Die Leihtochter: Familiendrama
Von Cordula Hamann
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Über dieses E-Book
Wenn das Glück nicht zu einem kommt, muss man es kaufen. Ein dramatischer Familienroman über einen unerfüllten Kinderwunsch … mit unabsehbaren Folgen.
Was sind schon neun Monate gegen eine gesicherte Zukunft mit ihrem Verlobten Rolf? Katharina ist finanziell am Ende. Da kommt ihr eine ungewöhnliche Zeitungsanzeige gerade recht: Ein wohlhabender Industrieller aus Süddeutschland will ihr ein Vermögen zahlen, wenn sie sich als Leihmutter zur Verfügung stellt. Ohne dass ihr Verlobter davon erfährt, lässt sie sich in der noblen Suite eines Hotels auf den riskanten Deal ein. Neun Monate später bringt sie Zwillinge zur Welt, doch der Fremde will nur eine der beiden Töchter zu sich nehmen. Verzweifelt kämpft Katharina um ihr Ehe- und Familienglück - bis das Schicksal sie erneut mit seiner grausamen Laune straft
Cordula Hamann
Cordula Hamann, geboren 1959, lebt mit ihrer Familie in Berlin und in Spanien. Nach einer juristischen Ausbildung ist sie im Bereich der Immobiliensanierung und -beratung selbständig tätig. Seit 2006 hat sie das Schreiben zum Beruf gemacht. Ihre literarischen Schwerpunkte sind Thriller und Familiendramen. Cordula Hamann ist im Vorstand des Vereins „42erAutoren – gemeinnütziger Verein zur Förderung der Literatur e.V. und Mitglied der „Mörderischen Schwestern“. Homepage von Cordula Hamann (www.cordulahamann.de)
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Die Leihtochter - Cordula Hamann
IMPRESSUM
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Copyright © 2015 by books2read in der
Harlequin Enterprises GmbH Deutschland, Hamburg
Umschlagmotiv: Saikom/Shutterstock
Umschlaggestaltung: Deborah Kuschel
Veröffentlicht im ePub Format im 01/2015
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733781262
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
books2read Publikationen dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Zitat
Was aus Liebe getan wird, geschieht immer
jenseits von Gut und Böse.
Friedrich Nietzsche, dt. Philosoph (1844–1900)
PROLOG
PROLOG
Das Publikum klatscht, als sie den Saal betritt. Während Katharina an den besetzten Stuhlreihen vorbei nach vorn geht, ermahnt sie sich selbst: „Augen offenhalten!" Es kommt nicht gut an, wenn sie bei jedem Blitzlicht der Pressefotografen die Augen zusammenkneift. Sie setzt sich an den Tisch, korrigiert die Halterung des Mikrofons, nimmt das Buch und stellt es mit ausgestreckten Armen demonstrativ aufrecht an die Tischkante vor sich. Dann erst lächelt sie ins Publikum.
„Meine Damen, meine Herren. Herzlich willkommen zu meiner Buchvernissage. Dieser Roman hat mir alles abverlangt, und ich verspreche Ihnen: Das wird er Ihnen als Leser ebenfalls."
Sie greift nach ihrem eigenen Exemplar, schlägt es auf und wartet den erneuten Beifall ab. Sie hat die Stellen sorgfältig ausgewählt und geübt. Wenn sie zwischendurch aufschaut, kann sie den Blick gelassen über die Zuschauerreihen schweifen lassen, ohne den Erzählfaden zu verlieren. Im Publikum verteilt entdeckt sie ihre treuesten Fans: Ihre Tochter Anna-Sophia, ihre Freundin und Agentin Eva, die sie überhaupt erst zum Schreiben gebracht hat, und Netti, schon seit Kindertagen ihre beste Freundin. Auch heute sitzen die drei nicht nebeneinander, sondern haben sich auf die Reihen verteilt. Obwohl Katharina inzwischen genug Lesungen hinter sich hatte, um auf die kleine Hilfestellung angewiesen zu sein, fanden ihre Blicke nun überall im Saal einen Anker und ihr Lampenfieber ein beruhigendes Lächeln.
