Der Sandmann: Nachtstück
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Über dieses E-Book
Das zeichnet unsere Klassiker-Reihe aus:
- ungekürzter Originaltext (behutsam auf die neue Rechtschreibung angepasst)
- großzügiges Heftformat (DIN A5) in moderner Aufmachung
- lesefreundliches Textlayout (zeilen- und seitengleich mit den Hamburger Leseheften)
- breite Randspalte mit kurzen Worterläuterungen und Platz für eigene Notizen
- Biografie des Autors (alle wichtigen Infos kompakt zusammengefasst)
- ausführlicher Anmerkungs- bzw. Worterläuterungsteil
- umfangreicher Materialteil (nach Themenbereichen gebündelt)
- Navigationsleiste zur besseren Orientierung
Zum Inhalt:
Die Erzählung "Der Sandmann" von E. T. A. Hoffmann erschien 1816 im ersten Teil des Erzählzyklus "Nachtstücke". Hoffmann entführt den Leser in die Welt des Studenten Nathanaels, der über Briefe in Kontakt mit seinem Freund Lothar steht. In einem dieser Briefe erzählt Nathanael ihm von dem Wetterglashändler Coppola. Dieser sei in Wirklichkeit der teuflische Advokat Coppelius, ein Freund seines Vaters, der an dessen Tod schuld sei. Als Kind sah Nathanael in Coppola den Sandmann, der, wie in einem grausigen Kindermärchen erzählt wird, den Kindern Sand in die Augen streut, bis diese herausfallen. Er sieht in Coppola ein "böses Prinzip", das sein Liebesglück mit seiner Verlobten Clara zerstören will. Clara sieht in dieser Vorstellung ein "Phantom eigenen Ichs" und kann mit ihrem Glauben an das Gute Nathanaels Widerstandskräfte wecken. Um zu beweisen, dass er seine Furcht überwunden hat, kauft er Coppola ein Perspektiv ab, durch welches er aber, als er das erste Mal hindurchsieht, den Automaten-Menschen Olimpia zeigt. Er vergisst daraufhin Clara, aber als er durch einen Streit zwischen Coppola und einem seiner Mitarbeiter erfährt, dass Olimpia nur eine "leblose Puppe" ist, wird er wahnsinnig. Clara pflegt ihn gesund, jedoch als er mit ihr zusammen einen Turm besteigt und sein Blick nochmals durch das Perspektiv wirft, wird er erneut wahnsinnig, versucht Clara vom Turm zu schubsen und stürzt sich danach selbst herab. Sigmund Freud analysiert den "Sandmann" in seinem Essay "Das Unheimliche". Die daraus entstehende und breit geführte Diskussion macht Hoffmanns erstes "Nachtstück" zu einem seiner meist besprochenen Erzählungen.
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Buchvorschau
Der Sandmann - E. T. A. Hoffmann
Text und Materialien
E.T.A. HOFFMANN
DER SANDMANN
HAMBURGER LESEHEFTE PLUS
KÖNIGS MATERIALIEN
510. HEFT
Zur Textgestaltung
Als Textvorlage diente der von Hartmut Steinecke unter Mitarbeit von Gerhard Allroggen herausgegebene 3. Bd. der Sämtlichen Werke von E. T. A. Hoffmann, erschienen 1985 im Deutschen Klassiker Verlag, Frankfurt am Main. Der Text wurde den amtlichen Rechtschreibregeln behutsam angepasst.
Analysiert und interpretiert mit Textverweisen auf dieses Heft wird Der Sandmann in Königs Erläuterungen, Band 404, C. Bange Verlag.
2. Auflage 2022
Alle Drucke dieser Ausgabe und die der Hamburger Lesehefte sind untereinander unverändert und können im Unterricht nebeneinander genutzt werden.
Heftbearbeitung Text: Elke und Uwe Lehmann
Heftbearbeitung Materialien: Dr. Oliver Pfohlmann
Umschlaggestaltung und Layout: Petra Michel
Umschlagzeichnung nach E. T. A. Hoffmann
ISBN: 978-3-8044-2589-7
PDF: 978-3-8044-6589-3
EPUB: 978-3-8044-7589-2
© 2020 by C. Bange Verlag GmbH, Hollfeld
www.bange-verlag.de
ISBN: 978-3-87291-509-2
PDF: 978-3-87291-705-8
EPUB: 978-3-87291-655-6
© 2020 by Hamburger Lesehefte Verlag, Husum
www.hamburger-lesehefte.de
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Versdramen weisen zusätzlich zur Seitenzählung eine Versnummerierung in entsprechender Höhe auf dem Rand aus.
