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Von 6 bis 88 Jahren!: Durch Drama, Abenteuer, Leid, Liebe und Trauer
Von 6 bis 88 Jahren!: Durch Drama, Abenteuer, Leid, Liebe und Trauer
Von 6 bis 88 Jahren!: Durch Drama, Abenteuer, Leid, Liebe und Trauer
eBook373 Seiten5 Stunden

Von 6 bis 88 Jahren!: Durch Drama, Abenteuer, Leid, Liebe und Trauer

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Über dieses E-Book

Terry Bartsch ist Spiritueller Heiler und Reverend. Er zählt zu den großen spirituellen Heilern. Auf dem Höhepunkt seiner Heilertätigkeit wurde ihm der Titel Doctor of Divinity (DD) verliehen. In diesem Buch schildert er eindrucksvoll seinen Weg durch Drama, Abenteuer, Leid, Liebe und Trauer. Zwei Nahtoder-lebnisse brachten ihn schließlich dazu, sein Leben vollständig zu überdenken und zu verändern. Das Buch gibt Einblick in die Spirituelle Philosophie und das Leben mit der Geistigen Welt.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum15. Apr. 2020
ISBN9783347052550
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    Buchvorschau

    Von 6 bis 88 Jahren! - Rev. Terry Bartsch DD

    Kapitel 1

    Es war ein eiskalter Morgen, als er die Haustür hinter sich schloss und zur Straßenkreuzung ging. Die Menschen, die noch am Abend ins Dorf gekommen waren, machten sich in den verschiedenen Unterkünften zur Abreise fertig. Die Pferde wurden in die Treckwagen eingespannt, um dann, nachdem man gefrühstückt hatte, weiterzufahren. Es war im Jahr 1945. Er trug seine Winteruniform der Hitlerjugend, um nun die anderen Jungs vom Nachtdienst an der Dorfkreuzung abzulösen.

    Die Kreuzung musste immer offen sein, sodass die Lastwagen der Wehrmacht ungehindert durchfahren konnten, um Munition und Verpflegung so schnell wie möglich zur Ostfront zu bringen. Auf dem Rückweg nahmen sie die verwundeten Soldaten mit und brachten sie ins Krankenhaus.

    Es dauerte nicht lange, da hörte er von der einen Seite die Geräusche der Lastwagenmotoren. Von der Frontseite hörte er, wie die Räder der Treckwagen knirschten, die auf ihn zukamen.

    Viele der Lastwagen waren mit Nachschubsoldaten beladen, andere mit Kriegsmaterial für die Ostfront.

    In der Zwischenzeit waren die anderen Jungen eingetroffen, sodass er sich auf das Trittbrett des ersten Lastwagens stellen konnte. So führte er den Lastwagenzug bis zum nächsten Lotsenpunkt, zwischen den unter Schneemassen zusammengebrochenen Treckwagen hindurch, um dann einen anderen Lastwagenzug, der mit Verwundeten beladen war, zu seiner Kreuzung zurückzuführen, damit diese ins Lazarett gebracht werden konnten. Das Schlimmste zu dieser Zeit war, dass die Landschaft nicht nur mit neuem Schnee bedeckt, sondern dass es auch sehr neblig war. Wer die Hindernisse nicht kannte, konnte schnell in den Straßengraben rutschen, aus dem man allein nicht herauskam.

    Das war, was seine Jungs und er den ganzen Tag über zu leisten hatten, bis es langsam dunkel wurde.

    Nachdem er an der Kreuzung abgelöst wurde, half er mit, die spät angekommenen Treckwagen unterzubringen. Des Öfteren half er den Menschen, die erfrorenen Alten oder Kinder vom Wagen auf einen kleinen Schlitten zu laden, damit sie auf den Friedhof gebracht werden konnten.

    Da der Boden viel zu hart war, um sie zu begraben, wurde der Schnee zwischen den Gräbern weggeschaufelt. Dann wurden sie da hingelegt und mit Schnee bedeckt. Besser ging es nicht. Es war Krieg. Das war nun mal ein täglicher Vorgang. Er fing an, sich daran zu gewöhnen, tote Menschen zu sehen und sie mit Schnee zu bedecken.

