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Der Hitlerjunge Hans
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eBook258 Seiten3 Stunden

Der Hitlerjunge Hans

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Über dieses E-Book

Hans Baran ist 15 Jahre alt und lebt in Oberschlesien, das heute zu Polen gehört. Er kämpft als Hitlerjunge am Ende des Zweiten Weltkrieges für den Endsieg, als der Krieg für Deutschland schon verloren ist. Er glaubt aber an den Endsieg, weil auch sein bester Freund, der Kameradschaftsführer Siegfried, daran glaubt. Sein Vater und sein Bruder sind berühmte Soldaten, sein Vater ist Panzerkommandeur in Russland, sein Bruder ein berühmter Jgdflieger. Ihrem Beispiel will er folgen.

Sein Geburtstag fällt mit dem Hitlers zusammen, so dass er glaubt, er muss ein besonders guter Gefolgsmann des Führers sein. Aber er ist nicht sicher, ob er die hohen Erwartungen, die an ihm gestellt werden, erfüllen kann. Er verliebt sich in Gudrun, Siegfrieds Schwester, und erfährt durch sie, dass der Krieg nicht so rosig aussieht, wie er es sich vorstellt. Marie, die Verlobte seines Bruders, sieht den Kieg noch kritischer. Sie ist kaholisch, halb polnisch und weiß, dass der Krieg die beiden Volksgruppen, die in Oberschlesien leben, die Deutschen und die Polen, heillos verfeindet. Marie ist auch sehr hübsch, das beeindruckt Hans. Deshalb folgt er oft ihrem Rat.

Der Krieg rückt näher. Die Russen kommen, die Oberschlesier flüchten. Hans und seine Freunde verschlägt es nach Breslau, der Hauptstadt Schlesiens. Sie ist zur Festung erklärt worden, um den Vormarsch der Russen zu stoppen. Aber die Russen lassen sich nicht aufhalten, sie schließen Breslau ein. Keiner der Bewohner Breslaus kann herauskommen. Was wird Hans in dieser ausweglosen Situation tun? Wird er Siegfried folgen, der bis zu letzten Blutstropfen für den Sieg kämpfen will? Oder lässt er sich von Marie überreden, die ihn verstecken will?

Hans hat zum Geburtstag eine Mundharmonika geschenkt bekommen und spielt auf ihr, so oft er kann. Er liebt Lieder. Lieder waren aber für den NS-Staat ein Mittel, die Jugendlichen zu beeinflussen. Wer die HJ-Lieder singt, marschiert mit.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum12. Aug. 2017
ISBN9783745010657
Der Hitlerjunge Hans
Autor

Klaus Steinvorth

Studium der Germanistik und Anglistik in Hamburg, Freiburg, USA 15 Jahre im Ausland als Lektor und Lehrer: USA, Frankreich, Indien, Nigeria, Ägypten. Gymnasiallehrer in Hamburg und Norderstedt, Schleswig-Holstein verheiratet, 3 Kinder, 7 Enkelkinder

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    Buchvorschau

    Der Hitlerjunge Hans - Klaus Steinvorth

    Klaus Steinvorth

    Der Hitlerjunge Hans

    Vorwort

    Hans Baran ist 15 Jahre und lebt in Oberschlesien, das heute zu Polen gehört. Er kämpft als Hitlerjunge am Ende des Zweiten Weltkrieges für den Endsieg, als der Krieg für Deutschland schon verloren ist. Er glaubt aber an den Endsieg, weil sein bester Freund, sein Kameradschaftsführer Siegfried, daran glaubt. Er glaubt auch, weil sein Bruder, ein berühmter Jagdflieger, ihm ein Vorbild ist. Und weil er denselben Geburtstag wie Hitler hat, will er ein besonders guter Hitlerjunge sein.

    Hans verliebt sich in Gudrun, Siegfrieds Schwester, und erfährt durch sie, dass der Krieg nicht gut aussieht. Marie, die Verlobte seines Bruders, sieht den Krieg noch kritischer. Sie ist katholisch, halb polnisch und weiß, dass der Krieg die Deutschen und die Polen in Oberschlesien zu Feinden macht.

    Hans und seine Freunde verschlägt es nach Breslau. Die Russen haben die Stadt eingeschlossen, ein Entkommen ist nicht möglich. Was wird Hans in dieser ausweglosen Situation tun? Wird er Siegfried folgen, der bis zum letzten Blutstropfen für den Sieg kämpfen will? Oder lässt er sich von Marie überreden, die ihn verstecken will?

