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FEUERPROBE (Retreat 5): Horror-Thriller
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FEUERPROBE (Retreat 5): Horror-Thriller
eBook326 Seiten4 Stunden

FEUERPROBE (Retreat 5): Horror-Thriller

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Über dieses E-Book

Eine unbekannte, mysteriöse Krankheit verwandelt die Einwohner Bostons in sadistische, blutgierige, irre lachende Killer - die Crazies!
Nur ein tapferes Infanterie-Bataillon kämpft gegen die irren infizierten Horden an und versucht, die wenigen verbliebenen Überlebenden zu beschützen. Und das gesamte Land zu retten …
"Wow. Scheiße, ich brauche einfach mehr Sterne." - Amazon.de
Nach den Ereignissen von Band 4 haben die Lightfighters von Colonel Lees 10th Mountain herbe Verluste erlitten. Die übrig gebliebenen Soldaten sind von den anhaltenden Kämpfen erschöpft und zermürbt. Und doch wartet bereits die nächste Mission auf die Einheit: Sie sollen sich nach Fort Stewart begeben und dort Dr. Courtney Moreau finden, eine der Entwicklerinnen jenes Virus, welches nun die Menschheit ausrottet. Deren Immunität könnte der Grundstein für die Entwicklung eines Gegenmittels sein. Die Sache hat nur einen Haken; Fort Stewart wird bereits von den Crazies belagert …
SpracheDeutsch
HerausgeberLuzifer-Verlag
Erscheinungsdatum31. Jan. 2020
ISBN9783958354838
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    Buchvorschau

    FEUERPROBE (Retreat 5) - Stephen Knight

    Autor

    Kapitel 1

    »Hier spricht die Präsidentin der Gespaltenen Staaten von Amerika. Meinen infizierten amerikanischen Mitbürgern sage ich … HAW, HAW, HAW, HAW, HAW HAW, HAW, HAW, HAW! Die Zeit zum Töten ist da!

    Doch jetzt im Ernst. Ich will, dass sich alle militärischen Einheiten unter meinem Kommando nach Fort Stewart, Georgia, in Bewegung setzen. Einer der Vier Reiter ist dort. Ich weiß nicht, welcher, aber das ist mir auch egal! Ich will, dass er oder sie vor den widerwärtigen Nichtinfizierten gerettet und an einen sicheren Ort gebracht wird, wo ich ihm meine persönliche Ehrerbietung erweisen kann.

    Infiziert alle, die sich euch entgegenstellen. Falls ihr sie nicht infizieren könnt? Dann tötet sie! Tötet jeden, der sich euch in den Weg stellt – aber bringt mir den Reiter!

    Macht es jetzt!

    HAW, HAW, HAW, HAW, HAW, HAW, HAW, HAW, lasst die Wichser bluten!«

    Kapitel 2

    Lee erwachte durch das ferne Geräusch gluckernder Rohre, das Flüstern der Klimaanlage und das widerhallende Brummen weit entfernter Maschinen, die taten, wozu auch immer sie konstruiert worden waren. Die Dunkelheit, die ihn umgab, war absolut und machte seine Augen im Grunde nutzlos. Selbst Stevie Wonder hätte besser erkennen können, was nur einen halben Meter entfernt vor ihm lag, als er es konnte. Wenn er sich jemals bildlich vorstellen müsste, wie es aussehen würde, in die dunkle Leere hinauszuschreien, dann würde es so sein wie hier.

    Er lag in der Dunkelheit und lauschte. Nichts deutete auf Gefahr hin. Das leuchtende Zifferblatt seiner Uhr sagte ihm, dass es 0423 war; lange vor seiner geplanten Aufwachzeit um 0500. Trotzdem fühlte er sich nicht müde. Matt, ja … die Mattigkeit würde ihn noch monatelang, wenn nicht sogar jahrelang begleiten, angesichts dessen, was das Bataillon bereits während seiner kurzen Kommandozeit durchgemacht hatte. Aber die wachsende Erschöpfung, die ihn aus der Bahn zu werfen gedroht hatte, wurde zumindest für den Moment in Schach gehalten. Sein XO hatte recht gehabt. Etwas Schlaf in einer Umgebung zu bekommen, in der er sich nicht darüber Sorgen machen musste, dass ihm ein Klown eine Tasse infizierte Pisse ins Gesicht goss, war eine großartige Idee gewesen.