    Mit seinen 14 Jahren war er der Älteste seiner Gruppe und der Gruppenführer. Er musste sehr schnell erwachsen werden. Er sah so viel Leid und musste mitmachen. Alle Jungen älter als 16 Jahre wurden eingezogen und an die Front geschickt, um die herannahende, russische Armee zu bekämpfen.

    Trotz allem kam die Front immer näher und die Arbeiten an der Dorfkreuzung mussten immer schneller verrichtet werden.

    Ein Pferdewagen nach dem anderen fiel dem Krieg zum Opfer und kam nicht mehr zurück, Armeelastwagen hatten es immer eiliger, das Kriegsmaterial nach vorne und Verwundete nach hinten in die Lazarette zu transportieren.

    Immer wieder schneite es. Manchmal war es bitterkalt, aber keiner durfte aufhören. Jeder wurde gebraucht, da die Situation langsam in ein Chaos überging. Jeder kannte seinen Einsatz, um die Lastwagen sicher durchzubringen

    Die Jungs bekamen nur noch sehr wenig Freizeit, genau genommen nur einige Stunden, um zu schlafen oder zu essen. Er aß, was seine Mutter für ihn vorbereitet hatte. Auch manche Fahrer brachten ihm etwas zu essen mit, was er in der kurzen Zeit zwischen dem Lotsen der einzelnen Lastwagenzüge zu sich nehmen konnte.

    Ab und an hörte man das Donnern der großen Geschütze, als die Front immer näherkam, und man hoffte, dass die russische Armee nun endlich aufgehalten werden würde, sodass auch er kein Flüchtling werden musste.

    Nach vielen Tagen hörte das Gedrängel und Chaos auf einmal auf. Von der Front kamen plötzlich andere, unbekannte Geräusche. Das ganze Dorf spannte die Pferde vor die Wagen. Sie fuhren los in das Innere Deutschlands.

    Als sie aufbrachen, kam ein Offizier mit einem Auto angefahren, gefolgt von einem Lastwagen, und hielt Ausschau nach alten und jungen Männern für die Front. Diejenigen, die sich zu weigern versuchten, wurden mit dem Tod durch Erschießen bedroht.

    Auch er wurde bedroht. Einige Jungen wurden trotz der Proteste ihrer Mütter mitgenommen, um an der Front zu kämpfen.

    Zusammen mit einigen Jungen wurde er beauftragt, die Kreuzung offenzuhalten, bis die letzten Soldaten hindurch waren. Gleichzeitig mussten sie die Russen aufhalten und bekämpfen.

    Nachdem alle deutschen Einheiten durchgefahren waren, gelang es ihm, unter Beschuss der russischen Armee von der Kreuzung zu fliehen, und etwas verspätet zu dem von den Pferden gezogenen Treckwagen zurückzukehren, wo seine Mutter auf ihn wartete, um mit ihm und seinem Bruder weiterzufahren.

    Zwei Tage später kamen sie bei seinem Opa im schlesischen Bunzlau an. Er hoffte, dass die Front nun bald aufgehalten würde, sodass sie nicht wieder von Bunzlau flüchten mussten.

    Sie blieben nur drei Wochen. Er, sein Bruder und seine Mutter bekamen die letzten drei Plätze im letzten Zug, der über den Viadukt von Bunzlau weiter in das Innere Deutschlands fuhr.

    Der Zug war natürlich überfüllt mit Flüchtlingen und keiner wusste, wohin genau er fuhr. Manchmal stand er einige Stunden lang ohne Lokomotive auf irgendeinem Bahnhof. Dann wurde auf einmal eine Lok angehängt. Eine Information gab es nicht. Der Zug fuhr weiter, um dann wieder irgendwo stehenzubleiben, manchmal für länger oder auch nur kurz. Selbst der Lokführer wusste häufig nicht, wann es weiterging.

    Währenddessen rannten die Frauen des Öfteren schnell in den Ort, um etwas zu essen zu kaufen. Wenn sie das dreimalige Pfeifen der Lokomotive hörten, mussten sie in Windeseile wieder zurücklaufen, denn drei Minuten später fuhr der Zug weiter.

