Eine Novelle aus dem Powder-Mage-Universum: Mord im Kinnen-Hotel
Von Brian McClellan
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Über dieses E-Book
Doch im Ersten Revier läuft der Hase anders. Durch den Mord an der Geliebten eines Geschäftsmannes wird Adamat in eine unerwartete Welt voller Verschwörungen und politischen Machenschaften gezogen, wo er seinen ganzen Verstand aufbringen muss, um seinen unsichtbaren Feinden einen Schritt voraus zu sein und seine Freunde – und sich selbst – vor der Guillotine zu bewahren.
Die fantastische Romansaga wird derzeit als TV-Serie umgesetzt.
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Buchvorschau
Eine Novelle aus dem Powder-Mage-Universum - Brian McClellan
MORD IM KINNEN-HOTEL
Zweiundzwanzig Jahre vor den Ereignissen aus »Blutschwur« …
Adamat stiefelte durch den Matsch und Schnee auf den Straßen und betrat den freigeschaufelten Zugang zum Haus des Viscount Brezé. Das vierstöckige Stadthaus im Samalian-Bezirk war von einem drei Meter hohen, schmiedeeisernen Zaun umgeben, und der winzige Vorgarten war schneebedeckt. Ein halbes Dutzend Polizisten wuselte auf der Straße vor dem Stadthaus herum, und im Inneren des Hauses befanden sich wahrscheinlich noch einmal doppelt so viele. Zwei große Polizeiwagen parkten auf der Straße und blockierten sie, was nur dafür sorgte, dass die wachsende Traube von Schaulustigen noch größer wurde.
Subtiles Vorgehen, dachte sich Adamat, ist nicht die Stärke der Adopester Polizei vom Ersten Revier.
Sein altes Revier wäre niemals so schlampig gewesen. Das würde er gegenüber dem Captain erwähnen müssen. Eine Ansage an die Kutscher, nicht mitten im Verkehr zu parken, würde schon ausreichen. Er betrat das Haus, zog seinen Übermantel und seinen Hut aus und schüttelte den geschmolzenen Schnee ab, bevor er beides dem Butler übergab.
»Wer sind Sie?«, fragte der Butler mehr als nur ein wenig feindselig. »Niemand sonst darf das Haus betreten. Es trampelt hier schon jeder ein und aus, und die Dame des Hauses …«
»Ich«, fiel Adamat ihm ins Wort, »bin Sonderermittler Wachtmeister Adamat. Ich bin hier auf Geheiß des Reviercaptains. Bitte zeigen Sie mir, wo sich der Tatort befindet.«
Der Butler schloss seinen Mund und richtete sich kerzengerade auf. Er nahm Adamats Hut und Stock entgegen und zeigte den Gang hinunter. »Im Esszimmer.«
Adamat verfluchte seine Dummheit, als er in Richtung Esszimmer ging. Er hätte den Butler ausreden lassen sollen. Was war mit der Dame des Hauses? Hatte sie einen Wutanfall? Trauerte sie? Irgendetwas dazwischen? Es hätte ihm weitere Informationen gegeben, mit denen er sich ein Bild von den politischen Verhältnissen des Haushalts hätte machen können. Denn Politik würde eine Rolle spielen. Hinter jedem Adligen, der seine Spielchen auf dem großen Spielfeld der adronischen Politik spielte, stand ein ganzer Haushalt, in dem jeden Tag ganz ähnliche Spielchen in einem kleineren Rahmen gespielt wurden.
Und manchmal, so wie an diesem Morgen, führten diese Spielchen zu Mord.
Er gab dem Wetter die Schuld für seine Ungeduld und schlüpfte zwischen zwei Polizisten hindurch, die am Eingang zum Esszimmer standen und glotzten. Im Esszimmer hielt er kurz inne, um ein Taschentuch aus seiner Tasche zu holen und es sich vor die Nase zu halten.
Er hatte in seiner jungen Karriere bei der Adopester Polizei schon schlimmere Tatorte gesehen, aber nicht viele.
Viscount Brezé war ein großer, schlanker Mann in seinen Dreißigern gewesen, der vorzeitig kahlköpfig geworden war und seinen Schnurrbart lang wachsen gelassen hatte, um eine vorstehende Oberlippe zu verbergen. Er lag mit dem Gesicht nach unten in der Nähe der kalten Feuerstelle inmitten eines dunkelroten Flecks. Im halben Esszimmer waren Blut und Stückchen seines Gehirns und Schädels verteilt.
Adamat sah sich den Tatort an und prägte sich alles innerhalb eines Augenblicks in sein Gedächtnis ein. Dazu bediente er sich seiner Begabung, einer geringen magischen Fähigkeit, die es ihm erlaubte, sich an absolut alles zu erinnern. Er fragte sich, wie irgendein Polizeiermittler ohne diese Fähigkeit zurechtkam.
Er bemerkte die blutige Bratpfanne, die in der Ecke lag, und den blutverschmierten Kerzenhalter neben der Leiche.