    Doch die Abschottung vom Bataillon und vom Kommandostab sorgte dafür, dass er sich unruhig und haltlos fühlte. Er musste den wiedereroberten High-Point Komplex verlassen und sich auf den Weg zurück an die Oberfläche machen, wo das 55ste weiterhin in Verteidigungsposition lagerte und auf die nächste Angriffswelle der Infizierten wartete. Lee befand sich mehr als zwanzig Meter unter ihnen, eine schwere, explosionsgeschützte Tür und Tonnen von behauenen Felsen und befestigten Aufbauten trennten ihn von den Truppen. Das war nicht richtig. Er sollte auch an der Oberfläche sein und sich den gleichen Risiken aussetzen wie sie, nicht auf einem Bett unter der Erde liegen, wo er eine heiße Dusche und drei Mahlzeiten bekam und in eine normale Toilette anstatt in einen Müllsack scheißen konnte.

    Lee hatte inzwischen erkannt, dass er den Kompanieführer in sich immer noch nicht hatte abschütteln können. In seinem letzten Karriereabschnitt war er stets viel näher am Ort des Geschehens dran gewesen. Natürlich hatte er auch da Soldaten kommandiert. Aber er war immer noch einer von ihnen gewesen. Nun sorgten die silbernen Eichenblätter, die er trug, für einen Bruch, den er so nicht empfand. Es wurde erwartet, dass er einer von ihnen blieb und sich gleichzeitig abschottete, ein hervorragender Militärstratege, der zwar die gleiche Uniform trug, aber auch in der Lage war, Gefechtsverluste als akzeptable Folge zu betrachten, um die Mission zu erfüllen. Harry Lee fand das verrückt. Die Soldaten waren das Öl, das die Militärmaschinerie am Laufen hielt. Wenn man zu viele davon verlor, erfasste es den gesamten Apparat und ließ ihn vollständig stillstehen.

    Er musste wieder zur Oberfläche.

    Lee hatte seine paar Stunden ungestörte Ruhe gehabt, war geborgen gewesen, während er gleichzeitig zugelassen hatte, dass die Männer und Frauen unter seinem Kommando seinen blassen weißen Arsch bewachten und die Klowns in Schach hielten.

    Es war an der Zeit, zurückzukehren.

    Kapitel 3

    Das Bataillon blutete aus.

    Command Sergeant Major Doug Turner richtete sich auf und sah seine höherrangigen Unteroffiziere über die verbeulte Motorhaube seines Humvee hinweg an. Die Morgendämmerung war noch nicht ganz angebrochen, sodass die Männer eher wie Trugbilder als wie Soldaten wirkten, ihre Mienen waren trotz des sich im Osten langsam aufhellenden Himmels nicht zu deuten. Er hätte seine Rotlicht-Taschenlampe auf sie richten können, aber das war unnötig. Turner wusste, was er sehen würde. Bei vier Männern mit zusammengenommen über hundert Jahren militärischer Erfahrung würde sie ihm nicht mehr als einen Haufen knallharter Arschlöcher zeigen.

    »Bist du dir da sicher?«, fragte er. »Weide? Bist du wirklich sicher?«

    »Sie werden nicht nur vermisst, Doug. Das haben uns die Kommandeure ihrer Einheiten bestätigt und trotzdem haben wir auch noch selbst nachgesehen. Sie sind abgehauen.«

    Turner sah den Mann an, der neben Weide Zhu stand. »Boats?«

    First Sergeant Boats zuckte leicht mit den Achseln, die Bewegung war in der Dunkelheit kaum zu erkennen. Er hielt seine zuverlässige Remington 870 Schrotflinte in beiden Händen. »Was soll ich sagen? Der Scheiß ist wirklich wahr.«

    »Es passiert schon eine ganze Weile«, sagte Master Sergeant Riggs. »Zunächst waren es immer nur einer oder zwei, und wir konnten nicht sicher sein, ob sie nicht während der ganzen Feindkontakte im Kampf getötet worden waren. Doch jetzt? Wir sind uns inzwischen ziemlich sicher.«

