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TREFFPUNKT AN DER ALTEN EICHE: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!
TREFFPUNKT AN DER ALTEN EICHE: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!
TREFFPUNKT AN DER ALTEN EICHE: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!
eBook257 Seiten3 Stunden

TREFFPUNKT AN DER ALTEN EICHE: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!

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Über dieses E-Book

Der Tag, an dem Sergeant Newall von Scotland Yard zufällig im Strand - eine der alten Straßen Londons - Mrs. Kelman traf, war im wahrsten Sinne des Wortes ein Schicksalstag, obgleich keiner von beiden in diesem Moment der Begegnung in der Lage gewesen wäre, die seltsamen Ereignisse vorauszusehen, die schon so bald ihre volle und ungeteilte Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen sollten...

 

Der Roman Treffpunkt an der alten Eiche des schottischen Schriftstellers John Cassells (ein Pseudonym des Bestseller-Autors William Murdoch Duncan - * 18. November 1909; † 19. April 1975) erschien erstmals im Jahr 1956; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im gleichen Jahr (unter dem Titel Treffpunkt: Alte Eiche).

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum23. Juni 2021
ISBN9783748786443
TREFFPUNKT AN DER ALTEN EICHE: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!

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    Buchvorschau

    TREFFPUNKT AN DER ALTEN EICHE - John Cassells

    Das Buch

    Der Tag, an dem Sergeant Newall von Scotland Yard zufällig im Strand - eine der alten Straßen Londons - Mrs. Kelman traf, war im wahrsten Sinne des Wortes ein Schicksalstag, obgleich keiner von beiden in diesem Moment der Begegnung in der Lage gewesen wäre, die seltsamen Ereignisse vorauszusehen, die schon so bald ihre volle und ungeteilte Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen sollten...

    Der Roman Treffpunkt an der alten Eiche des schottischen Schriftstellers John Cassells (ein Pseudonym des Bestseller-Autors William Murdoch Duncan - * 18. November 1909; † 19. April 1975) erschien erstmals im Jahr 1956; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im gleichen Jahr (unter dem Titel Treffpunkt: Alte Eiche).

    Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

    TREFFPUNKT AN DER ALTEN EICHE

    ERSTER TEIL

      Erstes Kapitel

    Der Tag, an dem Sergeant Newall von Scotland Yard zufällig im Strand - eine der alten Straßen Londons - Mrs. Kelman traf, war im wahrsten Sinne des Wortes ein Schicksalstag, obgleich keiner von beiden in diesem Moment der Begegnung in der Lage gewesen wäre, die seltsamen Ereignisse vorauszusehen, die schon so bald ihre volle und ungeteilte Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen sollten.

    Es war an einem Nachmittag Ende Oktober. Frost lag in der Luft, und eine zitronenfarbene Sonne hing niedrig am herbstlich dunstigen Himmel. Eine hagere, in Gedanken versunkene Gestalt bummelte müßig im Strand entlang, und ein wachsamer Beobachter hätte auf den melancholischen Zügen Sergeant Noel Newalls die leisen Anzeichen einer glücklichen Stimmung, ja, sogar eine gewisse milde Versöhnlichkeit in seinem Blick entdecken können. Der Primrose-Hill-Fall war am selben Morgen abgeschlossen worden, und ein weiser Polizeirichter hatte Manuel Stratton, schon seit langer Zeit ein Dorn im Auge der Londoner Polizei, mit seinem Gesuch abgewiesen, ihn gegen Stellung einer Kaution auf freien Fuß zu lassen. Der zuständige Commissioner persönlich hatte einige sehr anerkennende Bemerkungen gemacht über die Findigkeit und den hervorragenden Scharfsinn Sergeant Newalls, und zudem winkten ihm in greifbarer Nähe drei längst fällige, freie Tage - kurz und gut, London war im Augenblick ein überaus angenehmer und erfreulicher Aufenthaltsort.

