Der Eisenweg nach Santa Fé: Wyatt Earp 273 – Western
Von William Mark
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Es war im Spätherbst 1873, als in Santa Fé der Bankier Clyde Henderson auf den Gedanken kam, eine Bahnlinie vom Nordosten her nach Santa Fé legen zu lassen. Er wollte damit der wohl größten und bekannteren Stadt der Mittelstaaten etwas geben, was andere Städte – beispielsweise Dodge City – längst hatten. Es gab viele Dinge, die von Kansas her, das näher an den dichteren Verkehrslinien des Ostens lag, und von Colorado herunter nach New Mexico gebracht werden mußten. Dazu konnte bis 1873 nur die alte knarrende und polternde Postkutsche, die Overland, benutzt werden. Die Linie, die von Raton, an der Südgrenze Colorados, nach Santa Fé führte, gehörte einem Mann namens Austin Portland. Er war sehr reich, hatte in Raton drei Bars, einen großen Spiel-Saloon, mehrere Wohnhäuser und außerhalb der Stadt nahe an der Grenze zwischen Colorado und New Mexico auf der Chicorico Mesa eine große Ranch. Er war ein zwielichtiger Mann, dieser Austin Portland. Viele seiner Zeitgenossen hielten ihn für einen fortschrittlich gesinnten Menschen, der viel für das Land, die Stadt und seine Mitmenschen getan habe. Aber sie irrten sich. Portland war ein sehr eigennütziger Mann, der seine Ziele unter dem Deckmantel großer Freundlichtkeit mit kalter Brutalität verfolgte. Die Postlinie nach Santa Fé war seine Haupteinnahmequelle. Er hatte von der Regierung gleich nach Beendigung der Sezessionskriege eine Lizenz dafür bekommen und duldete keine Partner auf der fast einhundertfünfzig Meilen langen Strecke. Es gab sowohl in Santa Fé als auch in Raton selbst einige Leute, die gern noch eine Linie errichtet hätten; aber Portland wußte das immer zu vereiteln. Und als der kleine Jerome Walbrook im Frühjahr 1872 dennoch eine eigene Linie bei der Regierung durchsetzte, rastete der Rancher nicht, bis der Konkurrent zugrunde ging. Auch Allan Eastern, ein Kaufmann aus der kleinen Stadt Black Lake, die etwa fünfundsechzig Meilen nordostwärts von Santa Fé lag, hatte eine Linie aufgebaut. Eine kleine Overland mit nur zwei Wagen und sechzehn Pferden. Austin Portland ließ der Eastern-Linie ganze drei Monate, dann brach auch sie zusammen. Melwin Talbot, ein Getreidehändler aus Santa Fé, war der letzte, der gegen das harte Monopol Portlands anrannte und am 17. Mai 1873 eine eigene Linie aufbaute. Er hatte nicht einmal einen ganzen Monat Zeit, sich an seinem Werk zu erfreuen.
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Der Eisenweg nach Santa Fé - William Mark
Wyatt Earp
– 273 –
Der Eisenweg nach Santa Fé
William Mark
Es war im Spätherbst 1873, als in Santa Fé der Bankier Clyde Henderson auf den Gedanken kam, eine Bahnlinie vom Nordosten her nach Santa Fé legen zu lassen. Er wollte damit der wohl größten und bekannteren Stadt der Mittelstaaten etwas geben, was andere Städte – beispielsweise Dodge City – längst hatten.
Es gab viele Dinge, die von Kansas her, das näher an den dichteren Verkehrslinien des Ostens lag, und von Colorado herunter nach New Mexico gebracht werden mußten. Dazu konnte bis 1873 nur die alte knarrende und polternde Postkutsche, die Overland, benutzt werden. Die Linie, die von Raton, an der Südgrenze Colorados, nach Santa Fé führte, gehörte einem Mann namens Austin Portland. Er war sehr reich, hatte in Raton drei Bars, einen großen Spiel-Saloon, mehrere Wohnhäuser und außerhalb der Stadt nahe an der Grenze zwischen Colorado und New Mexico auf der Chicorico Mesa eine große Ranch.
Er war ein zwielichtiger Mann, dieser Austin Portland. Viele seiner Zeitgenossen hielten ihn für einen fortschrittlich gesinnten Menschen, der viel für das Land, die Stadt und seine Mitmenschen getan habe. Aber sie irrten sich. Portland war ein sehr eigennütziger Mann, der seine Ziele unter dem Deckmantel großer Freundlichtkeit mit kalter Brutalität verfolgte.
Die Postlinie nach Santa Fé war seine Haupteinnahmequelle. Er hatte von der Regierung gleich nach Beendigung der Sezessionskriege eine Lizenz dafür bekommen und duldete keine Partner auf der fast einhundertfünfzig Meilen langen Strecke.
