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Das Mädchen, das nie spricht: Eine arabische Geschichte
Das Mädchen, das nie spricht: Eine arabische Geschichte
Das Mädchen, das nie spricht: Eine arabische Geschichte
eBook265 Seiten3 Stunden

Das Mädchen, das nie spricht: Eine arabische Geschichte

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Über dieses E-Book

Ihm fällt ein Mädchen auf, aber nicht, weil sie auffällig ist und sich laut verhält. Ganz im Gegenteil, ihm fällt das Mädchen auf, weil sie nicht so ist wie die anderen. Sie ist ruhig und intelligent.
Er versucht dem Schweigen auf dem Grund zu gehen und kämpft, bis er ihr Vertrauen erobert hat. Kurz bevor er sein Ziel erreicht hat, verletzt er sie aber und muss wieder bei null anfangen.
(Textausschnitt)
Ich wollte aufgeben und mich umdrehen, aber als ich Mama hinter mir sah, wie sie mir zulächelte, konnte ich sie nicht enttäuschen. Wieder drehte ich mich zur Tür. Mein Atem verschnellerte sich. Wieder berührte meine heiße Hand das kalte Metall. Ich schloss meine Augen und atmete tief durch. Jeden Mut in mir versuchte ich zusammen zu kratzten. Erst als ich das Klicken der Tür beim öffnen hörte, öffnete ich die Augen und schaute rein. Langsam betrat ich das Zimmer mit den weißen Wänden. Jeder Schritt weiter rein, schlug mein Herz doppelt so schnell als in der Sekunde vorher. Es ist unerträglich.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum9. Mai 2020
ISBN9783750236523
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    Buchvorschau

    Das Mädchen, das nie spricht - Yasemin Akan

    Kapitel 1 Bilal

    Ich vergrub etwas aufgeregt die Hände in die Jackentaschen meiner Lederjacke und schaute mich um. Es ist laut hier, viele verschiedene Schüler stehen im Gang verteilt und unterhalten sich müde. Mir fiel sofort auf, dass hier die Hälfte der Schüler Ausländer sind. Wo ich herkomme, hatte ich kaum was mit Ausländer zu tun, was mich etwas nervöser machte. Meine Gedanken wurden unterbrochen: „Ey Bruder bist du neu hier? Habe dich noch nie gesehen", stand plötzlich ein Typ vor mir, ungefähr so groß wie ich, hellbraune Haare und rasiertem Bart. Ich nickte. Er fing breit an zu lächeln und hielt mir fröhlich die Hand hin, in die ich lächelnd einschlug.

    „Bei welchem Lehrer bist du?", fragte er mich weiter.

    „Herr Hamlin oder so", antwortete ich ihm nachdenklich.

    „Ach, nicht bei mir. Aber warte", sagte er und schaute durch die Menge.

    „Onur", rief er und machte mir ein Zeichen, dass ich ihm folgen sollte, was ich dann auch tat.

    „Hey was geht", begrüßte, ich schätze das ist Onur, ihn mit einem Handschlag und der Typ neben ihm grüßte ihn mit demselben Handschlag bevor sich alle drei an mich wendeten.

    „Dieser Bruder hier kommt in deine Klasse", sagte er dann und deutete auf mich.

    „Ich muss rein, ergänzte er dann schnell und drehte sich beim gehen kurz noch zu mir, um ein knappes „Ciao zu sagen bevor er in ein Klassenzimmer verschwand.

    „Hay, ich bin Onur und das ist Zain", sagte er und zeigt auf seinen Freund neben ihm. Beide sahen, genauso wie ich, wie typische Ausländer aus. Onur trägt kurze Locken. Die Haare von Zain sind an den Seiten viel kürzer als seine glatten pechschwarzen Haare oben. Zain trägt auch als einziger einen Bart, der meinen etwas ähnlich sieht.

    Gerade als ich eine Antwort geben wollte, kam ein Lehrer und alle liefen rein. Herr Hamlin stellte sich bei mir vor und hielt mich direkt vorne auf.

    „Stell dich mal kurz vor, sagte er und setzte sich, sodass ich jetzt alleine vor der gesamten Klasse stand und alle mich stumm anschauten. Ich fühlte mich etwas unwohl, weswegen ich es kurz fasste: „Ja ich bin Bilal, 20.

