Wer schön sein will, muss sterben: Gaslicht - Neue Edition 5 – Mystikroman
Von Melissa Anderson
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Über dieses E-Book
In dieser neuartigen Romanausgabe beweisen die Autoren erfolgreicher Serien ihr großes Talent. Geschichten von wirklicher Buch-Romanlänge lassen die illustren Welten ihrer Serienhelden zum Leben erwachen. Es sind die Stories, die diese erfahrenen Schriftsteller schon immer erzählen wollten, denn in der längeren Form kommen noch mehr Gefühl und Leidenschaft zur Geltung. Spannung garantiert!
Sie hütete sich, den Hafen aufzusuchen, denn jede anständige Frau von Bristol – so hieß es – vermied es tunlichst, auch nur einen Schritt in das verrufene Viertel der Spelunken und Bordelle zu tun. Aber es gab Tage, an denen Joy Garrett sich besonders einsam und verlassen fühlte. Dann trieb es sie in die Nähe der Menschen, und von weitem betrachtete sie den regen Betrieb, der auf dem Kai und auf den Piers herrschte. Nebeneinander lagen die Kutter, Brigantinen, Schoner und Schaluppen vertäut, und auf der Reede erhoben sich majestätisch die Masten der Klipper und zweier Fregatten. Hafenjollen pendelten zwischen den Schiffen und dem Kai hin und her, es wurden Ladungen gelöscht, oder Frachträume mit Fracht und Proviant gefüllt. Jetzt, am späten Nachmittag, begann sich auch die Szene vor den Kneipen und Kaschemmen zu beleben. Scharen von Sailors und Teerjacken schienen da auf den Beinen zu sein, um ihre Heuer zu vertrinken oder mit leichten Mädchen durchzubringen. War es der Hauch des Abenteuers, das Joy so faszinierte und ihre heimliche Neugierde weckte? Oder war es einfach nur die Abwechslung, die sie auf andere Gedanken brachte? Sie wußte es selbst nicht genau. Jedenfalls war dies eine andere Welt, eine pulsierende Ader des Lebens. Sie lenkte sie von den dumpfen Fragen und deprimierenden Gedanken ab, die das Alleinsein hervorbrachte, und auf gewisse Weise verspürte sie sogar Heiterkeit, wenn sie das Durcheinander beobachtete. Champ, ihr Foxterrier, zerrte an seiner Leine. Das Tier war heute unruhig. Joy versuchte es zu besänftigen. Die Frau beugte sich zu ihm hinunter und streichelte seinen Kopf. »Sei doch nicht so nervös«, sagte sie zärtlich. »Was ist denn los mit dir?« Er gab ein Winseln von sich, dann einen Laut, der beinahe wie ein menschlicher Seufzer klang, und setzte sich auf seine Hinterläufe.
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Buchvorschau
Wer schön sein will, muss sterben - Melissa Anderson
Gaslicht - Neue Edition
– 5 –
Wer schön sein will, muss sterben
Melissa Anderson
Sie hütete sich, den Hafen aufzusuchen, denn jede anständige Frau von Bristol – so hieß es – vermied es tunlichst, auch nur einen Schritt in das verrufene Viertel der Spelunken und Bordelle zu tun. Aber es gab Tage, an denen Joy Garrett sich besonders einsam und verlassen fühlte. Dann trieb es sie in die Nähe der Menschen, und von weitem betrachtete sie den regen Betrieb, der auf dem Kai und auf den Piers herrschte.
Nebeneinander lagen die Kutter, Brigantinen, Schoner und Schaluppen vertäut, und auf der Reede erhoben sich majestätisch die Masten der Klipper und zweier Fregatten. Hafenjollen pendelten zwischen den Schiffen und dem Kai hin und her, es wurden Ladungen gelöscht, oder Frachträume mit Fracht und Proviant gefüllt.