    »Nachdem jeder herausgefunden hat, dass die Präsidentin ein Klown ist, fangen immer mehr Soldaten an, sich aus dem Staub zu machen«, ergänzte Sergeant First Class McAllister. »Um die Wahrheit zu sagen, ich würde vermutlich dasselbe tun, wenn meine Familie nicht hier wäre. Zu wissen, dass sich die oberste Führung des Landes mit diesen Monstern einlässt, reicht aus, um mich dazu zu bringen, euch allen sagen zu wollen: Fickt euch!«

    Turner richtete seine Taschenlampe wieder auf die handschriftliche Liste, die ihm die Soldaten erst vor wenigen Minuten übergeben hatten. Er betrachtete die Namen, die alle in Boats’ makelloser Blockschrift notiert worden waren. Und am Ende war die Auflistung zusammengerechnet worden.

    »Ihr wollt mir also erzählen, dass innerhalb von vier oder fünf Tagen über sechzig Soldaten vom Bataillon desertiert sind und ihre ganze Ausrüstung mitgenommen haben.« Das war keine Frage. Turner hatte bereits selbst gespürt, wie die Stärke des Bataillons versickerte, eine Art seltsame Vorahnung, die er in seinen Knochen spürte. Dass seine Bully-Boys ihm die Beweise für diesen Auflösungsprozess gebracht hatten, hätte ihn nicht überraschen sollen, aber für Turner fühlte es sich trotzdem so an, als wäre er direkt in den Bauch geschlagen worden. Soldaten beim Heer waren auch nur Menschen, und Menschen wurden unter ständigem Stress müde und erschöpft. Doch Lightfighter spielten in einer ganz anderen Liga. Sie sollten in der Lage sein, das alles abzuschütteln. Sicher, auch sie hatten genörgelt, aber alle Soldaten meckerten herum, das war eine Grundvoraussetzung. Doch reichte das wirklich aus, um zu desertieren?

    »Ja, aber erst, nachdem sie sich mit zusätzlicher Munition und weiteren Vorräten versorgt hatten«, sagte Riggs. »Allerdings haben sie sich nicht mit irgendwelchen Fahrzeugen aufgehalten. Da draußen gibt es viele zivile Transportmittel, die höherwertiger sind.«

    »Keine Sorge, Doug«, sagte Boats. »Sie sammeln sich wahrscheinlich gerade beim nächstgelegenen Cadillac-Händler und reißen sich alle Escalades unter den Nagel, die sie in die Finger bekommen können, um damit ihre Stripper-Freundinnen aufzugabeln. Sie sollten also leicht aufzuspüren sein.«

    Weide regte sich. Als er sprach, hatte seine Stimme keinen scherzhaften Unterton. Er klang absolut geschäftsmäßig. »Nun, okay. So sieht es aus, Sarmajor. Je länger wir hierbleiben, desto mehr werden wir ausbluten. Wenn wir ausrücken, werden die Jungs und Mädchen weniger Lust aufs Desertieren bekommen. Sie werden viel zu beschäftigt sein, um darüber nachzudenken. Im Moment haben wir dieses Gebiet unter Kontrolle, und die Klowns können sich nicht mit uns anlegen. Aber hier es ist einfacher für Soldaten, über den Zaun zu verschwinden. Auf der Straße ist das etwas ganz anderes.«

    »Aber wir haben etwa sechzig Gewehre weniger als noch am Montag. Für mich sieht das auf dem Papier überhaupt nicht positiv aus«, sagte Riggs. »Scheiße, vielleicht sollte ich ja auch desertieren.«

    »Würdest du das machen? Bitte?«, antwortete Boats.

    »Leck mich, Boats. Du warst doch bei der Küstenwache, da kannst du das, und ich bin mir sicher, du bist darin fantastisch.«

    »Was glaubst du, wie ich zum reichsten Mann des ganzen Regiments geworden bin, Schnuckelchen?«

    »Du hast diese Zahlen von den jeweiligen Kommandeuren der Einheiten bekommen?«, fragte Turner und sah Weide an. Der Verlust von etwa sechzig Gewehren in einer knappen Woche war ein ernstes Problem. Die wiederholten Angriffe der Crazies, die das Bataillon auf dem Weg von seiner ursprünglichen Militärbasis in Boston nach Süden hatte abwehren müssen, hatte die Einheit bereits erheblich geschwächt.