    An der Ecke der Duncannon Street hielt Sergeant Newall inne, ließ seine Augen beifällig in die Runde schweifen und zündete sich eine Zigarette an. Er war eben im Begriff, das abgebrannte Streichholz wegzuschleudern, als er eine sehr elegant gekleidete Frau bemerkte, die ihn überholte, ohne ihn mit mehr als nur einem flüchtigen Blick zu streifen. Eine Sekunde lang starrte er hinter ihr her und heftete sich dann sogleich an ihre Fersen. Nach wenigen Metern hatte er sie erreicht.

    »Hallo, Lottie.«

    Die Frau drehte sich bei seinen Worten um. Sie war schätzungsweise Anfang Vierzig und hatte ein angenehmes, sympathisches

    Gesicht. Einen Moment lang sah sie ihm mit fragenden, leicht erstaunten Augen an. »Sollten wir uns kennen?«

    Newall zeigte ein dünnes, etwas müdes Lächeln.

    »Ich denke doch. Wir haben uns schon früher einmal getroffen. Am zehnten Mai 1946. Und zwar im Old Bailey Gerichtshof. Sie trugen damals einen grünen Tweedmantel und einen dazu passenden Hut. Außerdem hatten Sie

    Lottie Kelman seufzte.

    »Ich gebe es auf. Der allwissende Newall, nicht wahr?«

    »Erraten«, bestätigte Sergeant Newall. »Was macht Mark?«

    Sie schloss die Augen, wie um anzudeuten, dass Mark Kelman ihrem Gedächtnis weit entschwunden war. »Ich habe ihn wohl ein Jahr lang nicht mehr gesehen.«

    Sergeant Newall wurde neugierig.

    »Was Sie nicht sagen? Erzählen Sie mir nur nicht, dass die Strafe für seine Sünden ihn am Ende ereilt hat.«

    Mrs. Kelman zuckte die Achseln.

    »Sie kennen doch Mark. Wir konnten einfach nicht mehr miteinander auskommen. Die Affären, in die dieser Mann dauernd verwickelt war... Na, kurz gesagt, wir haben uns getrennt. Zum Glück hatten wir keine Kinder. Sie wissen ja, wie das die Dinge immer erschwert.«

    Sergeant Newall war selbst kein Familienvater.

    »Ja, sie sind wohl oft ein Klotz am Bein«, meinte er freimütig. »Natürlich kenne ich das alles nur vom Hörensagen.« Er betrachtete sie aufmerksam. »Sie sehen aber aus, als ob Sie ganz gut allein mit dem Leben fertig würden, Lottie.«

    »Mir geht’s nicht schlecht. Ich habe immer ein oder zwei Eisen im Feuer.«

    »Das glaube ich Ihnen«, versicherte Sergeant Newall. Er sah mit zusammengekniffenen Augen auf seine Armbanduhr. »Es ist Viertel nach drei. Was würden Sie zu einer Tasse Tee sagen, um die Zeit totzuschlagen?«

    Mrs. Kelman war sichtlich überrascht und warf ihm einen schelmischen Blick zu. »Sie wollen mich doch nicht etwa ausführen, Sergeant?«»

    »I bewahre«, antwortete Newall wenig charmant. »Streng dienstlieh, Lottie.« In seiner Stimme war ein Ton, der ihr von früher her bekannt vorkam. Sie stieß ein kurzes Lachen aus.

    »Ach, daher weht der Wind - nein, ich habe leider keine Zeit.«

    »Sehr schade«, sagte Newall. »Dann muss ich mich wohl an Mark selbst wenden.« Er bemerkte ein ärgerliches Aufflackern in ihren, dunklen Augen, aber plötzlich lenkte sie ein.

    »Also gut. Ich werde mir die Zeit dafür nehmen. Aber ich habe eine Verabredung für vier Uhr, und die darf ich nicht versäumen.«

    »Das werden Sie bestimmt nicht«, versprach Newall. Er führte sie in eine nahegelegene Teestube, in der nur etwa ein Dutzend Tischchen standen. Die meisten davon waren nicht besetzt. Sergeant Newall war ihr beim Ablegen behilflich und schob ihr einen Sessel hin.

