Duell mit Flanken: Wyatt Earp 256 – Western
Von William Mark
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Norman Leininger war seit sieben Jahren Advokat in der Stadt Gypson im Eagle County. Mit saurer Miene saß er an diesem Vormittag in seinem Bureau im unteren Drittel der Main Street und brütete über einem Schriftstück, das ihn schon am vergangenen Abend beschäftigt hatte. Es war ein Bericht, den er in der Verhandlung gegen Dave Cummings vorlegen wollte. Das heißt, soweit war es natürlich noch nicht, denn der Herr Advokat hatte bis jetzt nur die Absicht, den ehemaligen Mayor Cummings vor Gericht zu schleppen. Das würde der Höhepunkt im alten Streit Leiningers mit Cummings werden. Cummings hatte hier mehrere Jahre das Amt des Mayors innegehabt, und der Advokat hatte nie etwas anderes getan, als Cummings zu beneiden. Dabei war es kein Amt, das einem Reichtümer hätte einbringen können, aber der ehrgeizige Norman Leininger hätte alles darum gegeben, wenn er statt nur mit Herr Advokat mit Herr Bürgermeister angeredet worden wäre. Deshalb hatte er seit Jahren an dem Sturz seines Rivalen gefeilt. Und nicht nur deshalb, denn die blonde Margaret Doreen hatte schließlich dem jungen Advokaten Leininger vor Jahren einen Korb gegeben, um eben einen besser aussehenden Mann zu heiraten, der in der Stadt das Amt des Mayors bekleidete. Immerhin betrachtete Leininger sich als der geschworene Feind des Mayors, und es war vor allem ihm zuzuschreiben, dass Cummings sein Amt verloren hatte. Leininger hatte keine Ruhe gegeben, bis er ihn von diesem Posten verdrängt hatte. Aber wie es so oft im Leben geschieht, fasste der Mayor auch als Trader in der Stadt Fuß und hatte bald eine große Getreidehandlung aufgebaut. Es ging ihm also praktisch noch besser als zuvor. Das musste einem Mann wie Leininger missfallen. Unentwegt grübelte er, wie er dem so zu neuem Reichtum gekommenen Geschäftsmann etwas anhängen könnte. Und er glaubte es seit kurzem auch gefunden zu haben. Cummings kaufte Korn auf den Ranches im Süden und verkaufte es im Stadtgebiet mit fast fünfundzwanzig Prozent über seinem Einkaufspreis. Das war beträchtlich über der üblichen Gewinnspanne, und Leininger war sicher, dass er daraus dem alten Rivalen einen handfesten Strick drehen könnte. Sein ganzes Sinnen und Denken war in dieser Stunde nur darauf bedacht, diesen Mann zu Fall zu bringen. Nebenan im Haus des Gerätemachers Silkar stand der habichtgesichtige Jugoslawe Mirco Silkar in der Tür zu seinem Lagerraum und dachte daran, wie er dem Cowboy Horgreeve eins auswischen könnte.
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Duell mit Flanken - William Mark
Wyatt Earp
– 256 –
Duell mit Flanken
William Mark
Norman Leininger war seit sieben Jahren Advokat in der Stadt Gypson im Eagle County. Mit saurer Miene saß er an diesem Vormittag in seinem Bureau im unteren Drittel der Main Street und brütete über einem Schriftstück, das ihn schon am vergangenen Abend beschäftigt hatte. Es war ein Bericht, den er in der Verhandlung gegen Dave Cummings vorlegen wollte. Das heißt, soweit war es natürlich noch nicht, denn der Herr Advokat hatte bis jetzt nur die Absicht, den ehemaligen Mayor Cummings vor Gericht zu schleppen. Das würde der Höhepunkt im alten Streit Leiningers mit Cummings werden. Cummings hatte hier mehrere Jahre das Amt des Mayors innegehabt, und der Advokat hatte nie etwas anderes getan, als Cummings zu beneiden. Dabei war es kein Amt, das einem Reichtümer hätte einbringen können, aber der ehrgeizige Norman Leininger hätte alles darum gegeben, wenn er statt nur mit Herr Advokat mit Herr Bürgermeister angeredet worden wäre. Deshalb hatte er seit Jahren an dem Sturz seines Rivalen gefeilt.