    Wer es nicht rechtzeitig zurück schaffte, wurde einfach vor Ort zurückgelassen. Der Lokführer fuhr immer sehr langsam an, sodass die Zuspätkommenden noch eine Chance hatten, aufzuspringen.

    So ging es Tag für Tag weiter, immer mit der Gefahr, von Flugzeugen angegriffen zu werden. Das passierte auch manchmal.

    Eines Tages fuhren sie in den Dresdener Bahnhof ein und standen für einige Stunden im Gleis. In fast jedem Gleis stand ein Zug, beladen mit Flüchtlingen oder verwundeten Soldaten, Kriegsmaterial und allem Möglichen.

    Immer mehr Züge fuhren ein, aber keiner traute sich, den Bahnsteig seines Zuges zu verlassen. Wie immer gab die Lokomotive drei Pfiffe ab. Diesmal wartete der Lokführer keine drei Minuten, sondern fuhr direkt los, zwischen den vielen Zügen raus aus dem Bahnhof.

    Nach einer kurzen Fahrt kamen sie in Meißen an. Hier hörten sie zum ersten Mal den Befehl:

    „Alle aussteigen!"

    Vom Bahnsteig aus wurde ihnen der Weg gezeigt, den sie gehen mussten. Sie kamen zu einer großen Schule. In dieser lagen Strohmatratzen auf dem Boden, auf denen sie schlafen konnten.

    Schon im Zug hatte er ein nettes, schönes Mädchen namens Waltraud kennengelernt. Sie war nur zwei Wagen weiter hinter ihm im Zug. Er hatte sich schon öfters mit ihr auf verschiedenen Bahnsteigen getroffen oder sie winkte ihm während der Fahrt durch das offene Fenster ihres Wagens zu. In der Schule wurden Waltraud, ihre Mutter und ihre Geschwister in einem anderen Zimmer als er und seine Familie untergebracht.

    Nach einer kurzen Zeit fand er Waltraud wieder und zusammen gingen sie durch die an der Elbe liegende Stadt.

    Hand in Hand gingen sie den Fluss entlang, bis sie an eine große Brücke kamen, die über den Fluss führte. Sie überquerten die Brücke.

    Von hier aus hatte man einen schönen Überblick über die Stadt. Es gab auch eine Parkanlage mit einem schönen Rasen, auf dem man sich hinlegen konnte. Er und Waltraud ließen sich hier nieder und fingen an, zu schmusen. Sie genoss es sehr.

    Am späten Nachmittag gingen sie wieder über die Brücke, den Berg hoch und zurück zur Schule. Dann gab es Abendessen. Nach dem Essen trafen sie sich wieder und gingen erneut zum Fluss hinunter, setzten sich dort auf eine Bank, schauten der Strömung des Wassers hinterher, küssten sich und schmusten.

    Sie freuten sich sehr über die gemeinsame und intime Zeit, die sie miteinander verbringen durften. Die Abenddämmerung setzte ein und ihre Begierde wurde immer größer. Sie waren bereit für den nächsten Schritt.

    Plötzlich ertönte die Luftalarmsirene. Das bedeutete, dass ein Fliegerangriff bevorstand. Die Menschen wurden gewarnt und mussten sich alle umgehend in einen Luftschutzkeller begeben.

    Sofort nahm er Waltraud an die Hand. Sie rannten den Berg zur Schule hinauf. Auf halbem Wege hörten sie bereits die Flugzeuge über sich hinwegfliegen. Er hoffte inständig, dass sie nicht gerade jetzt Bomben abwerfen würden.

    Unter dem Gedröhne der Flugzeugmotoren erreichten sie endlich den Eingang zum Luftschutzkeller. Der Luftschutzwart wartete schon ungeduldig auf sie und schimpfte sehr mit ihnen, weil sie so spät ankamen. Nachdem er sich etwas beruhigt hatte, sagte er:

    „Na ja, da ihr nun mal hier seid, schaut euch mal die Schatten der Flugzeuge an … Die fliegen in Richtung Dresden. Ich habe noch nie so viele auf einmal gesehen. Ihr habt Glück gehabt, dass man euch aus Dresden wegtransportiert hat, denn …", und zeigte in Richtung Dresden, wo jetzt ein großer, roter Schein am Himmel zu sehen war.