    »Ja. Und wenn nicht von ihnen, dann von den höherrangigen Unteroffizieren.« Weide machte eine kurze Pause. »Einige der Jungs sagten, sie hätten es dem Hauptquartier gemeldet.«

    »Tatsächlich? An wen denn?«

    »Dem XO.« Die Art und Weise, wie er den Dienstgrad betonte, zeigte Turner, dass Weide nicht viel von Major Walker hielt, dem Executive Officer des Bataillons. Turner selbst teilte diese Meinung nicht unbedingt, da er mit Walker, seit dessen Ankunft im Bataillon, mehr oder weniger die ganze Zeit über zusammengearbeitet hatte, aber das war im Moment nicht wichtig. Wirklich wichtig war hingegen, ob Walker den Colonel nicht über die Situation ihrer militärischen Stärke informiert hatte.

    »Ich werde es Lee melden«, sagte Turner, faltete die Liste zusammen und steckte sie in eine seiner Taschen.

    »Ja, das sollte jemand machen«, bestätigte Boats, »weil es so aussieht, als ob Major Buddy Fucker es nicht getan hat.«

    »Ich hab’s verstanden, Boats. Ich kümmere mich darum. Danke, dass ihr die Lauferei erledigt habt, Leute. Jetzt macht euch wieder an eure Aufgaben … wir müssen uns um etwas kümmern, was immer noch für ein leichtes Infanterie-Bataillon gehalten wird.«

    Die Männer nickten und verschwanden in der Dunkelheit. Turner blieb allein bei seinem Humvee stehen und überlegte, was zum Teufel gerade passierte. Gleichzeitig fragte er sich, ob Florida wirklich ein realistisches Ziel war, oder nur ein Traum, der es nicht wert war, geträumt zu werden.

    Kapitel 4

    »Tut mir leid, Major. Der Kerl will einfach nicht verschwinden und …« Der junge Sergeant, der Walker gegenüberstand, wirkte im schwachen Licht des Trailers der Taktischen Einsatzzentrale, als würde er sich unbehaglich fühlen. »Nun, er scheint Führungserfahrung zu haben.«

    »Führungserfahrung?«, fragte Walker und rieb sich die Augen. Sie brannten, als stünden sie in Flammen. Auf der Straße hatte er die Situation unter Kontrolle behalten können und nicht mit so vielen unwichtigen Unterbrechungen zu kämpfen gehabt – das Marschieren unter Beschuss hielt solche Dinge ziemlich gut in Schach. Aber seitdem das Bataillon um den aktuellen Standort herum sein Lager aufgeschlagen hatte, waren die ganz normalen und alltäglichen Schreckgespenster mit voller Wucht über ihn hergefallen. Normalerweise störte das Walker nicht. Er war bisher clever genug gewesen, um fast jedes triviale Problem mit Leichtigkeit zu lösen, doch das galt nur für die normalen Einsätze in Friedenszeiten. Hier und jetzt, wo grausame Irre die Welt regierten, war nichts mehr alltäglich. Jede Beschwerde, jedes Problemchen und jeder noch so beschissene Fehler musste sehr genau überprüft werden, um sicherzustellen, dass sie nicht irgendwann mal das Bataillon – oder, was noch wichtiger war, ihn – am Arsch kriegten.

    Und jetzt wollte einer der Zivilisten, für die das Bataillon Kindermädchen spielte, mit ihm sprechen. Nicht mit Lee, sondern mit ihm. Mit nur drei Stunden Schlaf auf seinem Konto war eine weitere Beschwerdeliste von jemandem, der verdammt dankbar sein sollte, dass er vom Bataillon gerettet worden war, das letzte, was Walker hören wollte.

