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Tod einer Minnedame: Kriminalroman
Tod einer Minnedame: Kriminalroman
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eBook220 Seiten2 Stunden

Tod einer Minnedame: Kriminalroman

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Über dieses E-Book

Emmas Freund Jörg hat die schöne Margie angebetet und Emma zunehmend vernachlässigt - und dann wird Margie tot aufgefunden und Emma verhaftet. Felix Marquart übernimmt den Fall, wundert sich über Emmas Schicksalsergebenheit, ärgert sich über die bisher wenig sorgfältige Ermittlungsarbeit und rollt alles noch einmal von vorne auf, wobei er und seine Mitarbeiter Anne Malzahn und Joe Schönberger auf die merkwürdigsten Charaktere stoßen. Dabei ergeben sich ganz neue Aspekte und Zusammenhänge - und schließlich kann er die Wahrheit aufdecken und dabei auch sein eigenes Glück finden.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum9. Jan. 2016
ISBN9783737562966
Tod einer Minnedame: Kriminalroman

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    Buchvorschau

    Tod einer Minnedame - Elisa Scheer

    I      14.09.2008

    „Hast nichts verpasst, sagte Eichinger und reichte Felix eine eher dünne Akte. „Society-Mord wie im Fernsehen. War sozusagen in einer Dreiviertelstunde gelöst.

    „Ach ja?", machte Felix, der Eichingers Ermittlungsstil kannte, und wog den Pappschnellhefter prüfend in der Hand.

    „Ach, alles total klar. Reiche Adelsfrau ermordet. Hatte es noch mit einem, der jünger und knackiger war als ihr Alter, und dessen Freundin war´s. Eifersucht. Kein Wunder, farbloses Geschöpf, und die Tote war schon recht attraktiv."

    „Geständnis?"

    „Noch nicht. Kommt aber garantiert noch. Kann sich nur noch um Stunden handeln."

    „Hausdurchsuchung?"

    „Klar, aber das Opfer ist mit einem Stein erschlagen worden. Was soll man da in der Wohnung finden? Trübselige Hucke, übrigens. Auch ein Motiv. Wenn der Lover mit der Meesen durchgegangen wäre, wäre sie da doch nie rausgekommen."

    „Ach, sie hat von ihrem Freund gelebt?"

    „Garantiert. Der Job war ja wohl eher ein Witz. Außerdem – kennst du eine Frau, die nicht von ihrem Macker lebt? Die verbessern sich doch alle, und der Halbritter verdient so schlecht nicht."

    „Das ist der mit den zwei Frauen? Was sagt der denn?"

    „Der sagt, ganz klar, seine Emma hatte Schiss, dass er sie verlässt, und deshalb hat sie seine geliebte Margie brutal erschlagen."

    „Aha", machte Felix. Eichinger glaubte allen alles – nur dem einen nicht, den er zum Täter erkoren hatte. Dem half dann gar nichts mehr. Manchmal klappte das, Eichinger hatte schließlich genug Erfahrung, öfter lag er aber auch voll daneben. Mal sehen, ob es dieses Mal Topp oder Flop sein würde… Wahrscheinlich Flop. Eichinger war ein Trottel.

    „Fingerabdrücke?" Das sollte Eichingers letzte Chance sein, zu zeigen, dass er doch etwas Ahnung von seinem Metier hatte.

    „Ach, wahrscheinlich abgewischt, murmelte der. Felix sagte wieder „Aha, in seinem speziellen Tonfall, und nahm die Akte an sich. Eichinger sah ihn misstrauisch an. „Was soll das heißen, aha? Glaubst du mir etwa nicht?"

    „Ach, Kurt", seufzte Felix. „Du weißt doch, wie es meistens geht. Kannst du nicht einmal ordentlich ermitteln?"

    „Werd nicht unverschämt, maulte Eichinger, der sich doch eigentlich denken konnte, warum alle um ihn herum befördert wurden, nur er nicht. „Ich sag dir, die Schlampe war´s. Das Motiv hat sie, an einen Stein kommt jede ran, und ein Alibi hat sie auch nicht.

    Das klang nicht wirklich gut, aber Felix war nicht überzeugt. Und wieso eigentlich Schlampe?