    „Die Armen dort. Das wird keiner überleben."

    Als die Bomben fielen, fühlte es sich unter ihren Füßen wie ein Erdbeben an. Sie hatten Glück. Alle Flugzeuge flogen in Richtung Dresden, das etwa 50 Kilometer von Meißen entfernt war.

    Es dauerte nicht lange, da kamen die Flugzeuge wieder zurück. Der rote Schein am Himmel wurde immer größer. Nach einer Weile heulte die Sirene wieder auf und es war klar, dass alle vom Keller in die oben gelegenen Schulräume kommen mussten, um dort zu übernachten.

    Als seine Mutter und die Mutter Waltrauds sie sahen, wurden sie von den beiden sehr ausgeschimpft, weil sie nicht im Luftschutzkeller waren. Der Wärter kam und beruhigte die beiden Mütter, da sie ja unter seinem Schutz gewesen waren.

    In dieser Nacht mussten sie noch zweimal in den Luftschutzkeller, als die Bomber über sie hinweg nach Dresden flogen, um die Stadt zu bombardieren. Jedes Mal wurde das Rot am Himmel größer und größer.

    Am nächsten Morgen traf er sich nach dem Frühstück wieder mit Waltraud und sie gingen runter an die Elbe. Als sie sich auf eine Bank niederließen und zu schmusen anfingen, unterbrach er auf einmal, stand auf, ging zum Geländer und schaute auf den Fluss.

    Was er da sah, sah scheußlich aus. Waltraud stand jetzt neben ihm. Im Fluss schwamm eine Frauenleiche an ihnen vorbei. Sie lag halb auf einem Brett. Als sie den Fluss hinaufschauten, kamen noch mehr Leichen auf sie zu. Manchmal konnten sie nur Teile eines Körpers sehen, der Rest war nicht mehr da.

    Zwei Motorboote fuhren den Fluss hinauf. Sie hantierten mit Stangen und Netzen, die die Körperteile und Leichen auffingen, um sie später an Land zu begraben.

    Waltraud und er hatten schon mal eine oder mehrere Leichen gesehen, aber sie waren nicht verstümmelt, und wie diese in Körperteile zerlegt. Ein Polizist kam und jagte sie vom Fluss weg.

    „Es gibt nichts zu sehen hier für euch. Sucht euch einen anderen Platz."

    Am dritten Tag nach dem Mittagessen kam der Befehl, dass sich alle zwei Stunden später am Bahnhof einfinden mussten, um in einen Zug einzusteigen.

    Als er, seine Mutter und sein Bruder am Bahnhof eintrafen, wurde gerade das Tor geöffnet. Er rannte auf einen Zugwagen zu, um ein halbes Abteil für sie drei zu ergattern.

    Als sie es sich bequem machten, sah er zum Fenster hinaus und sah, dass Waltraud und ihre Familie in denselben Wagen einstiegen, nur am anderen Ende. ‚Wunderbar‘, dachte er, ‚dann kann ich sie auch mal während der Fahrt besuchen.‘

    Wieder wurden sie irgendwohin gefahren, dann wieder woanders hin. Ab und an standen sie für einige Stunden im Bahnhof, zuweilen auch irgendwo auf einer Strecke zwischen zwei Ortschaften, so, als wenn man nicht wüsste, wo man sie loswerden könnte.

    Eine Nacht später fuhren sie nach langer Fahrt in einen Bahnhof ein, der einige Stunden zuvor noch bombardiert wurde, und an einigen Stellen immer noch brannte.

    Sie wurden wieder mal ausgeladen und in einer Schule untergebracht. Dort fanden sie heraus, dass sie sich in Lichtenfels, Oberfranken, befanden. In der Schule bekamen sie ein sehr gutes Frühstück. Danach mussten sie sich bei der Aufsicht melden. Man teilte ihnen mit, in welche verschiedenen Gruppen man sie einteilte und wohin sie zu gehen hatten. Sie wurden auf Lastwagen geladen und fuhren in die Landschaft hinein. Keiner wusste, wohin es ging.

