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Sein letzter Fall
Sein letzter Fall
Sein letzter Fall
eBook279 Seiten3 Stunden

Sein letzter Fall

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Über dieses E-Book

Polizeirat Heiner Dietz steht kurz vor seiner Pensionierung. Einen letzten Fall gilt es aber noch zu lösen. Das erweist sich als äußerst schwierig, da die Tat schon drei Jahre zurückliegt.
Ob Dietz seinen letzten Fall lösen kann...
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum27. Nov. 2012
ISBN9783848262373
Sein letzter Fall
Autor

Joe Schmelzer

Geboren 1953 in Lindenberg im Allgäu Vorlieben: Literatur; Theater (Laindarsteller)

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    Buchvorschau

    Sein letzter Fall - Joe Schmelzer

    wieder.

    Erstes Kapitel

    Samstag, 20. Mai 2006

    Alois Huber war 67 Jahre alt. Ihm gehörte ein Bauernhof mit ca. 40 Stück Milchvieh. Damit gehörte er zu den etwas größeren Höfen in der Gegend. Die meisten Höfe waren wesentlich kleiner und sind wenig wirtschaftlich. Sie werden meist nur als Nebenerwerb betrieben und die Besitzer arbeiteten teils in der Molkerei und Käserei des Dorfes oder in Betrieben in der 30km entfernten Kreisstadt, sofern sie Arbeit haben.

    Eigentlich gehörte ihm der Hof gar nicht mehr, er hatte ihn seinem Sohn überschrieben und der bewirtschaftete ihn allein. Er half nur noch ab und zu.

    Die Frau seines Sohnes, Irina, arbeitete als Bedienung in der Gaststätte „Zur Post". Sie hatte mit Landwirtschaft nicht viel am Hut und er verstand sich nicht sonderlich mit seiner Schwiegertochter.

    Die Ehe war bis jetzt auch kinderlos geblieben, sehr zum Leidwesen seiner Frau Resi, die sich so sehr Enkel gewünscht hatte. Doch dieser Wunsch würde sich wohl nicht erfüllen, denn Irina wollte keine Kinder. Sie hatte Angst wegen ihrer guten Figur. Zugegeben, sie sah nicht schlecht aus und sie ließ sich gerne von der Männerwelt begaffen, was diese auch taten, denn sie geizte nicht mit ihren Reizen.

    Im Dorf nannten sie alle ein „ausgschamtes Weibsbild".

    Und sein Sohn sagte nichts dazu. Er lässt sich das alles gefallen, der Feigling. Er hat Angst sie zu verlieren, deshalb hält er den Mund. Als ob das ein großer Verlust wäre. Aber das musste er selber haben, er mischte sich da nicht mehr ein. Anfangs hatte er noch versucht dem Josef die Augen zu öffnen, ohne Erfolg. Wenn man nur mit dem Unterleib denkt, ist für Vernunft kein Platz mehr. Nun rackert er auf dem Hof und sie lässt sich in der Wirtschaft in den Hintern kneifen. Zu seiner Zeit hätte man ein solches Weibsstück mit Schimpf und Schande aus dem Dorf gejagt.

    Aber die Zeiten haben sich geändert. Heute nennt man das Cool. Hör mir bloß auf. Sitte und Anstand sind nicht mehr angesagt. Und dann noch dieses neumodische Deutsch, das kein Mensch mehr versteht. Da können die noch so viele Rechtschreibreformen machen, mit diesem Kauderwelsch geht die ganze Moral den Bach runter.

    Aber er hat aufgehört sich darüber aufzuregen und zieht sich mehr und mehr zurück. Manchmal geht er noch auf eine halbe Bier in die Wirtschaft, aber nicht in die Post sondern in den Ochsen, wo er seiner geliebten Schwiegertochter nicht begegnen kann.

    Er hat noch ein Hobby, das Angeln. Das entspannt ihn. Da kann er seine Seele baumeln lassen und über die alten Zeiten nachdenken. Da stört ihn keiner.

    Dazu fährt er zu dem kleinen Waldsee. Nicht weil der große Fänge verspricht, denn die Bewirtschaftung durch die Försterei ist mehr als mangelhaft, nein, hier hat er seine Ruhe und die schätzt er mehr als alles andere.

