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DER GRAUE GEIST: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!
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eBook237 Seiten3 Stunden

DER GRAUE GEIST: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!

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Über dieses E-Book

Endlich hatte Lester Trant - der ebenso reiche wie herrische Bewohner eines großen, einsam gelegenen Landsitzes in der englischen Grafschaft Berkshire - einen tüchtigen neuen Chauffeur gefunden, da liegt dieser auch schon mit einer Kugel im Herzen in seinem Garten.

Aus London reist Chefinspektor Flagg an, begleitet von Sergeant Newall. Unterwegs liest man noch einen alten Bekannten auf: Tommy Holland, rasender Kriminalreporter des Monitor, der sich, eine Schlagzeile witternd, sogleich auf den Weg in die Provinz gemacht hat, um der Polizei wie üblich hinterher zu schnüffeln.

Trant lebte schon vor Roofers Tod in Angst und Schrecken: Er zittert vor einem Unbekannten, der sich selbst grauer Geist nennt und von ihm hohe Geldsummen erpresst...

 

Der Roman Der graue Geist des schottischen Schriftstellers John Cassells (ein Pseudonym des Bestseller-Autors William Murdoch Duncan - * 18. November 1909; † 19. April 1975) erschien erstmals im Jahr 1960; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1957.

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum21. Juni 2021
ISBN9783748786283
DER GRAUE GEIST: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!

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    Buchvorschau

    DER GRAUE GEIST - John Cassells

    Das Buch

    Endlich hatte Lester Trant - der ebenso reiche wie herrische Bewohner eines großen, einsam gelegenen Landsitzes in der englischen Grafschaft Berkshire - einen tüchtigen neuen Chauffeur gefunden, da liegt dieser auch schon mit einer Kugel im Herzen in seinem Garten.  

    Aus London reist Chefinspektor Flagg an, begleitet von Sergeant Newall. Unterwegs liest man noch einen alten Bekannten auf: Tommy Holland, rasender Kriminalreporter des Monitor, der sich, eine Schlagzeile witternd, sogleich auf den Weg in die Provinz gemacht hat, um der Polizei wie üblich hinterher zu schnüffeln.

    Trant lebte schon vor Roofers Tod in Angst und Schrecken: Er zittert vor einem Unbekannten, der sich selbst grauer Geist nennt und von ihm hohe Geldsummen erpresst...

    Der Roman Der graue Geist des schottischen Schriftstellers John Cassells (ein Pseudonym des Bestseller-Autors William Murdoch Duncan - * 18. November 1909; † 19. April 1975) erschien erstmals im Jahr 1960; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1957.

    Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

    DER GRAUE GEIST

    ERSTER TEIL

      Erstes Kapitel

    Es regnete, als Ruth Conway die breite Treppe hinabschritt; sie blieb eine Minute am Fenster stehen und sah auf die nassen Wiesen hinaus. Die riesige Galgeneiche vor dem Haus verdeckte mit ihrer gewaltigen Krone teilweise den Ausblick. Ruth dachte gerade daran, wieviel dieser Baum schon erlebt haben musste, als sie Schritte hinter sich hörte. Sie drehte sich um.

    »Ach, Sie sind’s, David! Ich wusste nicht, dass Sie schon zurück sind.«

    David Rizzuto lächelte. Er war mittelgroß, hatte einen auffallend dunklen Teint und trug einen schmalen, schwarzen Schnurrbart.

    »Ja, Miss Ruth, ich bin vor einer halben Stunde zurückgekommen.«

    Sie überlegte einen Augenblick und sagte dann: »Ich brauche Roofer. Er soll mich zu Ada hinüberfallen.«

    Er runzelte die Stirn. »Ich glaube, Roofer überholt den Wagen. Ich werde aber auf jeden Fall nachsehen. Er sagte etwas vom Vergaser.« Er lächelte. »Von diesen Dingen verstehe ich leider gar nichts.« Er gestikulierte mit seinen kleinen, zarten Händen. »Sie haben den großen Baum bewundert? Mr. Trant will ihn fällen lassen.«

    Sie starrte ihn an. »Nein, David! Das ist doch nicht Ihr Ernst?« Er nickte. »Oh, doch. Ich brachte erst heute früh einen Brief zur Firma Caley nach Wood Lynn. Ihr Onkel sprach schon öfter von dieser Absicht.«

    »Tatsächlich? Das wusste ich nicht.«

    Rizzuto sah sie ruhig an. »Vielleicht wollte er es Ihnen nicht sagen. Für ihn ist das keine besonders wichtige Angelegenheit.«

    »Ich will gleich mit ihm sprechen, David. Es wäre jammerschade um den Baum. Er ist schon einige Hundert Jahre alt.« Sie ging den Korridor entlang zur Bibliothek, drückte auf die Klinke der großen Eichentür und trat in das Arbeitszimmer ihres Onkels.