    Hans hat zum Geburtstag eine Mundharmonika geschenkt bekommen und spielt auf ihr, so oft er kann. Er liebt Lieder. Lieder waren aber für den NS-Staat ein Mittel, die Jugendlichen zu beeinflussen. Wer die HJ-Lieder singt, marschiert mit.

    Zum Autor

    Klaus Steinvorth wurde am 24.3.1940 in Neutitschein/Mähren geboren und verlor früh seinen Vater im Krieg. Seine Mutter und Großmutter, in Oberschlesien beheimatet, flohen mit ihm in den Westen und erzogen ihn dort. Sein Onkel, Hans Bunzek, ein bekannter Jagdflieger, fiel mit 21 Jahren. Klaus Steinvorth war Gymnasiallehrer und wohnt jetzt bei Hamburg. Er hat Jugendbücher im Ensslin- und Fischer-Verlag veröffentlicht.

    Bildnachweis

    Titelbild, Deutsches Historisches Museum. Rückseite: deAcademic

    Der 15. Geburtstag

    Hans wachte mit einem Ruck auf und wusste, dass es sein Geburtstag war. Aber er freute sich nicht darüber wie früher. Er spürte vielmehr ein würgendes Gefühl im Magen, als ob er sich übergeben müsste. Warum?, fragte er erschrocken.

    Man erwartete ihn auf der Parade. Das war für ihn immer das Wichtigste und Schönste gewesen. Die Parade war doch für ihn da! Weil sein Geburtstag auf den Führergeburtstag fiel, feierte die ganze Stadt, das ganze Land seinen Geburtstag mit! Die Fahnen wurden auch für ihn gehisst, die Trommeln auch für ihn geschlagen, die Trompeten auch für ihn geblasen. Was gefiel ihm daran nicht?

    Doch es gefiel ihm schon. Aber es wurde ihm jetzt deutlicher bewusst, dass es auch eine Verpflichtung war. Sein Geburtstag machte ihn zum Führerkind. Das bedeutete, treu zum Führer zu stehen, komme, was da wolle. Josel hatte geschrieben, er musste durch äußere und innere Haltung beweisen, dass er es wert war, ein Führerkind zu sein.

    Schaffte er das? Man erwartete so viel von ihm. Als Führerkind musste er zu den Besten gehören. Er musste seinem Vater und Josel folgen, die zu den Besten gehörten. Das war nicht leicht, aber er musste es versuchen. Er durfte nicht aufgeben.

    Er sprang aus dem Bett. Innere und äußere Haltung! Die äußere Haltung bewies er durch seine Uniform, in die er schlüpfte wie in eine zweite Haut. Er betrachtete sich wohlgefällig im Spiegel: Vom Schiffchen auf dem Kopf bis zu den blank gewienerten Schuhen gab er das Bild eines strammen Hitlerjungen ab. Die innere Haltung bewies er durch Einsatz, Treue und Gehorsam. Er würde es ihnen zeigen, allen in der Welt würde er es zeigen!

    Er stürmte aus dem Haus und schloss sich der Parade auf der rot und schwarz geflaggten Krakauer Straße an und sang aus voller Brust zwischen Trompetenstößen und Trommelschlägen ihr Lied: Vorwärts! Vorwärts / schmettern die hellen Fanfaren / Vorwärts! Vorwärts / Jugend kennt keine Gefahren / Deutschland, du wirst leuchtend stehn / Mögen wir auch untergehn.

    Sie marschierten unter den wogenden Hakenkreuzfahnen, zwischen den applaudierenden Zuschauern in endlosen Kolonnen, in denen allein die Hitlerjugend mit fünf Fähnlein von je 150 Mann dabei war. Wie hüpfte ihm das Herz vor Freude, weil er eins war mit dem mächtigen deutschen Volk. Jetzt wusste er, wofür er lebte, wofür er gebraucht wurde in dieser schicksalsträchtigen Zeit, wo es auf jeden ankam, auch auf ihn.

    Schön war auch, dass die Mädel mitmarschierten, unter denen er Gudrun entdeckte, blond und hell und stramm und schlank. Er durfte sie natürlich nicht anstarren, und er konnte sie ja auch nur von fern gesehen, aber er wünschte, sie würde ihre Augen auf ihn richten, und manchmal hatte er das Gefühl, sie tat es.