Ein Mann mittleren Alters mit schmaler Taille und breiten Schultern kniete über der Leiche des Viscounts. Wie Adamat trug er eine braune Anzugjacke und eine dazu passende Weste und Hose anstatt dem Schwarz und Silber der Adopester Polizei, aber sein Auftreten und die Sorgfalt, mit der er die Leiche untersuchte, reichten aus, dass Adamat bereits eine Ahnung hatte, um wen es sich handelte.
»Leutnant Dorry?«, fragte Adamat.
»Der bin ich«, antwortete Dorry. Ohne aufzusehen, winkte er die beiden Polizisten im Eingang zu sich. »Dann wollen wir ihn mal umdrehen.«
»Warten Sie noch einen Moment«, sagte Adamat. »Ich würde mir die Leiche gerne noch ein paar Momente lang anschauen, bevor sie bewegt wird.«
Dorry schaute leicht verärgert hoch. »Und Sie sind?«
»Sonderermittler Wachtmeister Adamat.«
»Oh. Sie.« Dorry schniefte. »Sie sind mit dem neuen Captain vom Zwölften Revier gekommen?«
»Das bin ich«, antwortete Adamat. »Sobald ich heute Morgen angekommen war, hat mich der Captain hierhergeschickt. Ich kann ab hier übernehmen.«
Dorry schaute fassungslos zu den beiden Polizisten hoch. »Wie alt sind Sie?«
»Dreiundzwanzig«, antwortete Adamat und versuchte, seine Verärgerung zu verbergen. Alle wollten immer sein Alter wissen. Alter taugte höchstens als Gradmesser dafür, wie viel Erfahrung man besaß, aber Adamat hatte mehr Erfahrung als Ermittler als der Großteil der adronischen Polizei.
»Aha. Und seit wann«, fragte Dorry, »gibt hier ein Wachtmeister die Befehle?«
Adamat richtete sich auf. »Beim Zwölften Revier habe ich bei neun Morden die Ermittlungen geleitet, und jeder dieser Fälle wurde erfolgreich abgeschlossen.«
»Ein Wachtmeister als Ermittler«, sagte Dorry mit einem falschen Lachen. »Ich leite diese Ermittlung. Dieses Revier ist direkt dem Kommissar unterstellt. Ganz gleich, welche Privilegien Ihnen der Captain in Ihrem alten Revier eingeräumt hat, hier läuft der Hase anders. Wachtmeister leiten keine Ermittlungen, vor allem nicht bei einem Fall, bei dem der Adel involviert ist.«
Adamat blinzelte Dorry an und versuchte, sein Vorgehen zu überdenken. Er war nicht mehr im Zwölften. Und Dorry hatte recht, normalerweise leiteten Wachtmeister keine Fälle dieser Art. Er kannte diese Polizisten noch nicht, und sie kannten weder ihn noch seine Fähigkeiten. Er würde sich gedulden müssen.
»Ich bin nur hier, um zu helfen.« Adamat breitete freundschaftlich die Arme aus.
Dorry beäugte ihn ein paar Momente. »Nun«, sagte er dann, »leider werden wir Ihre Talente heute nicht in Anspruch nehmen müssen, Wachtmeister.«
Adamat umkreiste die Leiche, wobei er sorgfältig darauf achtete, nicht in das getrocknete Blut zu treten. Er bemerkte mehrere Blutspuren, die von der Leiche wegführten. »Sie haben bereits einen Verdächtigen?«
»Eine Verdächtige.«
»Und sie hat gestanden?«
»Noch nicht, aber das wird sie vor Ende des Tages. Es ist ein einfacher Fall. Ich bin mir sicher, dass selbst Sie das sehen können.«
Adamat vollendete den Kreis und hielt inne, um seinen Frust nicht zu zeigen. Im Kopf ging er durch, was er über Dorry gehört hatte: Er war ein starrköpfiger Ermittler, faul an seinen schlechtesten Tagen und nachlässig an seinen besten – und das waren Informationen, die er von Dorrys Freunden hatte. Er war außerdem der Neffe des Kommissars.
»Und wer war es?«, fragte Adamat.
Dorry stand auf und ließ die Leiche von den beiden Polizisten umdrehen. Auf der Vorderseite von Brezés Abendjacke klebte getrocknetes Blut, sein Gesicht war erstarrt mit offenem Mund und leeren, trüben Augen. Dorry verschränkte die Arme und schenkte Adamat ein schmales Lächeln. »Sie sind der Starermittler des Zwölften. Erzählen Sie’s mir.«
»Ich vermute«, sagte Adamat, »dass Sie die Köchin beschuldigen.«
Die beiden Polizisten tauschten einen Blick aus. »Dafür hat Dorry zwei Stunden gebraucht«, flüsterte einer von ihnen.
Dorry warf ihnen beiden einen bösen Blick zu. »Und wie sind Sie zu dem Schluss gekommen?«
»Da wäre zunächst die Bratpfanne«, sagte Adamat. Er durchwühlte seine sauber abgespeicherten Erinnerungen und suchte Zeitungsartikel, Gerüchte und sonstige Quellen nach Informationen über Viscount Brezé ab. »Es war bekannt, dass der