    Heute früh hat er wieder mal sein Angelzeug gepackt und auf dem kleinen Hänger an seinem Mofa verstaut und sich auf dem Weg zum See gemacht.

    Dort angekommen richtete er sich seinen Angelplatz ein. Klappstuhl aufstellen, Angeln herrichten, beködern und auswerfen. Eine auf Grund und eine auf Pose, wie immer. Jetzt noch den kleinen Gaskocher anwerfen, Wasser aus der mitgebrachten Wasserflasche heiß machen, Kaffee in den Emailbecher, ein Löffel Zucker und seinem Morgenkaffee steht nichts mehr im Wege.

    Herrlich!

    Vielleicht gönnt er sich auch einen kleinen Obstler, selbstgebrannt natürlich, für den Eigenbedarf, das ist ja erlaubt. Der Arzt hat ihm zwar gesagt, dass das Gift für ihn ist, aber was weiß der schon. Das Rauchen wollte er ihm auch verbieten, obwohl er selber qualmt wie ein Schlot.

    Er braucht das zur Entspannung und es tut seiner Seele gut. Und ist nicht die Seele wichtiger als der Körper?

    Zufrieden lehnt er sich zurück, nimmt einen Schluck von seinem Kaffee, greift in seine Jackentasche und holt ein Päckchen Zigarillos und Streichhölzer heraus. Er zündet sich ein Zigarillo an, nachdem er es ausgiebig angeleckt hat und pafft genüsslich Rauchwolken in die klare Morgenluft.

    Kann es etwas Schöneres geben?

    Diese Augenblicke würde er für nichts auf der Welt eintauschen.

    Eine leichte Müdigkeit überkommt ihn und als er gerade kurz vor dem Einnicken war, nahm er eine leichte Bewegung an dem Bissanzeiger der Grundrute wahr. Die war mit einem fetten Tauwurm beködert.

    Vielleicht ein Hecht!

    Er hatte seit über drei Jahren keinen mehr gefangen, und der letzte war untermaßig.

    Sein Adrenalinspiegel steigt und er war sofort wieder hellwach.

    Aufregung machte sich in ihm breit.

    War ihm Heute das Anglerglück hold?

    Seine Stammtischbrüder zogen ihn ja immer wieder auf und sagten ihm, das einzige, was man in diesem See noch fangen könnte wären Baumstämme. Jetzt konnte er ihnen beweisen, dass dem nicht so war.

    Noch ein Zupfler.

    Ganz ruhig bleiben.

    Nicht zu früh in Aktion Treten, damit der Fisch den Köder nicht wieder ausspuckt. Der muss ordentlich Schnur nehmen und dann, - im richtigen Moment anschlagen. Das ist das Geheimnis.

    Eine Minute passiert nichts.

    Er wird langsam unruhig, nimmt die Angel vorsichtig vom Rutenständer, damit er beim nächsten Abzug sofort anschlagen kann.

    Und da wieder.

    Er setzt seinen Anschlag, nicht zu heftig und nicht zu zaghaft, richtig dosiert eben. Die Angelrute biegt sich beängstigend. Wahrscheinlich ist die Bremse zu stark eingestellt, er stellt sie etwas schwächer ein und beginnt sanft einzukurbeln. Es geht ungeheuer schwer.

    Mann, denkt er sich, das muss ein schwerer Brocken sein.

    Sein Unterarm beginnt schon zu schmerzen. Einen solchen Fisch hatte er doch noch nie am Haken. Dann lässt der Zug etwas nach und das Einkurbeln wird leichter bis plötzlich in ca. 15m Entfernung die Oberfläche des Wassers durchbrochen wird.

    Mein Gott, jetzt springt er! – Aber da springt nichts. Da ist auch kein Widerstand mehr an der Rute.

    Das Ding, was da hochgekommen ist, dümpelt so vor sich hin, und es ist kein Fisch, das ist klar.

    Aber was ist das?

    Ein starker Ast vielleicht? Nein.

    Es schimmert bläulich. Er prüft nach, ob das Teil noch gehakt ist. Es ist. Behutsam dreht er weiter ein, denn es geht immer noch schwer, und er will nicht, dass seine Lieblingsrute Schaden nimmt. Sie war ein Geburtstagsgeschenk von seiner lieben Frau Resi zum 60ten.