    Einige Zeit später kamen sie in einem Dorf an, wo sie abgeladen wurden. Man teilte jedem einen Bauernhof zu. Dort bekamen sie ein Zimmer mit drei Betten sowie Strohsäcken, Laken und Decken. Solche Sachen hatten sie schon lange nicht mehr gesehen.

    Einige aus der Gruppe hatten Schwierigkeiten mit den Bauern. Sie wollten sie nicht ins Haus lassen, da der Pfarrer ihnen gesagt hatte, dass „sie alle Ungläubige waren, nicht katholisch, und deshalb vertrieben und von Gott bestraft wurden."

    In so einem Dorf verbreitete sich eine solche Aussage sehr schnell.

    Der Offizier zog seine Pistole. Mit gezogener Pistole ging er auf die Bauern zu und zwang sie, die Flüchtlinge ins Haus zu lassen.

    Ihr Bauer in Uetzing war am Anfang unfreundlich, aber seine Frau gab ihnen etwas zu essen und behandelte sie recht gut.

    Als sie sich am Abend ins Bett fallen ließen, raschelte es immer wieder, aber sie waren alle so müde, dass sie bald in einen tiefen Schlaf fielen. Am nächsten Morgen war seine Mutter neugierig. Sie wollte unbedingt herausfinden, was da so die ganze Nacht geraschelt hatte.

    Da hob sie die Strohmatratze etwas hoch. Zu ihrem Entsetzen wimmelte es nur so von Mäusen in dem Kasten, wo die Strohmatratze lag.

    Da ging sie runter, schnappte sich die Katze der Bäuerin, brachte sie mit nach oben, hob mit einer Hand die Matratze an und warf die Katze in den Haufen voller Mäuse.

    Die Katze jedoch erstarrte vor Schreck und saß einen Moment ganz still da. Plötzlich schrie sie auf und sprang vor lauter Angst durch das offene Fenster aus dem ersten Stock.

    Ganz aufgeregt ging die Mutter sofort zur Bäuerin und erzählte ihr, was sie getan hatte. Als die Bäuerin das hörte, platzte sie vor Lachen. Dann holte sie einen großen Holzkochlöffel aus der Küche und drückte ihr diesen in die Hand. Sie nahm einen zweiten für sich mit.

    Zusammen gingen sie hoch in das Zimmer. Sie hoben die Matratzen eine nach der anderen hoch und erschlugen die Mäuse mit dem Kochlöffel.

    „So macht man das", sagte sie lächelnd. Die nächste Nacht gab es kein Rascheln mehr.

    Langsam lebte er sich im Dorf ein. Da seine Mutter im Haushalt mit zur Hand ging, bekam er auch gutes Essen. Sie hatten es einigermaßen gut. Durch die Mitte des Dorfes floss ein Bach mit einer starken Strömung und auf jeder Seite war eine Straße, an der die Einfahrten der Höfe lagen.

    Er freundete sich mit einem Jungen an. Er war ein Flüchtling aus Berlin. Zusammen erkundeten sie die Umgebung von Feldern und Wäldern.

    Als sie beide über einen Berg an einen Waldrand kamen, sahen sie das nächste Dorf.

    Vor diesem Dorf gab es ein Arbeitslager, das aus Baracken bestand und umzäunt war von einem hohen Drahtzaun. Sie gingen weiter durch den Wald und kamen zu einem Steinbruch.

    Auf halber Höhe der Wand konnten sie ein größeres Loch entdecken. Zu steil war die Wand, um sie hinaufzuklettern, und die Steine dafür zu locker. Also machten sie sich auf den Heimweg, um sich zwei lange Stricke zu holen, die man oben an einem Baum anbinden konnte, um sich langsam an der Wand entlang zu diesem Loch herunterzulassen.

    Als sie zurückkamen, machten sie einen Strick an einem Baum fest. Dann zog er daran, um zu sehen, ob der Strick festsaß. Jetzt kletterte er langsam am Strick herunter, bis er zu diesem großen Loch kam. Es befand sich weit hinten. Es war dunkel und tief.

    Nun kletterte sein Freund langsam am zweiten Strick herunter. Das Seil hatten sie an einem anderen Baum festgebunden. Er hatte eine Taschenlampe, um tiefer in die Höhle zu gehen.