    »So, sehen Sie, Lottie. Jetzt eine Tasse Tee. Und wie war’s mit einem Stück Kuchen dazu?«

    »Nein, vielen Dank.« Sie lächelte resigniert. »Ich muss auf meine Figur achten.«

    »Ich kann beim besten Willen keinen Fehler an ihr entdecken«, sagte Newall galant und setzte sich ebenfalls. Nachdem das Serviermädchen eine Kanne Tee und eine Auswahl von Tortenstücken gebracht hatte, lehnte er sich in seinen Stuhl zurück und sah wohlgefällig seinem sympathischen Gegenüber beim Tee-Einschenken zu.

    Sie blickte zu ihm auf. »Ein oder zwei Stückchen Zucker?«

    »Drei«, bat Sergeant Newall. »Ich liebe Süßigkeiten.« Er nahm einen kleinen überzuckerten Kuchen vom Teller und biss die Hälfte davon ab. »Sehen Sie, ich bemühe mich schon seit einem Monat, zuzunehmen. Aber es scheint unmöglich zu sein. Wo, sagten Sie, wohnt Mark jetzt?«

    Sie zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich kümmere mich nicht mehr um ihn.«

    »Komisch«, meinte Newall. »Sorgt er nicht für Ihren Unterhalt?«

    Mrs. Kelmans Lachen klang höhnisch.

    »Halten Sie das für möglich? Sie kennen doch Mark. Trinken ist eine schreckliche Angewohnheit. Ein Mann, der dem Alkohol verfällt, rennt schnurstracks bergab in sein Verderben. Davor habe ich ihn wohl hundertmal gewarnt. Er wollte nie auf mich hören, und jetzt - na ja - jetzt ist es genauso gekommen.«

    Sergeant Newall rührte in seinem Tee.

    »Ich wusste nicht, dass Mark Gewohnheitssäufer geworden ist.«

    Sie lächelte schwach.

    »Es gibt viele Dinge, die Sie nicht wissen, Sergeant. Das ist nur eins davon. Aber sprechen wir nicht über Mark. Wenn ich von dem Burschen höre...« Sie schwieg. Es war offensichtlich, dass Sie sich nicht imstande fühlte, ihre Meinung über Mark Kelman in Worte zu fassen, und Sergeant Newall seufzte.

    »Es ist ein Jammer. Und was machen Sie?«

    »Ich arbeite. Nein, Sie brauchen mich nicht so anzusehen. Ich habe einen richtigen Job - und noch dazu einen guten. Den besten, den ich jemals hatte.«

    Newall griff nach einem zweiten Stück Kuchen.

    »Diese rosafarbenen sind nicht schlecht. Wo arbeiten Sie?«

    »Außerhalb der Stadt. Auf dem Lande. Ich komme nur ab und zu einmal herein, wenn ich meinen freien Tag habe.«

    »Und was tun Sie?«

    Sie warf ihm einen argwöhnischen Blick zu.

    »Hören Sie, Sergeant, was soll das alles? Wollen Sie mich aushorchen? Ich hätte große Lust, einfach aufzustehen und wegzugehen. Woher nehmen Sie das Recht, mir derartige Fragen zu stellen?«

    Newall seufzte. »Ich wette, es ist wieder dasselbe alte Spiel. Sie haben einen reichen Mann gefunden...«

    Lottie Kelman sah ihn entrüstet an.

    »Wenn Sie es genau wissen wollen: Ich arbeite als Krankenpflegerin.«

    »Als Krankenpflegerin?« Sergeant Newall war überrascht. »Was verstehen Sie denn davon? Ich wusste gar nicht, dass Sie dafür ausgebildet sind.«

    Sie lächelte kalt. »Es muss wohl eine erschreckende Tatsache für Sie sein, zu entdecken, dass es etwas gibt, was Sie nicht wissen. Aber es ist die Wahrheit. Ich bin augenblicklich bei einem älteren Herrn - und es gefällt mir sehr gut da. Ich habe es besser getroffen als jemals zuvor, und es ist mir völlig gleichgültig, ob es jemand weiß oder nicht.«

    »Jedenfalls scheint es eine feine Stellung zu sein«, sagte er. »Sehen Sie mich dagegen an. Ich muss so viel herumlaufen, dass ich bald nur noch aus Haut und Knochen bestehe. Ein Schatten meiner selbst. Um mich bei Kräften zu halten, bin ich gezwungen, süßen Tee zu trinken und eine Menge Kuchen zu essen. »Wie, sagten Sie, war der Name des Herrn?«

    Mrs. Kelman schüttelte den Kopf.