    Als der Gegenstand nur noch 5m von Ufer weg ist, erkennt er, dass es sich um einen Müllsack handeln muss. Nur noch ein kleines Stück, dann...

    Er lässt vor lauter Schreck die Angel fallen und setzt sich etwas unsanft auf seinen Hosenboden. Aus dem Sack lugt eine schaurige, bleiche Hand.

    Jesus Maria.

    Übelkeit steigt in ihm hoch und er kann es gerade noch verhindern sich zu übergeben. Langsam krabbelt er die Böschung ein bisschen weiter hoch und versucht sich zu sammeln.

    Was tun?

    So was hatte er noch nie erlebt. Das an seinem geliebten Angelgewässer, an dem er bisher immer seine Entspannung von dem ganzen Ärger um sich rum gefunden hatte.

    Er ist entsetzt.

    Ich brauche Hilfe, denkt er sich. Doch er ist der einzige am See, nicht mal einer von diesen aufdringlichen Wanderern, die ihm sonst die Ruhe mit ihren dämlichen Fragen stehlen. Ja, wenn man mal jemanden braucht...

    Ich muss sofort die Polizei verständigen! Aber wie? Hier gibt es kein Telefon und ein Handy hat er sich bis jetzt noch nicht aufschwatzen lassen. Jetzt könnte er eines gebrauchen.

    Da bleibt nur noch sein altersschwaches Mofa.

    Erst mal den Anhänger abkoppeln. Dann schwingt er sich auf den Sitz, tritt das Gefährt umständlich an und fährt Richtung Dorf zum Polizeiposten.

    Zweites Kapitel

    Das Polizeipräsidium ist im Haus der Gemeindeverwaltung untergebracht, gleich rechts neben dem Eingang.

    Der Polizeimeister Heinz Brenner hat Dienst und sitzt an seinem Schreibtisch hinter dem Publikumstresen. Er teilt sich diesen Posten mit seinem direkten Vorgesetzten, Polizeiobermeister Franz Stiegler, der heute erst zum Spätdienst erscheinen muss.

    Der Dienst gestaltet sich meist sehr angenehm, da hier nicht viel passiert.

    Es ist ein sehr ruhiges Dorf mit ca. 800 Einwohnern, wenn man die umliegenden Gehöfte mit einbezieht.

    Die gröbsten Straftaten belaufen sich auf kleinere Sachbeschädigungen oder mal eine Wirtshausschlägerei, was aber nicht sehr häufig vorkommt. Ganz normaler Alltag eben.

    Der Computer auf seinem Schreibtisch ist eingeschaltet. Der Bildschirm ist uneinsichtig, für jemanden der unverhofft reinkommt, aufgestellt.

    PM Brenner vertreibt sich die Zeit mit Solitär auf dem Rechner.

    Draußen vor dem Gemeindeamt hält knatternd ein Mofa. Der Fahrer scheint sich nicht die Mühe zu machen sein Gefährt auf den dafür vorgesehenen Ständer zu stellen, denn er lässt es scheppernd zu Boden fallen.

    „Ja was ist denn da los?", schimpft er laut. Er fühlt sich in seiner Ruhe bei seinem Tun empfindlich gestört, als schon die Tür zur Amtsstube auffliegt.

    Alois Huber steht schnaufend und keuchend vor ihm und kann gerade noch Halt am Tresen finden.

    „Was ist denn los, Huber?" Noch nie hatte er den Bauern so aufgelöst gesehen. Das war äußerst ungewöhnlich.

    Huber fängt an zusammenhanglos zu stammeln:

    „Da draußen... Ein Toter...! Du musst mitkommen!"

    „Wo ist ein Toter?"

    „Am See!!!", schreit Huber fast schon panisch.

    „Ist er ertrunken"? Brenner schüttelt ungläubig den Kopf.

    „Das weiß ich doch nicht!" Der Polizist scheint ihm begriffsstutzig.

    „Und warum ist er dann tot?" Er beginnt am Verstand seines Gegenübers zu zweifeln.

    „Ich hab ihn gefangen!"

    „Man kann doch keine Toten fangen!" Sein Ärger steigt.

    „Ich glaube hier ist ein Alkoholtest angesagt."

    „Hör zu, ich bin nicht betrunken."

