Eine Novelle aus dem Powder-Mage-Universum: Die Geister des Tristanmoors
Von Brian McClellan
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Über dieses E-Book
Als sie ein verzweifelter Hilferuf aus der nahen Stadt Planth erreicht, sind die Geisterpartisanen nicht die einzigen, die ihm folgen, und Taniel muss sich mit einem weiteren Helden der Revolution auseinandersetzen: Oberst Ben Styke, dem Anführer der Wilden Ulanen. Aber in der jungen fatrastanischen Regierung liegt einiges im Argen, und von der Verteidigung von Planth hängt mehr ab, als Taniel und seine Begleiter ahnen können.
Die fantastische Romansaga wird derzeit als TV-Serie umgesetzt.
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Buchvorschau
Eine Novelle aus dem Powder-Mage-Universum - Brian McClellan
DIE GEISTER DES TRISTANMOORS
Acht Monate vor den Ereignissen aus Blutschwur …
Taniel Zwei-Schuss schlich durch das trübe, brusthohe Wasser des Tristanmoors und hielt Ausschau nach den verräterischen Kräuselwellen der Boas und Sumpfdrachen. Er blieb im Schatten der großen Zypressen und hielt sein Gewehr, seinen Ausrüstungsbeutel und sein Pulverhorn über den Kopf. Die brummenden Insekten, Vogelrufe und das Platschen der Tiere, die ab und zu ins Wasser sprangen, wurden vom heftigen Klopfen seines eigenen Herzens begleitet, das in seinen Ohren trommelte wie eine Pauke.
Trotz seiner Bedenken, was die lokale Tierwelt anging – es war keine Seltenheit, dass Unachtsame unter Wasser gezogen wurden und nie wieder auftauchten –, hatte Taniel gerade dringendere Sorgen. Falls er seinen Palo-Führern Glauben schenken konnte, befanden sich achtzig Kez-Soldaten in seiner Nähe, von denen jeder mit den allerbesten Musketen bewaffnet war und die selber lokale Führer dabeihatten.
Einer von ihnen stand mit dem Rücken zum Wasser auf einer trockenen Anhöhe, keine zwanzig Schritt entfernt von Taniels Position.
Taniel stieß mit dem Zeh gegen eine hervorstehende Wurzel, und er spürte, wie ihm das Herz in die Hose rutschte, als er nach vorne trieb und sein Kinn gefährlich ins Wasser tauchte. Er widerstand dem Drang, laut nach Luft zu schnappen, und stieß sich stattdessen mit dem anderen Fuß ab, sodass sein Kopf und sein Gewehr über Wasser blieben. Seine Bewegung sorgte für eine kleine Welle am Fuß der nächsten Zypresse.
Der Kez-Soldat vor ihm gab kein Anzeichen dafür, dass er es bemerkt hätte.
Taniel blieb stehen und hielt die Luft an, bis die Kräuselwellen verebbten, dann schlich er weiter. Die Uferböschung stieg stark an, und zuerst tauchten Taniels nackte Schultern aus dem Wasser auf, dann seine Brust, dann der Gürtel seiner Wildlederhose. Er legte sein Gewehr und seine Ausrüstung am Ufer der Anhöhe ab und zückte sein Gürtelmesser.
Er brauchte drei lange Schritte, bis er den Kez-Soldaten erreichte, ihm eine Hand auf den Mund legte und ihm mit der anderen die Klinge seines Messers an die Kehle hielt.
»Ein Geräusch, und du bist tot«, flüsterte Taniel auf Kez. »Nicke, wenn du das verstanden hast.«
Der Soldat versteifte sich, als ihn das Messer berührte. Aus dieser Nähe konnte Taniel den Schweiß und die pilzartige Fäule seiner Haut riechen sowie den anhaltenden Gestank von Scheiße, der auf eine Ruhrerkrankung schließen ließ. Der Soldat war wahrscheinlich Mitte zwanzig – mindestens fünf Jahre älter als Taniel – und hatte lange, schwarze Koteletten und eine frische Narbe seitlich am Kinn. Er zitterte und nickte leicht.