    Unwohl spielte ich mit meinem Zeigefinger mit der abstehender Haut an meinem Daumen. Ein Mädel aus der mittleren Reihe meldete sich. Ich gehöre nicht zu dem Typ, der auf jedes Mädchen geiert. Ich habe nichts mit Mädchen zu tun. Ich finde es unnötig, mit jedem Mädchen etwas gehabt zu haben und dann auch noch stolz darauf zu sein. Es ist nichts, worauf man stolz sein sollte. Ganz im Gegenteil. Ist man unberührt, kann man stolz sein. Solche Frauen schätze ich.

    „Boah Dilara, du brauchst gar nicht erst Nummer fit zu machen, lass es", redete plötzlich die ganze Klasse durcheinander und das eine Mädchen hörte auf sich zu melden. Ekelhaft.

    „Du kannst dich setzen. Such dir einen freien Platz aus", befreite mich Herr Hamlin endlich.

    Zain und Onur in der letzten Reihe machten direkt Zeichen auf einen freien Platz neben einem Jungen mit einer Lockenmähne. Lachend machte ich mich auf dem Weg und setzte mich.

    „Hey Bilal, ich bin Anwar", flüsterte er mir sympathisch zu.

    „Hey freut mich", lächelte ich glücklich zurück.

    Mir fiel ein Stein von Herzen. Ich bin echt froh, dass ich so herzlich empfangen wurde. Ich habe mir die ganze Nacht Gedanken gemacht, wie die Klasse sein wird und ob ich Jungs finden werde mit denen ich mich verstehe.

    ..

    In der Pause blieben alle in der Klasse, was mir neu war. Auf meiner alten Schule mussten wir immer alle raus.

    „Müssen wir nicht raus?", fragte ich deswegen verwirrt und Zain und Onur kamen mit ihren Stühlen zu mir und Anwar.

    „Nein, die beiden ältesten Jahrgänge dürfen während den 15 minuten Pausen drin bleiben", erklärte mir Zain und lehnte sich zurück. Ich nickte verstehend.

    „Cool, wir mussten immer raus", antwortete ich und lehnte mich jetzt auch zurück.

    „Meistens bleiben alle drin. Nur die Raucher gehen immer raus", ergänzte Anwar. Zwei hübsche Mädchen setzten sich zu uns auf den Tisch. Ich schätze beide sind ebenfalls Ausländer.

    „Aus welchem Land kommt ihr eigentlich alle?", sprach ich meinen Gedanken aus.

    „Zain kommt aus Marokko, Anwar ist halb Jordanier und halb Palästinenser, Rabia und ich kommen aus Türkei und Lina kommt aus Afghanistan. Richtig bunt", lachte Onur. Rabia hatte lange hellbraune glatte Haare und Lina brustlange schwarze Wellen. Beide scheinen mir sehr sympathisch und beide hatten nicht ein Kilo schminke im Gesicht. Sieht so aus, als würden diese fünf meine neuen Freunde werden.

    „Wie kam´s dazu, dass du ausgerechnet im letzten Jahr die Schule wechselst? Ich meine, nicht mehr lange, dann sind wir alle fertig mit Schule. Wenn ich fragen darf", fragte Rabia mich und strich eine Strähne hinter das Ohr. Onur schaute sie direkt streng an und antwortete ihr, bevor ich überhaupt nur meinen Mund öffnen konnte: „Sus. Ona izin verin. Belki bunu söylemek istemiyor. Das einzige was ich verstand war „sus, was „Sei leise" oder etwas in der Art bedeutet.

    „Die Arme. Sie hat doch nichts falsch gemacht", sagte ich dann.

    „Kannst du Türkisch?", fragten beide direkt verwundert wie aus einem Mund. Lachend schüttelte ich den Kopf.

    „Ich hatte mal vor längerer Zeit zwei türkische Freunde und weiß, dass sus sei leise bedeutet, antwortete ich amüsiert, „Und zu deiner Frage, ich habe bei meiner Mutter gelebt, aber sie ist vor einem Monat ins Ausland gereist, aus geschäftlichen Gründen. Anfangs wollte ich nur in den Sommerferien bei meinem Vater bleiben, aber da meine Mutter eh noch weg ist und ich die Zeit mit meinem Vater vermisst habe, habe ich beschlossen länger zu bleiben, erklärte ich.