    Alois fing sich wieder ein bisschen und fängt an zu erzählen:

    „Heute Morgen bin ich wie immer an den Waldsee zum Fischen gefahren. Ich hatte es mir gerade gemütlich gemacht, als mein Bissanzeiger an der Grundrute anschlug. Ich hab ein wenig gewartet und dann habe ich angeschlagen und dann habe ich einen Toten rausgezogen."

    Er schaute auffordernd auf den Polizisten. Brenner blieb der Mund offen stehen und er hatte nicht gerade den intelligentesten Gesichtsausdruck aufgesetzt. Er suchte nach passenden Worten. Ihm fielen keine ein.

    „Und was soll ich jetzt tun?" Die Frage war eigentlich rein rhetorisch und gar nicht an Huber gerichtet. Dieser antwortete aber trotzdem mit einer Gegenfrage:

    „Bin ich der Polizist, oder du?" Brenner begann fieberhaft zu überlegen. Das Wochenende war somit freilich im Arsch. Was mache ich denn am besten? Er griff zum Telefon und wählte die Nummer von seinem Kollegen und Vorgesetzten. Soll der doch entscheiden.

    „Ja, Brenner hier. Es hat einen Toten gegeben."

    Huber konnte nicht hören was auf der anderen Seite gesprochen wurde, hörte aber trotzdem aufmerksam zu.

    „Draußen am See! ... Das weiß ich nicht ... Du musst sofort kommen ... Okay!"

    „Das war mein Kollege. Er kommt gleich. Setz dich erst einmal hin. Ich bring dir was zu trinken."

    Er stand auf, ging zum Aktenschrank und holte ein Glas und eine Wasserflasche und schenkte dem immer noch bleichen Alois ein und brachte ihm das volle Glas. Der nahm es dankbar an und trank es in einem Zug leer.

    „Ah..., das tat gut, jetzt geht’s mir ein wenig besser". Die Tür ging auf und auf der Schwelle erschien der Bürgermeister des Ortes, Johann Stadelhofer.

    „Guten Morgen, die Herrn! Es fiel ihm auf, dass etwas nicht in Ordnung sein konnte und er fragte: „Was schaut ihr denn so bedeppert drein? Ist jemand gestorben?

    „Kann man so sagen", meinte Brenner.

    „Und wer?"

    „Das wissen wir nicht."

    Als der Bürgermeister zu einer neuen Frage ansetzen wollte ging abermals die Tür auf und Polizeiobermeister Franz Stiegler schob seinen gut gepflegten Bierbauch in die Amtsstube. Er begab sich gleich hinter den Tresen ohne einen „Guten Morgen", denn ein guter Morgen sah anders aus. Mit aufgesetzter amtlicher Miene wandte er sich sogleich an Alois Huber.

    „Jetzt erzähl doch mal. Was hat sich zugetragen?"

    Huber erzählte alles noch mal und die zwei neuen Zuhörer lauschten aufmerksam. Als er mit seiner Geschichte geendet hatte schaute er erwartungsvoll in die Runde.

    Der Bürgermeister war still geworden, Stiegler brütete vor sich hin und Brenner wusste sowieso nicht, was er tun sollte und wartete auf Anweisungen. Man konnte von Glück sagen, dass der Tote schon tot war, denn wenn einer Hilfe gebraucht hätte, die wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu spät gekommen.

    So ist es halt auf dem Dorf, geruhsam und beschaulich. Da passt kein Toter in das Bild, außer er stirbt an Altersschwäche.

    Stadelhofer brach dann das Schweigen.

    „Ich denke wir sollten alle gemeinsam zum See hinausfahren und dann vor Ort entscheiden, was zu tun ist, einverstanden?"

    Alle nickten. Sie begaben sich nach draußen, der Huber stieg zu den Polizisten in den Dienstwagen, nachdem sie sein Mofa hinten eingeladen hatten. Der Bürgermeister nahm seinen eigenen Wagen. Hintereinander fuhren sie dann aus dem Dorf raus in Richtung Waldsee.

    Drittes Kapitel

    Der blaue Müllsack lag unverändert direkt am Ufer des Sees, halb verdeckt unter der Uferböschung.

    Der Bürgermeister, die zwei Polizisten und Alois Huber standen fünf Meter oberhalb wie an einer Perlenschnur aufgereiht und blickten auf den grausigen Fund. Keiner machte irgendwelche Anstalten dem Päckchen näher zu treten. Sie waren alle wie erstarrt.