Und nicht nur deshalb, denn die blonde Margaret Doreen hatte schließlich dem jungen Advokaten Leininger vor Jahren einen Korb gegeben, um eben einen besser aussehenden Mann zu heiraten, der in der Stadt das Amt des Mayors bekleidete. Vielleicht hatte sie Cummings nicht nur deswegen geheiratet …
Immerhin betrachtete Leininger sich als der geschworene Feind des Mayors, und es war vor allem ihm zuzuschreiben, dass Cummings sein Amt verloren hatte. Leininger hatte keine Ruhe gegeben, bis er ihn von diesem Posten verdrängt hatte. Aber wie es so oft im Leben geschieht, fasste der Mayor auch als Trader in der Stadt Fuß und hatte bald eine große Getreidehandlung aufgebaut. Es ging ihm also praktisch noch besser als zuvor. Das musste einem Mann wie Leininger missfallen. Unentwegt grübelte er, wie er dem so zu neuem Reichtum gekommenen Geschäftsmann etwas anhängen könnte. Und er glaubte es seit kurzem auch gefunden zu haben. Cummings kaufte Korn auf den Ranches im Süden und verkaufte es im Stadtgebiet mit fast fünfundzwanzig Prozent über seinem Einkaufspreis. Das war beträchtlich über der üblichen Gewinnspanne, und Leininger war sicher, dass er daraus dem alten Rivalen einen handfesten Strick drehen könnte. Sein ganzes Sinnen und Denken war in dieser Stunde nur darauf bedacht, diesen Mann zu Fall zu bringen.
Nebenan im Haus des Gerätemachers Silkar stand der habichtgesichtige Jugoslawe Mirco Silkar in der Tür zu seinem Lagerraum und dachte daran, wie er dem Cowboy Horgreeve eins auswischen könnte. Horgreeve hatte ihm am vergangenen Samstag bei einer Tanzerei das Girl ausgespannt, und Silkar war entschlossen, Rache zu nehmen. Heute nun war er auf den Gedanken gekommen, nach Einbruch der Dunkelheit auf den Hof der Moonlight Bar zu gehen, wo er den Cowboy, der immer allein kam, abfangen zu können hoffte, ohne dass ihn jemand dabei beobachtete.
Der dritte Mann, der an diesem Morgen ungute Gedanken, und nicht nur diese, mit sich herumschleppte, war der Blacksmith Joel Macket. Der stiernackige, bärenstarke Mann brüllte in der Werkstatt bei offenem Tor mit seinem neunundzwanzigjährigen Gesellen Rob Tucker herum. Er schalt ihn einen hundsdämlichen Esel und ließ die ganze Nachbarschaft hören, dass der Schmiedegeselle Robert Tucker zu dämlich sei, eine Esse richtig in Gang zu bringen, geschweige denn, ein Hufeisen auf einen Pferdehuf aufzusetzen. Der Zorn, der im Schädel des gewichtigen Schmiedes rauchte, kam nicht von ungefähr. Der bullige Mann war zwar verheiratet, hatte jedoch eine große Schwäche für das schöne Geschlecht. Ausgerechnet am Vortag war es ihm geglückt, die siebzehnjährige Tochter des Totengräbers, die vollbusige Suzan, für sich zu interessieren, als ihm der Bruder seines eigenen Gesellen, Jimmy Tucker, zuvorkam und mit dem Mädchen abschob. Obgleich Rob mit dieser Geschichte überhaupt nichts zu tun hatte – im Hintergrund stand auch hier eine Frau. Überall in der Welt – und hier im Westen zwar besonders – spielen nun mal die Frauen eine entscheidende Rolle. Heute hatten sie nicht nur dem Advokaten Leininger, sondern auch dem Gerätemacher Silkar und dem Schmiedemeister Macket den schönen Frühlingsmorgen verdorben.
Jeder von ihnen war mit größtem Eifer damit beschäftigt, sich nach Möglichkeit von seiner schlechtesten Seite zu zeigen.
Genau in dem Augenblick, in dem es von der katholischen Kapelle, die seit einiger Zeit in einer der Quergassen stand, die elfte Morgenstunde schlug, ritten drei Männer von Westen her in die Main Street von Gypson ein. Männer mit harten staubigen Gesichtern und ausdruckslosen Augen. Einer schien dem andern zu gleichen, und dennoch hatten nur zwei von ihnen eine deutlich sichtbare Ähnlichkeit miteinander. Es waren die Brüder Ljossip und Carol Wade.
