Die wilde Carla: Der neue Dr. Laurin 68 – Arztroman
Von Viola Maybach
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Die Familiengeschichte des Klinikchefs Dr. Leon Laurin tritt in eine neue Phase, die in die heutige moderne Lebenswelt passt.
Da die vier Kinder der Familie Laurin langsam heranwachsen, möchte Dr. Laurins Frau, Dr. Antonia Laurin, endlich wieder als Kinderärztin arbeiten. Somit wird Antonia in der Privatklinik ihres Mannes eine Praxis als Kinderärztin aufmachen.
Damit ist der Boden bereitet für eine große, faszinierende Arztserie, die das Spektrum um den charismatischen Dr. Laurin entscheidend erweitert.
»Also Operation«, stellte Bernhard Pflüger resigniert fest. »Ich hatte gehofft, man könnte das Problem vielleicht mit Medikamenten in den Griff bekommen. Aber was ich auch versucht habe: Viel genützt hat es nicht. Würden Sie mich selbst operieren, Herr Dr. Laurin?« Leon Laurin nickte. »Wenn Sie das wünschen, sicher. Und Sie sollten sich das nicht als großen und gefährlichen Eingriff vorstellen. Prostataverkleinerungen sind heute reine Routine. Nur die Methoden ändern sich. Bei Ihnen würde ich zu einem Eingriff mit Laser raten. Aber ich erläutere Ihnen gern noch einmal, welche anderen Möglichkeiten wir haben.« Bernhard Pflüger winkte ab. »Ich weiß das, mein Hausarzt rät mir schon seit mindestens einem Jahr, mich endlich operieren zu lassen, und er hat mir ziemlich viel Informationsmaterial gegeben. Wenn Sie sagen, Sie raten mir zu einem Lasereingriff, dann stimme ich zu.« »Ihr Vertrauen ehrt mich, Herr Pflüger. Ich rate Ihnen außerdem, den Eingriff so schnell wie möglich machen zu lassen. Sie werden nur kurz hier bei uns bleiben müssen, und die Beschwerden werden nach der OP nicht sofort verschwunden sein. Da müssen Sie Geduld haben, das kann sich über ein paar Monate hinziehen.
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Buchvorschau
Die wilde Carla - Viola Maybach
Der neue Dr. Laurin
– 68 –
Die wilde Carla
Viola Maybach
»Also Operation«, stellte Bernhard Pflüger resigniert fest. »Ich hatte gehofft, man könnte das Problem vielleicht mit Medikamenten in den Griff bekommen. Aber was ich auch versucht habe: Viel genützt hat es nicht. Würden Sie mich selbst operieren, Herr Dr. Laurin?«
Leon Laurin nickte. »Wenn Sie das wünschen, sicher. Und Sie sollten sich das nicht als großen und gefährlichen Eingriff vorstellen. Prostataverkleinerungen sind heute reine Routine. Nur die Methoden ändern sich. Bei Ihnen würde ich zu einem Eingriff mit Laser raten. Aber ich erläutere Ihnen gern noch einmal, welche anderen Möglichkeiten wir haben.«
Bernhard Pflüger winkte ab. »Ich weiß das, mein Hausarzt rät mir schon seit mindestens einem Jahr, mich endlich operieren zu lassen, und er hat mir ziemlich viel Informationsmaterial gegeben. Wenn Sie sagen, Sie raten mir zu einem Lasereingriff, dann stimme ich zu.«
»Ihr Vertrauen ehrt mich, Herr Pflüger. Ich rate Ihnen außerdem, den Eingriff so schnell wie möglich machen zu lassen. Sie werden nur kurz hier bei uns bleiben müssen, und die Beschwerden werden nach der OP nicht sofort verschwunden sein. Da müssen Sie Geduld haben, das kann sich über ein paar Monate hinziehen. Aber danach sind Sie den ständigen Druck auf der Blase mit Sicherheit los.«
»Ich habe allerdings gehört, dass es ziemlich oft zu Komplikationen kommt«, murmelte Bernd Pflüger. »Die Vorstellung, dass ich vielleicht danach ständig Windeln tragen muss, finde ich ausgesprochen unangenehm, Herr Doktor.«
»Es gibt die Komplikation, das stimmt, aber nichts spricht dafür, dass es bei Ihnen dazu kommt. Ihr allgemeiner Gesundheitszustand ist gut, ich rate Ihnen außerdem, jetzt schon mit Übungen zur Kräftigung des Beckenbodens zu beginnen. Die kennen Sie?«
Der Patient nickte. »Ich mache ja regelmäßig Sport, da wird auch ständig auf den Beckenboden hingewiesen.« Er lächelte verlegen. »Ich habe früher immer gedacht, solche Übungen sind vor allem etwas für Frauen nach einer Schwangerschaft.«
Leon musste lachen. »Auch Männer haben einen Beckenboden, man sollte es nicht glauben!«
Bernd Pflüger lachte auch. »Da haben Sie wohl Recht, aber wir tun alle so, als wäre es nicht so.«
Er war ein schmaler grauhaariger Mann mit freundlichen braunen Augen. Mit seinen mittlerweile zweiundsechzig Jahren hatte er in seinem Beruf als Sozialpädagoge schon viel gesehen, dennoch, hatte er Leon einmal anvertraut, übte er ihn noch immer gerne aus. »Natürlich wird einem das Elend, das einem überall begegnet, manchmal zu viel, aber wenn es dann wieder einmal gelungen ist, einem Menschen den Weg in ein besseres Leben zu weisen – das ist ein so schönes Gefühl, dafür lohnt es sich, weiterzumachen. Deshalb werde ich auch nicht vorzeitig in Rente gehen. Jedenfalls nicht, wenn ich gesund bleibe.«
Er hatte eine Weile in der Drogenhilfe gearbeitet, sich mit der Zeit aber der Unterstützung für Familien zugewandt, wo er natürlich ebenfalls noch häufig mit Drogen, vor allem Alkohol, zu tun hatte. Außerdem hatten er und seine Frau, wie Leon wusste, immer mal wieder Pflegekinder aufgenommen und diese liebevoll betreut. Doch seit zwei Jahren war Bernd Pflüger Witwer, und daran trug er schwer. Seine Frau war an Krebs gestorben, gegen den sie, unterstützt durch ihren Mann, lange gekämpft hatte.
