Ein Liebesbrief mit Folgen
Von Laura Bradford
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Über dieses E-Book
Arroganter Schnösel! denkt die junge Malerin Phoebe, als der gut aussehende Tate Williams abschätzig die Farbkleckse auf ihrem Hemd mustert. Schnell überreicht sie ihm den geheimnisvollen Liebesbrief, der aus Versehen ihr in die Hände gefallen ist. Doch auch Tate ist nicht der richtige Empfänger. Phoebe bleibt nichts anderes übrig, als die Nobelvilla unverrichteter Dinge wieder zu verlassen. Bald darauf aber führt der schicksalhafte Brief sie erneut zusammen …
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Buchvorschau
Ein Liebesbrief mit Folgen - Laura Bradford
IMPRESSUM
BIANCA erscheint 14-täglich im CORA Verlag GmbH & Co. KG
© 2010 by Laura Bradford
Originaltitel: „Kayla’s Daddy"
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
in der Reihe: AMERICAN ROMANCE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe: BIANCA
Band 1790 (15/1) 2011 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Stephanie Thoma-Kellner
Fotos: gettyimages
Veröffentlicht als eBook in 07/2011 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
ISBN : 978-3-86349-183-3
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
BIANCA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Satz und Druck: GGP Media GmbH, Pößneck
Printed in Germany
Der Verkaufspreis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, HISTORICAL MYLADY, MYSTERY,
TIFFANY HOT & SEXY, TIFFANY SEXY
Laura Bradford
Ein Liebesbrief mit Folgen
1. KAPITEL
Phoebe Jennings musterte den Umschlag auf dem Beifahrersitz. Ihr Blick verweilte auf der verschnörkelten Schrift und der verblassten, fast vierzig Jahre alten Briefmarke. Ein Notizzettel war mit einem Gummiband an dem Brief befestigt. Darauf stand eine förmliche, höfliche Entschuldigung für die verspätete Zustellung.
Aber der Brief war gar nicht für sie bestimmt. Er war nur an sie adressiert worden.
Lautes Hupen ließ sie aufschauen. Sie konzentrierte sich wieder auf die Straße. Die Autos vor ihr hatten sich bereits in Bewegung gesetzt, sobald die Ampel auf Grün umgeschaltet hatte. War sie völlig verrückt geworden? Warum sonst fuhr sie quer durch Cedarville, um jemanden einen Brief zu bringen, den sie überhaupt nicht kannte?
Sicherlich hätte sie den Brief ganz einfach beim Postamt abgeben können?
Wahrscheinlich.
Andererseits würde sie vor lauter Neugier keine Ruhe finden, wenn sie den Brief nicht höchstpersönlich ablieferte. Und dann hätte sie echte Schwierigkeiten, das Porträt für die Dolangers bis Freitag fertigzustellen. Diese Frist durfte sie auf keinen Fall versäumen, wenn sie die Miete für die nächsten Monate bezahlen wollte.
Und wenn sie Essen für Kayla kaufen wollte.
Phoebe warf einen Blick in den Rückspiegel und lächelte beim Anblick des schlafenden Kindes. Im Kindersitz kuschelte ihre Tochter das herzförmige Gesichtchen in ein winziges Kissen. Das Gemälde zu beenden würde auch darüber entscheiden, ob sie ungestört Zeit mit Kayla verbringen konnte oder nicht. Dieses Bild würde den Unterschied zwischen schlaflosen und entspannten Nächten ausmachen. Und es war der erste Schritt, um ihrer Tochter etwas Wichtiges beizubringen: So könnte sie der Kleinen zeigen, wie befriedigend es war, an der Erfüllung eines Lebenstraums zu arbeiten.
Wobei Zufriedenheit im Job wahrscheinlich noch keine große Rolle in Kaylas Leben spielte. Derzeit interessierte sie sich für ganz andere Dinge: so wie Süßigkeiten oder die Sesamstraße.
So sollte es ja auch sein.
Phoebe richtete den Blick wieder auf die Straße. Als sie sich dem Twilight Drive näherte, verlangsamte sie. Ihr fiel auf, dass die Häuser in westlicher Richtung immer größer und prächtiger wurden. Der Anblick war keine Überraschung; sie hatte gewusst, was sie erwartete. Trotzdem versetzte es ihr einen unerwarteten Stich ins Herz, dass sie so plötzlich von Reichtum umgeben war.
Diese Fahrt weckte gleichzeitig ihren Widerwillen – denn es war eine Reise in die Vergangenheit. Sie erinnerte sich an die bitteren Lektionen, die das Leben sie gelehrt hatte. Ihr Lebensweg hatte sie durch einige tiefe Schlaglöcher geführt und sie an so mancher Gabelung zweifeln lassen.
Kopfschüttelnd zwang sich Phoebe, sich auf den Augenblick zu konzentrieren. Sie sollte die Vergangenheit besser dort lassen, wo sie hingehörte. Wenigstens ihre persönliche Vergangenheit.
