.

    Wir klopfen nun der Reihe nach an alle zwölf Wohnwagen und wundern uns nicht nur über die gähnende Leere des Campingplatzes. Nein! Diese Autos hier haben keine Luft mehr in den Reifen, ebenso die Anhänger. Außerdem sind sie allesamt völlig verschmutzt. Ja, genau. Sie sind verdreckt! Ich schaue der Reihe nach auf die Nummernschil­der und lese folgende Städtenamen: Augsburg, Kempten, Ulm, Garmisch-Partenkirchen, Memmin­gen und München.

    „Eine Münchner Familie ist auch hier, Hugo!"

    „Meinst du?"

    Aber jetzt, ja, gerade jetzt, bei dem letzten Schildchen, fällt mir plötzlich auf, dass dieses Nummernschild seit 1968 keinen TÜV-Stempel mehr hat. Ich laufe zurück und muss bei jedem Auto dasselbe feststellen. Ganz zu schweigen von ASU oder AU. Diese alten Fahrzeuge besitzen auf den vorderen Nummernschildern überhaupt keine Prüfplaketten!

    „Hugo, diese Fahrzeuge stehen seit 1968 hier."

    „Denkst du?"

    „Denkst du, denkst du! Ich weiß es! Sie wurden seit Jahrzehnten nicht bewegt!"

    „Sei doch nicht so ungeduldig! Dann stehen sie eben seit damals hier!", ist seine stoische Ant­wort.

    Ich könnte ihn erwürgen! Hugo kann wohl gar nichts aus der Ruhe bringen!

    Er betrachtet die Autos und Hängerchen genauer und erklärt mir dann: „Sieht wie eingetrockneter Schlamm aus, Alex."

    „Ich nehme an, dass sie ihre Wagen komplett so stehen ließen, also all die Jahrzehnte über, und dann mit anderen, neueren Fahrzeugen hierhergekommen sind, wenn sie Urlaub machen wollten. Die Vogelnester verwenden sie lediglich als Schlafstellen. Genau so wird es sein."

    „Sie sparen sich dadurch teure Wohnwagen!"

    „Stimmt."

    „Ja, meint er gähnend, „sicherlich hatte der See irgendwann Hochwasser und die Gespanne wurden unterspült und dementsprechend verdreckt.

    So, jetzt haben wir endlich unsere logischen Er­klärungen. Wir sind zwei Typen, die alles genau durchleuchten müssen.

    Alles!

    Aber wieso sollte hier Hochwasser gewesen sein? Vielleicht durch eine starke Schneeschmelze?

    „Dann sind wir also, gewissermaßen, die einzigen Campinggäste hier!", knurre ich.

    „Wieso? Du wolltest doch deine selige Ruhe haben, oder etwa nicht?"

    „Dass du immer so penetrant recht haben musst, Hugo. Es ist ganz furchtbar mit dir!"

    „Recht, recht", äfft er mich nach.

    „Ja, rechthaberisch bist du! Darum bleibt dir ja auch keine Frau!"

    „Gott sei Dank! Das würde mir ja gerade noch feh­len! Eine feste Beziehung! Dass ich nicht lache!"

    Wir albern laut über den vereinsamten Camping­platz und werfen uns eine Gemeinheit nach der anderen an den Kopf. Aber Keiner meint es natür­lich ernst. Diese Albereien gehören zu unserem Leben. Zu unserer guten Freundschaft. Und wir versuchen es am letzten Nest noch einmal. Ich klopfe kräftig:

    „Hallo! Ist da jemand?"

    Vollkommene Ruhe.

    Genau wie zuvor.

    Jetzt ist es genug.

    „Komm, lass uns das Vorzelt aufbauen, Alex!"

    „Eine gute Idee. Möchtest du ein Bierchen?"

    „Eins? Zwei oder drei möchte ich!"

    Wir setzen uns auf das rechte Trittbrett des DAF (Er steht jetzt mit der Schnauze Richtung Vogel­nester) und trinken zuerst einmal ein frisches, schäumendes Dosen-Bier. Danach bauen wir, kurz entschlossen, unser kleines, blaues Eingangszelt auf und trinken hinterher, auf unseren wackeligen Stühlchen am noch wackligeren Tischchen sitzend, zwei weitere Dosenbiere. Diese munden uns sehr, und so kommt es, dass wir unsere üblichen Erkun­dungsbegehun-gen auf den morgigen Tag verschie­ben. Dies entspricht zwar nicht unseren sonstigen Gewohnheiten, aber das Bier ist stärker.