Leon unterhielt sich gern mit Bernd Pflüger, weil er nicht nur ein kluger, sondern auch ein sympathischer Mann war. Er bevorzugte leise Töne, wusste seine Meinung jedoch mit klaren Worten zu vertreten, wenn er es für angebracht hielt oder danach gefragt wurde.
»In zwei Wochen?«, fragte Leon. »Da könnte ich Ihnen einen OP-Termin anbieten, mittwochs. Wir würden Sie dann am Tag vorher aufnehmen und die noch fälligen Untersuchungen durchführen.«
»In Ordnung, dann kann ich meinen Arbeitgeber gleich informieren.«
»Aber etwas macht Ihnen noch Sorgen?«, fragte Leon.
»Sie sind ein guter Beobachter, Herr Dr. Laurin. Ja, eine meiner Pflegetöchter. Seit dem Tod meiner Frau mache ich mir Sorgen um sie. Erinnern Sie sich an Carla? Sie hat mich sehr unterstützt, als es mit meiner Frau zu Ende ging.«
»Ich habe sie einige Male gesehen, allerdings nur kurz, bevor wir Ihre Frau dann ja nach Hause entlassen haben.«
Bernd Pflüger nickte. »Sie und meine Frau waren sehr eng miteinander, für Carla war es das erste Mal, dass sie überhaupt so eine starke Bindung zu einem anderen Menschen hatte. Sie und ich, wir hängen auch sehr aneinander, aber in meiner Frau hatte sie eine Seelenverwandte gefunden. Seit deren Tod, so ist mein Gefühl, hat sie ihren wichtigsten Halt verloren. Sie ist erst spät zu uns gekommen, nach vielen schlimmen Erfahrungen. Am Anfang war sie wie ein Kaktus, wehe man kam ihr zu nahe. Aber nach einem Jahr war sie bereits völlig verwandelt. Und wenig später bekam meine Frau die Diagnose. Carla hat ihr, mit mir zusammen, in den schwersten Stunden beigestanden, aber es war klar, dass sie die Sache persönlich nahm. Einmal hat sie das auch so zu mir gesagt: ‚Wo ich bin, wird es immer schrecklich. Wenn ich nicht zu Euch gekommen wäre, wäre Bärbel bestimmt noch gesund.‘ Ich habe versucht, ihr das auszureden, ohne Erfolg. Auch eine Psychologin hat nichts ausrichten können. Nach drei Sitzungen hat Carla erklärt, sie würde nicht mehr zu ihr gehen, die Frau sei ihr zu blöd, die würde sie nicht verstehen. Wenn sie jetzt hört, dass ich operiert werden muss …« Er brach ab, mit sorgenvollem Blick.
»Sie weiß also nichts von Ihren Beschwerden?«
»Nein. Vielleicht war es falsch, vielleicht hätte ich mit ihr darüber reden sollen, dann käme die Nachricht jetzt nicht so plötzlich. Aber ich hatte ja selbst zu Beginn Angst, es könnte Prostatakrebs sein. Meine Erleichterung, dass es nicht so war, war groß, und ich war eigentlich entschlossen, mit ihr überhaupt nicht über meine Beschwerden zu reden. Aber wenn ich operiert werden muss und sie käme durch Zufall dahinter, würde sie sich hintergangen fühlen, und das will ich auf keinen Fall riskieren.«
»Wie alt ist Ihre Pflegetochter jetzt?«
»Einundzwanzig. Aber sie hat mehr Schlimmes erlebt als manche Leute es jemals erleben. Ich sage es mal so: Einerseits ist sie viel älter als einundzwanzig, andererseits ist sie aber auch noch ein Kind. Besonders, was ihre Beziehungen zu anderen Menschen angeht, muss sie noch viel lernen. Sie hat zu niemandem Vertrauen, sie fährt sofort die Stacheln aus, weil sie immer vom Schlimmsten ausgeht. Grundsätzlich. Sie erwartet nichts Gutes und wenn wirklich etwas schiefgeht, fühlt sie sich in dieser Haltung bestätigt. Meine Frau hatte einen Weg gefunden, ihr da herauszuhelfen, aber dieser Prozess war noch am Anfang, als sie starb. Und ich schaffe es nicht, das, was meine Frau begonnen hat, fortzuführen und Carla so zu helfen, wie sie es konnte.«
»Sehen Sie sie denn noch oft?«
»Oh ja, jede Woche. Sie ist anhänglich, das sind einige unserer Pflegekinder, wenn auch nicht so wie Carla. Und ich bin, fürchte ich, der einzige Mensch, zu dem sie noch Vertrauen hat.«
»Kennt sie einige Ihrer anderen Pflegekinder?«
»Zwei oder drei, ja, aber das sind keine engen Beziehungen, weil sie allein bei uns war. Sie war unser letztes Pflegekind. Wir waren nicht mehr so belastbar