Sie ist an einer Stelle angelangt, die sie auswendig kennt, und schaut etwas länger ins Publikum. Plötzlich stockt ihr der Atem, sie verschluckt sich an ihrer Spucke, entschuldigt sich, greift zum gefüllten Wasserglas und trinkt einen kleinen Schluck. Dabei rast ihr Herz. Sie wagt nicht, vom Buch aufzuschauen.
Das kann nicht sein.
Sicherlich hat sie sich geirrt, denkt sie, verrutscht in der Zeile und verspricht sich, bevor sie sich räuspert und endlich die Anschlusszeile findet. Ihr Gehirn will beides bewältigen: die Buchstaben vor sich in gesprochene Wörter und Sätze verwandeln und gleichzeitig den Gedanken nachgehen, die von dem älteren Herrn in der vorletzten Reihe ausgelöst werden. Es gelingt ihr nicht.
Im Saal wird es langsam unruhig. Die Leute verändern ihre Sitzhaltung, einige lachen leise auf oder flüstern mit ihren Nachbarn. Stockend wie eine Zweitklässlerin in einer unangekündigten Vorleseprüfung bringt Katharina den letzten Text hinter sich. Ihre Hände sind feucht, die Buchseiten kleben aneinander und ihr Herz scheint lauter zu pochen als ihre Stimme spricht. Fragende Blicke von Netti und Anna-Sophia treffen sie. Eva dagegen dreht sich um, und als sie wieder nach vorne sieht, ist ihr der gleiche Schock ins Gesicht geschrieben, der Katharina ergriffen hat.
Endlich ist die Lesung zu Ende. Der Beifall setzt stockend ein. Katharina entschuldigt sich und nutzt eine Seitentür, um in einen Nebenraum zu flüchten. Hinter sich hört sie Evas Stimme. „Wir sollten Frau Marsch einen Moment der Erholung gönnen. Es ging ihr schon heute Mittag nicht gut. Vermutlich eine Grippe. Sie wird Ihnen aber sicherlich in ein paar Minuten am Signiertisch dort hinten zur Verfügung stehen."
Katharina atmet tief ein und aus. Warum ist er aus Süddeutschland hierher nach Kiel gekommen? Das letzte Mal, als er die vertragliche Kontaktsperre umgangen war, hat das schrecklichste Kapitel ihres Lebens begonnen. Jetzt verbindet sie beide nichts mehr. Trotzdem hat sie Angst. Sie starrt auf die Tür, die sich in diesem Moment öffnet. Anna-Sophia tritt ein und nimmt sie schweigend in den Arm.
„Was war denn nur los, Mama?"
Katharina zögert mit einer Antwort. Aber so schwer es ihr fällt: Es ist an der Zeit, ihrer Tochter die Wahrheit zu erzählen.
TEIL I
FEBRUAR 1982
1. KAPITEL
Sie hat eine Entscheidung getroffen. Irgendwann, davon war sie überzeugt, würde sie sich fragen, was sie dazu geführt hatte. Überhastet, allein und ohne Abwägung der Konsequenzen. Doch jetzt stand sie einfach nur vor der Tür des reetgedeckten Hauses, schlürfte den heißen Kaffee und genoss die winterliche Luft. Der Entschluss war gefallen.
Der Vorgarten, der durch den Raureif aussah, als sei er mit Puderzucker bestäubt, beruhigte ihre aufgewühlten Gedanken. Niemals hatten sie woanders gelebt als am Ende dieser kleinen Straße, die zu den Spazierwegen entlang der Steilküste führte. Sogar geboren worden war sie in diesem Haus, mit Hilfe der Hebamme Kläre Brodersen, die das halbe Dorf auf die Welt befördert hatte. Inzwischen gab es für die alte Hebamme wenig zu tun, denn die jungen Leute zog es fort von hier. Deshalb stand auch das Haus links nebenan wieder einmal leer und rechts von ihrem Zuhause hatte es noch niemals Nachbarn gegeben.