    „Ich kann dir sagen: Ich bin so richtig faul, Alex."

    „Ich auch."

    Wir richten uns ein, packen so manches aus, wie z. B. Luftmatratzen, den Grill, Klamotten und Schuhe. Wir kennen natürlich jeden erforderlichen Handgriff. Etwas später widmen wir uns unserem heißgeliebten Schachspiel. Man kann mit Recht behaupten, dass wir zwei ganz hervorragende Spieler sind und abgesehen davon, zum Glück, gleichwertig. Einmal gewinnt er, und das andere Mal wieder ich. Jedoch die meisten Partien gehen auf ein Remis hinaus. Dies ist genau in unserem Sinn.

    In unserem DAF befindet sich neben der normalen, üblichen Ausstattung auch ein kleiner Farbfernse­her. Wir hauen uns etwas später auf die beiden altmodischen Matratzen und glotzen in die Röhre. Dazu dampfen wir unsere Zigaretten bzw. Rillos, dass es nur so staubt, und trinken das ein oder andere Bierchen.

    Da wir - es ist schon nach acht Uhr - zu faul sind, so spät noch etwas zu kochen, machen wir uns nur ein paar Wurstbrote. Ratz - Fatz - fertig. Geschirr brauchen wir auch keines.

    Als ich um kurz nach zehn Uhr einschlafe, bilde ich mir ein, von draußen leise Geräusche zu ver­nehmen. Hugo schläft schon seit einer halben Stunde, und ich will ihn deswegen nicht wecken.

    Platsch, platsch.

    Es hört sich so an, als ob sich ein Tier im Wasser bewegen würde. Vielleicht ein Otter? Was inter­essieren mich fremde Tiere? Im Übrigen bin ich jetzt viel zu müde, um noch einmal aufzustehen. Ich schlafe ein.

    Um kurz nach Mitternacht wache ich schon wieder auf, da ich ganz dringend zur Toilette muss. Ich wälze mich vorsichtig um den tief schlafenden Hugo herum, steige halb über ihn hinweg, und öff­ne leise unsere leicht knarrende Türe.

    „Verdammt!, sage ich mir, „ich hätte sie zu Hause noch ölen sollen! Aber dies werde ich gleich mor­gen Früh nachholen.

    Ich kenne Hugo zur Genüge! Er kann ja dermaßen ekelhaft werden, wenn man ihn aufweckt, dass man es kaum beschreiben kann.

    Ich laufe vorsichtig zwei Schritte durch unser Vor­zelt hindurch. Ich öffne vorsichtig den Reißver­schluss und schleiche um unseren Wagen herum.

    Da! Was sehe ich denn da?

    Da brennt doch in zwei Gespannen, also in den jeweiligen Vogelnestern, gedämpftes Licht! Wie kann das sein? Kamen diese Leute etwa erst vor­hin? Aber wir hatten keinerlei Motoren gehört! Ich tigere vorsichtig an die beiden Anhänger, die di­rekt nebeneinander stehen heran und versuche, in das Innere der Wagen zu schauen. Jedoch ohne Erfolg. Diese Leute haben kleine, mit Blumen ver­zierte, aber undurchsichtige Vorhänge an ihren Wagen!

    Verflixt noch mal!

    Ich schaue angestrengt, ob ich noch irgendwelche, andere Fahrzeuge neuen Baujahres, außer den bereits erwähnten alten Karren, sehen kann, je­doch Fehlanzeige! Hier sind keine Autos, Motorrä­der oder Ähnliches, mit denen diese Leute gekom­men sein könnten!

    xxx

    Ich tapse langsam um die Wagen herum und be­gebe mich Richtung Wald. Da es hier leider keine Toiletten gibt, ist wildes Pinkeln angesagt. Tief drinnen, zwischen dunklen und mächtigen Bäumen, verrichte ich insgeheim meine Notdurft und frage mich, wie diese Menschen wohl hierhergekommen sind. Sie müssen also zu Fuß gekommen sein, sin­niere ich. Das ist aber schon mehr als seltsam! Jedoch: Vielleicht handelt es sich ja um Leute, die hier in der Nähe wohnen? Menschen, die hier ihre Häuser und Wohnungen haben? Ja, das könnte schon möglich sein. Muss es aber nicht. Den Auto­schildern nach zu urteilen, kann es aber nicht sein. Aber welche andere Möglichkeit gibt es sonst noch? Kruzifix noch mal, wenn ich nur nicht so furchtbar neugierig wäre! Ich frage mich ernst­haft, ob ich überhaupt noch einschlafen kann, so­lange ich keine absolute Gewissheit habe. Hugo hatte kürzlich recht, als er behauptete, dass ich, anstatt Taxifahrer, besser Detektiv hätte werden sollen! Damit hatte er auf meinen Wissensdurst angespielt. Na ja, Kollegen dürfen sich solche Äu­ßerungen schon erlauben! Aber nur ausnahmswei­se!