    »Ich sagte ihn nicht, Sergeant, und ich habe auch nicht die Absicht, es zu tun.«

    Der allwissende Newall stieß einen verzweifelten Seufzer aus. »Sie sind mir ein Rätsel, Lottie. Mit Ihrem Aussehen und Ihrem Köpfchen könnten Sie wahrhaftig etwas Einträglicheres tun, als Krankenpflegerin spielen. Aber ich nehme an, dass Sie selbst das am besten entscheiden. Was ist eigentlich aus Joe Rice oder Ed Daney geworden? Ist Ihnen jemals einer von diesen Burschen dort begegnet, wo Sie pflegen?«

    Sie lächelte belustigt. »Nein, kein einziger von dieser Bande, und ich wünsche es mir auch nicht. Ich sehe, Sie glauben mir nicht, Sergeant. Na - das muss ich Ihnen überlassen. Es ist die reine Wahrheit, anscheinend etwas, was Sie schon lange nicht mehr gehört haben. Noch Tee?«

    Newall hielt seine Tasse hin.

    »Seien Sie sparsam mit dem heißen Wasser. Ich mag ihn gern stark.« Er nahm die Tasse zurück und rührte trübsinnig darin herum. »Wissen Sie, ich habe oft an Sie und an Mark gedacht, Lottie. Besonders an Mark. Erinnern Sie sich noch an die Geschichte mit dem Herrn, der das Perlenkollier verlor?«

    »Freilich. Sie meinen Carl Wittus?«

    »Hieß er so? Ja, ich glaube, Sie haben recht.« Newall blickte sie träge an. »Das war ein toller Fall. Und die Perlen sind nie wieder aufgetaucht. Sie waren mit zwölftausend Pfund versichert. Das ist ein Haufen Geld, sogar heutzutage«

    »Allerdings«, sagte sie. »Aber seien Sie überzeugt, Wittus konnte das verschmerzen. Ich jedenfalls weigere mich, einen Mann zu bedauern, der Geld genug hat, Perlenhalsbänder zu kaufen. Das ist bei weitem mehr, als ich mir leisten kann.«

    »Sie brauchen sie sich ja auch nicht zu kaufen«, bemerkte Newall und sah, wie sich ihre Augen verengten.

    »Sollte das eine freche Anspielung sein, Sergeant? Wenn Sie damit sagen wollen, dass ich

    »Wo denken Sie hin, Lottie. Sie sollten mich doch besser kennen. Meine Hochachtung vor Ihnen könnte nicht größer sein. Aber ich habe mich oft gewundert, wie merkwürdig die Sache mit dem Halsband war. Wittus hat es nie der Polizei gemeldet. Wie reimen Sie sich das zusammen? Sie wissen doch sonst auf alles eine Antwort?« Mrs. Kelman lächelte und schenkte sich Tee ein.

    »Ich habe noch keinen Gedanken daran verschwendet«, erwiderte sie. »Ich wüsste wirklich Besseres zu tun.«

    Newall tat einen tiefen Atemzug.

    »Ich wünschte, ich hätte Ihr Gewissen. Immerhin bin ich froh, Sie getroffen zu haben und von Ihnen und Mark und von Ihrer Krankenpflegerei zu hören. Sagten Sie nicht, dass Sie endgültig in diesen Beruf hinüberwechseln wollten, oder war das eine Einbildung von mir?«

    »Wahrscheinlich Ihr Gedächtnis, das Sie im Stich gelassen hat«, spöttelte sie. »Ja, ja, das kommt so mit dem Alter. Sie haben auch schon ganz hübsch lange Zähne. Fünfzig werden Sie wohl jetzt mindestens sein.«

    Sergeant Newall lachte gutmütig.