    Nach ungefähr drei Metern wurde die Höhle größer und reichte sehr weit in die Tiefe. Im Schein der Taschenlampe konnte man an der Wand einen Vorsprung sehen, an dem man sehr vorsichtig in die dunkle Tiefe hinabklettern konnte. Er band sich den Strick um seinen Bauch, warf einen Stein hinunter, um möglicherweise einschätzen zu können, wie tief die Höhle war.

    Da der Stein nicht langte, begann er vorsichtig, an dem Felsvorsprung hinabzuklettern, in der Gewissheit, dass, wenn er fallen sollte, ihn sein Freund halten würde.

    Nachdem er mit der Taschenlampe immer wieder die Wand abgesucht hatte, hatte er es geschafft. Unten angekommen rief er seinem Freund zu: „Ich bin da. Komm runter. Das schaffst du auch." Als nun beide unten waren, begannen sie, mithilfe der Taschenlampe herumzustöbern. Als er einen größeren Stein zur Seite schob, stieg ihnen ein fauler Geruch in die Nase. Sie erschraken.

    Da lagen ein Totenkopf und Knochen eines Menschen sowie einige vermoderte Materialfetzen, die noch an den Knochen hingen. Was ihn jedoch ganz besonders interessierte, war ein kleines, leicht vermodertes Buch, das er zwischen den Brustknochen liegen sah. Er trennte einige Fetzen von den Knochen ab, zog das kleine Buch aus den Brustknochen heraus und steckte es in seine Hemdtasche.

    Langsam wurde es hier unten unbehaglich und unheimlich. Sie beschlossen, wieder hochzuklettern. Sein Freund wollte gleichzeitig mit ihm hoch, aber er schimpfte mit ihm:

    „Bist du von allen guten Geistern verlassen? Wenn der Strick uns beide zusammen nicht halten kann, dann kommen wir nicht wieder hoch."

    Sein Freund sah es sofort ein. Während er also hochkletterte, beleuchtete sein Freund die Wand und wartete geduldig, bis er oben war, obwohl er es unten mit dem Skelett gruselig fand. Dann war sein Freund dran. Endlich.

    Oben angekommen, rollten sie ihre Stricke wieder ein und machten sich auf den Heimweg, er mit dem Büchlein und ein paar Fetzen, sein Freund mit zwei Skelettknochen.

    Im Dorf angekommen, gingen sie zum Lehrer, um ihm ihren Fund zu zeigen, denn was er sehr interessant fand, war das kleine Loch in dem Büchlein und die leichte Verfärbung um das Loch herum. Auch das ein oder andere Wort konnte man noch lesen.

    Der Lehrer war ganz begeistert von diesem Fund. Er schlug vor, ihn der Universität zukommen und ihn dort untersuchen zu lassen. Nachdem sie mit dem Lehrer alles veranlasst hatten, gingen sie fröhlich nach Hause.

    Er war nun öfters beim Bauern beschäftigt. In dieser Umgebung spürte man kaum etwas vom Kriegsgeschehen.

    So vergingen 14 Tage, bis der Lehrer ihn aufsuchte, um ihm das Ergebnis der Universität mitzuteilen. Das Büchlein war das Taschenbuch eines Offiziers. Das Loch war ein Kugelloch und die Verfärbung um das Loch war Blut. Die Stofffetzen waren von seiner Uniform. Man schätzte den Fund auf etwa 17. Jahrhundert und die Knochen waren natürlich menschliche.

    Als er und sein Freund nochmals zum Loch gehen wollten, war alles abgesperrt. Wissenschaftler waren dort beschäftigt, um wahrscheinlich mehr herauszufinden.

    Eines Tages, als er mit seiner Mutter in Staffelstein war, wo man einkaufen musste, traf er Waltraud zum ersten Mal wieder. Sie und ihre Familie wurden in einem anderen Dorf untergebracht, das auf der anderen Seite der Stadt lag. Die Wiedersehensfreude bei beiden war groß. Sogleich machten sie einen Termin und einen Treffpunkt in der Stadt aus. Ihr Weg zur Stadt war acht und seiner sieben Kilometer lang.