    Er sah sie noch einmal, als der Kreisleiter zu ihnen redete und von ihrer Pflicht sprach, wie der Führer standzuhalten und nicht zurückzuweichen. Und dann winkte er Gudrun zu sich und sie stieg nach oben und verlas den Gruß an den Führer mit klingender Stimme: „Möge er noch lange zum Segen und Wohl des deutschen Volkes regieren!"

    Er klatschte sich die Hände wund und ein gewaltiger Applaus rauschte durch die ganze Stadt und selbst die Fahnen standen starr und die Bäume hoben ihre Äste.

    Nach der Parade lief er nach Hause und musste den Geburts- tagskuchen anschneiden und die 15 Kerzen ausblasen. Er schaffte es kaum, weil alle ihn so fest umarmten, als wollten sie ihn erdrücken, und es gefiel ihm nicht, ihre wogenden Busen zu fühlen, wo er doch schon ein Mann war. Bei Marie gefiel es ihm, weil sie hübsch war und nach Veilchen roch. Es machte ihn auch verlegen, sie war Josels Verlobte. Sie aber drückte drauf los, weil sie ihn nicht voll nahm. Er war ihr Hoppek, mit dem sie machen konnte, was sie wollte.

    Marie hatte ihren jüngeren Bruder durch einen Unfall verloren, im Schwimmbad, wo der Bademeister auf ihn hätte aufpassen müssen und doch nicht gesehen hatte, dass er auf dem Grund lag. Jeder fragte sich, wie es dazu gekommen war, wo er doch schwimmen konnte. Seitdem glaubte Marie, dass so was auch ihm passieren könnte, und behandelte ihn wie einen kleinen, dummen Hoppek. Wenn er dagegen protestierte, sagte sie: „ Josel hat mich gebeten, ein Auge auf dich zu werfen. Ich weiß, dass du auf Josel hörst und so wird es dir nicht schwerfallen, auf mich zu hören. Oder?"

    Er nickte sofort, wie er immer nickte, wenn sie ihn um etwas bat. Nachher ärgerte er sich darüber und wollte das nächste Mal widersprechen, aber wenn sie vor ihm stand, konnte er es nicht, weil sie so hübsch war, so schlank, so geschmeidig. Er dachte, dass sie so hübsch sein musste, weil für Josel nur das hübscheste Mädchen gut genug war, denn sein großer Bruder war ein Held.

    Er gehörte mit über 75 Abschüssen zu den berühmtesten und hoffnungsvollsten Jagdfliegern des Reiches. Er hatte in Groß Strehlitz so viele Verehrer, dass Hans immer wieder auf ihn angesprochen wurde, weil man sein Bild, seine Unterschrift, einen Gruß, eine Verabredung haben wollte. Leider war er selten zu Haus, und wenn, dann nur kurz, so dass Hans ihn vermisste, gerade jetzt an seinem Geburtstag, wo er ihn erwartet hatte. Er war im nahen Stubendorf stationiert, aber irgendetwas musste dazwischen gekommen sein, kein Wunder, denn in diesen unruhigen Zeiten, wo das Reich in größter Gefahr war, musste er dauernd in die Maschine steigen.

    Marie schenkte ihm eine Mundharmonika und spielte das Geburtstagslied: Viel Glück und viel Segen. Er spielte es nach und merkte, dass es ihm nicht schwer fiel. Marie freute sich und umarmte ihn, musste aber sagen, dass am Anfang ein Instrument leicht war. Dann aber musste man üben, üben und nochmals üben, um es beherrschen zu können.

    Seine Mutter hatte es nicht so mit Mahnungen und Ratschlägen. Sie ließ ihn eher laufen, weil sie ihn im Schatten Josels sah, von dem sie die ganze Zeit sprach. Deshalb hatte Hans mehr Freiheiten, was ihm gefiel. Die Taschenlampe gefiel ihm auch, die sie ihm schenkte, denn die war spitzenmäßig verarbeitet, mit Batterien, die gut und gerne 20 Stunden hielten, und einer Leuchtkraft von über hundert Metern. Marie, die natürlich etwas dazu sagen musste, hoffte, die Lampe würde ihm den rechten Weg leuchten, wenn es dunkel um ihn wurde.