    „Oha interessant", kommentierte Zain, der wie die anderen neugierig zuhörte.

    „Und woher kommst du?", fragte Lina.

    „Saudi Arabien", antwortete ich ihre Frage und Anwars Augen wurden sofort groß.

    Sprichst du arabisch?", fragte mich Anwar begeistert auf Arabisch.

    "ja", antwortete ich ihm auf Arabisch und alle schauten uns verstört an. Auf Anwars Lippen bildete sich ein fettes Grinsen.

    „Ha! Hahahah endlich habe ich auch jemanden. Jetzt seid ihr nicht mehr die einzigen, die sich auf einer anderen Sprache unteralten können", lachte er schadenfroh Rabia und Onur aus. Wir konnten nicht anders, als einfach mit zulachen. Es klingelt wieder und Onur ging kopfschüttelnd wieder auf seinen Platz zurück. Die anderen machten es ihm nach.

    ..

    Die zweite Pause verbrachte ich mit Rabia und Lina. Die Mädels und ich schauten zusammen durch die Klasse und sie erzählten mir wie wer ist. Während dem voll bombardieren von Namen und Informationen fiel mir eine Person auf.

    Ein Mädchen in der ersten Reihe. Alleine. Sie trug Kopftuch und war nicht hässlich, im Gegenteil, sie war sogar sehr hübsch, nur sie machte sich irgendwie nicht schön. Als würde sie es extra machen, um nicht aufzufallen. Ihr Kopftuch war ganz einfach gebunden und auch ihr Klamottenstil ist ungewöhnlich einfach. Sie konnte noch viel mehr aus sich rausholen. Geschminkt war sie auch nicht, sie hatte eine natürliche Schönheit.

    „Was ist mit ihr?", fragte ich und zeigte auf sie. Neugierig lehnte ich mich mit meinen beiden Unterarmen auf den Tisch zwischen Rabia und Lina.

    „Du kannst jede klären außer sie, antwortet Lina als sie verstand wen ich meinte. Ich musste lachen: „Wie oft noch, ich will mir niemanden klären.

    „Ja Lina, Bilal ist anständig, nerv ihn nicht damit", verteidigte sie mich und lachte mit mir.

    „Was ist jetzt mit ihr?", wurde ich noch neugieriger.

    „Sie heißt Nassira und ist naja.. komisch", antwortete Lina und Rabia stieg darauf vom Tisch, um sich auf einen Stuhl neben mich zu setzten. Sie atmete tief durch und ich schaute sie verwirrt an.

    „Keiner versteht sich wirklich mit ihr. Ich habe auch einige Male versucht mich mit ihr anzufreunden. Aber sie ist zu verschlossen, fängt Rabia an. Lina spricht weiter, sodass ich meinen Kopf auf die andere Seite drehen musste um sie zu sehen: „Sie ist letztes Jahr auch neu in unsere Klasse gekommen, seit dem hat jeder mindestens einmal versucht sich mit ihr anzufreunden, aber keiner hat wirklich etwas von ihr erfahren. Ich glaube sie will keine Freundschaften. Nachdem Lina das ausgesprochen hatte, ergänzte Rabia: „Das einzige, was ich dir über sie noch sagen kann und weiß ist, dass sie verdammt schlau ist. Ihre schlechteste Note war vielleicht eine 2+. Sie weiß sehr sehr viel, versteht auch alles sehr schnell und lernt immer. In jeder Arbeit und Prüfung schreibt sie Einsen, aber mündlich kassiert sie überall, wirklich überall sechsen. Nur Herr Hamlin nimmt sie immer dran, obwohl sie sich nicht meldet, weil sie die Antworten kennt. So kann er ihr wenigstens noch eine 4 mündlich geben. Sie spricht nur das nötigste und antwortet fragen sehr knapp. Aber ihre Intelligenz fasziniert mich". Verwirrt schaute ich beide an.

    „Wieso spricht sie nie?" Ich kann es einfach nicht nachvollziehen.

    „Tut mir leid, damit überforderst du uns", zuckte Lina mit den Schultern und Rabia stimmte ihr zu. Ich nickte verstehend.