Vorsichtig setzte sich Katharina auf die morsche Bank im Vorgarten. Jedes Jahr strich sie das brüchige Möbelstück aufs Neue, es half nichts mehr. Sie müssten sie endlich ersetzen. Doch seit sie denken konnte, hatte ihre Mutter auf dieser Bank gesessen, um sich auszuruhen oder Probleme zu wälzen. Fast niemals ihre eigenen, sondern die ihrer einzigen Tochter. Jetzt wäre wieder so ein Moment, dachte Katharina, denn sie hatte gleich einen ganzen Berg voller Probleme.
Vorhin am Telefon hatte sie Ja gesagt. Sie konnte jetzt keinen Rückzieher machen. Außerdem: Was blieb ihr für eine Wahl? Statt der Ausweglosigkeit, die sie erwartete, würde es jetzt gleich zweimal 50.000 Mark geben! In bar. Katharina lachte laut auf, da sie in diesem Moment an ihre Deutschlehrerin denken musste. Vielleicht keine schlechte Idee, auf deren Rat zu hören, einen Zettel zu nehmen und das Für und Wider, sorgsam abgetrennt durch eine vertikale Linie, aufzuschreiben.
„Mama, was würdest du auf die Pro-Seite schreiben?" Sie schloss die Augen und überließ sich der Erinnerung an das Gesicht ihrer Mutter. Wenn sie schmunzelte, verzog sie ihren Mund zu einer schiefen Linie, wodurch die Falten auf ihrer linken Wange tiefer waren als rechts. Elisabeth Hennings fehlte nun schon ein ganzes Jahr in diesem Haus, das noch immer ihre Handschrift trug, und Katharina und ihr Vater, das wusste sie, vermissten sie gleichermaßen. Niemand in der Straße außer ihr hatte Orchideen auf das Küchenfensterbrett gestellt. Ein Luxus, den man nur in der Stadt bekam und auch dort nicht in jedem x-beliebigen Blumenladen. Wie hatte sich ihre Mutter darüber gefreut, wenn sie den Frauen im Dorf erzählen konnte, dass diese Pflanzen dort, wo sie herkamen, am Straßenrand wuchsen. Die Frauen hatten sie ausgelacht. Undenkbar, dass man so teure Pflanzen mit Blüten von so unglaublicher Anmut irgendwo als Unkraut bezeichnete. Ihre Mutter hatte nur still geschmunzelt und sich in ihrem Wissen gesonnt. Wenn sie von Katharinas aktuellen Problemen und denen ihres Fast-Ehemanns Rolf gewusst hätte, wäre ihr das Lächeln sicher vergangen.
Sie hätte ihnen die Hölle heißgemacht.
Dieser Gedanke holte Katharina wieder zurück in die Gegenwart. Mutter war tot und Vater durfte von alldem nichts wissen. Sie musste allein eine Lösung finden. Und diese Lösung lag seit dem frühen Morgen in unmittelbarer Reichweite. Sie müsste nur bei ihrer Zusage bleiben und ihr gesunder Körper würde den Rest übernehmen.
Erneut ließ sie Revue passieren, was erst vor einer Woche geschehen war.