    Von seiner Großmutter bekam er ein Liederbuch und darin gab es Lieder, die er auf seiner Mundharmonika nachspielte. Aber es gab auch Kirchenlieder, denn sie konnte es nicht lassen, ihm etwas von der Kirche unterzuschieben. Sie schenkte ihm ein zweites Buch von irgendeinem Pater, das den Titel hatte: „Die Starken und die Schwachen". Für ihn war gleich klar, dass er es nicht lesen würde, denn er hatte keine Lust über die Starken und Schwachen im Glauben zu hören. Doch das konnte er seiner Großmutter nicht sagen, die beleidigt wäre und zurück nach Gleiwitz zu Tante Martha fahren würde. Seine Mutter wollten sie bei sich haben, weil sie das Haus und den Garten machte.

    Von seinem Vater bekamen sie keinen Brief, so dass sie nicht wussten, was er mit seinen Panzern an der Ostfront machte. Man meldete Frontbegradigungen und Truppenzusammenziehungen im Radio.

    Am Abend traf sich die Jugend der Stadt im Castellschen Park, um dem Führer bei Fackelschein Treue bis ins Grab zu geloben. Als Hans sich in der Nähe des Schwanenteichs aufstellte, roch es schon nach lauem Frühling, so dass er sein Hemd hochkrempelte und sein Halstuch lockerte.

    Zuerst sah er Gudrun und erinnerte sich, wie er einmal auf dem Hindenburgplatz vor ihr gestolpert war. Sie half ihm auf und ihre Augen hatten sich zum schönsten Augenblick versenkt, den er sich vorstellen konnte. Dann sah er Marie, die für eine Mädelschaft ihre Fahne weihte. Er dachte, als sie den Arm hob, um dem Führer ewige Treue zu geloben, dass sie die Hübscheste war, und war sehr stolz auf sie.

    Er marschierte leicht und frei mit seinen Kameraden und sang aus voller Kehle: Die grauen Nebel hat das Licht durchdrungen und die düstren Tage sind dahin.

    Josel

    Sein Bruder kam am nächsten Wochenende, worauf alle gehofft hatten, weil er von Stubendorf auf einen Sprung vorbeischauen konnte. Er sah gut aus, dachte Hans, ach, bei ihm war alles gut, er war ja ein Held und schwebte dennoch nicht über den Wolken. Beim Fliegen schon, natürlich, aber nicht, wenn sie zusammen waren, wo er von Mann zu Mann zu ihm sprach, leider nur sehr selten, er hatte ja wenig Zeit, er musste immer etwas erledigen.

    Am Abend war er mit Marie weg, um sich Heinz Rühmanns neuesten Film „Die Feuerzangenbowle" im Lichtspielhaus anzusehen. Dann machte er es sich im Café Niedlich gemütlich, wo zum Tanz aufgespielt wurde, aber darüber sagte er nichts, obwohl Hans gern davon gehört hätte.

    Beim Frühstück kamen sie endlich zusammen und da fragte Josel, weil es ihn interessierte, wie er in Sport war. Hans sagte, dass er im Turnen gut war, im Fußball leider nicht und auch nicht im Laufen und Springen, wo er jedenfalls nicht zu den Besten zählte, was er unbedingt wollte. Aber am schlimmsten war das Boxen, wo er ein, zwei empfindliche Niederlagen hinnehmen musste, was ihn ärgerte. Leider waren die anderen größer, hatten mehr Reichweite, obwohl er jeden Morgen seine Arme durch gymnastische Übungen zu strecken versuchte.

    Josel war nicht viel größer als er, ähnelte vom Gesicht auch eher ihrer Mutter, bei der alles fein und zierlich war. Aber er hatte den untersetzten und muskulösen Körper von ihrem Vater, auch seine kurzen, festen Schritte und seine blauen Augen. Er lachte, weil Hans die Großen und Starken beneidete, schlug ihm auf die Schulter: „Ach, Hans, wenn du Flieger werden willst, brauchst du nicht Größe und Stärke, vielmehr musst du wendig sein und flink, ein Händchen für die Maschine haben, ein Gespür für Wind und Wetter."

    Hans wollte alles über sein Fliegen hören, über seine Luftkämpfe und Abschüsse, aber darüber redete Josel nicht viel. Er sagte nur, man sollte nie übermütig werden und sich zurückziehen, wenn der Gegner zu stark war.