    »Ja, Sir«, sagte der Sergeant. »Eindeutig Führungserfahrung.«

    »Definieren Sie das, wenn es Ihnen nichts ausmacht?«

    »Wie ein O-6.«

    Walker blinzelte. »Wie bitte? Ein Colonel?« Er musste sich zurückhalten, um nicht ein echter Colonel zu fragen. »Ich dachte, Sie sagten, er sei Zivilist?«

    »Ja, Sir. Das ist er, oder zumindest ist er wie einer angezogen. Aber, äh, er hat Befehlsautorität, wenn Sie wissen, was ich meine?«

    Walker rieb sich das Kinn. Es war stoppelig. Rasieren war auf seiner Prioritätenliste etliche Positionen nach unten gerutscht. »Was will er?«

    Der Soldat zuckte unter seiner kompletten Kampfausrüstung mit den Achseln. »Sie könnten ihn selbst fragen, Sir.«

    Walker seufzte und sah sich im Tactical Operation Center um. Die Generatoren, die draußen brummten, leuchteten es komplett aus, und obwohl momentan lediglich die Überwachung der Patrouillen als Aufgabe anstand, war die Zentrale voll besetzt. Viele unliebsame Mithörer, weswegen Walker entschied, dass er das Gespräch lieber vertraulich führen wollte.

    »Ich treffe ihn draußen«, sagte er dem Sergeant. »Ich will hier drin keine Zivilisten haben.«

    Der Sergeant nickte. »Ihre Entscheidung, Sir. Ich bringe Sie zu ihm.«

    Walker zu dem Mann zu bringen, der ihn treffen wollte, bedeutete, sich umzudrehen und die Tür des Anhängers, die nach draußen führte, zu öffnen. Sobald der Sergeant durch die Tür getreten und auf dem Boden gelandet war, konnte Walker die Person sehen, die mit ihm sprechen wollte. Es war ein großer, hochgewachsener Mann, der in dem Licht, das aus dem TOC nach draußen fiel, etwas knochig wirkte – die Verdunkelungsvorhänge im TOC waren nicht heruntergelassen worden, aber da es ohnehin bald hell wurde, spielte das keine Rolle mehr. Der Mann trug verblasste Jeans und ein marineblaues T-Shirt, das eine beachtliche Muskulatur erkennen ließ. Obwohl sein Haar weitestgehend grau war und an den Schläfen weiß wurde, war er in guter Form. Walker schätzte sein Alter auf etwa sechzig Jahre.

    Und tatsächlich zeigte etwas an seiner Körperhaltung, dass dies ein Mann war, den man besser nicht verarschen sollte.

    »Sir, Sie wollten mich sprechen? Ich bin Major Walker, Executive Officer des Bat…«

    »Walker, wissen Sie, dass Ihre Einheit ein Problem mit Deserteuren hat?«, unterbrach ihn der Mann.

    Walker blinzelte. Die Frage hatte ihn kalt erwischt, und schlimmer noch, sie sorgte dafür, dass sich der Sergeant, der den Mann zu ihm geführt hatte, umdrehte und Walker fragend ansah. Walker wandte sich dem Mann zu und deutete in die Ferne.

    »Sergeant, Sie können wegtreten«, sagte er. »Danke für Ihre Hilfe.«

    »Verstanden, Sir.« Der Soldat griff nach seinem M4, machte auf dem Absatz kehrt und marschierte in die Dunkelheit davon. Walker seufzte, wandte sich wieder dem älteren Mann zu und sah ihm direkt in die Augen. Da war kein Respekt in dessen Körperhaltung, kein Hinweis darauf, dass Walkers Rang oder die Uniform, die er trug, den Mann irgendwie beeindruckten. Das störte ihn. Auch wenn er noch nicht viele der Zivilisten getroffen hatte, die unter dem Schutz des Bataillons standen, so waren es doch einige gewesen, und bei denen schwang immer ein Hauch von Dankbarkeit mit. Der Mann vor ihm schien ein Stück von Walkers Arsch zu wollen, und das beunruhigte ihn.

    »Sir, können Sie sich identifizieren?«

    »Kief Tackaberry. Ehemaliger Kommandant der 7. Leichten Flugbrigade. Wie in … Colonel Kief Tackaberry. Lightfighter, genau wie Sie.«

    Walker blinzelte erneut. »Aah, ja, … die Siebente … wurde die nicht außer Dienst gestellt?« Mühsam versuchte er sich an Einzelheiten zu dieser alten Division zu erinnern. Ihm war, als wäre die Einheit in Fort Ord in Kalifornien stationiert gewesen, das man bereits während der Clinton-Administration geschlossen hatte, damals, als er noch selbst auf die Highschool gegangen war. Er rechnete kurz nach. Wenn der Mann vor ihm in den Neunzigern Brigadekommandant gewesen war, dann müsste er jetzt mindestens siebzig Jahre alt sein.