    Ich gehe langsam und vorsichtig den gleichen Weg wieder zurück und lausche an einer der beiden Türen der Wohnwagen. Absolute Stille. Kein Radio. Kein Fernseher. Keine Unterhaltung.

    Das kleine Fenster eines Anhängers ist leicht ge­kippt. Direkt davor steht ein verrosteter, alter VW Käfer - ich schätze Baujahr 1965 oder 1966. Was mache ich jetzt, geht es mir durch den Kopf, wenn plötzlich jemand aus dem Anhänger herausspringt? Mich sozusagen in flagranti beim Lauschen er­tappt? Ja, dann bin ich aber schön aufgeschmis­sen! Was könnte ich dann wohl für eine Ausrede gebrauchen? Etwa, dass ich mich verlaufen habe? Oder dass ich hier eine Münze verloren habe? Ge­nau hier, unter diesem winzigen Fensterchen? Nein, es wird wohl besser sein, so sage ich mir, wenn ich mich jetzt gleich von hier schleunigst verziehe! Denn sicher ist sicher! Spätestens mor­gen werden wir ja sehen, wer hier so plötzlich und auch überraschend wohnt! Ich werde, wenn Hugo und ich frühstücken, so tun, als ob mir von diesen Zuwanderungen überhaupt nichts bekannt wäre! Ja, genauso werde ich das machen.

    Ich drehe mich langsam und vorsichtig um und werfe einen kurzen Blick auf den still liegenden See hinaus. Täusche ich mich, oder liegt dort nicht ein nahezu nicht sichtbarer, roter Schimmer über dem Wasser?

    Unsinn.

    Das ist nur eine meiner Sinnestäuschungen!

    Sonst nichts.

    Wie kann ein so abseits und tief liegender See trotz Vollmondes so rot leuchten? Wahrscheinlich vertrage ich kein Bier mehr. Genau. Ja! Das ist es. Oder habe ich etwas an den Augen? Jedoch tief in meinem Inneren weiß ich, dass diese Ausreden völliger Blödsinn sind. Von diesen paar Bierchen, die ich verkonsumiere, kann man gar keine Hallu­zinationen bekommen!

    Also, was ist es?

    Verdammt noch mal!

    Wenn ich das nur wüsste!

    Ich schleiche mich wie ein Indianer zum See hin­unter und stelle mich, auf alles gefasst, direkt ans Ufer. Der rötliche Schimmer bleibt.

    Ist es ein roter Nebel?

    Ich kann es unmöglich Hugo erzählen. Er würde mich sicherlich nur auslachen. Dieser Affe.

    Also: Schwamm drüber!

    Ich gehe zurück. Da ich nun innerlich etwas beru­higt bin, gelingt es mir auch ohne größere Proble­me, wieder einzuschlafen. Die arme Seele hat ihre Ruhe. Die „Neuen" machen sich um uns si­cherlich nicht so viele Gedanken, wie ich es umge­kehrt tue! Ist mein letzter Gedanke, bevor ich ins Reich der Träume zurückkehre...

    KARFREITAG

    Ein neuer Tag erwacht. Die Sonne lacht. Es wird sicherlich ein herrlicher Tag, ja, ein beschaulicher Tag. Wir haben bereits um kurz vor acht Uhr zwanzig Grad im Schatten. Dies zeigt jedenfalls das Thermometer an, das an der hinteren Innentü­re unseres Vehikels hängt.

    Schon als ich aufstehe, gelüstet es mich nach frisch gebratenem Fleisch. Dieses Phänomen tritt bei mir natürlich nur am Karfreitag auf.