Sie hatten sich in einem Café getroffen. Nur seinen Vornamen, Frederick, hatte er genannt und sich als Rechtsanwalt vorgestellt. Seine gewellten Haare, die beinahe bis auf die Schultern reichten, waren teilweise ergraut, obwohl Katharina ihn nicht viel älter als Ende dreißig geschätzt hatte. Unzählige Fragen waren auf sie herab geprasselt und sie hatte sich gefühlt, als säße ihr ein Staatsanwalt gegenüber, der ihr ein Verbrechen vorwarf, für das man mindestens zehn Jahre ins Gefängnis ging. Wer und was ihre Eltern und Großeltern waren, welche Ausbildung sie vorzuweisen hatte und wie die Arbeit als Kindergärtnerin vonstatten lief. Auch über ihren Verlobten Rolf und besonders über ihre Gesundheit erkundigte er sich, bevor er ihr einen Zettel mit der Adresse eines Arztes in die Hand drückte und sie bat, sich dort am nächsten Tag nüchtern vorzustellen, um ein großes Blutbild und ein EKG erstellen zu lassen.
„Wir rufen Sie in ungefähr einer Woche wieder an. Bis dahin werden wir uns entschieden haben."
Um ihr zu beweisen, dass er nicht allein agierte, zeigte er ihr ein Foto. „Das ist mein Mandant."
Katharina schätzte den Mann, der ihr auf dem Foto entgegen grinste, auf Mitte vierzig. Schlank, groß und mit dunkelbraunen Haaren, die ihren eigenen Locken ähnelten, stand er locker an einen polierten Schreibtisch gelehnt. Kein Zweifel, dass es sein Schreibtisch war, sein Büro und wahrscheinlich auch seine Firma. Dennoch wirkte er merkwürdigerweise sympathisch.
„Zumindest das Körperliche wird nicht unangenehm für Sie sein. Scherzhaft hatte der Anwalt noch hinzugefügt: „Für meinen Mandanten selbstverständlich auch nicht.
Es war nicht der Kaffee, der bei der Erinnerung an diese Worte ihren Pulsschlag erhöhte, sondern ihr war plötzlich wieder bewusst geworden, wie die vertragliche Vereinbarung in die Tat umgesetzt werden sollte.
Diesen Teil hatte sie bisher erfolgreich verdrängt.
Dabei kannte sie nach dem letzten Telefonat sogar den Namen ihres Vertragspartners: Ernst Sörich. Reicher Textilfabrikant aus Süddeutschland. Mit seinen achtundvierzig Jahren war er genau doppelt so alt wie sie. Seine Ehefrau Eva war etwas jünger, vierzig, hieß es.
Katharina dachte wieder an den Rat ihrer Lehrerin. Das Pro für Rolf und sie war klar: Woher sollten Normalsterbliche innerhalb von vier Wochen 35.000 Mark erhalten? Von einer Bank, worauf Rolf alle Hoffnungen setzte. Doch im Gegensatz zu ihm hatte Katharina Zweifel, große Zweifel.
Deshalb war ihr auch die Anzeige in dem Teil der Tageszeitung, den sie normalerweise überblätterte, wie ein Wink des Schicksals erschienen. Sie hätte gern gewusst, wie viele Frauen sich beworben hatten. Doch schließlich war es egal. Sie war nun die „Auserwählte".
Und Rolf wusste noch nicht einmal davon. Ein klares Kontra.
Wiederholt hatte er sich um eine Meinung zu diesem Thema gedrückt und es wieder einmal ihr überlassen, eine Entscheidung zu treffen. Sie trank vorsichtig, um sich nicht den Mund zu verbrühen, und verschluckte sich trotzdem. Sie hatte eine wichtige Hürde, wie sie jetzt erkannte, nicht bedacht. Keuchend prustete sie den Kaffee auf den Rasen.
„Wenn deine Arbeitslosigkeit noch lange dauern sollte, lass uns die Zeit nutzen und jetzt ein Kind bekommen." Erst vor wenigen Wochen hatte Rolf ihr das vorgeschlagen.