    »Ich bin genau zwei Jahre, vier Monate und einen Tag jünger als Sie, Lottie. Da staunen Sie, was? Ich habe mir die Mühe genommen, mich darüber zu informieren.«

    Sie biss sich auf die Lippen, aber gleich darauf lachte sie wieder. »Ich wusste nicht, dass Sie so sehr daran interessiert waren, Sergeant.«

    »Ich interessiere mich für vielerlei«, antwortete Newall selbstzufrieden. »Nehmen Sie zum Beispiel Geographie. Was wissen Sie über die Chinook-Winde? Das ist ganz leicht. Die Chinook-Winde wehen an den Ostabhängen der Rocky Mountains, drüben in Kanada. Im Sommer sind sie kühl - im Winter milch Im Zeitraum von wenigen Stunden können sie ganze Berge von Schnee wegtauen - jedenfalls wird das behauptet. Oder wissen Sie, was Höhenlinien sind? Nein? Das sind die Linien, die man auf den Landkarten durch alle Punkte gezogen sieht, die in der gleichen Höhe über dem Meeresspiegel liegen. Aber falls Sie sich nicht für Geographie erwärmen, wie steht’s mit Geschichte? Wie hieß der Admiral, der die englische Flotte während der Einnahme von Quebec befehligte? Ich sage, es war Admiral Saunders.«

    Lottie Kelman stellte ihre Tasse ab.

    »Was für umfassende Kenntnisse Sie haben, Mr. Newall. Ich wollte, ich hätte Ihr Gedächtnis. Das muss Ihnen doch in Ihrem Beruf sehr zustatten kommen.«.

    »Zuweilen schon«, gab Newall zu. »Aber häufig ist es schon mehr ein Fluch als ein Vorteil. Fortwährend kommen die Leute an, um ihre Wetten bei mir auszutragen, anstatt selber in Büchern nachzuschlagen. Und andere wieder versuchen unentwegt, mich bei einem Irrtum zu ertappen. Sie kennen ja die Schwächen der menschlichen Natur aus eigener Erfahrung, Lottie.«

    »Ich war sechzehn Jahre verheiratet«, bemerkte sie trocken. Newall zuckte verständnisinnig die Schultern. »Dann erübrigt sich jedes weitere Wort.«

    Mrs. Kelman sah auf ihre Uhr und erhob sich.

    »Du meine Güte, ich hatte keine Ahnung, dass es schon so spät war. Ich muss ja zu meiner Verabredung.«

    »Das erwähnten Sie bereits«, stellte Newall fest. »Um vier Uhr. Es war gut, dass ich Sie traf. Dadurch ersparte ich mir die Mühe, nach Ihnen suchen zu müssen. Mr. Flagg wird es sehr interessieren, wenn ich ihm davon erzähle. Er sprach gerade vor wenigen Tagen von Ihnen. Und von Mark«, ergänzte er nachdenklich. »Hauptsächlich von Mark. Er wird es sehr bedauern, so traurige Neuigkeiten zu hören.«

    »Davon bin ich überzeugt«, erwiderte sie mit undurchdringlichem Gesicht. »Sie arbeiten also immer noch bei Flagg. Ich habe ihn seit ein oder zwei Jahren schon nicht mehr gesehen. Ist er noch genauso fett?«

    »Und genauso schlau«, gab Newall prompt zurück.

    Sie stieß ein kurzes hartes Lachen aus.

    »Anscheinend. Jedenfalls kommt er in der Presse immer sehr gut weg. Wie macht er das nur?«

    Newall lächelte ohne eine Spur von Neid.

    »Er klärt eben viele schwere Fälle auf«, sagte er, »und bringt tu«, Menge gerissene Leute hinter Schloss und Riegel. Da wir gerade von gerissenen Leuten reden - Mr. Flagg ist der Ansicht, dass Mark doch sehr viel mehr über den Wittus-Fall gewusst hat, als damals herausgekommen ist.«

    Mrs. Kelmans Blick richtete sich voll ausgesprochener Bosheit auf ihn.

    »Mr. Flagg scheint viele verrückte Ideen zu haben«, sagte sie. »Aber das ist wohl eine der verrücktesten, die ich mir denken kann. Das können Sie ihm von mir bestellen.«

    »Sehr gern«, versprach Newall.