    Es war ein ziemlich kleiner Raum, mit zwei Lehnsesseln, einem Schreibtisch und einigen Bücherregalen ausgestattet. Im Kamin loderte ein Feuer, dessen Widerschein dem Zimmer Farbe und Bewegung verlieh. Einer der großen Sessel war dem Feuer zugewandt. In ihm saß Lester Trant. Er begann zu sprechen, ohne sich umzudrehen.

    »Wo sind Sie denn so lange gewesen, zum Teufel? Ich warte schon eine halbe Stunde auf diesen verfluchten Brief. Wenn es nicht wegen

    »Ich bin es«, sagte Ruth.

    Trant drehte sich um.

    »Oh, du bist’s, Ruth. Entschuldige. Ich dachte, es wäre Rizzuto. Ich warte jetzt eine Stunde auf diesen Trottel, und

    »Als ich hereinkam, hast du von einer halben Stunde gesprochen.«

    Trant erhob sich, ein großer, breitschultriger Mann mit langem, schmalem Schädel, auf dem nur noch vereinzelt Haare wuchsen.

    »Halbe Stunde oder Stunde, das ist doch gleichgültig. Die Tatsache ist, dass er mich warten lässt. Ich habe viel zu tun, Ruth, und das passt mir nicht.«

    »Er war im Dorf«, erklärte sie.

    Trant zog die Brauen zusammen. »Er läuft zurzeit sehr oft ins Dorf. Ich kann mir nicht denken, warum. Jedenfalls werde ich ihm einiges zu sagen haben. Ich kann Unzuverlässigkeit nicht ertragen.«

    Er ging zum Schreibtisch und nahm eine Zigarre aus einem silbernen Kasten. Dann meinte er: »Was hältst du denn von ihm?«

    »Von wem? Von David?«, fragte sie überrascht. »Er scheint recht nett zu sein.«

    Trant nickte grimmig.

    »Natürlich. Aber ich brauche keinen netten Sekretär. Ich brauche einen, der etwas kann. Rizzuto kann nichts.«

    »Was ist denn los?«

    Er zündete seine Zigarre an und knurrte: »Eigentlich nichts. Ich bin schlechter Stimmung heute, Ruth. Rizzuto ist in Ordnung. Er spricht perfekt Spanisch und Italienisch - und diese Kenntnisse sind mir besonders wichtig.«

    Er setzte sich wieder.

    »Was führt dich zu mir? Ich dachte, du wolltest zu Miss Hume?«

    Sie sagte langsam: »Ich habe gehört, dass du die Galgeneiche fällen lassen willst.«

    Trant nickte. »Das stimmt, ich habe mich deswegen mit Caley in Verbindung gesetzt.«

    »Aber warum?«

    Er zuckte die Achseln.

    »Ich habe den Baum nie gemocht - und mir gefallen vor allem die Geschichten nicht, die sich um ihn ranken. Ich will ihn auf jeden Fall beseitigen. Er behindert die Aussicht und verdunkelt mindestens vier Räume. Man hätte ihn schon längst fällen sollen. Es wird viel zu viel Getue um Tradition gemacht.«

    »Er steht seit tausend Jahren dort«, meinte sie leise.

    »Sicher, er ist ziemlich alt. Er soll schon in den uralten Gutsdokumenten erwähnt werden. Ich glaube aber nicht, dass er so alt ist, wie du behauptest.«

    »Du kannst ihn nicht fällen«, sagte sie. »Tausend Jahre - und dann einfach Brennholz. Denk an die vielen Menschen, die unter ihm spazieren gingen, an die Gutsherren und ihre Damen, an die Kinder, die in seinem Schatten spielten. Es wäre Barbarei, ihn zu beseitigen, Onkel. Das kannst du nicht tun.«

    Er sah sie erstaunt an. »Ich wusste nicht, dass er dir so viel bedeutet.«

    Sie blickte in seine kalten, blauen Augen.