    »Wurde es, und zwar 1994«, bestätigte Tackaberry. »Ich war der letzte Kommandant der Flugbrigade. Ich mag zwar alt sein, Major, aber ich bin kein Idiot.«

    Walker hob beschwichtigend die Hände. »Sir, vielleicht können wir noch mal von vorn anfangen. Was genau wollen Sie von mir?«

    »Sie scheinen ein Problem mit Desertionen zu haben, Major. Als XO sollten Sie darüber unbedingt Bescheid wissen.« Der große, pensionierte Colonel hielt einen Moment inne und beugte sich dann nach vorn. »Sie wissen doch darüber Bescheid, oder?«

    Während sich Walker bemühte, eine passende Antwort zu formulieren, tauchte der kommandierende Sergeant Major des Bataillons aus der Dunkelheit neben dem TOC auf. Er warf Tackaberry einen Blick zu, dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf Walker.

    »Entschuldigen Sie, Major. Wir müssen uns unterhalten«, sagte Turner.

    »Aah, Sergeant Major Turner. Okay. Darf ich Ihnen Colonel Tackaberry … pensionierter Lightfighter aus Fort Ord vorstellen?«, antwortete Walker.

    »Der Sarmajor und ich werden uns gleich miteinander bekannt machen, Walker«, antwortete Tackaberry. »Aber, mein Junge, ich habe Ihnen eine konkrete Frage gestellt, die Sie bisher noch nicht beantwortet haben.«

    »Colonel, bei allem Respekt, ich glaube nicht, dass ich Ihnen auch nur das Geringste erklären muss«, erwiderte Walker heftig.

    »Ach, wirklich.« Tackaberry legte seinen Kopf zur Seite. »Okay, na dann. Sarmajor Turner, wie viele Desertionen gab es um die letzte Woche herum?«

    Während er die Frage stellte, drehte sich der hochgewachsene Colonel so schnell zu Turner um, wie ein automatisches Maschinengewehr, das sich auf sein Ziel ausrichtet.

    Dieser trat automatisch einen Schritt zurück, dann lächelte er wie ein Reh, das im Scheinwerferlicht eines herandonnernden Sattelschleppers gefangen war.

    »Sir, nach meinen Berechnungen waren es annähernd sechzig Desertionen«, antwortete Turner.

    Walker starrte ihn mit offenem Mund an und fragte sich, warum um alles in der Welt ausgerechnet der kommandierende Sergeant Major ihm den Dolch in den Rücken stieß.

    Tackaberry richtete seinen Blick wieder auf Walker. »Major? Wollen Sie mir allen Ernstes erzählen, dass Ihr CO darüber Bescheid weiß? Weil ich nämlich keine Bemühungen erkennen kann, mit denen die Leute bei der Stange gehalten werden sollen, und das ist ein ziemlich ernstes Problem.«

    »Um das wir uns kümmern werden, Sir«, entgegnete Walker. Die Antwort klang selbst in seinen Ohren ziemlich lahm.

    Tackaberry drehte sich abrupt zu Turner um. »Stimmt das, Sergeant Major?«

    »Äh …«, stammelte Turner und warf zuerst Walker einen Blick zu, dann sah er den vor ihm aufragenden pensionierten Colonel an.

    »Sir, ich bin mir sicher, dass man sich damit befassen wird …«

    »Wann haben Sie das Problem mit den Fahnenflüchtigen entdeckt, Sarmajor?«

    »Vor einiger Zeit, Sir«, antwortete Turner.

    »Und wann genau, Turner?«, fragte Tackaberry drängend.

    »Vor … vor einiger Zeit, Sir«, wiederholte Turner.

    »Das ist ein wenig ungenau, Sarmajor.«

    »Ja, Sir. Entschuldigen Sie, Sir, aber meine Erinnerung lässt mich gerade in Stich. Geben Sie mir und dem Major ein paar Minuten, dann werden wir die Sache klären.«

    Tackaberry grunzte. »Ja, genau. Das glaube ich gern. Ich erkenne das Lightfighter-Gemauschel, wenn ich es sehe. Wie viele Jahre sind Sie dabei, Sarmajor?«

    »Inzwischen fast dreißig, Sir. Und Sie?«

    »Ich hatte dreiunddreißig Jahre. Die Army hat sich zwar seitdem ein wenig verändert, aber ich bin kein Idiot. Sie können das Spiel gern weiter treiben und so tun, als wüssten Sie nicht, wovon ich gerade spreche, Sarmajor … aber ich werde die Angelegenheit hier und jetzt mit Ihrem XO klären.«

    »Ähm, ja, Sir«, antwortete Turner.