    „Ich habe unterwegs noch den Doc angerufen, der wird gleich kommen", sagte der Bürgermeister.

    „Der kann da auch nichts mehr ausrichten", meinte Brenner.

    „Aber er muss den Tod feststellen", bemerkte Stiegler.

    „Der ist garantiert tot, das habe ich gleich gesehn", sagte Huber.

    „Dann stell halt du den Totenschein aus." Stadelhofer sah ihn pikiert an.

    Huber war beleidigt und ging ein wenig abseits. Das ist was für die Großkopferten, dachte er bei sich.

    Der Bürgermeister sah zu den beiden Polizisten. „Wollt ihr den da nicht langsam da rausholen?"

    Stiegler blickte auf.

    „Ich glaube das muss die Spurensicherung machen." Er nahm sein Handy, ging ein paar Schritte zurück und rief die Kriminalpolizei in der Kreisstadt an. Nach einer Weile kam er zurück.

    „Die Kollegen sind im Anmarsch. Werden in ca. einer dreiviertel Stunde hier sein. Brenner, du sperrst den Tatort weiträumig ab!"

    „Wieso, ist doch keiner da."

    „Und wenn einer kommt? Ich will hier nichts falsch machen". Er warf sich in die Brust, während Brenner sich widerwillig an seine Aufgabe machte.

    „Das machst du sehr professionell. Meine Anerkennung, Stiegler."

    „Danke, Herr Bürgermeister."

    Er war insgeheim froh, dass er nicht da runter musste.

    Ein Suzuki Geländewagen näherte sich dem Parkplatz.

    „Da kommt Dr. Berlinger! rief Brenner, der mit seiner Absperrung fast fertig war. „Darf ich den durchlassen?

    „Freilich, du Depp!"

    Der Arzt stieg aus seinem Auto und griff nach seinem Arztkoffer.

    „Servus, Brenner."

    „Servus Doc." Er hob das Absperrband hoch und ließ den Arzt durch.

    Der schritt zielstrebig an den Ort des Geschehens.

    „Was ist denn passiert?"

    Stadelhofer drehte sich zu ihm um.

    „Der Huber hat einen grausigen Fang gemacht. Sieh, da unten." Er deutete mit dem Finger zu dem Bündel. Dieses hatte sich ein wenig gedreht und den Anwesenden seine klauenartige Hand, wie zum Gruß, entgegengestreckt.

    „Na sauber! Ihr müsst ihn mir rausholen. So kann ich euch nichts dazu sagen."

    „Wir warten auf die Spurensicherung und die Kriminalpolizei, vorher können wir nichts tun. Musst noch ein bisschen warten. Zwanzig Minuten vielleicht". Stiegler füllte sich zunehmend wohl in seiner Rolle.

    „Na gut, dann warten wir eben."

    Ein ziviler BMW mit Blaulicht kam in Sichtweite. Ihm folgte ein weißer Lieferwagen. Sie näherten sich sehr schnell und hielten neben den bereits abgestellten Fahrzeugen an.

    Ein stattlicher Mann, Mitte der vierzig, und eine schlanke dunkelblonde Frau, Ende zwanzig, stiegen aus dem BMW. Der Mann ging zu dem Transporter und erteilte Anweisungen. Die Leute von der Spusi, alle in weiße Overalls mit Kapuzen gekleidet, machten sich daraufhin auf den Weg zum See und begannen ihre grauenerregende Arbeit. In dieser beschaulichen Landschaft sahen sie sehr futuristisch aus und passten so gar nicht ins Bild.

    Alle schauten gespannt zu, bis sich die beiden Personen aus dem BMW vor sie hinstellten.

    „Kriminaloberkommissar Karl Ruttner, und das ist meine Assistentin, Frau Stehle. Und wer sind sie"? Er sah dabei Stadelhofer an.

    „Ich bin der Bürgermeister der Gemeinde."

    „Aha, und sie?"

    „Polizeiobermeister Franz Stiegler."

    „Gut, dann erzählen sie mal".