    „Und wer ist das?", fragte ich weiter und zeigte angewidert auf ein viel zu knapp angezogenes Mädchen mit so viel bunter Schminke im Gesicht, dass sie glatt mit einem Clown verwechselt werden könnte.

    „Ach das ist Dilaras beste Freundin Nisa. So wie die beiden aussehen, ticken die auch. Nimm acht. Sie versuchen es mit jedem. Du wirst ihre neue Herausforderung sein"

    Traurig. Wie kann man nur seinen Körper so verkaufen?

    „Ekelhaft", sagte ich noch bevor unser Deutsch Lehrer rein kam..

    Kapitel 2 Radwan

    Entspannt laufe ich durch die angenehme Sommerluft. Ich liebe es einfach mal in Ruhe durch die frische Luft zu laufen und einfach der Natur zur lauschen.

    Ich bin gerade auf dem Weg nachhause. Mein erster Schultag in der neuen Schule verlief relativ gut. Ich hab mich schnell daran gewöhnt und bin auch darüber erstaunt wie herzlich sie mich empfangen haben.

    Ein wenig über mich: Ich laufe nachhause, obwohl ich auch fahren könnte. Ich besitze mehrere Autos und sogar einen Chauffeur. Aber ich genieße lieber die Natur und atme die frische Luft ein. Außerdem bin ich nicht die Person, die gerne ihr Besitz präsentiert.

    Meinen Nachnamen Radwan habe ich mit Absicht den ganzen Tag nicht einmal erwähnt. Warum? Wir sind eine sehr angesehene Familie und meine Elternteile besitzen beide sehr viele Unternehmen. Sie sind Sponsoren an besonderen Anlässen und Spenden auch viel. Aber ich will Freunde wegen meines Charakters bekommen und nicht wegen meines Vermögens. Da habe ich schon genug Erfahrungen auf der alten Schule gemacht.

    Entspannt ohne Musik und Handy kam ich Zuhause an und wurde direkt von Bodyguards begrüßt. Mir wurde die Tür geöffnet und dankend lief ich rein.

    Wenn ich so reich bin, müsste ich doch eigentlich nicht mehr zur Schule. In Handumdrehen würde ich eine Stellung ganz oben bei meinem Vater und/oder meiner Mutter bekommen. Meinen Eltern ist aber beiden die Bildung sehr wichtig.

    Ich weiß gar nicht, warum sich meine Eltern getrennt haben und mein Vater neu verlobt ist. Beide haben ein reines Herz und eine schöne Seele. Beide haben dieselbe Denkweise und beide haben dieselben Interessen. Aber keiner von beiden wollte mir den Grund vor einem Jahr wirklich nennen und keiner hat irgendetwas dazu geäußert.

    Hey Bilal, komm setzt dich zu uns. Wir wollten gerade anfangen, sagte meine Stiefmutter Nora zu mir als ich das Wohnzimmer betrat. Ich erwiderte die Begrüßung, ging meine Hände waschen und setzte mich zu denen.

    Mutter Nora ist seit fast einem Jahr mit Baba verlobt, aber zur Hochzeit kam es nie. Ich mag Nora und hab sie als meine zweite Mutter akzeptiert, aber sie hat irgendetwas an sich, was sie abstoßend wirken lässt. Bis jetzt habe ich noch nicht heraus gefunden, was genau an ihrer Art mir nicht gefällt. Mich hat sie bis jetzt auch immer sehr gut behandelt.

    Außer sie und Baba leben noch weitere mit uns in der Villa. Ich bin Einzelkind, aber die beiden jüngeren Brüder von meinem Vater, Onkel Musa und Onkel Rayan, leben auch hier mit deren Frauen und Kinder. Angestellte und Bodyguards leben tagsüber auch hier. Manche arbeiten auch nur in Teilzeit. Meine Großfamilie werdet ihr aber noch kennenlernen.

    Bilal mein Sohn, wie war dein erster Tag in der neuen Schule? Hat es dir gefallen?, fragte Baba mich liebevoll.

    Ja Baba, alle waren sehr nett und freundlich und haben mich herzlich willkommen geheißen. Ich muss mich nur noch an das Schulsystem gewöhnen. In NRW ist es etwas anders als in Baden-Württemberg, sagte ich und wischte mein Mund an einer servierte sauber. Schon seit ich klein bin, wurden mir Manieren und Anstand gelehrt.

