Der Witwenmacher: Die großen Western 342
Von Joe Juhnke
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Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen).
»Wir haben Quemado bald«, hatte Finch Osborn vor drei Wochen schon seinem Begleiter Aron Fox prophezeit, als sie bei Austin den Colorado River durchquerten, und er gab sich alle Mühe, sein Wort zu halten. Aber der flüchtige Philippo Quemado, dem die Angst vor dem berüchtigten Jäger in den Knochen saß, entwickelte unnatürliche Kräfte und zog trotz schlechtester Vorbereitungen und Vorräte – Quemado floh über Nacht aus seiner Hütte – den Brazos hoch bis ins Mündungsgebiet. Finch Osborn, der seinem Wild bis auf zwei Tage nahe war, schüttelte unwillig den Kopf, als er Quemados Absichten erkannte. »Es ist Selbstmord«, hatte Finch damals zu seinem Begleiter gesagt, »der Mexikaner reitet einen halblahmen Gaul und hat weder Vorräte noch einen Wassersack, um die Llanos Estacados zu bewältigen.« Aron Fox hatte nur erwidert: »Philippo Quemado ist ein toter Mann, so oder so.« Doch der Mexikaner machte das Unmögliche möglich und tauchte drei Wochen später in Fort Bascom, New Mexico, auf. Zu Tode erschöpft, aber noch lange nicht tot. Freunde, bei denen Quemado Unterschlupf fand, brachten ihn wieder auf die Beine, und anstatt nun westwärts über die Rockies zu ziehen, wählte Quemado die östliche Richtung und zog den Canadian River hinunter bis Fort Elliot. Das war sein Verhängnis. Armer Teufel, dachte Aron Fox, als er den Mann im staubigen Gras knien sah, der mit seinem erschöpften Tier sprach. Sein Blick streifte Finch Osborn, der seinen Triumph, am Ende seiner Fährte zu stehen, nicht verbergen konnte. Dabei hatte Finch es nur dem Zufall zu verdanken, daß sie Quemados Fährte wiedergefunden hatten. Vor zwei Tagen war Quemado auf ihr nächtliches Lager gestoßen, und als er voller Schrecken erkannte, daß er dem Teufel begegnet war, wandte er sich zur Flucht. Doch diesmal war es zu spät. Finch war ein Satan, der auch in der Nacht zu sehen vermochte, denn er brach das Lager ab und folgte dem Flüchtigen in der Dunkelheit. Und mit dem neuen Tag hatte er den Mexikaner am Red River in die Enge getrieben, so daß der Mann keine Chance mehr hatte. Aron Fox betrachtete das erschöpfte Pferd, das sich für seinen Herrn zu Tode gelaufen hatte. Gleich würde Philippo Quemado neben dem Schecken liegen, mit einer Kugel im Schädel oder in der Brust.
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Der Witwenmacher - Joe Juhnke
Die großen Western
– 342 –
Der Witwenmacher
Unveröffentlichter Roman
Joe Juhnke
»Wir haben Quemado bald«, hatte Finch Osborn vor drei Wochen schon seinem Begleiter Aron Fox prophezeit, als sie bei Austin den Colorado River durchquerten, und er gab sich alle Mühe, sein Wort zu halten. Aber der flüchtige Philippo Quemado, dem die Angst vor dem berüchtigten Jäger in den Knochen saß, entwickelte unnatürliche Kräfte und zog trotz schlechtester Vorbereitungen und Vorräte – Quemado floh über Nacht aus seiner Hütte – den Brazos hoch bis ins Mündungsgebiet. Finch Osborn, der seinem Wild bis auf zwei Tage nahe war, schüttelte unwillig den Kopf, als er Quemados Absichten erkannte.
»Es ist Selbstmord«, hatte Finch damals zu seinem Begleiter gesagt, »der Mexikaner reitet einen halblahmen Gaul und hat weder Vorräte noch einen Wassersack, um die Llanos Estacados zu bewältigen.«
Aron Fox hatte nur erwidert: »Philippo Quemado ist ein toter Mann, so oder so.«
Doch der Mexikaner machte das Unmögliche möglich und tauchte drei Wochen später in Fort Bascom, New Mexico, auf. Zu Tode erschöpft, aber noch lange nicht tot. Freunde, bei denen Quemado Unterschlupf fand, brachten ihn wieder auf die Beine, und anstatt nun westwärts über die Rockies zu ziehen, wählte Quemado die östliche Richtung und zog den Canadian River hinunter bis Fort Elliot. Das war sein Verhängnis.
Armer Teufel, dachte Aron Fox, als er den Mann im staubigen Gras knien sah, der mit seinem erschöpften Tier sprach. Sein Blick streifte Finch Osborn, der seinen Triumph, am Ende seiner Fährte zu stehen, nicht verbergen konnte.