    Hugo ist schon angezogen, d.h. er hat sich wie üblich in seinen völlig zerknautschten Trainingsanzug aus dem Jahre 1980 geworfen. Sexy sieht er darin heute wieder aus, finde ich, und muss natürlich innerlich laut lachen. In die­sem Aufzug wirst du mit Bestimmtheit keine All­gäuer Braut aufreißen, du verkappter Möchtegern!

    Ich habe im Gegensatz zu ihm meinen neuesten, gelb-blauen Jogginganzug angezogen. Dazu kaufte ich mir kürzlich Turnschuhe von Reebok. Versteht sich. Optik heißt das Zauberwort!

    Wir brutzeln uns zum Frühstück eine Pfanne voll mit Spiegeleiern. Dazu gibt es eingelegte Knob­lauchze-hen und frisches Bauernbrot. Wir haben sogar tief gefrorenes Brot in unserem kleinen Kühlschrank aufbewahrt, der natürlich brechend voll mit guten Lebensmitteln ist. Außerdem besit­zen wir noch zusätzlich fünf Kühltaschen, in denen wir unsere Getränke aufbewahren.

    Ich frage ihn: „Wie hast du heute Nacht geschlafen?"

    „Ich?"

    „Ja, ist denn sonst noch jemand hier?"

    „Ich habe gut geschlafen."

    Er wirkt zerstreut, der Bursche. Ich wüsste ja all­zu gerne, was gerade wieder in seinem Kopf vor sich geht.

    „Sag mal, Hugo, träumst du noch, oder was ist los?"

    Ich schiebe mir ein herrliches Stück gebra­tenes Ei in den Mund, dazu zwei kleine Zehen, und lege ein Stück Brot hinterher.

    Kauend erwidert er: „Ich mache mir um diesen Platz hier etwas Gedanken. Er kommt mir wie ein Autofriedhof am See vor."

    „Weißt du schon das Neueste?"

    „Was denn? Bist du schwanger?"

    „Idiot. Wir haben tatsächlich Zuwachs bekommen!"

    „Wen? Wann? Wo?" Sein neugieriger Blick ver­sucht, den Zeltstoff zu durchdringen.

    „Ich war heute Nacht beim Pinkeln draußen, und habe dabei gesehen, dass in zwei der zwölf Ge­fährte Licht brannte."

    „Ehrlich?"

    „Ja."

    „Ich war auch draußen, aber ich sah nichts."

    Er steht auf und wirft einen neugierigen Blick nach draußen. Dann, nach etwa zehn Sekunden, dreht er sich wieder um und setzt sich auf den kleinen, angeknacksten Campingstuhl. Dieser quietscht gequält auf.

    „Und? Hast du jemanden gesehen?"

    „Keine Seele! Hast du dich letzte Nacht nicht doch getäuscht?"

    „Ich war doch nicht besoffen, Mann! Was denkst du denn von mir?"

    „Willst du noch eine Tasse Kaffee, Alex?"

    „Ja, schenk mir noch eine ein!"

    Er gießt mir die Tasse randvoll und sagt: „Könn­test du heute die Türe ölen?"

    „Mach ich, Hugo."

    Er ist also doch wach geworden! Normalerweise würde er mir jetzt sicherlich vorwerfen, dass ich ihn geweckt hatte, aber sicherlich will er unseren Kurzurlaub nicht verderben. Sehr nett von ihm. Hugo und ich verstehen uns von Grund auf her­vorragend. Es hatte in den letzten zwanzig Jahren noch nie auch nur den geringsten Grund gegeben, uns zu entzweien. Gut, wir haben nicht immer die gleichen Ansichten und diskutieren auch des Öfte­ren über dies und jenes, aber im Endeffekt kom­men wir immer zu einer akzeptablen Einigung. Sogar bei den Frauen sind wir uns einig: Er steht auf blond und ich auf Rot- und Schwarzhaarige.

    Etwas später, als wir uns vor unserem DAF-Ge­fährt ein wenig dehnen und recken, hören wir ein lei­ses Motorengeräusch. Die Türe habe ich selbstver­ständlich umgehend geölt.

    „Noch dazu mit Wohnwagen!" Ich konzentriere mich auf die Autonummer des Fahrzeugs, kann sie jedoch ohne meine Brille leider noch nicht erken­nen.

    „HB!"

    „Was - HB?" Frage ich begriffsstutzig.

    „Hansestadt Bremen!"

    „Ja, dort kommen sie, die ersten Preußen!"