    „Wieso Schlampe?, fragte er also. Eichinger zuckte die Achseln. „So halt. Wie würdest du eine Mörderin denn nennen?

    „Das ist doch noch gar nicht erwiesen", wandte Felix sanft ein. Eichinger war wirklich ein Idiot. Und wie es hier schon wieder aussah!

    Er verließ mit der Akte Eichingers Büro und zog sich gegenüber in sein eigenes, makellos aufgeräumtes zurück. Naja, makellos – den Poststapel musste man natürlich ignorieren.

    Kaum aus dem Urlaub zurück und schon war die ganze Erholung futsch. Er hatte noch nicht einmal ausgepackt! Diese blöden Fluglotsenstreiks, die Maschine war glücklich um halb sechs Uhr morgens gestartet und er war sofort nach der Landung hierher gefahren, weil der Urlaub vorbei war. Jetzt fühlte er sich schmuddelig, weil er seit sechsunddreißig Stunden auf dem Flughafen Neapel herumgelungert war. Immerzu hatte es geheißen, gleich, gleich geht´s weiter. Die Maschine ist schon startklar. Haha, doch nicht…

    Nächstes Mal würde er mit der Bahn – nein, das war womöglich noch schlimmer.

    Mit dem Auto.

    Unökologisch.

    Mit dem Fahrrad!

    Äh. Am besten blieb man einfach zu Hause und strich die Wohnung. Und gönnte sich 1 Eis und 1 Freibadbesuch pro Woche. Das war ökologisch. Und dann hieß es wieder Willst du nicht mal so richtig abschalten? Du musst doch auch mal raus!

    Scheiß-Urlaub. Stress pur.

    Er setzte sich, schlug die Akte auf und begann zu lesen, wobei er geistesabwesend an dem Sonnenbrand auf seiner Nase herumzupfte. Ab und an riss er sich zusammen und schüttelte die Hautfetzchen aus der Akte in den Papierkorb.

    Und draußen schüttete es… typisch Oberbayern im September.

    Also: Am Montag, den 8. September war Margarethe von Meesen, 33, verheiratet, zwei Töchter, wohnhaft in Leiching, Puellstraße 26, in einem Fußweg nahe ihrem Haus erschlagen aufgefunden worden. Gefunden von einer Nachbarin, die ihre beiden Pudel Gassi führte und die natürlich psychologische Betreuung gebraucht hatte, sobald ihr klar geworden war, was die beiden Köter da so begeistert beschnüffelten.

    Felix zog den Bericht der Gerichtsmedizinerin aus der Akte. Äh… üble Fotos, wenigstens die rechte Gesichtshälfte, alles nur noch Blut und zertrümmerte Knochen. Linke Hälfte – gutes Gesicht. Tolle Frau hätte er jetzt nicht gesagt, der doofe Kurt war da wohl leichter zu beeindrucken. Er selbst hätte gesagt Gut erhalten und gut geschminkt. Ebenmäßige Gesichtszüge, komplett faltenfrei - Botox oder Camouflage-Make-up? Das nächste Bild zeigte das gereinigte Gesicht. Trümmerbruch an der rechten Schläfe, der Stein musste recht spitz gewesen sein. Links immer noch faltenfreie Züge. Also Botox. Mit dreiunddreißig hätte die Frau ja wenigstens ein, zwei Stirnlinien und ein paar Lachfältchen haben müssen! Botox oder schon ein Lifting?

    Der Bericht bestätigte als Todesursache Schädelhirntrauma, das Übliche. Sonst keinerlei Verletzungen, die Tote war korrekt gekleidet – dunkelgrünes Kostüm im Trachtenstil, hauchdünne Strumpfhosen, dunkelgrüne Pumps einer sehr teuren Marke (Dr. Kolleter hatte mit ihrer Sauklaue etwas an den Rand gekritzelt, was Felix schließlich als „Neid!" entzifferte.) Er grinste kurz. Keinerlei Unordnung an der Kleidung, auch bei der Untersuchung fand sich kein Hinweis auf einen sexuellen Übergriff. Dann fiel dieses Motiv schon einmal weg. Und die Tageszeit… vermutliche Tatzeit etwa 18 Uhr, aufgefunden gegen halb acht… da war es noch hell, eine mehr als gutbürgerliche Wohngegend, wo die Leute ihre Hunde ausführten, wo die Kinder mit ihren Rädern oder Inline-Skatern herumsausten, wo immer einer seine Hecke schnitt – da würde ja wohl auch keiner bei Tageslicht eine Vergewaltigung planen, oder?