    »Es ist so. Als mir David erzählte...«

    Seine Lippen wurden schmal. »Rizzuto hat dir also davon erzählt? Genau die richtige Person für den Posten eines Privatsekretärs. Ich werde ihn mir vornehmen.«,

    »Ich glaube, er ist der gleichen Meinung wie ich«, sagte sie. »Aber davon abgesehen, du musst mich anhören, Onkel. Lass die Galgeneiche stehen. Die Leute würden sich aufregen, wenn du sie zerstörtest.«

    Er lachte grimmig. »Mir ist ziemlich gleichgültig, was die Leute denken.« Er schwieg einen Augenblick. »Also gut, du sollst deinen Willen haben. Der Baum bleibt stehen. Wenn ich gewusst hätte, wie du darüber denkst, wäre ich erst gar nicht auf die Idee gekommen.«

    Sie lächelte erleichtert. »Vielen Dank, Onkel. Ich wusste, du würdest es nicht tun.«,

    Er sah sie scharf an. »Mach dir keine falschen Vorstellungen! Ich halte von Tradition und Vergangenheit nicht mehr als von den Würmern, die meinen Kohl fressen. Wenn ich es wollte, läge die Eiche morgen am Boden.« Er machte eine abschließende Handbewegung. »Übrigens, Moran kommt heute Abend.«

    »Oh.« Sie wurde ein bisschen rot. Sie blickte auf den Diamantring an ihrem linken Ringfinger. Seit drei Monaten war sie mit Moran verlobt, und manchmal fragte sie sich, wie sie eigentlich die Braut dieses tüchtigen jungen Mannes geworden war. Trant beobachtete sie gleichmütig.

    »Kommst du rechtzeitig zum Essen zurück?«

    »Ich hatte es eigentlich nicht vor«, sagte sie zögernd. »Ich wollte mit Ada sprechen.«

    »Ich begreife nicht, warum du so viel Zelt bei Ada verbringst.« Ruth lächelte. »Nun, sie ist eine Frau - und davon gibt es nicht viele hier; wenigstens nicht viele, mit denen ich befreundet sein kann. - Bei Trigg wohnt übrigens zurzeit ein Mädchen. Ich habe sie heute gesehen, als ich vorbeifuhr. Ich muss herausbringen, wer sie ist. - Auf jeden Fall habe ich Ada gerne. Sie - sie ist modern und ziemlich jung.«

    »Moran mag sie nicht«, erklärte er trocken.

    »Gelegentlich besucht er sie aber. Ich habe ihn nämlich schon zweimal dort getroffen.«

    Trant überlegte. »Tatsächlich? Das ist interessant. Als sie noch für mich arbeitete, konnte Moran sie nicht ertragen. Vielleicht machen die tausend Pfund Im Jahr den Unterschied. Lee ist ein kleiner Snob.«

    »Lee ist vieles«, entgegnete sie ruhig, »aber er hat Charakter.« Daran war etwas Wahres, denn Lee Moran besaß mit vierzig Jahren eine halbe Million, und das bewies seine Fähigkeiten; er hatte in einer Versicherung angefangen und sich aus eigener Kraft emporgearbeitet.

    Trant nickte. »Das stimmt. Moran hat Charakter - genug für zwei. Er wird ein guter Ehemann werden.« Er nahm die Zigarre aus dem Mund, betrachtete sie misstrauisch und steckte sie dann wieder zwischen die Zähne. »Lee ist ein anständiger Kerl. Vielleicht ein bisschen hart, aber man muss hart sein, wenn man zu Geld kommen will. Ich bin es auch gewesen - und ich habe mehr als er.« Er lachte. »Eines schönen Tages wirst du eine reiche Frau sein.«

    »Wie meinst du das, Onkel Lester?«

    Er kratzte sich am Ohr. »Ich lebe nicht ewig.«

    »Du bist doch noch ein junger Mann«, erwiderte sie lachend. »Mach dich nicht lächerlich, Onkel!«

    »Ich bin zweiundsechzig«, meinte er nachdenklich. »Das ist nicht so alt. Aber wer weiß, was die nächsten Jahre bringen? Kannst du mir das sagen?«

    Sie schüttelte den Kopf. »Sprich nicht so, Onkel Lester. Ich mag das nicht. Ich habe doch nur dich.«

    »Vielleicht - im Augenblick. In ein oder zwei Jahren wirst du deine eigene Familie haben, große Verantwortung und viele andere Menschen, um die du dich kümmern musst. Ich weiß, wie es im Leben geht.« Er warf seine Zigarre in den Kamin. »Schön, Ruth. Du musst zusehen, dass du fortkommst. Vergiss die Verabredung mit Moran nicht.«

    Sie nickte und ging zur Tür. »Und vergiss du die Eiche nicht.« Er lächelte. »Keine Angst. Ich rufe gleich Caley an und ziehe den Auftrag zurück.«

    Er griff nach dem Telefon. Im gleichen Augenblick klopfte es.