    Der über elf Meter lange 100.000-Euro-Zug fährt locker und zugleich majestätisch an uns Beiden im Schritttempo vorbei und eine Frau mit wunder­schönen, grünen Augen, die sich auf dem Beifah­rersitz befindet, winkt uns freundlichst zu. Dann ertönt das Bellen eines Hundes.

    „Schluss mit der Ruhe, Alex!"

    „Mal sehen, ob sie hier bleiben, Hugo!"

    Lady Rothaar höchstpersönlich steigt auf der Bei­fahrerseite aus. Dabei rutscht ihr etwas weites, blumiges Kleid fast ganz nach oben und wir be­kommen einen wunderbaren Einblick auf ihre weißen Schenkel. Hugo erstarrt. Ich auch. Nun schält sich der Ehemann der Dame, nachdem er seinen ewig langen Zug absolut professionell in einem Abstand von knapp drei Metern an unseren DAF heran geparkt hat, aus seinem grünmetallic farbigen AUDI A6. Ein Hund (es dürfte ein Mischling sein) springt indessen fröhlich vom Rücksitz aus dem teuren Wagen und rennt direkt auf uns zu. Mit wütendem Gebell begrüßt er uns und leckt Hugos Hand. Die­ser zieht sie sofort zurück, denn er fürchtet kläf­fende Hunde.

    „Hallo! Wir grüßen Sie!", ruft der Mann, der inzwi­schen auch ausgestiegen ist. Er ist sicherlich zwei Meter groß, hat dunkle Haare und einen überdi­mensionalen Schnurrbart.

    „Seien Sie gegrüßt!", antworte ich.

    Die Dame haucht: „Campen Sie auch hier?"

    Ihr Augenaufschlag ist geradezu perfekt. Einfach einmalig. Filmreif, würde ich sagen! Mein Herz klopft. Laut und deutlich. Sie gefällt mir auf An­hieb.

    „Ja, aber erst seit gestern."

    „Schön, dass wir hierher gefunden haben!", wirft ihr Ehemann ein.

    „Ja, wir übernachteten letzte Nacht auf einem Parkplatz, weil wir nichts Entsprechendes finden konnten. Heute, früh am Morgen, fuhren wir los und suchten weiter. Unser Campingführer ist näm­lich total veraltet!", erklärt sie uns.

    „Na, dann setzen Sie sich doch mal gleich zu uns. Ich heiße Alex, und das ist Hugo!"

    „Ich bin Therese Müller, und das ist mein Mann Günter. Wir freuen uns!"

    „Wir freuen uns auch!", betone ich und betrachte sie innig.

    Sie setzen sich zu uns, nachdem Hugo blitzschnell zwei weitere Campingstühle aus unserem schier unergründlichen Wagen geholt hat, und der Hund bekommt von mir die restlichen Spiegeleier, die noch in der Pfanne klebten. Auch stelle ich ihm ein kleines Schälchen mit frischem Wasser hin.

    Sie lächelt uns an und sagt: „Unser Hund heißt Schatz. Sie ist eine Dame!"

    „Schatz? Ein lustiger Name für einen Hund!", grinst Hugo.

    „Ja, Hugo. Wir wollten eigentlich vor einer Vier­tel-stunde, als wir hier entlang fuhren, dieses mickrige Schildchen mit der Aufschrift CAMPING­PLATZ vorbeifahren, aber Günter meinte, dass es uns hier sicherlich gut gefallen würde."

    „Eine hervorragende Entscheidung, Günter!" Ich grinse ihn an.

    Wenn ich in diesem Augenblick geahnt hätte, was wir hier noch so alles erleben würden, hätte ich mir diesen letzten, alles entscheidenden Satz si­cherlich erspart...

    „Wenn wir schon früher gewusst hätten, dass es diesen kleinen Platz gibt, dann wären wir schon vor Jahren hierher gefahren, was, Schnecki?"

    Er klopft seiner Frau Gemahlin leicht auf die ihm dargebotene, entblößte Schulter. Hugo und ich schauen uns unauffällig an und denken dasselbe: Schnecki! Was für ein lächerlicher Kosename.

    Ich erzähle den beiden Neuankömmlingen die ak­tuellsten Dinge: Dass gestern noch niemand hier war, außer uns, und dass dann letzte Nacht in zwei Wagen Licht gebrannt hatte.

    „Ja, und wo sind diese Leute denn jetzt?", will Schnecki von uns wissen.

    „Fragt uns bitte etwas Leichteres! Also, wir haben bisher noch keine Seele gesehen, außer euch Bei­de!", ergänze ich höflich.