    Von Uetzing aus konnte er auch über einen Berg, über Felder und durch Waldgebiete gehen, bis er nach Lichtenfels kam. Auf diesem Weg kam er an der Basilika Vierzehnheiligen vorbei. In Lichtenfels gingen er und sein Freund öfters zum Tanzen oder ins Kino aus.

    An einem Samstagnachmittag waren sie zusammen ins Kino gegangen und anschließend zum Tanzen. Dort traf er ein nettes Mädchen und verbrachte mit ihr fast den ganzen Abend. Sein Freund hatte auch Anschluss gefunden und war mit seinem Mädchen beschäftigt. Am Abend brachten sie sie nach dem Tanzen nach Hause. Ihr Dorf lag am anderen Ende der Stadt Lichtenfels. So kam es, dass er und sein Freund auf ihrem Rückweg nach Uetzing um vier Uhr morgens wieder an der Basilika Vierzehnheiligen vorbeikamen.

    „Es kann uns sicher nicht schaden, hier einzukehren und für unsere Sicherheit zu beten. Es ist nicht schlimm, wenn du nicht katholisch bist", sagte sein Freund, der selbst Katholik war.

    So betraten sie leise die Kirche und sahen einige Mönche und Nonnen kniend im Gebet. Sie nahmen auf einer Kirchenbank Platz. Die Betenden um sie herum blickten sie zustimmend an.

    Nach einer Weile standen sie leise wieder auf. Ihre Schuhe hatten sie vor dem Eintreten in die Basilika ausgezogen, da jede Art von Geräusch ein sehr lautes Echo verursachte.

    Als sie an der Ausgangstür standen, ließ sein Freund plötzlich derartig laut einen fahren, dass es in der Basilika nur so donnerte. Die Leute erschraken. Wie auf Kommando schauten sie zu ihnen rüber.

    Da klopfte sein Freund ihm auf die Schulter und sagte gerade laut genug, dass es jeder mitbekam: „Macht nichts, mein Freund, das ist mir auch schon mal passiert", und grinste frech. Blitzschnell verschwand er durch die Tür und ließ ihn dort stehen.

    Wie angewurzelt stand er da, während die Leute ihn alle empört anstarrten. Sein Freund war indes nicht mehr zu sehen.

    Er fasste sich schnell wieder, ging zur Türe hinaus und sah seinen Freund etwa 20 Meter weit entfernt auf dem Weg zum Berg hochgehen, der sich vor Lachen nicht mehr halten konnte.

    „Na warte, wenn ich dich kriege, mein Freund!", rief er hinter ihm her und rannte auf ihn zu. Sein Freund wusste jedoch, dass er ihn verprügeln würde und hielt Abstand.

    So rannten beide den Berg hoch, bis er müde wurde und sich auf eine der Bänke am Wegrand setzte. Sein Freund schaute ihn an und fragte, ob er nun wieder friedlich sei, als er langsam den Berg rauf auf ihn zukam. Auf einmal fing er so an zu lachen, dass beide schließlich lachend nebeneinander auf der Bank saßen.

    „Das wollte ich schon immer mal machen, sagte sein Freund, „um zu hören, wie das Echo klingt. Bis nach Hause waren es immer noch etwa drei Kilometer zu laufen.

    Zu Hause angekommen, schlich er sich ins Zimmer, zog sich leise aus, schlüpfte unter die Bettdecke und fiel schnell in einen tiefen Schlaf. Als er aufwachte, stand die Sonne hoch am Himmel. Er war allein im Zimmer.

    ’Ich bin zu einer Bekannten ins Dorf gegangen’, las er auf einem Zettel, den seine Mutter ihm hinterlassen hatte. Sein Bruder war auch nicht da. Als er sich etwas zu essen machte, klopfte es an der Tür.

    „Wer ist da? Ich bin noch nicht angezogen. Bitte kommen sie später wieder."

    Die Tür war nicht verschlossen und das 19-jährige Mädchen, das ein Zimmer im Haus bewohnte, kam herein.

    „Es macht mir nichts aus, dass du nicht angezogen bist. Ich mag dich so viel lieber."

