Gemeinsam stark: Sophienlust - Die nächste Generation 87 – Familienroman
Von Anna Sonngarten
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Über dieses E-Book
Denise hat inzwischen aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle geformt, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt.
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
Susanne Hellweg stellte mit routinierten Handgriffen ein Blumenarrangement für eine ihrer ältesten Kundinnen zusammen, die derweil über Neuigkeiten aus der Nachbarschaft plauderte. Die Floristin hörte heute jedoch nur mit halbem Ohr hin, und kaum hatte sie die Kundin verabschiedet, schloss sie ihren kleinen geschmackvoll eingerichteten und üppig dekorierten Blumenladen ab und eilte nach Hause. »Ella?«, rief sie in die Stille der Wohnung hinein, kaum dass sie die Tür geöffnet hatte. Es kam keine Antwort. »Ella, bist du fertig? Wir wollen gleich los!«, versuchte sie es noch einmal, aber wieder blieb die Antwort aus. Sie klopfte an die Tür ihrer dreizehnjährigen Tochter und öffnete sie einen Spalt. Ella saß auf ihrem Bett und schaute aus dem Fenster. Ihr Oberkörper bewegte sich im Takt der Musik, die Susanne nicht hören konnte, denn Ella trug Kopfhörer. Susanne baute sich vor ihrer Tochter auf, die daraufhin ihre Kopfhörer abnahm. »Kannst du nicht anklopfen?«, fragte Ella unwirsch. »Das habe ich, aber du hast es nicht gehört«, sagte Susanne ruhig. Die Fünfunddreißigjährige ließ sich nicht provozieren. »Du weißt schon, dass wir verabredet sind, oder?«, fragte sie dann mit einem kritischen Blick auf das Schlabbershirt, das von Ellas schmalen Schultern herabhing. »Du bist mit deinem Neuen verabredet und ich muss mitkommen«
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Gemeinsam stark - Anna Sonngarten
Sophienlust - Die nächste Generation
– 87 –
Gemeinsam stark
Unveröffentlichter Roman
Anna Sonngarten
Susanne Hellweg stellte mit routinierten Handgriffen ein Blumenarrangement für eine ihrer ältesten Kundinnen zusammen, die derweil über Neuigkeiten aus der Nachbarschaft plauderte. Die Floristin hörte heute jedoch nur mit halbem Ohr hin, und kaum hatte sie die Kundin verabschiedet, schloss sie ihren kleinen geschmackvoll eingerichteten und üppig dekorierten Blumenladen ab und eilte nach Hause.
»Ella?«, rief sie in die Stille der Wohnung hinein, kaum dass sie die Tür geöffnet hatte. Es kam keine Antwort. »Ella, bist du fertig? Wir wollen gleich los!«, versuchte sie es noch einmal, aber wieder blieb die Antwort aus. Sie klopfte an die Tür ihrer dreizehnjährigen Tochter und öffnete sie einen Spalt. Ella saß auf ihrem Bett und schaute aus dem Fenster. Ihr Oberkörper bewegte sich im Takt der Musik, die Susanne nicht hören konnte, denn Ella trug Kopfhörer. Susanne baute sich vor ihrer Tochter auf, die daraufhin ihre Kopfhörer abnahm.
»Kannst du nicht anklopfen?«, fragte Ella unwirsch.
»Das habe ich, aber du hast es nicht gehört«, sagte Susanne ruhig. Die Fünfunddreißigjährige ließ sich nicht provozieren.
»Du weißt schon, dass wir verabredet sind, oder?«, fragte sie dann mit einem kritischen Blick auf das Schlabbershirt, das von Ellas schmalen Schultern herabhing.
»Du bist mit deinem Neuen verabredet und ich muss mitkommen«, korrigierte Ella ihre Mutter und zog einen Flunsch. Susanne hatte keine Lust auf eine Diskussion. In letzter Zeit häuften sich die Streitgespräche mit Ella. Ihr Töchterchen hatte sich von dem süßesten Mädchen in einen aufmüpfigen Teenie verwandelt.