    Am Abend nach dem Gebet, saß ich auf meinem großen Balkon und schaute mir die Sterne an. Ich konnte das Mädchen, das nie spricht, nicht aus meinem Kopf bekommen. Sie ist einfach zu mysteriös. Nassira. Wieso redest du nie? Wieso bist du so still? Was steckt hinter deinem Schweigen? Was ist der Grund für all das? Ich glaube, niemand handelt so, wie man Handelt einfach so. Ich denke, alles hat seinen Grund und alles ist von Gottes Schicksal bestimmt worden..

    Kapitel 3 Rislan

    Jetzt bin ich schon ein Monat auf der Schule und habe mich eingelebt. Die Zeit verfliegt sehr schnell, fast schon zu schnell.

    Mit Nassira habe ich immer noch nicht versucht zu reden. Ich meine, wenn sie es nicht will, lass ich sie. Aber was hinter dem Schweigen steckt, würde ich trotzdem gerne wissen.

    Heute war der Tag gekommen, an dem ich das erste Mal mit Nassira sprechen werde. Heute ist Projekttag und wir werden in verschiedenen Gruppen eingeteilt. Soeben habe ich erfahren, dass ich mit Nassira in einer Gruppe sein werde.

    Wer ist unser Held und warum? Unser Auftrag: den Lehrer und die Klasse am Ende des 15- Minütigen Vortag davon zu überzeugen, warum er/sie unser Held ist. Jeder Junge wurde einem Mädchen zugeteilt und wir haben ab jetzt drei Stunden Zeit.

    Sobald Herr Hamlin den Auftrag fertig erklärt hatte, hatte ich direkt schoneine Idee. Ohne länger zu warten, nahm ich meinen Stuhl und setzte mich gegenüber von Nassira. Jetzt trennt uns nur noch ein Tisch.

    „Ich würde vorschlagen, dass wir unsere Eltern als Helden nehmen. Mama und Baba sind meine Vorbilder und Helden, aber wenn es bei dir nicht so ist oder du einen anderen Vorschlag hast, können wir auch jemanden anderen nehmen", schlug ich vor, als ich merkte, dass sie nicht zuerst reden wird. Sie schaute mich kurz an, nickte und schaute dann wieder runter. Diese paar Sekunden Blickkontakt waren neu für mich. Sie hat hellbraune Augen, die auf ihren perlenweißen Augapfel strahlen.

    „Also nehmen wir unsere Eltern?", fragte ich noch mal nach und sie nickte, dieses Mal, ohne mich dabei anzusehen.

    „Ich hole uns Plakat und Eddings", sagte ich bevor ich aufstehe. Ich musste zwar bisschen suchen bis ich was fand, aber es dauerte wirklich nicht lange. Als ich aber zurück kam, hatte Nassira schon ein ganzes Blatt vollgeschrieben.

    „Wow wie viel du in so kurzer Zeit geschrieben hast. Komm lass mich weiter machen, damit du nicht alles allein machen musst", schlug ich vor worauf sie mir ihr Block gab. Ich bin zwar auch relativ schnell, wenn ein Thema mir gefällt oder ich besonders gut darin bin, aber so schnell wie Nassira bin ich nicht.

    Ich nahm ihr Block und fing an zu lesen. Was sie schrieb war einfach nur beeindruckend, Herz ergreifend. Ich könnte niemals, das was mir meine Eltern bedeuten, so gut formulieren.

    „Wow, flüsterte ich erstaunt und fing an weiter zu schreiben. Ich schrieb ein wenig mehr als die Hälfte als Schluss und gab es Nassira zum durchlesen. Währenddessen dachte ich über Gleitfragen nach. Das ist nicht so mein Ding, Plakat Gestaltung konnte ich besser. Als sie Stumm nickte, suchte ich Hilfe bei ihr: „Hast du eine Idee, was wir als Gleitfragen nehmen könnten?. Kurz darauf drehte sie den Block wieder zu sich und las sich erneut den Text durch. Keine Minute später fing sie an Fragen an den Rand zu notieren.

    „Ich muss sagen, du bist sehr intelligent", rutschte es mir beeindruckt raus, weil die fragen einfach perfekt passten. Sie fing leicht an zu lächeln, aber ließ sich nicht stören. Ich nahm ebenfalls lächelnd das Plakat und fing an es zu gestalten..