    Sie ging direkt auf ihn zu und küsste ihn. Was dann geschah, konnte man sich denken. Dabei hoffte er inständig, dass seine Mutter nicht zu früh nach Hause kam.

    Am Abend traf er sich wieder mit seinem Freund und erzählte ihm, dass nun die Westfront mit den Amis näher rückte.

    „Mensch, sagte er, „da bin ich froh, von der Ostfront weggekommen zu sein, und jetzt geht es wieder los. Wohin kann man denn noch gehen? Ganz in der Nähe befand sich der Staffelberg, ein großer Berg mit ausgeprägten Geländestufen. Von dort konnte man einen großen Teil des Maintals überblicken. Sie beschlossen, am nächsten Tag auf den Staffelberg hinaufzugehen.

    Es führte ein Weg dort hoch, aber es war kürzer, durch die Felder zu gehen. Oben angekommen, hatten sie einen herrlichen Ausblick. Gegenüber, auf der anderen Seite des Flusses, befand sich Schloss Banz, wo man öfters zum Tanzen gehen konnte, oder auch eine sehr gute Mahlzeit bekam. Die kleine Kapelle, die auf dem Staffelberg stand, war immer offen für jeden, der sich dort ausruhen oder ein Gebet sprechen wollte.

    Sie setzten sich immer auf den Felsenrand, um diese wunderschöne Aussicht zu genießen, und beschlossen, von jetzt an jeden Tag hier hochzukommen, um zu schauen, ob die Amis im Anmarsch waren.

    Manchmal konnten sie in der Ferne auch einen Flugzeugkampf zwischen den Deutschen und den Amerikanern beobachten. Sie dachten, ihnen könnte nichts passieren und fühlten sich ungestört.

    Die Tage vergingen. Wie immer gingen sie auch an diesem Tag wieder auf den Staffelberg und setzten sich auf ihren Platz am Felsenrand. Ganz erschrocken sahen sie in weiter Ferne des Tals, wie die Deutschen und die Amerikaner gegeneinander kämpften. Sie schauten sich das eine Weile an. Auf einmal flog ein Bomber tief über ihre Köpfe hinweg, sodass sie die Männer darin klar an ihren Geschützen erkennen konnten.

    Das war zu gefährlich. Es war höchste Zeit, in Deckung zu gehen. Sie rannten so schnell wie möglich heim, um die Nachricht im Dorf zu verbreiten.

    Gerade hatten sie den Felsenberg verlassen und eilten durch die Felder, da sauste ein Jagdflugzeug nur so über sie hinweg, mit feuernden Maschinengewehren, sodass die Kugeln nur so um sie herumflogen und in den Boden einschlugen.

    Er sah, wie das Flugzeug drehte, um nochmal über sie hinwegzufliegen. Da rief er seinem Freund zu: „Lauf nach rechts und leg dich hin!"

    Er hatte es richtig erkannt, denn als das Flugzeug wieder über den Staffelberg auf sie zukam, war es zwar mit den schießenden Maschinengewehren auf demselben Kurs, aber nicht in der Richtung, in die sie rannten, sodass die Kugeln nur in den Boden einschlugen, aber sie nicht treffen konnten.

    Sobald das Flugzeug wieder vorbei war, sah er, dass es nochmals drehte. Sofort rief er seinem Freund zu, noch weiter nach rechts zu rennen, und sich dort unter Büsche zu werfen, was auch er selbst tat.

    Das Flugzeug flog wieder über den Staffelberg und die Kugeln gingen genau in den Boden, wo sie zuvor aufgetroffen waren. Da der Jagdflieger sie diesmal nicht sehen konnte, zog er ab und verschwand in der Ferne.

    Eine Weile noch lagen sie da. Dann stand er auf. „Das war zu knapp", sagte er besorgt.

    Sie liefen so schnell wie möglich zum Dorf, um dem Bürgermeister zu erzählen, was passiert war, damit die Einwohner vor der herannahenden Front gewarnt werden konnten.

    Sogleich gab der Bürgermeister ihnen einen Zettel. Auf dem stand, dass jeder Bauer eine weiße Fahne aus dem oberen Stockwerk heraushängen lassen sollte, damit das Dorf nicht zerstört wurde. Schnell rannten sie zu jedem Bauern, so,

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