    »Herein.«

    Rizzuto trat ein. »Entschuldigen Sie, Mr. Trant, aber Roofer wartet draußen auf Miss Ruth.«

    Das Mädchen wandte sich ihm zu. »Oh, der Wagen war also doch in Ordnung?«

    »Roofer sagte es mir eben. Ich glaube nicht, dass viel gefehlt hat. Irgendeine Einstellung am Vergaser.«

    Trant hatte den Hörer wieder aufgelegt. »Es ist besser, wenn du dich beeilst, Ruth. Ada wartet nicht gerne.« Er starrte den jungen Mann an. »Übrigens, Rizzuto, Miss Ruth erzählt mir, dass bei Trigg eine junge Dame wohnt. Sie kommen doch oft zu Trigg. Wer ist sie?«

    Für eine Sekunde flammte das Gesicht Rizzutos blutrot auf. »Eine junge Dame, Sir?«

    Trant nickte. »Ja. Ein auffallender Typ. Ich habe sie gestern selbst gesehen. Ich wusste bei dieser Gelegenheit noch nicht, dass sie bei Trigg wohnt. Ich dachte mir, dass ein Mann wie Sie inzwischen alles über sie in Erfahrung gebracht haben dürfte.« Der Sekretär lächelte schwach. »Natürlich! Das muss die junge Dame sein, die neulich aus London hierherkam. Ich habe sie noch nicht gesehen, aber Trigg erzählte mir von ihr. Eine Miss Dreever, sagte er.«

    »Ist sie eine Kellnerin?«

    Rizzuto schoss wieder das Blut ins Gesicht.

    »Ich glaube, sie ist bei der Bühne, Mr. Trant.«

    »Das kann ich mir gut vorstellen«, sagte Lester Trant und entließ beide mit einer Handbewegung.

    Zweites Kapitel

    Rizzuto schloss die Tür. Seine Wangen brannten immer noch. »Mr. Trant hat sich über irgendetwas aufgeregt«, meinte er. Ruth Conway sah ihn sonderbar an. »Ich glaube auch. Onkel Lester kann sehr ungemütlich sein. - Also, David, ich gehe jetzt. Vielen Dank, dass Sie den Wagen bestellt haben.«

    Sie ging die Treppe hinunter, wobei sie sich im Stillen fragte, warum Lester Trant Rizzuto als Blitzableiter für seine schlechte Laune benützte. Es war nicht das erste Mal, dass der Hausherr in einem derartigen Ton mit seinem Sekretär sprach.

    In der Garderobe nahm sie einen weißen Regenmantel vom Haken, schlüpfte hinein und trat durch die Haupteingangstür ins Freie. Roofer war bereits mit dem großen Wagen vorgefahren und stand in seiner sauberen blauen Uniform neben der offenen Tür. Ais sie herankam, legte er die Hand an die Mütze. »Guten Tag, Miss. Mr. Rizzuto sagte, dass sie nach Oak Cottage wollten.«

    »Ja, fahren Sie mich bitte hin, Roofer.« Sie blickte auf die Uhr. »Sie können mich dann gegen sechs Uhr wieder abholen.« Sie stieg ein und lehnte sich zurück. Roofer setzte sich ans Steuer. Sie starrte auf seinen Hinterkopf, als er die Hauptstraße entlangfuhr. Der Chauffeur hatte etwas außergewöhnlich Sauberes und Ordentliches an sich. Er war neu hier. Rizzuto hatte ihn vor einer Woche aus London mitgebracht, und Lester Trant fand nichts an ihm auszusetzen.