    „Lass uns Pause machen bevor wir mit der Texteinteilung weiter machen" schlug ich vor, nachdem wir fleißig gearbeitet hatten und mit dem Plakat fertig wurden. Sie nickte und ich machte mich auf dem Weg in die Mensa um dort zwei belegte Brötchen zu kaufen. Auf dem Rückweg lief ich an Rabia und Onur vorbei, die eine Türkisch-Deutsch Diskussion führten, darüber welchen Held sie nehmen sollen. Amüsiert lief ich weiter bis zu meinem Platz.

    „Ich hab dir ein Brötchen mitgebracht", sagte ich nachdem ich mich wieder gesetzt hatte und reichte es ihr.

    „Danke", sprach sie kaum hörbar das erste Mal mit mir. Ihre Stimme hatte ich zwar schon einmal gehört, als Herr Hamlin ihr Fragen zum Unterricht gestellt hatte, aber ihre Lautstärke reichte trotzdem meistens nicht bis in die letzte Reihe. Vorsichtig nahm sie das Brötchen aus meiner Hand.

    „Nichts zu danken", antwortete ich. Ich lehnte mich zurück und fing an zu essen. Bis jetzt kennt noch immer keiner außer dem Lehrer meinen Nachnamen. Es hat aber auch keiner gefragt.

    „Lass uns den Fragen nach, abwechselnd reden", hörte ich ihre leise süße Stimme wieder.

    „Ja gute Idee. Willst du anfangen?", fragte ich und sie nickte. Rabia und Lina hatten recht. Nassira redet nur das nötigste und nicht mehr.

    Wir teilten uns den Text ein, lernten ihn und übten es danach zusammen. Als wir dann fertig waren, hatten wir immer noch eine Stunde Zeit. Da Nassira sowieso nicht mit mir sprach, dachte ich darüber nach, wie ich mich beschäftigen könnte. Sie holte ein Buch raus und fing an zu lesen, weshalb ich aufstand und gelangweilt durch die Klasse lief.

    „Was ist los Bilal? Kann ich dir helfen?, fragte mich Herr Hamlin als er mich sah. „Nein danke, wir sind schon fertig, antwortete ich lächelnd. Er zog seine Augenbrauen zusammen und schaute mich verwirrt an: „Wer ist dein Partner?"

    „Nassira", antwortete ich worauf er seine Augen verdrehte und stöhnte, was ich zuerst nicht verstand.

    „Ich hätte einen schlechteren Schüler mit Nassira einteilen sollen und nicht so einen Einser Schüler wie dich", nahm er die Erkenntnis, was mich zum Lachen brachte.

    „Du kannst ja schauen wer Hilfe braucht und etwas deinen Mitschülern helfen", riet er mir, was ich dann auch tat. Als es los ging, setzte ich mich wieder zu Nassira. Wir hörten uns Vorträge von Stars wie Ronaldo oder von Menschen, die sich für Rechte einsetzten wie Nelson Mandela an. Eltern hatte aber zum Glück niemand.

    ..Und da unsere Eltern vieles für uns geopfert haben, große Dinge und kleine Dinge wie Freizeit oder den letzten Keks, und da sie alles getan haben um uns glücklich zu machen, sind unsere Eltern in unseren Augen ein Held, beendete Nassira unseren Vortrag bevor alle Klatschen und Herr Hamlin uns eine eins gab, nachdem wir kurzes Feedback bekamen.

    Als alle Vorgetragen hatten und alle ihre Noten bekamen, durften wir endlich nachhause gehen.

    „Voll Krasser Vortrag", boxte mir der Lockenkopf auf die Schulter.

    „Vallah war wirklich voll schön", unterbrach Rabia Onurs Erzählung, der vor Anwar und mir die Treppen runter stieg.

    „Übertreibt nicht. Ihr hattet alle voll schöne Vorträge", erwiderte ich ernstgemeint.

    „Keiner hatte einen so guten wie ihr", mischte Zain hinter uns jetzt auch mit.

    „Danke", sagte ich verlegen um das Thema abzuschließen und hielt Zain und Lina die Ausgangstür auf worauf hin sie sich leise bedankten.

    Die Jungs und Rabia liefen seit ich da bin

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