Es gab sowohl in Santa Fé als auch in Raton selbst einige Leute, die gern noch eine Linie errichtet hätten; aber Portland wußte das immer zu vereiteln. Und als der kleine Jerome Walbrook im Frühjahr 1872 dennoch eine eigene Linie bei der Regierung durchsetzte, rastete der Rancher nicht, bis der Konkurrent zugrunde ging. Die Mittel, derer er sich dazu bediente, waren mehr als gesetzlos…
Auch Allan Eastern, ein Kaufmann aus der kleinen Stadt Black Lake, die etwa fünfundsechzig Meilen nordostwärts von Santa Fé lag, hatte eine Linie aufgebaut.
Eine kleine Overland mit nur zwei Wagen und sechzehn Pferden. Austin Portland ließ der Eastern-Linie ganze drei Monate, dann brach auch sie zusammen.
Melwin Talbot, ein Getreidehändler aus Santa Fé, war der letzte, der gegen das harte Monopol Portlands anrannte und am 17. Mai 1873 eine eigene Linie aufbaute. Er hatte nicht einmal einen ganzen Monat Zeit, sich an seinem Werk zu erfreuen. Portland sorgte dafür, daß seine drei Wagen, seine drei Kutschen und drei Gunman in den schwierigen Bergpassagen nördlich vom Rio Grande ihr Ende fanden.
Sie hatten ihre Linien nicht aus purer Gewinnsucht aufgebaut, die kleinen Leute – es war tatsächlich so, daß die Overland des Ranchers Portland den Verkehr und Transport auf der wichtigen Strecke nicht bewältigen konnte. Walbrook, Eastern und Talbot hatten sogar Gelder aufgenommen, um die Verkehrslinien aufzubauen und zu stärken. Sie machten alle drei Bankrott. Walbrook erhängte sich. Eastern verfiel dem Alkohol und schwankte in Blake Lake von einem Saloon zum anderen, und Talbot schließlich wanderte zu Fuß nach Westen, nachdem er alles, was er einst besessen hatte, verlor. Nicht einmal ein Pferd hatte man ihm gelassen.
Das war Portlands Werk.
Und niemand wußte es.
Niemand hätte den harten, biederen Mann für einen Verbrecher gehalten, für einen Menschen, der nicht einmal vor einem Mord zurückschreckte, um seine Ziele durchzusetzen.
Aber das Unglück der drei Männer hatte den Tatendrang aller anderen, die sich vielleicht mit ähnlichen Plänen getragen hatten, zerstört. Man war weiterhin auf die Portland-Linie angewiesen, mußte sich weiterhin beschränken, wochenlang auf Post und andere Güter warten, oft monatelang, um einen vorbestellten Platz in den Wagen kämpfen.
So stand es gegen Ende Oktober des Jahres 1873, als Clyde Henderson in Santa Fé auf den Gedanken kam, eine Bahnlinie nach Norden bauen zu lassen. Vielleicht muß noch erwähnt werden, daß der Bahnbau damals fast nur in Privathänden lag. Noch heute gehört ein Großteil der amerikanischen Eisenbahnen privaten Gesellschaften. Es läßt sich also denken, daß ein einzelner Mann ein Vermögen aufwenden mußte, um ein solches Vorhaben zu beginnen.
Und Clyde Henderson setzte sein Vermögen ein.
Er setzte es unbewußt gegen das Mißgeschick, das den Namen Austin Portland trug.
Im Sommer 1960 war ich in Santa Fé. Wyatt Earps Spuren, denen ich viele Monate durch die Staaten folgte, hatten mich in die alte Spielerstadt geführt. Hier erfuhr ich Clyde Hendersons dramatische Geschichte, seinen Kampf gegen den Feind im Dunkeln.
Diese Geschichte will ich euch erzählen, Freunde, ich will euch berichten, wie der große Wyatt Earp in diesen historischen Kampf, der am 24. Oktober 1873 begann, verwickelt wurde.
William Mark
Joe Boswell wischte sich über sein staubiges, glühendheißes Gesicht. Er richtete sich auf und blickte zu der Bergkuppe hinüber, wo der kleine Arbeitertrupp den Weg für das Feuerroß, wie die Indianer die Eisenbahn nannten, ebneten.
Es war eine harte, mörderische Arbeit. Sichtlich hatte Henderson den Sommer vorübergehen lassen, um die Männer nicht in der Sonnenglut, die in den heißen Monaten in diesem Land herrschte, die Arbeit nur unter Qualen verrichten zu lassen.
Am Nordrand von Santa Fé hatte der Bahnbau begonnen.
Der Bankier hatte einen hohen Lohn für die Arbeitskräfte aussetzen müssen, um die Männer überhaupt auf die Plains zu bringen.
Der hünenhafte Joe Boswell stammte aus Los Angeles. Er war Ingenieur. Henderson hatte ihn aus Californien geholt, nachdem er erfahren hatte, daß Boswell die Bahn von Los Angeles nach Fresno gebaut hatte. Es hatte damals in allen Gazetten gestanden, wie schwierig der Bau über die Gebirgszüge der rauhen Temblor Ranges gewesen war.
Joe Boswell war gekommen. Und mit ihm zwei Dutzend Eisenbahn-Arbeiter aus Californien.