    Die Luft roch nach Regen. Der Novemberhimmel war grau und tief verhangen; auf der Windschutzscheibe schlug sich ein feiner Sprühnebel nieder. Sie beobachtete Roofer, als er die Taste für die Scheibenwischer drückte. Eine Weile hörte sie dem stetigen Surren zu, dann sagte sie: »Glauben Sie, dass es Ihnen hier gefallen wird, Roofer?«-  

    Er blickte kurz in den Rückspiegel. »Ja, Miss, ich denke schon.«

    »Nach London wird es Ihnen hier ein bisschen langweilig sein.«

    Roofer hustete. »Ich habe genug von der Stadt, Miss. Sie geht einem auf die Nerven, Übrigens bin ich schon in ruhigeren Steilen gewesen. Ich fuhr zwei Jahre für einen Herrn in Devon - dort war es noch bedeutend stiller als hier in Wood Lynn.«

    »Das wusste ich nicht. David sagte, Sie kämen aus London.« Roofer schüttelte den Kopf. »Nicht ganz, Miss. Ich bin ungefähr zwei Monate in London gewesen. Der alte Mr. Monsor starb im Sommer, und ich stand ohne Stellung da. Ich fuhr nach London, um mich dort nach Arbeit umzusehen, aber ich blieb nicht lange. Nein - ich bin auf die Städte nicht scharf.«

    Er lenkte den Wagen auf einen schmalen Landweg, der zu beiden Seiten mit jungen Buchen bepflanzt war.

    »Das kleine Haus da, wo der Wald anfängt, Miss?«

    »Ja. Man kann den Rauch aus dem Kamin von hier aus sehen.«

    Kurze Zeit später hielt der Wagen vor dem Haus, -dessen oberes Stockwerk aus Holz gezimmert war. Durch die hohen Fenster konnte sie den Widerschein des Kaminfeuers auf den hellgetünchten Wänden sehen. Ein Schatten glitt durch das Zimmer. Als ihr Roofer aus dem Wagen half, öffnete sich die Haustür, und sie erkannte die schlanke Gestalt Ada Humes, die ein langes Hauskleid trug.

    »Guten Tag, Ruth. Ich komme nicht heraus. Es regnet in Strömen.«

    Ruth lachte. »Natürlich nicht. Ich komme schon. Vielen Dank, Roofer. Sie holen mich um sechs Uhr hier ab?«

    Roofer starrte zum Haus hinüber. »Sechs Uhr, sagten Sie? Selbstverständlich, Miss.«

    Er setzte sich in den Wagen, fuhr die Auffahrt zum Haus entlang und wendete dort. Einen Augenblick später entfernte sich das Auto in Richtung Wood Lynn, und Ada Hume führte das Mädchen in ihr helles Wohnzimmer.

    »Wirf deinen Mantel irgendwohin, Ruth! Setz dich an den Kamin! Ella hat den ganzen Morgen Balken gesägt, und jetzt türmen sie sich berghoch. Ich habe gerne ein großes Feuer. Lege die Beine auf den Schemel. Ich sage nur Ella schnell, dass sie jetzt den Tee machen kann.«

    Sie ging zur Küche, während es sich Ruth vor dem Feuer bequem machte.

    Kurz darauf kam Ada Hume zurück. Sie war groß, blond und auf ihre Art äußerst reizvoll. Sie musste einmal ein außergewöhnlich schönes Mädchen gewesen sein. Ihre blauen Augen strahlten, als sie das Zimmer betrat.

    »So, das hätten wir. Ella kocht uns Tee. Ich habe mich schon gefragt, ob du diese Woche vorbeikommen würdest. Heute Morgen traf ich Rizzuto in Wood Lynn. Beinahe hätte ich ihn gefragt.«

    »Ja, ich wollte unbedingt herüberkommen.«

    »Aber Mr. Trant hatte etwas dagegen, nicht wahr?«

    Ruth Conway wurde rot. »Nein, das möchte ich nicht sagen. Onkel Lester ist in manchen Dingen sehr eigenartig, aber er hindert mich nie, das zu tun, was ich will.«

    Ada Hume nickte nachdenklich. »Ich glaube, du hast recht.« Sie schwieg eine Weile. »Er wollte, dass ich drüben in seinem Haus bleibe«, sagte sie langsam. »Habe ich dir das schon erzählt?«

    Ruth schüttelte den Kopf. »Nein. Warum bist du nicht geblieben?«.

    »Weil ich nicht wollte, Ruth. Ich habe in meinem Leben vieles getan, was ich nicht hätte tun dürfen, aber ich tat nicht sehr oft, was ich nicht wollte. Jedenfalls bat mich Lester Trant zu bleiben. Als Onkel Mark starb, hatte ich mich entschieden. Tausend Pfund im Jahr, das ist eine beträchtliche Summe, wenn man sein ganzes

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