Sie beschloss, den Aufzug ihrer Tochter zu ignorieren, und machte sich daran, sich selbst aufzuhübschen. Sie würden zwar nur in eine Pizzeria gehen, weil Thomas’ Sohn Julius nichts anderes als Pizza mochte, aber es ging bei dieser Verabredung nicht in erster Linie ums Essen. Thomas und Susanne hatten heute Abend vor, den Kindern zu sagen, dass sie zusammenziehen würden. Sie wollten endlich wie eine richtige Familie zusammenleben. Deshalb war Susanne nervös. Würde es ein netter Abend werden und würde es einen Grund zum Feiern geben? Sie war sich nicht sicher. Aber in einem schönen Kleid würde sie sich besser fühlen. Sie wusste genau, was sie anziehen wollte und war nach wenigen Minuten fertig. Jetzt noch die blonden Haare hochstecken und etwas Make-up. Fertig.
»Echt krass, wie du dich aufbrezelst«, hörte sie Ella sagen. Sie stand in der Tür und musterte ihre Mutter.
»Das kann man von dir nicht gerade behaupten, mein Schatz«, konterte Susanne. Ella hatte inzwischen ihre alten Converse Chucks angezogen. Über ihrem Schlabbershirt trug sie eine abgewetzte Motorradjacke, die sie von ihrem Opa Herbert geerbt hatte, und die ihr viel zu groß war. Susanne war über das »Geschenk« ihres Schwiegervaters nicht begeistert gewesen. Aber sie wollte keinen Streit mit dem alten Herrn. Der Tod seines einzigen Sohns hatte ihn verändert. Das Schicksal hatte sie alle gezeichnet, aber ihren Schwiegervater hatte es am härtesten getroffen. Susanne hatte nach vielen Jahren in Thomas jetzt endlich eine neue Liebe gefunden. Ihr Schwiegervater aber hatte seinen einzigen Sohn verloren und seine Frau war schon lange tot. Deshalb freute sich Susanne, dass Ella sich so gut mit ihrem Opa verstand, obwohl ihr diese Beziehung auch Rätsel aufgab. Susanne drehte sich vom Spiegel weg und sah ihre Tochter an. Ella ähnelte ihrem Vater. Sie hatte lange dunkle Haare, die sie zu einem unordentlichen Dutt zusammenband. Eine Haarsträhne hatte sie lila gefärbt. In letzter Zeit schminkte sie sich, was ihr nicht so gut stand. Das war zumindest Susannes Meinung, denn der schwarze Lidstrich und die Wimperntusche, von der sie reichlich nahm, machten sie noch blasser und ihre schönen blauen Augen wirkten traurig. Susanne verstand nicht, was Ella mit ihrem Kleidungsstil und der Art sich zurechtzumachen ausdrücken wollte. Sollte ein junges Mädchen, das gerade mal aus den Kinderschuhen herausgewachsen war, nicht lebensbejahender und fröhlicher daherkommen? Ella umgab eine Aura der Mutlosigkeit. Als wäre ihr junges Leben eine Bürde, von der sie nicht wusste, wie sie zu tragen sei. Susanne stieß einen Stoßseufzer aus.
»Ist was?«, kam die prompte Reaktion von Ella in einem feindseligen Tonfall.
»Nein, mein Schatz. Lass uns losfahren«, sagte Susanne um einen freundlichen Tonfall bemüht.
Zum selben Zeitpunkt in einem anderen Teil der Stadt hatte Thomas Brandt das Problem, Julius davon zu überzeugen, morgen an seinem Legosaurier weiterzubauen. Julius brachte die Dinge gerne zu Ende. Für einen Achtjährigen war das erstaunlich, fand sein Vater. Der selbstständige Tischlermeister sah aber nicht ungern, wie sein Söhnchen konzentriert bei der Sache war. Dennoch blickte der große kräftige Mann mit den freundlichen Augen auf die Uhr.
»Wir müssen los, Julius. Du kannst doch morgen weiterbauen. Der Legosaurier kann dir doch nicht weglaufen«, versuchte er einen Scherz. Julius sah seinen Vater verwirrt an.