    Josel brauchte nicht zu prahlen, er konnte es sich leisten, bescheiden zu sein, denn jeder wusste doch, dass er ein Held war. Er war auch der Held für die Freunde seines Vaters, die am Nachmittag zu ihnen kamen: Dr. Scholtys, ihr Hausarzt, und Kretschmar, der holzbeinige Lehrer, der auch Hans unterrichtete. Sie wollten hören, wie Josel die Lage beurteilte. Hans wurde zum Glück nicht hinausgeschickt und sah seinen Bruder an, der sagte, es kam auf die Übersicht an.

    Sie riefen sofort, dass sie die Übersicht nicht hatten, und Josel antwortete: „Man muss nur hoch genug fliegen, um die Übersicht zu haben."

    Dr. Scholtys wiegte den Kopf, wie es seine Art war, und meinte: „Ikarus ist zu hoch geflogen und abgestürzt! Da lachte Kretschmar: „Ikarus ist nicht seinem Führer gefolgt und deshalb abgestürzt! Dr. Scholtys wiegte wieder den Kopf: „Es ist nicht so einfach, einem Führer zu folgen, der ein Labyrinth gebaut hat, aus dem keiner herauskommt. Kretschmar lachte: „Man muss nur den richtigen Führer haben, dann kommt man aus dem Labyrinth heraus.

    Josel nickte Kretschmar zu und sagte, dass sie den richtigen Führer hatten, und erzählte von seinem Besuch bei ihm in der Wolfsschanze. Er hatte ihm gegenübergestanden und in seine Augen gesehen und wusste, dass er dem Führer vertrauen konnte, weil er noch ein paar Überraschungen hatte, um den Krieg siegreich zu beenden. Da riefen Dr. Scholtys und Kretschmar, sie glaubten auch, dass der Führer noch ein paar Überraschungen hatte.

    Sie gingen dann, was Hans sehr recht war, denn sie hatten so eine Art zu reden, die ihm nicht gefiel. Wenn Kretschmar lachte, schien es ihm, als wollte er sich lustig machen. Er bewunderte Josel, dass er sich darüber nicht aufregte. Er fragte ihn, wieso er so ruhig war, und Josel sagte: „Sie haben dem Führer nicht in die Augen geschaut wie ich!"

    Davon wollte Hans mehr hören, denn wenn man ein Führerkind war, musste man alles über den Führer wissen.

    Das Wichtigste war, an den Führer zu glauben. „Hat dir Pfarrer Lange nicht gesagt, dass der Glaube Berge versetzt?"

    Hans nickte.

    „So fest musst du auch an den Führer glauben. So ein Glaube hilft. Dann bist du zu großen Opfern bereit."

    Er sah ihn mit seinen leuchtend blauen Augen an. „Zum Beispiel Abraham. Er war bereit, seinen einzigen Sohn zu opfern, weil er Gott glaubte. Dieser Glaube rettete Isaak das Leben."

    Es war Hans, als ob Josel ihm ein tiefes Geheimnis anvertraute. Er nahm seine Hand und versprach ihm, an den Führer zu glauben.

    Seine Großmutter und Marie traten ein, den Kaffeetisch zu decken, und er nahm sofort Platz. Wenn er aufgeregt war, hatte er Hunger. Was er von Josel gehört hatte, war sehr aufregend. Er stopfte ein Stück Streuselkuchen in sich hinein und Josel rief, es war schön, dass man heutzutage nach Herzenslust Kuchen essen konnte. „Das gab es nicht, als ich klein war!"

    Alle schauten ihn verwundert an: Kuchen nach Herzenslust gab es nur, weil er gekommen war. Seine Mutter sagte, sie konnte sich nicht daran erinnern, dass er als Kind kein Kuchen bekommen hätte, und seine Großmutter meinte, das müsste aber gewesen sein, als er noch ganz klein war.

    Die Zeit meinte er, rief Josel. „In Deutschland herrschten Hunger und dumpfe Armut. Opa Karl zum Beispiel arbeitete in lebenslänglicher Abhängigkeit auf dem Rittergut vom Grafen von Renard und ich kann mich erinnern, wie ich als kleines Kind unter der Kuh lag, damit ich ein paar Spritzer Milch abbekam, wenn sie gemolken wurde. Wisst ihr das nicht mehr?"

    Keiner antwortete, alle sahen ihn mit großen Augen an und Josel erinnerte an Opa Alfred, der aus Borowno kam, diesem polnischen Kaff ohne Bildung und ohne Aufstieg. „Wir Deutsche waren von jedem gesellschaftlichen Aufstieg ausgeschlossen, bis sich das alles änderte, radikal änderte, und durch wen?"