    Das war also wohl nicht das Motiv. Es gab da einen Ehemann, Lothar von Meesen, 44 Jahre alt. Zu alt für die Gute, dachte Felix sofort. Aber hatte Kurt nicht sowieso gesagt, dass sie fremdgegangen war? Später. Ehemann völlig von den Socken (von Anne Malzahn interviewt).

    Wieso das denn! Felix legte die Akte aufgeschlagen mit dem Gesicht nach unten auf den Schreibtisch. Welcher Trampel schickte Anne, einen trauernden Witwer zu befragen? Anne, die sowieso alle Kerle für Verbrecher hielt und beim besten Willen nicht mitfühlend auftreten konnte?

    Welcher Trampel? Kurt natürlich. Felix schüttelte den Kopf und nahm die Akte wieder auf.

    Weiter im Text!

    Er gähnte.

    Zwischendurch sollte er wohl doch mal schnell nach Hause fahren und unter die Dusche springen… Erstmal einen Kaffee, sonst schlief er über dieser vermaledeiten Akte noch ein!

    Verdammter Fluglotsenstreik. Und er fand sich selbst reichlich ungewaschen.

    Er fütterte die Kaffeemaschine mit den letzten Kaffeebröseln und hoffte das Beste, aber mehr als eine dürftige Plörre brachte er damit nicht mehr zusammen.

    Angewidert trank er einen Schluck und schüttete den Rest dann in den Ausguss. Lieber zurück zu dieser Akte!

    Kein Verdacht auf ein Sexualverbrechen also. Wenigstens keine Hinweise darauf. Wer erschlägt eine brave – okay, eine nicht ganz so brave – Ehefrau am helllichten Nachmittag in dieser Reiche-Leute-Idylle?

    Der Ehemann war in einer Sitzung. Medienkaufmann. Es sei um Filmverwertungsrechte gegangen, hatte er gesagt, und das Alibi hatte Kurt ja hoffentlich gegengecheckt… Hatte er? Felix notierte sich das. Die Töchter waren ja wohl zu jung, um es gewesen zu sein…elf und - neunzehn? Dann war die gute Margarethe aber verdammt früh unterwegs gewesen. Mit vierzehn schon Mutter? Eher war anzunehmen, dass die Ältere aus einer früheren Ehe des Vaters stammte.

    Aha, Stiefmutter! In Felix´ Hinterkopf klingelte ein Glöckchen, das an allerlei Märchen gemahnte. Die mutmaßliche Täterin als Reinkarnation von Aschenputtel? Jetzt wurde er albern.

    Er knallte die Akte auf den Tisch, schloss sein Büro ab und guckte bei Eichinger durch die Tür: „Kurt? Ich muss mal kurz weg. In einer Stunde bin ich zurück. Hast du das Alibi vom Ehemann überprüft?"

    Eichinger blubberte entrüstet und Felix machte, dass er wegkam. So würde Kurt wenigstens nicht überlegen, wo er mitten am Vormittag hinwollte. Er fuhr zügig nach Hause, warf seine Reisetasche aufs Bett, riss sich die zerdrückten Klamotten vom Leib und stieg unter die Dusche.

    Zehn Minuten später war er ein neuer Mensch. Noch etwas feucht und mit nassen Haaren, aber spürbar wacher. Und aufnahmefähiger! Er rubbelte sich die Haare trocken und schlüpfte in frische Klamotten, die aber so ähnlich aussahen wie die von vorhin – er musste Kurt ja nicht unnötig verwirren.

    Noch ein Paket Kaffee aus dem Schrank geholt und das Küchenfenster gekippt, damit der Zweiwochenmief abziehen konnte – und schon war er wieder weg.