Jetzt, am späten Nachmittag, begann sich auch die Szene vor den Kneipen und Kaschemmen zu beleben. Scharen von Sailors und Teerjacken schienen da auf den Beinen zu sein, um ihre Heuer zu vertrinken oder mit leichten Mädchen durchzubringen.
War es der Hauch des Abenteuers, das Joy so faszinierte und ihre heimliche Neugierde weckte? Oder war es einfach nur die Abwechslung, die sie auf andere Gedanken brachte? Sie wußte es selbst nicht genau. Jedenfalls war dies eine andere Welt, eine pulsierende Ader des Lebens. Sie lenkte sie von den dumpfen Fragen und deprimierenden Gedanken ab, die das Alleinsein hervorbrachte, und auf gewisse Weise verspürte sie sogar Heiterkeit, wenn sie das Durcheinander beobachtete.
Champ, ihr Foxterrier, zerrte an seiner Leine. Das Tier war heute unruhig. Joy versuchte es zu besänftigen. Die Frau beugte sich zu ihm hinunter und streichelte seinen Kopf. »Sei doch nicht so nervös«, sagte sie zärtlich. »Was ist denn los mit dir?«
Er gab ein Winseln von sich, dann einen Laut, der beinahe wie ein menschlicher Seufzer klang, und setzte sich auf seine Hinterläufe. Während Joy Garrett in ihren Studien fortfahr, schnupperte der Hund auf dem Boden und begann erneut, an der Leine zu ziehen.
Ein paar Passanten verfolgten amüsiert, wie das Tierchen sich derart heftig ins Zeug legte, daß die hübsche, dunkelhaarige junge Frau ins Stolpern geriet. Champ hechelte wie besessen und traf Anstalten, davonzulaufen.
Joy wurde nun fast ärgerlich. »Also gut«, sagte sie. »Du bist heute unausstehlich, aber ich tu dir den Gefallen. Nur mußt du mir versprechen, daß du gleich wieder zurückkommst. Ich warte nicht lange auf dich. Versprichst du’s mir?«
Champ schaute zu ihr auf, als habe er wirklich verstanden, was sie gesagt hatte, und seine Augen flehten: Mach mich los, bitte!
Sie löste die Leine vom Halsband, und er schoß wie der Blitz davon – in Richtung Hafen. Binnen weniger Augenblicke war er verschwunden, und sie vermochte noch nicht einmal zu sehen, in welche der vielen Gassen er gelaufen war.
Manchmal mußte Champ sich austoben. Aber war es richtig gewesen, ihm ausgerechnet hier diese Freiheit zu gewähren? Joy bereute es bereits. Im Hafen lauerten Gefahren. Der ruhige Vorort, in dem sie wohnte, war der ideale Platz für einen Hund. Er hatte genug Auslauf auf den Wiesen und im Birkengehölz. Im Hafen jedoch kannte er sich nicht aus, und leicht konnte ihm etwas passieren.
Oder bildete sie es sich nur ein? Unschlüssig stand sie eine Weile da und wartete darauf, daß er zu ihr zurückkehrte. Aber der Hund tauchte nicht wieder auf. Es wurde rasch dunkler, und hier und da flammten die ersten Lichter auf. Blutrot neigte sich der Feuerball der Sonne im Westen der See entgegen, und es würde nicht mehr lange dauern, bis er eintauchte und versank.
Joy Garrett biß sich auf die Unterlippe. So eine Schnapsidee, dachte sie, warum hast du dich von ihm herumkriegen lassen? Natürlich brachte sie es nicht fertig, sich einfach umzudrehen und wegzugehen. Champ fand den Weg zurück nach Hause nicht allein, er war im Grunde doch eher ein Stadthund. Und sie hing an ihm, denn er war das einzige Wesen, das ihr als Erinnerung an eine vergangene Zeit geblieben war, die nie mehr wiederkehren würde.