Nur langsam konnte sie wieder ohne Hustenreiz atmen. Sie war seiner Idee nicht abgeneigt gewesen. Aber das alles fand schließlich vor seinem Diebstahl statt und hatte damit an Bedeutung verloren. Nein, er hätte kein Recht, ihr Vorhaltungen zu machen, wenn sie weiterhin darauf bestand, zu verhüten. Außerdem: Wer sagte denn, dass es mit Ernst Sörich überhaupt klappen würde? Dass sie das Geld tatsächlich verdienen konnte?
Verdienen. Ein merkwürdiger Ausdruck, wenn sie bedachte, dass es hier um die Zeugung eines Kindes ging. Katharina hätte am liebsten mit dem nackten Finger auf sich gezeigt, wie der Rest der Welt es vermutlich tun würde. Aber würden nicht alle im Dorf mit dem Finger auf Rolf als Dieb und Betrüger zeigen, wenn sie diese Chance jetzt nicht wahrnahm?
Sie könnten danach noch immer ein eigenes Kind bekommen. Sie waren jung und gesund, sie hatten genug Zeit.
Mit einem Mal war alles klar. Sie zögerte nicht länger. Am nächsten Tag würde sie nach Eckernförde fahren und den Vertrag unterschreiben, der sie zu einer Leihmutter für Ernst und Eva Sörich machte.
Ihr blieb nicht mehr viel Zeit, ihre Entscheidung erneut zu überdenken, denn nur zwei Wochen nach der Unterzeichnung des Vertrages war der günstigste Zeitpunkt für ein Treffen gekommen. Sie hatte ihren Eisprung. Wie vereinbart setzte sie sich sofort in den Zug nach Hamburg, wobei sie die meiste Zeit der Fahrt unruhig auf dem Gang hin- und herlief, dreimal die Toilette besuchte und sich bei der Einfahrt so elend fühlte, dass sie am liebsten den Bahnsteig gewechselt hätte, um mit dem nächsten Zug wieder nach Hause zu fahren. Sie hatte gelesen, dass es in den USA eine wahre Flut von austragungswilligen jungen Frauen gab, seit das Einpflanzen der im Reagenzglas befruchteten Eizellen medizinisch immer bessere Erfolge brachte. Die meisten dieser Frauen waren verheiratet, mussten es oft sogar sein, und hatten bereits eigene Kinder. Doch der Vergleich hinkte an einer entscheidenden Stelle: Der Vertrag mit Ernst Sörich ging nicht von einer künstlichen Befruchtung im Ausland aus. Da Eva Sörich keine gesunde Eizelle entwickeln konnte, bräuchte ihr Mann gleich zwei Frauen zur Hilfe. Eine Eizellenspenderin, die es in Europa nicht gerade an jeder Ecke gab, und eine Frau, die das Kind austragen würde. Der natürliche Weg sei schneller, sicherer und außerhalb von jeglichen Behörden und Instituten viel einfacher. Die Argumente des Rechtsanwalts Frederick hatten ihr eingeleuchtet. Katharina wäre es nur peinlich, wenn der zukünftige Vater wüsste, dass er erst der dritte Mann in ihrem Leben war. Aber sie würde sich alle Mühe geben, das Ganze professionell abzuwickeln.
Schon etwas zuversichtlicher betrag sie kurze Zeit später das Foyer des Hotels Interconti. Wie von Frederick angewiesen, meldete sie sich an der Rezeption als Sabine Reuther und fragte nach ihrem Ehemann. Die Rezeptionistin verwies sie auf Zimmer 511. Als sie mit dem Fahrstuhl nach oben fuhr, kam Katharina sich vor wie in einem schlechten Film. Sie besuchte einen wildfremden Mann, der sich Michael Reuther nannte, in Wirklichkeit Ernst Sörich hieß und auf ein Date mit ihr wartete, einer jungen Frau vom Lande. Zugegeben einer hübschen, schlanken Frau vom Lande. Und dumm war sie schließlich auch nicht. Ganz im Gegenteil. Sie sah an ihrem ungewohnten Äußeren herunter. Unter dem geöffneten Mantel trug sie das dunkelblaue Kostüm und die hochhackigen Pumps, die sie kürzlich für ein Vorstellungsgespräch bei einem Anwalt in Eckernförde gekauft hatte. Der hatte aber eine Andere genommen. Offenbar, weil er einer gelernten Kindergärtnerin keine sonderlichen Schreibtischfähigkeiten zutraute. Vielleicht hätte sie die Brille aufsetzen sollen, die sie jetzt trug und die sie intellektueller aussehen ließ, obwohl in den Vertragsbedingungen stand, dass sie keinerlei Sehfehler haben durfte, wie im Übrigen auch sonst keinerlei körperliche oder geistige Beeinträchtigungen.