Die Vergangenheit von Tate Williams stand auf einem anderen Blatt.
Seit sie den Brief an diesem Morgen aus ihrem Briefkasten geholt hatte, überschlugen sich ihre Gedanken. Immer wieder malte sie sich aus, welche Geschichte hinter dem Brief steckte. Die Sache lag jedenfalls eine ganze Weile zurück und musste einen äußerst wichtigen Hintergrund haben: Auf dem Brief prangte die Adresse von einem Militärpostamt, das es schon lange nicht mehr gab. Und die Marke deutete darauf hin, dass es sich um einen Soldaten in Vietnam gehandelt hatte.
Hatte ein Freund an Tate Williams geschrieben? Hatte jemand versucht, ihn über Neuigkeiten von zu Hause zu informieren?
Phoebe konnte nur Vermutungen anstellen. Und genau das hatte sie getan. Immer und immer wieder.
Doch das war jetzt vorbei.
Sie strich sich eine lose Haarsträhne aus dem Gesicht und hielt am Straßenrand vor der Hausnummer vierzehn im Starry Night Drive an. Es war zwölf Uhr mittags. Ihr war ein kleines bisschen flau im Magen. Jede Wette: Um diese Uhrzeit und bei so einem Haus kam bestimmt ein Hausmädchen oder ein Koch an die Tür. Vielleicht sogar ein Butler.
Nicht unbedingt ihre erste Wahl.
Klar, Mrs Applewhite hatte Tate Williams nicht wirklich vorteilhaft beschrieben. Aber einen jahrzehntealten Brief seinem rechtmäßigen Eigentümer zu übergeben war es doch wert, sich in die Höhle des Löwen zu wagen, oder? Außerdem wusste Phoebe, dass sie nicht allzu viel auf die Einschätzung ihrer betagten Nachbarin geben durfte.
„Ganz von sich eingenommen, so war Tate Williams, hatte Mrs Applewhite ihr erklärt. „War sich zu gut für uns. Zum Glück sind wir den los, sage ich nur. Und Sie sollten sich besser von ihm fernhalten … Denken Sie an meine Worte, Phoebe Jennings.
Phoebe warf einen letzten Blick auf die Briefmarke. Dann nahm sie den Umschlag und stieg aus dem Auto. Die Warnung ihrer Nachbarin war vergessen, als sie die hintere Tür aufmachte und die schlafende Kayla auf den Arm nahm.
„So viel zu Mommys aufregendem Abenteuer, was?", flüsterte Phoebe ihrer Tochter ins Ohr. Vorsichtig legte sie das Köpfchen der Kleinen an ihre Schulter und ging auf die Haustür zu.
Das ganze Haus strahlte Reichtum aus. Und gleichzeitig wirkte es vollkommen reizlos. Die Büsche waren professionell zurechtgestutzt worden, und Lampen aus Glas und Kupfer säumten den gepflasterten Fußweg. Die langweilige Gartengestaltung passte perfekt zu der einfallslosen Ziegelfassade, die nur durch einen zweistöckigen Vorbau mit weißen Säulen unterbrochen wurde.
Was stört die reichen Leute an bunten Farben? fragte sie sich. Hielten sie nichts von Einzigartigkeit? Oder hatten sie Angst davor, weil sie so etwas gar nicht kannten?
Wahrscheinlich ein bisschen von beidem. Trotzdem würde sie nie verstehen, wie eine Abneigung gegen Veränderungen ein Weg zum Erfolg sein konnte.
Sanft tätschelte sie Kaylas Po und atmete langsam tief ein. Den ganzen Vormittag hatte sie sich diesen Augenblick vorgestellt. Sie hatte sich ausgemalt, wie Tate Williams aufgeregt strahlte, weil er ein Stück seiner Vergangenheit zurückbekam. Und jetzt war sie endlich angekommen. Sie konnte es kaum erwarten herauszufinden, ob ihre Vorstellung mit der Wirklichkeit übereinstimmte.
„Los geht’s, Kayla", flüsterte sie. Phoebe entdeckte einen kleinen weißen Knopf neben der Tür, drückte darauf und wartete. Der melodische Ton einer Glocke drang eindringlich durch die getäfelte Tür. Aber es gab keine Reaktion.
Sie hatte bereits die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass ein anderer als Tate Williams aufmachen würde. Und sie hatte sich fest vorgenommen, den Brief nur ihm persönlich zu übergeben. Aber dass überhaupt niemand öffnete? Sie hatte keine Ahnung, wie sie darauf reagieren sollte.
Zum Glück musste sie sich darüber auch nicht den Kopf zerbrechen. Als sie gerade im Geist ihr Handschuhfach auf der Suche nach Papier und einem Stift durchwühlte, ging die Tür auf.
„Ja?"