    Unterwegs kam er am Kinopalast vorbei und musste wieder an Meesen und seine Filmrechte denken – ob das stimmte? Ein betrogener Ehemann hatte ja durchaus ein Motiv…

    Also: Ehemann, Stieftochter. Was war denn mit dem Lover? Vielleicht hatte sie mit dem ja Schluss gemacht? Vielleicht war es ja so was wie Verhängnisvolle Affäre – aber ohne Aktenstudium sollte er sich nicht in irgendwelche Kinophantasien hineinsteigern. Das war ohnehin nur Blödsinn.

    Andererseits kannte er eben Kurt, und so musste er davon ausgehen, dass er ganz von vorne anfangen musste. Mit kalten oder kontaminierten Spuren. Klasse. Glücklicherweise aber arbeiteten die KTU und die Spurensicherung auch bei Kurt ordentlich. Davon musste man doch ausgehen können? Das wollte er doch wenigstens schwer hoffen.

    Er parkte hastig hinter dem hässlichen Neurenaissancebau, in dem die Leisenberger Polizei untergebracht war, und eilte in sein Büro zurück. Siebenunddreißig Minuten, nicht übel.

    Als Kurt hereinkam, lümmelte Felix schon wieder in seinem Stuhl, las in der Akte, ärgerte sich insgeheim über seinen knurrenden Magen und machte sich Notizen zu den Punkten, die Kurt garantiert übersehen hatte.

    „Ach, schon wieder da? Also, der Meesen war wirklich auf dieser Sitzung. Ich hab seine Kollegen befragen lassen. Die Sitzung hat von drei bis kurz vor acht gedauert, und dann waren sie noch gemeinsam essen."

    „Während seine Frau gerade abtransportiert wurde", murmelte Felix.

    „Na, das konnte er ja nun nicht wissen, oder?"

    Felix brummte unzufrieden. „Wieso hältst du diese Frau für die Täterin?"

    „Hast du die Akte immer noch nicht durch? Weil sie ein Motiv hat und kein Alibi. Hat der Haftrichter mir sofort abgekauft, und du weißt, wie pingelig der ist!"

    Felix ließ die Akte sinken. „Soll das heißen, die sitzt seit…?"

    „Seit dem zehnten. Ich sag doch, das war schnell gelöst."

    „Sie sitzt seit fünf Tagen? Was sagt ihr Anwalt dazu?"

    „Hat sie nicht. Recht hat sie, wozu noch Geld ausgeben, wenn sie sowieso dran ist."

    „Kurt?" flötete Felix und lächelte süß.

    „Ja?" Eichinger schaute misstrauisch.

    „Du bist ein Idiot."

    „Ach, und du bist Mr. Oberschlau?"

    „Logisch. Und jetzt beweise ich es dir, dass diese Wiesner es nicht war."

    „Gefällt die dir etwa?"

    Felix maß seinen Kollegen mit verächtlichem Blick. „Ich kenne die Frau doch gar nicht. Aber dir mal wieder zu beweisen, dass du meilenweit danebenliegst

    – das macht schließlich jedes Mal von neuem Spaß. Und ich bin sicher, dass Thomas und Martin mir jederzeit dabei helfen. Von Anne und Joe ganz zu schweigen."

    Kurt knurrte. „Viel Vergnügen. Du kannst den Fall haben, samt Malzahn. Die Frau ist unerträglich. Und den dämlichen Schönberger schenke ich dir auch. Ich leihe mir für den Sporer-Fall ein paar Leute von Sundermann, der ist wenigstens vernünftig."

    „Mach das", empfahl Felix herzlich. Sundermann war genauso knurrig wie Kurt, aber weniger beschränkt. Und Felix selbst kam mit Anne und Joe glänzend aus. Außerdem war Joe Schönberger überhaupt nicht dämlich. Er war extrem lernfähig, hatte allerdings auf arg bescheidenem Niveau begonnen und sich mittlerweile auf recht ordentlichen Durchschnitt heraufgearbeitet.

    „Wo sind die beiden denn?"

    „Na, drüben", war die lapidare Antwort. Felix sah Kurt resigniert an, seufzte theatralisch und erhob sich ächzend, um selbst den Gang zu überqueren und seinen Stab zusammenzurufen.