»Meinst du, ich könnte da einen Motor einbauen?«, fragte er, weil er nur »laufen« gehört hatte. Nein, das meinte Thomas Brandt ganz und gar nicht. Aber er wusste, dass Julius diesen Gedanken so schnell nicht wieder loslassen würde.
»Ehrlich gesagt, wüsste ich nicht, wie das gehen sollte. Aber wir können später mal gemeinsam überlegen. Jetzt zieh dir bitte deine Schuhe an. Du wolltest doch unbedingt in eine Pizzeria«, erinnerte ihn sein Vater und brachte seine dunklen Haare schnell noch mit den Händen in Form.
»Ach, ist das heute?«
»Ja, das ist eigentlich sogar schon jetzt«, erwiderte Thomas mit einem erneuten Blick auf die Uhr. Julius sprang auf. Pizza war sein Lieblingsgericht. Das toppte für den Moment sogar sein Saurierprojekt und als Vater und Sohn bei der Pizzeria angekommen waren, stiegen auch Susanne und Ella gerade erst aus dem Wagen. Thomas und Susanne begrüßten sich mit einem flüchtigen Kuss. Julius kicherte und Ella schaute betreten zur Seite. Dann begrüßte Thomas seine zukünftige Stieftochter Ella und Susanne Julius. Sie hatte es leicht mit Thomas’ Sohn. Julius war zutraulich und anhänglich. Er nahm gleich ihre Hand und fing an zu plappern. Thomas und Ella hielten Abstand. Mehr als ein kurzes »Hallo« war aus Ella nicht herauszubekommen. Thomas versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass ihn das kränkte. Er blieb gleichmäßig freundlich zur Tochter seiner zukünftigen Frau und hoffte insgeheim, dass sich die Situation irgendwann bessern würde. Aber wenn er ehrlich zu sich war, ging es schlechter als am Anfang. Er warf Susanne einen Blick zu, als sie ihre Plätze einnahmen. Susanne war schön wie nie, aber sie wirkte auch angespannt. Der Einzige am Tisch, der gute Laute versprühte, war Julius. Er schaute Ella neugierig an:
»Warum sind deine Haare vorne lila, Ella? Hast du das selber gemacht?«, fragte er interessiert.
»Weil das cool ist und ja, selber«, war die knappe Antwort.
»Ist das schwierig?«, wollte der Kleine wissen.
»Nö«, antwortete die Dreizehnjährige und blätterte konzentriert in der Speisekarte, ohne Julius anzusehen. Susanne lenkte Julius mit einem Gespräch über seine Lieblingspizza ab. Als alle bestellt hatten und die Getränke auf dem Tisch standen, räusperte sich Thomas. Susanne sah ihn an und vergaß zu atmen.
»Wir wollen euch heute etwas mitteilen«, begann Thomas.
Ella fixierte ihn aus schmalen Augen und warf ihrer Mutter einen kurzen Blick zu.
»Susanne und ich wollen mit euch zusammenziehen. Wir haben noch kein passendes Haus gefunden, aber wir suchen danach …«
»Was? Soll das etwa heißen, dass ich umziehen soll und auf eine andere Schule muss? Und wie stellt ihr euch das vor? Soll ich dann für den da die Babysitterin spielen?« Bei den Worten »den da«, hatte Ella mit dem Kopf in Richtung Julius gedeutet.
»Ella!«, rief Susanne erschrocken.
»Wir wollen in Maibach bleiben, oder zumindest in der Nähe. Einen Schulwechsel hatten wir nicht eingeplant«, antwortete Thomas ruhig.
»Wenn ihr zusammenleben wollt, ist das eure Sache. Aber wieso werde ich da mit reingezogen?«, fragte Ella. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und schaute trotzig zwischen den beiden Erwachsenen hin und her.
»Wir dachten … also wir würden gerne als richtige Familie zusammenwohnen«, erklärte Susanne.
»Wir sind aber keine ›richtige‹ Familie.