Dabei hatte Finch es nur dem Zufall zu verdanken, daß sie Quemados Fährte wiedergefunden hatten.
Vor zwei Tagen war Quemado auf ihr nächtliches Lager gestoßen, und als er voller Schrecken erkannte, daß er dem Teufel begegnet war, wandte er sich zur Flucht. Doch diesmal war es zu spät. Finch war ein Satan, der auch in der Nacht zu sehen vermochte, denn er brach das Lager ab und folgte dem Flüchtigen in der Dunkelheit.
Eine Nacht – einen Tag – eine Nacht…
Und mit dem neuen Tag hatte er den Mexikaner am Red River in die Enge getrieben, so daß der Mann keine Chance mehr hatte.
Aron Fox betrachtete das erschöpfte Pferd, das sich für seinen Herrn zu Tode gelaufen hatte. Gleich würde Philippo Quemado neben dem Schecken liegen, mit einer Kugel im Schädel oder in der Brust. Beides war das gleiche, denn Osborn kannte für einen Outlaw keine Gnade, und seine Treffsicherheit war tödlich.
Dabei hatte der arme Teufel nur eine Ziege gestohlen, um seiner Pepita, seiner kleinen Tochter, eine Freude zu bereiten.
Aber McDea, ein reicher Grundbesitzer am Colorado, geriet über den Diebstahl derart in Rage, daß er nach Finch Osborn schickte, der gerade in der nahen Stadt einen toten Viehdieb ablieferte und die Kopfprämie kassierte.
Tausend Dollar hatte McDean als Prämie ausgesetzt, wenn Osborn den Dieb stellen würde, und Aron, der seinen Freund zur Ranch begleitete, hatte verwundert den Kopf geschüttelt.
»Tausend Dollar für eine Ziege, das ist absurd«, hatte er seinen Freund gewarnt, doch McDean hatte darauf wie ein Choleriker reagiert und geschrien: »Mit einer Ziege fängt es an! Dann ist es ein Kalb und schließlich ein Rind. Aus einem Rind wird eine Herde und aus einem kleinen Dieb eine Diebesbande.«
Finch Osborn hatte gelassen die Schultern gezuckt. Tausend Dollar waren tausend Dollar, und ein Dieb war ein Dieb…
Ja, daran mußte Aron denken, als der Mexikaner sich erhob, seinen alten Colt spannte und mit einem Schuß die Qualen seines Schecken beendete. Gewehrt hatte der arme Teufel sich schon. Das mußte man ihm lassen. Doch was nützte das nun?
»Laß das arme Schwein sausen«, sagte Aron in einer Anwandlung von Moralgefühl, doch Finch Osborn hörte nicht auf seine Worte. Er war ein Jäger, und das Wild war gestellt. Er hatte eine Aufgabe übernommen und war bereit, sie auszuführen.
»Greaser«, rief er dem hageren Mann zu, der vielleicht dreißig war und aussah wie fünfzig, »du hast deine Eisen in der Hand, nutze also deine Chance.«
Quemados Blicke hetzten zwischen den beiden Männern hin und her. Auch diesmal schien er einen Ausweg zu suchen. Diesen breitschultrigen Mann, der sich abwandte und in die Sonne blinzelte, hatte er nicht zu fürchten. Nur den mit den schmalen Lippen und den kalten Augen fürchtete er.
»Gringo«, sagte der hagere Mexikaner erschrocken, und die Hand, die den alten Colt hielt, zitterte leicht, »ich habe noch nie auf einen Menschen geschossen. Verzeihen Sie, Señor.«
Finch Osborns Augen zeigten keinen Ausdruck. Sie blieben kalt, ohne Gefühl. Der Mexikaner war für ihn kein Mensch, nur ein Preis. Eintausend Dollar.
»Ich werde dich töten, so oder so. Du hast deine Chance, Greaser.«
Und eine schwangere Frau und ein Kind, dachte Aron Fox verbittert. Warum dachte Finch nicht daran? Armer Finch Osborn.
Vier Jahre schon ritten sie zusammen. Es gab kein Land, kein Territorium, das ihre Füße nicht gestreift hatten. Es waren vier unruhige Jahre gewesen, immerfort getrieben von der Jagd nach lohnender Beute. Menschen, die zu Verbrechern wurden, Viehdiebe, Eisenbahnräuber, Mörder. Wo ein Pamphlet hing, dessen Preis Osborns Vorstellungen entsprach, stieg er in den Sattel. Und er, Aron Fox, ebenfalls.