Inhaltsverzeichnis
Text
DER SANDMANN
Nathanael an Lothar
Clara an Nathanael
Nathanael an Lothar
Biografie
Wort- und Sacherklärungen
Materialien
Zugänge
Die Verschränkung zweier Welten
Durchschwärmte Nächte
Zum Motiv des Sehens
Spiegel der Seele
Schauen mit den Augen des Geistes – das serapiontische Prinzip
Kunstwesen als Liebespartner
Pygmalion
Wenn dein Sextoy dir zuzwinkert
Zur Entstehung und Form
„Nachts 1 Uhr"
Das Undarstellbare und Tabuisierte zur Sprache bringen
Das Unheimliche als Effekt der Multiperspektivität
Deutungen
Nathanaels verdrängtes Begehren
Der Machtkampf um die Augen
Hinter der Fassade des Bürgerhauses rumort es verdächtig
Krise der Kommunikation
Wirkungsgeschichte
Adaption eines Albtraums – E.T.A. Hoffmanns Der Sandmann als Comic
Clara Weydes Sandmann-Inszenierung am Staatstheater Nürnberg
Text
[5] DER SANDMANN
Nathanael an Lothar
Gewiss seid ihr alle voll Unruhe, dass ich so lange – lange nicht geschrieben. Mutter zürnt wohl, und Clara mag glauben, ich lebe hier in Saus und Braus und vergesse mein holdes Engelsbild, so tief mir in Herz und Sinn eingeprägt, ganz und gar. – Dem ist aber nicht so; täglich und stündlich gedenke ich eurer aller, und in süßen Träumen geht meines holden Klärchens freundliche Gestalt vorüber und lächelt mich mit ihren hellen Augen so anmutig an, wie sie wohl pflegte, wenn ich zu euch hineintrat. – Ach, wie vermochte ich denn euch zu schreiben in der zerrissenen Stimmung des Geistes, die mir bisher alle Gedanken verstörte! – Etwas Entsetzliches ist in mein Leben getreten! – Dunkle Ahnungen eines grässlichen mir drohenden Geschicks breiten sich wie schwarze Wolkenschatten über mich aus, undurchdringlich jedem freundlichen Sonnenstrahl. – Nun soll ich dir sagen, was mir widerfuhr. Ich muss es, das sehe ich ein, aber nur es denkend, lacht es wie toll aus mir heraus. – Ach mein herzlieber Lothar! wie fange ich es denn an, dich nur einigermaßen empfinden zu lassen, dass das, was mir vor einigen Tagen geschah, denn wirklich mein Leben so feindlich zerstören konnte! Wärst du nur hier, so könntest du selbst schauen; aber jetzt hältst du mich gewiss für einen aberwitzigen Geisterseher. – Kurz und gut, das Entsetzliche, was mir geschah, dessen tödlichen Eindruck zu vermeiden ich mich vergebens bemühe, besteht in nichts anderm, als dass vor einigen Tagen, nämlich am 30. Oktober mittags um 12 Uhr, ein Wetterglashändler in meine Stube trat und mir seine Ware anbot. Ich kaufte nichts und drohte, ihn die Treppe herabzuwerfen, worauf er aber von selbst fortging. –
Du ahnest, dass nur ganz eigne, tief in mein Leben eingreifende Beziehungen diesem Vorfall Bedeutung geben können, ja, dass wohl die Person jenes unglückseligen Krämers gar feindlich auf mich wirken muss. So ist es in der Tat. Mit aller Kraft fasse ich mich zusammen, um ruhig und geduldig dir aus meiner frühern Jugendzeit so viel zu erzählen, dass deinem regen Sinn alles klar und deutlich in leuchtenden Bildern aufgehen wird. Indem ich anfangen will, höre ich dich lachen und Clara sagen: „Das sind ja rechte Kindereien!" – Lacht, ich bitte euch, lacht mich recht herzlich aus! – ich bitt euch sehr! – Aber Gott im Himmel! die Haare sträuben sich mir, und es ist, als flehe ich euch an, mich auszulachen, [6] in wahnsinniger Verzweiflung, wie Franz Moor den Daniel. – Nun fort zur Sache! –
Außer dem Mittagsessen sahen wir, ich und mein Geschwister, tagüber den Vater wenig. Er mochte mit seinem Dienst viel beschäftigt sein. Nach dem Abendessen, das alter Sitte gemäß schon um sieben Uhr aufgetragen wurde, gingen wir alle, die Mutter mit uns, in des Vaters Arbeitszimmer und setzten uns um einen runden Tisch. Der Vater rauchte Tabak und trank ein großes Glas Bier dazu. Oft erzählte er uns viele wunderbare Geschichten und geriet darüber so in Eifer, dass ihm die Pfeife immer ausging, die ich, ihm brennend Papier hinhaltend, wieder anzünden musste, welches mir denn ein Hauptspaß war. Oft gab er uns aber Bilderbücher in die Hände, saß stumm und starr in seinem Lehnstuhl und blies starke Dampfwolken von sich, dass