Sie verlieh sich einen innerlichen Ruck und machte sich auf den Weg zum Hafen. Es war ihr egal, was die Leute von ihr dachten. Im übrigen hatte sie auch keine Angst. Es ging ihr jetzt darum, Champ so schnell wie möglich wiederzufinden und mit ihm nach Hause zu gehen.
Auf dem Kai fand sie sich unter Menschen aller Nationen und Schattierungen wieder. Ein Gewirr von verschiedenartigen und seltsamen Sprachen nahm sie gefangen in einer Aura des Geheimnisses und der Rätselhaftigkeit. Die Luft schien zu duften, nach Tabak, Tee und Bier; aber natürlich wußte Joy, daß die Romantik, die Landratten mit dem Leben der Seefahrer verbanden, eine reine Illusion war. Männer mit Bärten und Ohrringen begegneten ihr; Europäer, Afrikaner und Asiaten. Einer trug einen Seesack, ein anderer humpelte, weil er ein Holzbein hatte. Ein riesiger glatzköpfiger Mann trug einen Papagei auf der Schulter mit sich herum, als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt. Grell geschminkte Mädchen und Frauen lehnten in Gassen und Hauseingängen, und mancher Sailor blieb auf ihr Lächeln und die leisen, lockenden Worte hin stehen.
Von Champ war nicht die Spur zu entdecken. Die junge Frau wurde immer unruhiger. Sie betrat die Gasse, in der er ihrer Meinung nach verschwunden war, und hielt nach allen Seiten Ausschau. Daß er auf der Suche nach Hundedamen war, war so gut wie sicher. Deshalb konnte er sich nicht in Luft aufgelöst haben.
Joy wich einem Betrunkenen aus, der an ihr vorbeitorkelte. Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die Hauswand und atmete tief durch. Was jetzt? dachte sie. Hier finde ich ihn nie, genausogut könnte ich eine Stecknadel im Heuhaufen suchen.
Ein Mann mit einem breitkrempigen schwarzen Hut, einem roten Hemd und schwarzen Hosen trat auf sie zu und grinste sie an.
»Schätzchen«, sagte er. »Hast du Sorgen? Hast du deinen Freier verloren?«
»Nein«, antwortete sie entsetzt und verwirrt. »Bitte, lassen Sie mich in Ruhe.«
Der Unbekannte hob den Kopf, und Joy sah, daß er abstoßend häßlich war. Seine Nase war platt, was von einigen deftigen Hieben herzurühren schien, sein Gesicht war von Narben verunstaltet, und er hatte nur noch ein paar Zähne im Mund, obwohl er nicht sehr alt sein konnte. Er sprach amerikanisches Englisch mit starkem Slang, und er schien bereits einiges getrunken zu haben, wie sie aus der Fahne schloß, die ihr entgegenschlug.
»Das ist eine Masche, die bei mir zieht«, sagte er grinsend. »Ziere dich ruhig ein bißchen. Das gibt der Sache einen besonderen Reiz. Oh, ich kenne euch Weibsbilder.«
Joy Garrett sah ihn fest an und versuchte, ihrer Stimme einen harten Klang zu verleihen, als sie erklärte:
»Wenn Sie nicht sofort weggehen, rufe ich Hilfe. Belästigen Sie mich nicht.«
»Darling, ich heiße Shannigan, und ich bin der friedlichste Mensch der Welt.« Er griff sich in die Hosentasche. »Ich habe hier die stolze Summe von zwei englischen Pfund, und ich wäre froh, wenn ich sie mit dir verjubeln könnte.«
»Die junge Frau versuchte, sich an ihm vorbeizuschieben, aber der Unbekannte griff nach ihrem Arm und hielt sie zurück. Sie wollte sich losreißen, aber seine Hand war wie eine eiserne Klammer, sie gab sie nicht mehr frei.
»Lassen Sie das!« rief sie aus Angst und Wut.
»Wohin willst du denn so schnell?« fragte er.
»Das