Es waren vier wilde Jahre gewesen, und es hatte sich eigentlich gelohnt. Osborn mußte eine stattliche Summe angespart haben, und er, Fox, träumte bereits seit einiger Zeit von einem kleinen stillen Tal, einer festen Hütte und einem Garten davor. Verdammt, er wurde fünfundvierzig, und seine Knochen setzten Rost an. Sie wurden langsam steif. Da war es schon an der Zeit, an die Zukunft zu denken.
»Señor, ich kann nicht«, jammerte der Mexikaner. »Ich habe Señor McDean eine Ziege gestohlen, gut, ich werde sie bei ihm abarbeiten. Ich werde Peso für Peso zurückzahlen. Aber meine Frau…«
»Du vergibst deine Chance«, unterbrach Osborn, und Fox hörte an seiner Stimme, daß der Augenblick gekommen war, wo neben Philippo Quemado der Tod seine Arme ausbreitete. »Ich zähle bis drei. Eins…«
»Señor…«
»Zwei…« Unerbittlich klang Finch Osborns Stimme.
Aron Fox schloß die Augen. Er war ein rüder Bursche, fast so wie Finch Osborn. Sie hatten ohne Gewissen Menschen vom Leben zum Tode befördert. Aber dieses arme Schwein hier, das nur eine Ziege klaute, um seinem Kind einen Becher Milch geben zu können. Oder seinem Weib… Fox sah sie noch vor sich, als sie vor Monaten die Hütte betreten hatte. Eine abgearbeitete, verhärmte Frau mit schwangerem Leib.
»Finch!« schrie Aron Fox.
»Drei…«, sagte Finch Osborn kalt. Seine Rechte zuckte abwärts zum weiten, offenen Halfter. Flink, so schnell, daß es mit dem Auge kaum wahrnehmbar war.
Fox sah, daß der Mexikaner die Arme hochriß, nicht etwa, um Finch Widerstand entgegenzusetzen. Das Entsetzen hatte seine Arme in die Höhe getrieben und die tödliche Furcht vor dem Fremden, der ihn monatelang wie einen räudigen Bastard durch das Land gehetzt hatte.
Ein einzelner Schuß fiel, der hagere Mexikaner streckte sich.
Dann sah Aron Fox den armen Teufel umkippen. Er lag neben seinem Schecken. Tot wie der Schecke. So, wie es Finch vorausbestimmt hatte.
»Das war nicht nötig, Finch. Er war ein armer Kerl«, sagte Aron leise.
Finch Osborn schob die Patronenhülse aus der Trommel. »Was ist los, Aron? Wirst du alt? Du bist doch sonst nicht so zimperlich. Das hier war ein Geschäft, es ging um tausend Dollar. Hast du das vergessen?«
Aron Fox schwieg. Seine Hände fuhren durch das filzige ergraute Haar, und er spürte die Feuchtigkeit an den Handballen. Waren das Zeichen des Altwerdens?
Finch Osborn trat zu dem Toten und drehte ihn mit der Stiefelspitze auf den Rücken. Zwei dunkle, gebrochene Augen, die ihren Glanz verloren hatten, blickten Osborn entgegen. Stumm und anklagend. Aber Finch Osborns Herz schien hart wie Stein zu sein. Er zeigte keinerlei Regung, als er den Toten am breiten Gurt erfaßte und durch das verdörrte Gras zu seinem Wallach schleppte. Er wuchtete den Erschossenen quer vor den Sattel und stieg in die Bügel.
»Nimm seinen Sattel und das Zaumzeug, Aron«, sagte Osborn und stieß dem Wallach die Sporen in die Flanken, »es gehört seiner Witwe.«
Ein schönes Erbe, dachte Fox und zerrte den verwitterten alten Sattel unter dem Schecken hervor. Schweigend folgte er Osborn, und irgendwie begann er Osborns Kaltschnäuzigkeit zu hassen. Auch in der Nacht und am folgenden Tag lag eine Barriere zwischen ihnen, die zu einem unüberwindlichen Hindernis anwuchs.
Am Nachmittag des folgenden Tages erreichten sie eine windschiefe Hütte in einer von karger Vegetation bewachsenen Mulde. Ein kleiner Bastardhund lief ihnen bellend entgegen und sprang an Osborns Pferd hoch, wo noch immer der Tote quer vor dem Sattel lag. Ein Kind spielte im Sand, und als sie an der Hütte vorbeiritten, folgten ihnen die Blicke der Mexikanerin. Aron Fox würde diese anklagenden dunklen Augen nie vergessen. Er trieb seinem Fuchs die Sporen in die Flanken, um Abstand zu gewinnen, und ließ dabei den Sattel in den Staub fallen.
Ein mageres Erbe für ein entbehrungsreiches Leben, dachte Aron und hoffte, daß die Frau die fünfhundert Dollar in der Satteltasche finden möge. Sein Anteil an der Jagd.
*
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