    Eichinger trollte sich unbeeindruckt.

    Gegenüber, in dem großen Büro, in dem Martin Spengler normalerweise residierte, hatten Anne Malzahn und Joe Schönberger ihre SoKo-Tafel aufgestellt. Das klang gut, fanden sie, obwohl die Kriminalfälle im provinziellen Leisenberg doch immer von den gleichen paar Teams gelöst wurden und von SoKos nicht die Rede sein konnte.

    Also stand auf dem großen magnetischen Whiteboard „SoKo Meesen. Besser als „Tote Tussi, dachte sich Felix und schaute zu, wie die beiden einige miserable Fotos mit Magneten befestigten und die Namen darunter kritzelten. Ein Foto allerdings hatte Studioqualität, und er trat näher, nicht ohne anerkennend durch die Zähne zu pfeifen.

    „Typisch, kommentierte Anne Malzahn, „kaum sieht eine Frau gut aus, wird der Fall interessant. Bei den Hässlichen wäre es wohl egal, ob der Fall gelöst wird?

    „Leicht übertrieben, fand Felix. „Aber die war wirklich nicht hässlich. Die könnte schon heftige Gefühle ausgelöst haben. Meinetwegen primitive Gefühle… Nein! Er hob warnend die Hand. „Wir ersparen uns im Interesse des Falls alle gender-Debatten. Wenn der Drang übermächtig wird, können Sie meinetwegen den lieben Joe ein bisschen schikanieren."

    „Na danke, murrte der mit übertriebener Leidensmiene, „ich werde ihr also zum Fraß vorgeworfen?

    „Schnapp, murmelte Anne und grinste. „Okay. Die Gute sah echt nicht übel aus, kann ich nicht bestreiten. Haben Sie den Bericht schon durch?

    „Nein, noch nicht ganz. Aber die Folgerungen des Kollegen Eichinger -"

    „- können Sie nicht ganz nachvollziehen, hoffe ich?", ergänzte Anne.

    „Lassen wir das, wehrte Felix mit einem letzten Rest von kollegialer Solidarität ab, „aber auf jeden Fall gehen wir alles noch einmal gründlich durch.

    „Wollen Sie mit der Verdächtigen sprechen?"

    „Nicht sofort. Erst lese ich die Akte fertig. Haben Sie schon irgendwas Sinnvolles zu tun?"

    „Ich wollte mir mal die Stieftochter anschauen", sagte Anne Malzahn, und Joe erinnerte sich, dass er das Gespräch mit diesem Halbritter noch einmal durchfieseln wollte.

    Felix ließ sich – immer noch mit knurrendem Magen – am Schreibtisch nieder und las die Akte fertig; viel hatte ja nicht mehr gefehlt. Dann trat er an die von seinen Leuten bestückte SoKo-Tafel und studierte, was dort hing, in der Hoffnung, dass die Fotos den noch etwas blassen Beteiligten ein Gesicht verleihen konnten.

    Konnten sie. Das Opfer – eine Wucht, ehrlich schade drum, fand er und tadelte sich sofort selbst. Als ob es um eine weniger schöne Frau nicht genauso schade gewesen wäre! Der Ehemann wirkte recht trocken und ein bisschen vergrämt. Kein Wunder, wenn die Ehefrau (und Mutter von zwei Töchtern) deutlich jünger war und sich anderweitig amüsierte. Andererseits sah der auch nicht aus, als habe er der Konkurrenz etwas entgegenzusetzen, fand Felix. Wie einer, der Viagra brauchte und zu feige war, es sich verschreiben zu lassen. Andererseits machte Viagra alleine das Kraut ja auch nicht fett… vielleicht war er einfach ein Tölpel?

    So sah er wieder auch nicht aus. Eher durchgeistigt… Was machte der beruflich gleich wieder? Ach ja, Filmrechte. Sesselfurzer. Er tat den Ehemann ab und wandte sich den Töchtern zu. Die Kleine hatte ein harmloses rundes Gesicht, mit elf Jahren vielleicht auch kein Wunder, die ältere – Céline

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