Die Fahrstuhltür öffnete sich. Katharina trat auf den dunkelroten Teppichbelag des Hotelflurs, der so dicht gewebt war, dass er alle Geräusche verschluckte. Was tat sie hier eigentlich? Sex war intim, vertraut, verletzlich. Sie war wieder kurz davor umzudrehen, als sie bereits vor der Tür mit den polierten Messingziffern 511 stand. Ihre Hände waren eiskalt. Ihr Gesicht dagegen glühte wie der Kachelofen in ihrer Küche im tiefsten Winter. Sie legte beide Hände flach auf die Wangen, danach auf die Stirn und hoffte, dass ihr Gesicht nicht allzu gerötet aussah. Noch einmal fuhr sie sich durch die Locken, dann klopfte sie.
Als Ernst Sörich die Tür öffnete und sie anlächelte, erschrak sie. So gut aussehend hatte er auf dem Foto nicht gewirkt. Er war über einen Meter achtzig groß. Ein Riese im Verhältnis zu ihren eins dreiundsechzig. Ob er bei seiner Arbeit als Firmenchef so viel Zeit für Sport übrig hatte, wie es seine Erscheinung vermuten ließ? Nachdem sie seine Begrüßung erwidert hatte, stolzierte sie konzentriert auf den ungewohnt hochhackigen Schuhen ins Zimmer. Dabei fühlte sie, dass er hinter ihr hersah. Ein wenig verärgerte sie sein offenkundiges Interesse, schließlich war ihr bewusst, dass ihr Gang ziemlich wackelig aussehen musste.
„Es ist Fensterglas. Sie gibt mir mehr Sicherheit", sagte sie mit einem Griff zur Brille.
„Gefällt Ihnen das Zimmer?"
Katharina legte Wintermantel und Handtasche ab und sah sich um. Eine dämliche Frage. Sie ging zum Fenster, blickte durch den Spalt des Vorhanges hinaus und antwortete nicht. „Vielleicht könnten wir für das nächste Mal eine Übernachtung einplanen, schlug er vor. „Es wäre seriöser in einem Fünfsternehotel, länger und damit … sagen wir mal effektiver.
Es wunderte sie, dass sein Lachen nicht anzüglich klang. Richtig. Es war ein Geschäft, erotische Anspielungen wären da fehl am Platz.
„Ja, vielleicht. Es ist nur …" Sie zog die Gardine weiter auf und drehte sich zu ihm um. Im Licht kamen seine Falten deutlich zum Vorschein. Der schwarze Anzug ließ seine schlanke Figur noch schlanker wirken und das Oberhemd schaute strahlend weiß darunter hervor. Sie fand ihn attraktiv. Wieder wunderte sie sich, dieses Mal über sich selbst, denn sie hatte nie ein Faible für ältere Männer, ganz im Gegensatz zu ihrer Freundin Netti, die regelmäßig mit doppelt so alten Kerlen umherzog und sich in dieser Situation bestimmt nicht so unsicher gefühlt hätte wie sie gerade.