    „Wahrscheinlich schlafen sie noch", meint Hugo und zündet sich in Folge seine fünfte Zigarette an.

    Schatz verfolgt indessen hoch interessiert die kleinen Rauchschwaden. Sie liegt direkt zwischen Thereses rechtem Bein (sie sitzt recht nahe links neben mir) und meinem linken Bein und wedelt mit dem Schwanz.

    „Nun, dann freuen wir uns auf ein paar ruhige, gemeinsame Tage, nicht wahr?"

    Sie wirkt sehr kokett, finde ich, aber Günter ist an ihre Art offensichtlich gewöhnt. Nun gut. Sie ist in der Tat eine sehr gepflegte, gut gebaute und außerdem äußerst sexy wirkende Lady. Ja, das trifft so wohl zu. Wie alt wird sie wohl sein? Fünf­undvierzig? Ja, das könnte hinkommen. Rein rech­nerisch könnte sie fast meine Mutter sein. Aber nur rein rechnerisch.

    Grünauge.

    Ich mache mir trotz Hugos Erklärung, dass die Leute noch schlafen, meine persönlichen Gedan­ken. Im offenen Vorzelt sitzend, überdenke ich die neueste Lage: Normal ist es ja nicht gerade, dass man beim Camping um elf Uhr noch schläft! Wann stehen die Leute denn endlich auf, um sich bei uns vor­zu-stellen? Oder sollen wir uns bei ihnen vorstel­len? Lassen wir es einmal dahingestellt. Hauptsa­che ist doch, dass sie endlich aus ihren Vogelnes­tern herauskommen, diese Schlafmützen!

    Kurz zuvor unterhielt ich mich noch mit unseren neuen Freunden, während Hugo den Abwasch erle­digte. Sie waren genauso perplex wie wir, hier nur diese uralten Autos mit Vogelnestern vorzufinden. Wir sprachen alle Möglichkeiten durch, die erklär­ten, warum all diese seltsamen Gespanne wohl verlassen sind, jedoch kamen wir leider zu keiner vernünftigen Erklärung. Auch auf die ominöse Fra­ge des so unerklärlich warmen Wassers aus den völlig verkalkten Duschhähnen fanden wir keine Antwort.

    Leider.

    Aber dies wird sich ja schon sehr bald klären! Spätestens dann, wenn die ersten Vogelnest-Be­wohner ihr Betten verlassen werden!

    Ich zünde mir eine meiner Sticks an und paffe durch die Gegend. Was sehe ich denn da? Therese schleicht - sie hat sich umgezogen und trägt nun einen phantastischen Bikini - zu mir ins Vorzelt und setzt sich unaufgefordert neben mich.

    „Hast du ein Bierchen für mich, Alex?"

    „Kalt oder warm?"

    „Eiskalt, bitte."

    Sie schlägt ihre formvollendeten Beine gekonnt übereinander. Da könnte sich so manches junge Fotomodell aber eine Scheibe abschneiden, über­lege ich. Ich kann den Blick auch kaum von ihren wunderschönen Brüsten nehmen und dann merke ich, dass sie es merkt. Aber das - ja, genau das - ist sie sicherlich seit Jahrzehnten gewöhnt. Ich spüre sehr deutlich, wie sie es genießt.

    Was für ein Bombenweib!

    „Danke!", haucht sie und wir stoßen an.

    „Auf den wunderschönen Seealpsee, Therese."

    „Ja, Alex." Sie schaut mich dabei an, als ob wir uns schon Jahre kennen würden.

    Halleluja, aber auch! Eigentlich wollte ich ja end­lich einmal fünf Tage ausspannen, und was pas­siert? Theresa erscheint - mir! Warum macht sie sich denn nicht an Hugo heran? Gut, er ist einen Kopf kleiner als ich, jedoch sieht er sehr gut aus, finde ich.

    „Wo ist denn Hugo?", fragt sie mich mit schmach­tender Stimme.

    „Er schläft noch eine kleine Runde, soviel ich ge­sehen habe, Therese."

    „Schlaf macht schön.", ist ihre Antwort.

    „Dann musst du aber schon sehr viel geschlafen haben!"

    Irgendwann komme ich auf die blendende Idee, an den beiden Vogelnestern, in denen letzte Nacht Licht zu sehen war, anzuklopfen. Therese ist von diesem Einfall hellauf begeistert

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1