    Tackaberry wandte sich unvermittelt wieder Walker zu. »Walker. Wie viele Jahre sind Sie dabei? Stehen Sie schon zur Beförderung an?«

    »Äh, nein, Sir. Ich war erst vor zwei Jahren dran.«

    »Gut. Dann verstehen Sie bestimmt, wenn ich Ihnen sage, dass ich zwanzig kampferfahrene Schützen habe, die sich Ihrer Truppe anschließen wollen. Wir mögen vielleicht alt sein, aber wir können immer noch alles, was wir früher gemacht haben und wir verfügen alle über Führungserfahrung.«

    »Ähm … was? Sir, ich bin mir nicht sicher, ob das möglich …«

    »Tut mir leid, Major. Lassen Sie mich das klarstellen. Ich bitte Sie verdammt noch mal um nichts. Ich teile Ihnen gerade mit, dass ich diese Angelegenheit direkt mit Ihrem CO klären werde. Und zwar von Angesicht zu Angesicht.« Tackaberry drehte sich wieder abrupt zu Turner um. »Irgendwelche Probleme damit, Sarmajor?«

    »Nein, Sir«, antwortete Turner wie aus der Pistole geschossen.

    »Major?«, fragte Tackaberry fordernd.

    »Sir, Colonel, wer auch immer Sie sind … das glaube ich nicht. Colonel Lee ist ein viel beschäftigter Mann und …«

    »Walker, was sind Sie eigentlich? So was wie eine KI? Existiert Ihre gesamte Lebenserfahrung nur irgendwo in einer Konfigurationsdatei?«

    Walker war echt verwundert. »Entschuldigung?«

    Tackaberry trat näher an ihn heran und sorgte damit dafür, dass seine mehr als 1,90 Meter große Gestalt über Walker aufragte. Der alte Mann sah auf ihn herab und in der Morgendämmerung konnte Walker sein geradezu mitleidiges Lächeln sehen.

    »Walker, Sie sind hundertprozentig einer von diesen Typen, dem seine Leute scheißegal sind. Ich kann das sehen. Turner sieht es auch. Jeder, der mit Ihnen zu tun hat, kann das sehen. Sie sind ein hinterhältiger Mistkerl, und Sie haben Ihrem kommandierenden Offizier das Problem mit den Fahnenflüchtigen verschwiegen, weil Sie ihn nicht ablenken wollten. Richtig?«

    Walker war schockiert. »Hören Sie, ich muss mir diesen Scheiß hier nicht antun und …«

    »Ganz sicher?« Tackaberry beugte sich so weit nach vorn, dass sein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von Walkers entfernt war.

    »Sind Sie absolut sicher, dass Sie sich das nicht von mir sagen lassen müssen? Denken Sie wirklich, Sie sind der erste Buddy-Ficker, den ich treffe?« Dann machte der hochgewachsene Mann einen großen Schritt nach hinten. »Meinen Sie, Ihr CO hat noch nicht herausgefunden, was Sie für einer sind? Glauben Sie, Sie sind echt so gut darin, die Leute zum Narren zu halten?« Er wandte sich wieder an Turner. »Sarmajor, hat Sie dieser Mann hinters Licht geführt?«

    Turners Schweigen war vernichtend.

    Tackaberry grinste hämisch, während die Sonne am Horizont auftauchte. Dann starrte er zornig auf Walker herab.

    »Ich treffe mich mit Ihrem CO, sobald es seine Terminplanung zulässt«, tönte er. »Sorgen Sie dafür, Walker.«

    »Ja, Sir«, antwortete Walker automatisch.

    Kapitel 5

    Lee war gerade auf dem Weg zum Aufzug, der ihn zur großen Panzertür und damit zum Hauptausgang der Basis bringen würde, als ein Soldat der 3rd Infantry auf ihn zugestapft kam.

    »Colonel! Warten Sie!«

    Lee wandte sich um. Er kannte den Mann nicht, aber dieser

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