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WEHE DEM, DEN GOTT VERGISST: Thriller
WEHE DEM, DEN GOTT VERGISST: Thriller
WEHE DEM, DEN GOTT VERGISST: Thriller
eBook238 Seiten3 Stunden

WEHE DEM, DEN GOTT VERGISST: Thriller

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Über dieses E-Book

Dies ist die Geschichte zweier starker Frauen.
Die eine, Maria, zwar in Berlin geboren aber auf dem Lande in einem Dorf in der Nähe von Berlin aufgewachsen, wird durch die Suche nach dem Mörder ihrer Schwester zu einer selbstbewussten Frau, die fest mit beiden Beinen im Leben steht. Nicht zuletzt durch ihre Ausbildung durch einen Japaner, Takahashi Toshiro, der 1912 in Berlin, für die deutsche Regierung arbeitet.
Sie wird, mehr oder weniger, von Kriminalinspektor Kowalsky, dem Chef der Mordkommission, überredet, als Lockvogel für ihn zu arbeiten.
Kowalsky, schon sehr lange bei der Kriminalpolizei, ist desillusioniert, hartgesotten, mit allen Hunden gehetzt und allen Wassern gewaschen. Er will diesen Serienmörder unbedingt fassen. Um jeden Preis. Da kommt ihm Maria wie gerufen.
Er bittet Takahashi Toshiro sie auf diese riskante Mission vorzubereiten.
Durch den Japaner lernt Maria eine, für sie völlig neue, fremde und faszinierende, Welt kennen.
Sie gerät bei ihrer Suche nach dem Mörder in tödliche Gefahr.
Laura ist die andere Frau.
Unterschiedlicher können die beiden nicht sein. Laura stammt aus einer gutbürgerlichen Familie und hat einen adligen Offizier geheiratet dessen Familie, seit dem Dreißigjährigen Krieg, Soldaten hervorgebracht hatte.
Im Gegensatz, zu Maria, muss sie sich nicht emanzipieren. Sie ist es und führt ein unkompliziertes Leben mit Sohn und Mann.
Das ändert sich grundlegend, als ihr Mann Max, aufgrund eines verbotenen Duells, in den Pazifik versetzt wird.
Das Schicksal führt die beiden Frauen in Kiel zusammen und verschlägt sie dann zusammen auf eine Insel in der Südsee.
Maria, welche aus Berlin geflohen ist und Laura, deren behütetes Dasein auf dieser Insel ein jähes Ende haben wird.
Als alle Männer der Garnison, außer dem Leuchtturmwärter, auf See bei einem Taifun ums Leben kommen, beginnt dieser auf der Insel ein Schreckensregiment zu errichten.
Laura kann nicht ahnen, dass sie sich in einem Leben wieder finden wird, das von Gewalt und Bosheit geprägt ist.
Es wird eine große Bewährungsprobe für die beiden.
Laura wird um ihr Leben und das Leben der ihr anvertrauten Menschen gegen einen übermächtigen Gegner kämpfen müssen. Maria steht ihr dabei fest zur Seite.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum20. Sept. 2012
ISBN9783750228719
WEHE DEM, DEN GOTT VERGISST: Thriller

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    Buchvorschau

    WEHE DEM, DEN GOTT VERGISST - K. Ronay

    Impressum

    K. P.- Ronay

    E-MAIL

    letbeatter@gmx.de

    Copyright © by K. P.-Ronay 2014

    All rights reserved

    Mein Dank gilt jener Dame, welche meine unbarmherzigste Kritikerin war, aber auch meine Launen ertragen hat, wenn mir nichts mehr einfiel und eine unendliche Geduld an den Tag legte, wenn es darauf ankam.

    Kurz, meiner Frau Monika.

    Gott schütze mich vor meinen „Freunden",

    um meine Feinde kümmere ich mich selbst.

    Die Insel

    1915

    Die Insel war nicht sonderlich schön zu nennen. Sie hatte ihre Reize, ja sicher, aber zwei Drittel von ihr waren unzugänglich. Dschungel, Klippen, kleine Berge, zwei Schluchten.

    Aber ein Drittel war schön. Ein herrlicher weißer Sandstrand und man konnte fast dreihundert Meter in den Pazifik hinauslaufen, bevor man keinen Grund mehr unter die Füße bekam.