»Gut«, sagte Taniel. »Ich bin Captain Taniel Zwei-Schuss, und ich bin gerade in einer ziemlich heftigen Pulvertrance. Ich könnte dich töten, aber das tue ich nur ungern, also lass uns einfach locker bleiben, alles klar?« Er nahm die Hand vom Mund des Soldaten. »Wie heißt du?«
»Gefreiter Jibble, Sir.«
Taniel nahm die Pulverladungen aus Jibbles Beutel und steckte sie ihm in die Jackentasche. Er tätschelte die Tasche, dann entwaffnete er ihn. Nachdem er seinen eigenen Beutel und sein Gewehr geholt hatte, kehrte er wieder zu dem Soldaten zurück.
Jibble war steif wie ein Brett. Ein leichtes Beben in der Stimme verriet seine Furcht. »Sie sind der Pulvermagier?«, fragte er flüsternd. »Derjenige, der die Privilegierte Slattern getötet hat?«
Slattern. Taniel hatte den Namen schon mal gehört – eine Privilegierte mittleren Ranges im Kez-Kabal. Taniel ignorierte die Frage und wartete stumm, wobei er die Augen auf den Sumpf gerichtet hielt.
Fast eine ganze Minute verging, bis eine kleine, schmale Gestalt zwischen den Zypressen weiter oben auf der Anhöhe hervortrat. Sie war ein Mitglied des Palo-Stammes, der Taniel und seiner Kompanie von Partisanen im Krieg gegen die Kez unterstützte. Obwohl sie wie eine Palo aussah mit ihrem hellroten Haar und der von aschfarbenen Sommersprossen übersäten Haut, war sie wie er eine Außenseiterin, und ihr angespanntes Verhältnis zu ihrem Stamm bedeutete, dass sie hier in Fatrasta zu seiner festen Begleiterin geworden war.
Taniel hielt sie wegen ihres schmächtigen Körperbaus für eine junge Teenagerin, aber in ihren grünen Augen lag ein cleverer Trotz, der ihn immer ein wenig beunruhigte. Außerdem hatte er gesehen, was sie mit der Machete ausrichten konnte, die sie an ihrem Oberschenkel trug.
Sie hatte ein kleines Stück Schilfrohr zwischen den Zähnen, und die Vorderseite ihrer Wildlederhose war blutdurchtränkt.
»Heute ist dein Glückstag, Jibble«, sagte Taniel zu dem Soldaten.
»Sir?«
Taniel zeigte mit dem Kinn auf das Mädchen. »Du bist an mich geraten statt an sie. Warum hat das so lange gedauert, Pole?«
Ka-poel grinste ihn auf diese Art an, die er so irritierend fand, und deutete auf das Blut an ihrer Hose.
»Die andere Wache?«, fragte Taniel.
Sie fuhr sich mit dem Daumen über den Hals und schaute dabei Jibble in die Augen. Der Soldat musste schlucken und schaute zwischen Taniel und Ka-poel hin und her, als wüsste er nicht, vor wem er am meisten Angst haben sollte. Ka-poel deutete auf Jibble und schaute Taniel mit hochgezogener Augenbraue an.
»Nein«, antwortete Taniel leise, »wir töten ihn nicht. Nicht, wenn er sich klug anstellt.«
Ka-poel zuckte mit den Schultern, so als sei es ihr egal.
»Ihr Lager?«, fragte Taniel.
Ka-poel zeigte in eine Richtung und hielt dann zehn Finger in die Luft. Hundert Meter im Osten, auf einer großen Anhöhe, die seine eigenen Leute von Zeit zu Zeit nutzten. An der Rückseite der Anhöhe war eine tiefe Rinne, und ihre Flanken waren geschützt von beinahe undurchdringlichen Zypressenhainen. Taniel hatte nicht vor, sich da durchzukämpfen.