Phoebe sah auf. Und jeder Gedanke an Stift, Papier und Briefzustellung war mit einem Mal vergessen. Ein Mann stand in der Tür. Er war groß, blond und hatte braune Augen. Bei seinem Anblick spürte sie ein Kribbeln wie nie zuvor in ihrem Leben. Sie versuchte sich daran zu erinnern, warum sie überhaupt hergekommen war. Angestrengt wollte sie ihren offenen Mund dazu zwingen, Worte zu formen – zusammenhängend oder nicht. Aber sie konnte sich auf nichts anderes konzentrieren als auf diesen atemberaubenden Mann, der vor ihr stand. Er war ganz leger gekleidet, trug Freizeithosen und ein weißes Hemd, das am Hals offen stand.
„Kann ich Ihnen helfen?"
Seine Stimme klang freundlich, während er den Blick über das Baby und anschließend langsam über Phoebe gleiten ließ. Da wünschte sie sich, dass sie ihr langes Haar nicht einfach zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und etwas Lipgloss aufgetragen hätte. Ihre Kleidung ließ ihn stutzen. Als er ihr mit Farbklecksen verschmiertes Hemd bemerkte, zog er die rechte Augenbraue ein wenig nach oben.
Von einer Sekunde zur anderen änderte sich seine Haltung. Seine Miene wirkte nicht mehr neugierig, sondern wie erstarrt. „Hören Sie, ich habe keine Arbeit für Sie. Ich habe erst vor sechs Monaten alles streichen lassen und …"
Als ihr nun eine ganze Reihe bissiger Antworten durch den Kopf schoss, zog sie selbst die Brauen zusammen. Doch sie widerstand der Versuchung. Engstirnigkeit war eben Engstirnigkeit, wie ihre Großmutter immer so schön gesagt hatte. Und die kannte keine Grenzen – weder im Finanziellen noch sonst.
Schließlich hatten zwei Jahre und ihre ganze Liebe nicht gereicht, um Doug von seinen Fehlvorstellungen abzubringen. Da hatte ein Gespräch von gerade einmal zwei Minuten Dauer mit einem völlig Fremden nicht den Hauch einer Chance. Außerdem sollte Kayla nicht aufwachen und sich harten Worten und bösen Blicken ausgesetzt finden.
„Ich bin nicht hier, um Ihre Wände zu streichen. Ich bin hier, um den hier, erwiderte sie und hob dabei den Umschlag hoch, „Tate Williams zu übergeben. Ist er zu Hause?
Sie merkte, dass ihrer Stimme die normale Fröhlichkeit fehlte.
Der Mann verzog den Mund zu einem angedeuteten Lächeln und lehnte sich lässig gegen den Türrahmen. Die Mittagssonne ließ bernsteinfarbene Flecken im sanften Braun seiner Augen aufleuchten. „Vielleicht."
Phoebe war sich nun sicher: Reichtum und Ärger gingen tatsächlich Hand in Hand. Jeder Zweifel daran war praktisch verflogen. Und der ungestörte Moment ebenso – Kayla machte sich auf Phoebes Arm steif.
Schnell warf sie einen Blick auf ihre Uhr. „Ich will nicht unhöflich sein, aber ich habe nur kurz Zeit. Die Arbeit ruft und …"
„Für mich sieht das eher so aus, als ob die Arbeit noch schläft." Er lächelte das Baby an, sodass sich winzige Fältchen um seine Augen bildeten.
Sie starrte ihn an. Unwillkürlich tätschelte sie Kaylas Rücken. „Sie ist nicht meine Arbeit. Sie ist meine Tochter. Da besteht ein großer Unter…"
Er stieß sich vom Türrahmen ab und verschränkte die Arme vor dem muskulösen Oberkörper. Der Stoff seines Hemdes spannte sich darüber. Phoebe schluckte und schaute weg.
Zugegeben: Es war eine Weile her, seit sie das letzte Mal mit einem Mann zusammen gewesen war. Aber das heftige Verlangen, diese Arme um ihren Körper spüren zu wollen, schockierte sie. Das war doch albern! Männer wie Tate Williams interessierten sich nicht für Frauen wie sie. Das wusste sie. Aus schmerzhafter, ganz persönlicher Erfahrung.
Trotzdem. Er war einfach umwerfend …
„Hören Sie, kann ich jetzt mit Tate Williams sprechen, oder soll ich später wiederkommen?"
„Wer will das wissen?"
Kayla hob das Köpfchen und sah sich um. Mit ihrer winzigen Hand kniff sie Phoebe ins Kinn, während sie die Nervensäge in Männergestalt musterte. Der zwinkerte der Kleinen zu.
Phoebe schluckte. „Ich."
Sein Blick ruhte weiterhin auf dem Baby, obwohl seine Worte an Phoebe gerichtet waren. „Das ist mir schon klar, dass Sie das sind. Und ich stehe ja direkt vor Ihnen. Ich versuche bloß, Ihren Namen herauszubekommen. So etwas haben Sie doch, oder?"
Sie spürte, wie ihr die Wangen heiß und die Handflächen feucht wurden. Das geschah ihr ganz recht, wenn sie sich wie ein verknallter Teenager in Tagträumen verlor! „Oh, Entschuldigung. Ich heiße Phoebe. Phoebe