    „Also, der Huber, er deutet auf Alois, „der kam heute Morgen auf den Posten und erzählte uns, dass er mit seiner Angel eine Leiche gefangen hat. Der Herr Bürgermeister kam dann noch hinzu und wir sind dann gemeinsam hier raus gefahren. Ich rief sie an und ließ alles absperren.

    „Und ich hab sofort den Dr. Berlinger verständigt", warf Stadelhofer stolz ein, er wollte sich nicht so einfach in die Ecke drängen lassen, ganz Politiker eben.

    Ruttner ignorierte ihn.

    „Und wann war das?"

    „So gegen acht. Ich weiß das so genau, weil ich gerade mit dem Frühstück angefangen habe, und als das Telefon klingelte, habe ich auf die Uhr geschaut. Eigentlich habe ich nämlich keinen Dienst." Er wartete wahrscheinlich auf ein Lob, aber es kam keines.

    Der Kommissar wandte sich an den Arzt.

    „Schön, dass sie gekommen sind, denn unser Gerichtsmediziner hat anderweitig zu tun. Wären sie so freundlich die Leiche einmal anzuschauen, wenn die Leute von der Spurensicherung soweit fertig sind?"

    „Selbstverständlich".

    „Danke!"

    Er ging auf Huber zu.

    „Grüß Gott, Herr Huber. Ich bin Oberkommissar Ruttner. Ich möchte ihnen ein paar Fragen stellen. Begleiten sie mich bitte zum Parkplatz."

    Alois nickte. Man sah ihm an, dass ihn die Sache ganz schön mitgenommen hatte.

    „Das ist bestimmt ganz schön aufregend für sie? Beschreiben sie mir doch bitte noch einmal, wie sie den Fund gemacht haben." Alois schilderte alles noch einmal haargenau.

    „Interessant", sagte Ruttner. Seine Assistentin war mit zum Parkplatz gekommen und hatte mitgeschrieben.

    „Nur noch eine Frage. Wann war das genau, Herr Huber?"

    „Ich denke so gegen viertel nach Sieben, ich weiß nicht mehr so genau."

    „Vielen Dank, das reicht mir erst mal. Geben sie bitte der Frau Stehle noch ihre Adresse an, falls sich noch Fragen ergeben sollten."

    Damit drehte er sich um und ging wieder zum Fundort. Huber blieb aber noch, er hatte ja noch sein ganzes Angelzeug da liegen und da war im Moment kein rankommen.

    Die Leute von der Spusi hatten den blauen Sack hinauf zum Weg gezogen und begannen den Leichnam aus der Umhüllung zu befreien. Sie arbeiteten sehr konzentriert um keine etwaigen Spuren zu verwischen. Die Anderen, bis auf den Doc, hielten gebührend Abstand.

    Dann lag die Leiche frei. Sie war vollkommen nackt und der Größe nach zu urteilen männlichen Geschlechts. Einer machte mehrere Aufnahmen in allen Perspektiven, während die anderen eventuelle Spuren sicherten.

    „So, sie können jetzt, Doc. Er gehört ihnen."

    Dr. Berlinger kniete sich neben der Leiche nieder. Der Gestank, der ihm in die Nase stieg, nahm ihm fast den Atem. Auch der Anblick war ungeheuer grauenvoll. Wasserleichen zeichnen sich nicht unbedingt durch Schönheit aus. Sorgfältig begann er mit der Untersuchung. Als er fertig war, wandte er sich an den Kommissar, der hinzugetreten war und dem Arzt bei seiner Tätigkeit zugeschaut hatte.

    „Der Leichnam ist in keinem sehr guten Zustand, aber so viel kann ich sagen: Die Leiche ist männlich, Alter 35 – 45 Jahre, sehr kräftige Gestalt, durchtrainierter Körper würde ich sagen."

    „Und woran ist er gestorben, können sie das ersehen", fragte Ruttner.

    „Das kann ich nicht genau sagen, aber er weist eine Besonderheit aus."

    Der Kommissar blickte ihn fragend an.

    „Man hat ihm die Geschlechtsteile abgeschnitten."

    Julia Stehle entfernte sich ein Stück und ließ sich ihr Frühstück noch einmal durch den Kopf gehen. Das war eindeutig zu viel für ihre zarte Seele. Sie war noch nicht so lange bei der Mordkommission und der Gewöhnungsprozess solcher Horrorbilder hatte bei ihr noch nicht stattgefunden.

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