»Also gut.« Taniel stieß Jibble sanft den Lauf seines Gewehrs in den Rücken. »Schön langsam und leise. Pole, sag den anderen, sie sollen sich bereithalten.«
Ka-poel schürzte die Lippen und stieß einen lauten, schrillen Pfiff aus, den sie am Ende trällerte wie ein Sumpfsperling. Sie wartete drei Sekunden, dann wiederholte sie das Signal, dann wartete sie noch mal acht Sekunden und wiederholte es ein drittes Mal. Die Antwort kam einen Moment später zurück. Ka-poel nickte Taniel zu, dass sie sich auf den Weg zum Kez-Lager machen sollten. Sie steckte ihre Hände in die Aufschläge ihrer Wildlederweste wie ein Gentleman bei einem Spaziergang im Stadtpark und ging neben ihm her.
Das Lager bestand aus einer Ansammlung von schlammverkrusteten Zelten und Schlafsäcken, die ohne erkennbare Ordnung auf der Anhöhe verteilt waren. Der Gestank von Krankheit lag über dem Lager, und sie kamen an einem halben Dutzend Männer vorbei, die mit den Köpfen zwischen den Knien über einer flachen Latrine kauerten und jämmerlich stöhnten. Taniel entdeckte drei Leichen, die unfeierlich zur Seite geworfen worden waren.
Sie waren bereits fast in der Mitte des Lagers angekommen, bevor sie jemand bemerkte. Ein Soldat, der neben dem größten Zelt auf einer Wurzel hockte, schaute von seiner Schnitzarbeit hoch und machte große Augen.
»Feind in Sicht!«, rief er auf Kez und rappelte sich auf. »Feind in Sicht!« Er holte eine Muskete hinter seinem improvisierten Sitz hervor und richtete sie auf Taniel.
Das Lager rührte sich, Männer und Frauen kamen mit gezückten Musketen und Degen aus ihren Zelten oder von ihren Wachposten. Alle riefen in der allgemeinen Panik durcheinander, während sie in alle Richtungen nach dem Feind suchten und erwarteten, dass jeden Moment eine Armee aus den Zypressen über sie herfiele.
Ein älterer Gentleman trat aus dem größten Zelt hervor. Sein Hemdkragen war aufgeknöpft und sein Gesicht blass, aber seine Haltung war tadellos, während er sich seine Jacke anzog und dabei die ganze Zeit eine Pistole in der Hand hielt. Die Abzeichen an seiner Jacke wiesen ihn als einen Major aus. Er erfasste die Situation mit einem Blick, dann beäugte er Ka-poels blutige Wildlederhose und musterte Taniel von oben nach unten. Er warf seine Pistole fort und machte einen großen Schritt weg vom nächsten Soldaten.
Er kannte die Geschichten. Er wusste genau, mit wem er es hier zu tun hatte. »Ordnung im Lager!«, bellte er.
Allmählich verebbte das Chaos, und Taniel sah sich den Läufen von mindestens fünfzig Musketen sowie dem unerschütterlichen Blick des Majors gegenüber.
»Was geht hier vor sich?«, forderte der Major.
Der Gefreite Jibble leckte sich über die Lippen. »Tut mir leid, Sir. Sie haben mich auf meinem Posten überwältigt.«
»Haben Sie geschlafen?«
»Nein, Sir! Er war so leise wie ein … nun, wie ein Geist, Sir.«
Ein Raunen ging durch die Soldaten, als er das Wort »Geist« aussprach. Der Kez-Major dachte einen Moment darüber nach, dann sprach er Taniel auf Adronisch an. »Wer sind Sie und was tun Sie in meinem Lager?«
»Ich«, sagte Taniel laut auf Kez, »bin Taniel Zwei-Schuss. Ich bin ein Captain der Geisterpartisanen von Tristan.« Ein Schlurfen und Knarren ging durch das Lager, als die Soldaten die Abzüge ihrer Waffen fester griffen und sichereren Stand suchten. »Nur