„Welche Seite bevorzugen Sie?" Er hielt ihr ein Mineralwasser und ein Weißweinfläschchen aus der Minibar entgegen und lächelte sie dabei an, als seien sie gemeinsam auf einer Gartenparty unter Freunden. Er stand jetzt ganz dicht vor ihr.
„Beides, gemischt bitte", entschied sie schnell, aber er verharrte in seiner Haltung.
„Was ist das Problem?, fragte er. „Ich werde versuchen, es zu lösen.
Sie drehte sich um und entzog sich seiner Nähe, indem sie zum Bett ging und sich setzte. Auch nicht gerade ein Ort der Distanz, die sie jetzt suchte, schoss es ihr durch den Kopf. „Ich müsste eine sinnvolle Erklärung finden. Heute treffe ich mich mit einer Schulfreundin, die auf der Durchreise in Hamburg ist. Aber über Nacht …?"
Ernst, der dabei war, ihre Weinschorle zu mischen, hielt abrupt inne. „Ihr Mann weiß nicht, dass Sie hier sind? Weiß er überhaupt …?"
„Doch. Selbstverständlich. Ich meinte meinen Vater und die Leute im Dorf", log Katharina schnell. Ernst sah sie prüfend an und es schien, als könne er ohne Probleme in ihr Inneres sehen. Sie war sich jedenfalls keineswegs sicher, dass er ihr glaubte. Hatte er sich gerade bewusst dafür entschieden, die Sache auch ohne Zustimmung des Ehemannes durchzuziehen? Oder würde er das Treffen abbrechen?
Er hielt ihr das Glas entgegen. „Sie sind doch arbeitslos? Sie nickte. „Dann sagen Sie das nächste Mal, es handelt sich um ein Fortbildungsseminar, vermittelt vom Arbeitsamt. Solche Veranstaltungen gibt es massenhaft hier in Hamburg.
Jetzt sah sie ihn durchdringend an. „Sie haben für alles eine Lösung, oder?" Sie trank einen Schluck. Dann stand sie auf und sah sich suchend um.
„Das Bad ist dort." Er wies mit dem Arm in Richtung einer Mahagonitür, die Katharina bisher nicht bemerkt hatte. Sie war fast unsichtbar in die Wandtäfelung eingefügt. Schnell schloss sie die Badtür hinter sich und atmete mehrere Male tief durch, bis sie ruhiger wurde. Ihr war in den wenigen Minuten klar geworden, dass ihr dieser Mann mit seinem Charme, seinem Geist und seiner gewandten Art weit überlegen war. So stark wie er sich gab, so schwach war die Frau an seiner Seite. Wahrscheinlich war ja auch seine Eva schwach.
Aber sie selbst hatte sich nie zu diesen Frauen gezählt, auch wenn sie sicherlich nicht zu diesen Emanzipierten gehörte. Die schlossen kurzerhand die Männer aus ihren Treffen aus und nahmen sich selbstbewusst und aktiv vom Leben, was sie wollten, beruflich und auch sexuell. Dabei hatte Katharina deutlich die innere Zerrissenheit dieser Frauen gespürt, wenn sie ihre Babys bei ihr in der Kinderkrippe abgaben. Sie hatte ihr Zögern beim Abschied am Morgen beobachtet, und die gehetzten Blicke, wenn die Frauen es abends kaum abwarten konnten, ihr Kind wieder in den Armen zu halten. Sie dachte an die gehässigen Kommentare in ihrem Dorf über diese Mütter. Die schlimmsten davon kamen von Frauen, die selbst Mütter waren. Nein, die Gesellschaft war noch nicht reif dafür.
Katharina starrte ihr Spiegelbild an. Weshalb um Himmels willen musste sie jetzt ausgerechnet an Alice Schwarzer denken? Wahrscheinlich wünschte sie sich in diesem Moment nichts sehnlicher, als für die nächsten zwei Stunden in deren Rolle schlüpfen zu können.
2. KAPITEL
Das Abteil war überfüllt. Gott sei Dank hatte sie