Der Mann, der in ihrer Mitte ritt, war ein hakennasiger Armenier. Roy Leeker nannte er sich.
Aber so unscheinbar diese drei Reiter auf den ersten Anblick auch zu sein schienen, so gewichtig waren sie doch für die Stadt Gypson. Denn es gab sicher keinen Bürger in dieser Bergstadt Colorados, der die drei nicht gekannt hätte. Es waren Revolvermänner!
Leeker war einer der gefährlichsten Coltschwinger, die man im ganzen oberen Colorado überhaupt kannte, und die Wade Brothers machten in letzter Zeit auch mehr als nötig von sich reden.
Erst vor sieben Wochen waren die Wades hier gewesen und hatten ein arges Feuerwerk losgelassen, bei dem eine Menge Glas zu Bruch gegangen war und zwei Leute nicht unerheblich verletzt wurden. Mochte der Teufel wissen, was sie veranlasst hatte, am anderen Morgen so rasch zu verschwinden. Angst vor den Bürgern von Gypson war es ganz sicher nicht. Ja, und Leeker hatte auch schon in der Stadt unliebsam von sich reden gemacht, und zwar schon drei oder vier Mal. Immer waren die Einwohner froh gewesen, wenn er wieder weggeritten war.
Vor drei Wochen hörten die stets ängstlich lauschenden Leute in Gypson von einem Stage Driver (Postkutschenfahrer), dass Leeker und die Wade Brothers drüben in Shoshone die Bank überfallen und ausgeraubt haben sollten. Zudem sollte der Kassierer erschossen worden sein und einer der jungen Clerks eine erhebliche Verletzung davongetragen haben.
Man hatte in Gypson die Hoffnung gehegt, dass sich die drei Gegner nun aus der Gegend verzogen hätten. Da hatte man zu früh aufgeatmet.
Der Advokat Leininger hatte die drei Revolverschwinger noch nicht bemerkt. Er saß an seinem Schreibtisch, verspritzte mit der kratzenden Feder die Tintenpunkte ringsumher und strich gerade ein Wort durch, das ihm noch zu milde erschien, um es durch ein stärkeres, härteres zu ersetzen.
»Ich werde es ihm schon geben, diesem verfluchten Cummings!«, stieß er wütend durch die Zähne.
Auch Mirco Silkar, der Gerätemacher, hatte noch nicht wahrgenommen, was da in der Main Street geschah. Er dachte nur an den Kuhtreiber von der Horgreeve Ranch, den er fertigmachen würde. Ja, Silkar ging sogar soweit in seinen Fantasievorstellungen, dass am Schluss ein toter Horgreeve auf der Kampfbahn zurückblieb.
Auch Joel Macket hatte die drei Männer noch nicht gesehen, die in die Stadt gekommen waren. Er bellte eben auf Rob Tucker ein.
»Mensch, halt dich doch nicht an dieser Zange fest, wo hast du denn deinen Verstand? Der ist dir wohl in die Stiefel gerutscht! Aber sich die halbe Nacht mit Weibern herumtreiben, dazu bist du nicht zu schwach.«
Aus zornverdunkelten Augen blickte ihn der Geselle an. Plötzlich nahm er die Zange und schleuderte sie geräuschvoll in den entferntesten Winkel der Werkstatt.
»Was soll das heißen?«, brüllte ihn Macket an.
»Dass ich Ihnen den Job aufkündige, Macket.«
Da stürmte der Schmied auf ihn ein, riss die Rechte hoch und klatsch!, brannte eine Ohrfeige im Gesicht des Gesellen.
Tucker nicht faul, duckte sich nieder und rammte dem Boss seinen Schädel in die Magengrube. Das allerdings gelang ihm nicht völlig, denn der Schmied schickte ihm einen knackenden Handkantenschlag ins Genick, der ihn mit dem Gesicht auf den staubigen Boden der Werkstatt fallen ließ.
In dem Moment, in dem Robert Tucker aufsprang, um sich in wildem Zorn auf seinen Boss, den Blacksmith, zu werfen, passierte es:
Es fiel ein Schuss!
Die Männer, die sofort alle an die Fenster traten,