Aber nur sehr langsam kamen die Planierungsarbeiten vorwärts. Die Verhältnisse im wilden New Mexico erwiesen sich als bedeutend schwieriger, als die drüben in Californien.
Trotz der späten Jahreszeit herrschte am Rio Grande noch eine bruttige Schwüle. Die ersten Meilen nach dem nahegelegenen Tesque wurden verhältnismäßig schnell fertiggestellt. Und Boswell konnte die Bestellung für die Schienenstücke schon nach kurzer Zeit aufgeben. Aber dann ging es hinauf ins Gebirge, das schon zehn Meilen nördlich von der Stadt begann.
Boswell wußte, was man einer Lokomotive zumuten konnte, deshalb suchte er den Weg so anstiegsfrei und eben wie möglich zu halten. Aber er konnte nicht im Tal bleiben, durfte sich den Umweg nach Westen zum Rio Grande hinüber nicht leisten. Er mußte über die Berge.
Schon sehr bald wußte er, daß er hier vor einer Aufgabe stand, vor der schwersten seines Lebens.
*
Sie waren erst zwei Tage in den Bergen, als ein Trupp von fünfzehn Reitern gegen Abend ihr Lager aufsuchte und bat, die Nacht über dort verbringen zu dürfen. Im Morgengrauen brachen die Reiter auf. Und kurz vor Arbeitsbeginn meldete der Strecken-Boß dem Ingenieur, daß vier Kisten mit wichtigen Werkzeugen verschwunden waren.
Henderson, dem Boswell selbst die Nachricht in die Stadt brachte, lächelte. »Mit diesen Dingen müssen wir rechnen, Boswell. Wir leben hier in einem merkwürdigen Land. Es gibt eine Menge Leute, denen die Bahn nicht passen wird…«
Es war ein höllisch merkwürdiges Land! Das sollte der Ingenieur Boswell bald erkennen.
Henderson ließ neue Werkzeuge kommen.
Die Arbeit ruhte solange.
Die Männer warteten in Santa Fé.
Als sie am Morgen des 5. November wieder an ihrem letzten Lager ankamen, sahen sie da, wo sie in mühevoller Arbeit einen kleinen Paß in einen störenden Felsenvorsprung geschlagen hatten, ein gewaltiges klaftertiefes Loch.
Boswell biß die Lippen aufeinander. Er spürte, daß ihn der Vorarbeiter Jim Gennan anblickte.
»Das ist gesprengt worden…«, sagte Gennan dumpf.
Boswell schwieg.
Fast einen vollen Tag brauchte der Trupp, die Vertiefung wieder so auszugleichen, daß sie nicht nur eben war, sondern auch einen festen Untergrund für den Bahnkörper abgab.
Die Arbeit ging weiter.
Über ein ebenes Stück zwischen Bergkuppen hindurch, eine sanft ansteigende Halde hinan auf einen Hügelkamm zu, den Boswell am liebsten umgangen hätte.
Am Abend zuvor hatte er sich mit Gennan besprochen.
Sie waren dahin übereingekommen, die niedrigste Stelle des Kamms wieder so einzubrechen, daß die Bahn hinübergeführt werden konnte.
Und daran arbeiteten die Männer am Morgen des 8. November.
Boswell hatte in der Frühe einen Ritt nach Süden gemacht und war hinter Tesque auf den Schwellenleger-Trupp gestoßen, der rasch vorwärtsgekommen war.
Während der Ingenieur nach seinem Lager im Norden zurückritt, überlegte er, daß er vielleicht in vierzehn Tagen schon mit dem Legen der Schienen von Santa Fé nach Tesque beginnen lassen könnte.
Da hörte er plötzlich Schüsse vor sich.
Eine Tamariskenbuschgruppe verdeckte dem Reiter die Sicht auf das Plateau, an dessen Ende die Arbeiter mit dem Einbrechen des Hügelpasses noch beschäftigt waren.
Boswell gab seinem Braunen die Sporen und preschte vorwärts.
Und dann, als er die Büsche erreicht hatte, sah er es: Seine Männer hatten sich hinter Planwagen, Gesteinsbrocken und Pferden verschanzt und feuerten wie wild über die Nordseite des Passes.
Der Ingenieur preßte die Fäuste um die Zügelleinen.
Hinter einem Pinto erkannte er den Vorarbeiter.
»Gennan!« rief er ihm zu, während er vom Pferd sprang und vor einer dicht an ihm vorbeipfeifenden Kugel hinter einem Felsstein Deckung suchte.
Der Bestman sah sich um. »Hallo, Boß!« rief der rothaarige Bursche. »Kleine Unterbrechung!«
»Wo stecken die Banditen?«
»Keine Ahnung. Sie schießen drüben hinter einer Felsnase hervor.«
»Wieviel sind es?«
»Weiß ich nicht. Mindestens ein Dutzend. Jack Halbert und Jonny Covers sind verwundet. Auch Maxwell hat was abgekriegt.«
Der Ingenieur kroch vorwärts und fand die Verwundeten bei den