    »Und es kümmert mich wenig, was jetzt noch mit Mark geschieht«, setzte sie fast grimmig hinzu. »Sagen Sie ihm das auch noch.« Sie hob ihre Handtasche auf und klemmte sie unter den Arm. »Vielen Dank für den Tee, Sergeant. Es war mir ein Vergnügen. Guten Tag.«

    Sie verließ mit raschen, festen Schritten das Lokal, und Sergeant Newall sah ihr ziemlich interessiert nach.

    Zweites Kapitel

    Ein Taxi kam gerade vorbei, als Lottie Kelman auf die Straße hinaustrat, und mechanisch hob sie die Hand, worauf der Mann anhielt. Sie stieg ein.

    »Bringen Sie mich zu Sevadian«, sagte sie.

    »Das Restaurant, Ma’am?«

    »Ja. Kennen Sie es?«

    Es hatte den Anschein, denn er fuhr ohne weitere Fragen ab, und sie warf noch einen Blick auf die Tür der Teestube zurück. Aber von Sergeant Newall war nichts zu sehen. Sie nahm aus ihrer Tasche ein Etui, steckte sich eine Zigarette an und setzte sich zurecht. Die Begegnung mit Newall war reiner Zufall gewesen - dessen war sie sicher, aber das Interesse, das dieser melancholische Mann für ihre Angelegenheiten gezeigt hatte, brachte sie etwas aus der Fassung, um es milde auszudrücken.

    Sie hatte eben ihre Zigarette aufgeraucht, als das Taxi in eine enge Straße einbog und sie die kleinen, matt erleuchteten Fenster von Sevadian erkannte, Sie stieg aus, bezahlte den Fahrer und ging hinein. Ein langer, schmaler Korridor führte in einen weiten, behaglichen Raum, an dessen einer Seite ein Kaminfeuer brannte. Aus der Küche im Hintergrund waren geschäftige Laute zu vernehmen, aus denen man leicht schließen konnte, dass Sevadian selbst mit seinem Angestelltenstab tatkräftige Vorbereitungen für die wichtigen Ereignisse des Abends traf.

    Sie setzte sich an einen Ecktisch, und im selben Moment tauchte ein kleiner gedrungener Mann auf, der sie wiedererkannte und sie strahlend begrüßte.

    »Ah, natürlich, Mrs. Kelman. Mr. Mark ist noch nicht hier.«

    »Das sehe ich«, sagte sie. »Bringen Sie mir einen Kaffee, George.«

    »Sofort.« Er eilte in die Küche zurück und erschien bald darauf wieder mit einem Tablett.

    »Wünschen Sie sonst noch etwas?«

    »Im Augenblick nicht«, erwiderte sie. Noch während sie sprach, hörte sie Schritte.

    George drehte sich um.

    »Ah, da ist Mr. Mark schon. Wie geht es Ihnen, lieber Freund?« Mark Kelman machte eine grüßende Handbewegung. Er war ein großer, breitgebauter Mann mit einer Neigung zu Fettansatz. Früher mochte er wohl einmal auffallend gut ausgesehen haben, das sah man ihm heute noch an, trotz der leicht aufgedunsenen Züge und der etwas nach vorn fallenden breiten Schultern. Sein Blick blieb auf der Frau haften.

    »Hallo, Lottie. Du warst schon vor mir hier. Tut mir leid. Ich wurde durch einen blöden Kerl aufgehalten, den ich traf. Ich hatte ihn seit Jahren nicht gesehen und konnte ihn nicht so schnell wieder loswerden. Bringen Sie mir einen Whisky, George. Meinen Sie, dass es möglich ist?«

    George deutete an, dass er diesen Wunsch erfüllen könnte, und kehrte mit einem Glas zurück.

    »Jetzt lasse ich Sie allein. Wir müssen nämlich das Diner für heute Abend vorbereiten. Werden Sie auch hier sein - ja?«

    »Nein«, antwortete Kelman. »Arbeit, Arbeit. Sie wissen ja, wie es ist.«

    »Schade«, meinte George. »Na, dann vielleicht ein anderes Mal?« Lottie

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