    Josel machte eine Pause und rief triumphierend: „Durch den Führer! Durch ihn ging es uns besser! Durch ihn waren wir wieder wer in der Welt!"

    Hans klatschte in die Hände und schaute, als Marie und Josel sich küssten, aus dem Fenster. Er konnte aber sehen, dass seine Mutter zu ihnen eilte und sie beide umarmte.

    Sie wünschte, sie würden bald heiraten, denn in diesen unruhigen Zeiten sollte man damit nicht zu lange warten.

    Seine Großmutter trank ihre Tasse Kaffee aus und sagte: „Ach, Kinder, wenn ihr heiratet, gibt’s was zu hoffen!"

    „Ich hoffe auf Enkel", lachte seine Mutter.

    „Ich hoffe, dass die Barans und die Klischowskis, wieder zusammenkommen!", sagte seine Großmutter.

    Man guckte verlegen auf die Großmutter. Josel sagte auch sofort, er wollte Marie doch nicht heiraten, weil sie eine Klischowski war. Sie war hübsch, das war der Grund! Alle lachten und Marie lachte sehr hell.

    Josel setzte sich an das Klavier und sang: In einem Polenstädtchen, da wohnte einst ein Mädchen, das war so schön!

    Man lachte, aber Marie lachte nicht. Sie sagte, ihr wäre lieber, sie heirateten bald, denn sie hätte Angst um ihn und jeder Abschied würde ihr das Herz brechen. Jetzt guckte man sie verlegen an und sie sagte, ihr träumte, dass sie Josel hoch oben sah, wo er sich nicht halten konnte und abstürzte. Josel rief, das war ihre Höhenangst, wo ihr schwindlig wurde, und sie gab es zu und alle nickten.

    „Als Flieger kann ich mir Höhenangst nicht leisten, sagte Josel. „Ich lasse andere abstürzen, mich nicht!

    Marie strich über Josels Arm. „Gut, dass du nicht so ängstlich bist!" Sie gab ihm einen Kuss.

    Hans rief: „Josel ist doch ein Held! Er hat keine Angst!"

    Sie lachten, aber er hatte das Gefühl, sie lachten ihn aus.

    Richtig schön war das Abendessen, weil es Rindsrouladen mit polnischen Klößen und Preiselbeerkompott gab, Josels Leibgericht. Danach wurde Sliwowitz ausgeschenkt und er durfte ein Gläschen trinken. Er schaute auf Josel und Marie und dachte, was für ein vollkommenes Paar sie waren. Er spürte einen Schmerz in seiner Brust. Er würde nie ein so hübsches Mädchen im Arm halten.

    Am nächsten Morgen musste Josel früh weg und Hans war stolz auf ihn, wie er in der schmucken Fliegeruniform stramm und schneidig in der Tür stand. Er war auch traurig, weil er nicht wusste, wann er ihn das nächste Mal wiedersah. Als sein Bruder ihn umarmte, wurde ihm das Herz schwer, aber seine Augen flossen über, als er die Tränen von Marie sah, die sich an Josel schmiegte und nicht von ihm lassen wollte.

    Bald darauf guckte sich auch Hans „Die Feuerzangenbowle" an, um herauszufinden, was Josel und Marie wohl gefühlt hatten, als sie den Film sahen. Zuerst kam die Wochenschau und die war ein Knaller! Jagdflugzuge rauschten durch den Himmel, geschleuderten Pfeilen gleich, wo jeder Flieger seinen Abstand hielt und darauf brannte, den Feind zu finden. Man sah einen Piloten in Großaufnahme von hinten, in der einen Hand den Steuerknüppel, in der anderen das Maschinengewehr. Das musste Josel sein, der von hinten genau so aussah.

    Er wartete nur darauf zu schießen, und da kam schon der Feind, ein dunkler Punkt noch, rasend auf ihn zu, aber Josel nagelte ihn über Kimme und Korn fest und zog durch. Feuer! Treffer! Das getroffene Flugzeug trudelte in die Tiefe und zog eine schwarze Rauchwolke hinter sich her. Schon schraubte sich Josel wieder hoch, die Sonne im Rücken, so dass er wie ein blendender Blitz in die feindliche Rotte fuhr. Feuer! und Treffer! und Rauch! Was für ein Held!

    Jetzt konnte er „Die Feuerzangenbowle" genießen und lachte über die Lehrer und lachte mit Hans Pfeiffer und freute sich, dass er seine

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