    Sie gehörte entweder zu den Carolinen oder den Marianen. So genau wusste das niemand. Fest stand nur, dass sie zu den Inselgruppen gehörte, welche 1899 vom Deutschen Kaiserreich von den Spaniern erworben wurden. Für 1,8 Mio. Reichstaler.

    Warum gerade auf diese Insel eine Garnison gelegt und ein Leuchtturm gebaut wurde, das wussten nur Gott und ein paar recht hochrangige Mitglieder der deutschen Reichsregierung.

    Nun ja, wie auch immer. Sie hatte eine Lagune, lag weit ab von den normalen Schifffahrtsrouten und war unbewohnt. Vielleicht war ja gerade das der Grund, warum hier ein Stützpunkt errichtet wurde, der aber so klein war, dass man am Sinn und Zweck dieser Einrichtung zweifeln konnte.

    Aber vielleicht hatte sich ja der deutsche Generalstab etwas dabei gedacht. Nur würde ein normaler Sterblicher das niemals ergründen können.

    In dem Drittel der Insel, welches bewohnbar war, gab es eine Lagune, die einen kleinen natürlichen Hafen bildete, die mehreren kleineren Schiffen Schutz bieten mochte und eine Anhöhe, auf welcher ein mittelgroßer Leuchtturm stand.

    Unweit dieser Anhöhe war der Exerzierplatz mit der unvermeidlichen Fahnenstange. Um den Platz waren hufeisenförmig die Vorratsschuppen und die Behausungen der Garnison errichtet worden. Die Häuser der Soldaten waren Einheitsbauten mit jeweils drei Zimmern und einer Küche.

    Die Insel besaß einen Schatz, nämlich eine Süßwasserquelle, welche in einer der Schluchten sprudelte.

    Die Garnison bestand aus einem Hauptmann, einem Feldwebel und zwölf Soldaten mit ihren Familien. Nicht zu vergessen einem Zivilisten. Das war der Leuchtturmwärter. Deutsche Gründlichkeit.

    Wo ein Leuchtturm ist, da muss auch ein Leuchtturmwärter sein. Dieser lebte, außer Feldwebel Witzorki, alleine auf der Insel.

    Es gab auch eine alleinstehende Frau in der Garnison. Schwester Maria, die Krankenschwester.

    Hansen

    Der Leuchtturmwärter Hermann Hansen, ein Beamter aus dem Seefahrtsamt, war ein eher kleiner, unscheinbarer, dicklicher Mensch mit Schweinebäckchen und schütterem ferkelfarbenem Haar. Einer von den Typen, welche sofort wieder in Vergessenheit gerieten, nachdem man sie gesehen hatte. Er hatte sich freiwillig auf die Insel gemeldet. Seine Bezüge würden während dieser Zeit in der Heimat weiterlaufen und er wollte sich auf der Insel zwei Jahre lang einen Bunten machen. Er hatte diesen Entschluss schon tausendfach verflucht.

    Aber nun war die Dienstzeit schon fast zur Hälfte vorbei und den Rest würde er auch noch überstehen. Und so schlecht ging es ihm ja auch nicht.

    Im Gegensatz zu den Soldaten hatte er sich ja freiwillig gemeldet. Zugegeben, die Exotik der Südsee hatte ihn gereizt. Er hätte sich eine Südseereise nie leisten können.

    Südseezauber, Palmen, warme See, ewig blauer Himmel, herrlicher weiter einsamer Strand.

    Oh Gott, nach einem Vierteljahr hing ihm das alles zum Halse heraus. Es war einfach sterbenslangweilig auf dieser Insel. Die Anfangsphase als noch gebaut, die Gebäude errichtet und der Leuchtturm hochgezogen wurde, war ja noch ganz spannend. Aber dann waren die Arbeiten abgeschlossen und die „Rügen" unter Kapitän Hartmann kehrte wieder in die Heimat zurück. Die Routine begann. Er kümmerte sich um seinen Leuchtturm, sorgte dafür, dass alles funktionierte und fragte sich besorgt, was das alles für einen Sinn machte. Die paar Schiffe, die hier ab und an mal vorbeikamen, was selten genug vorkam, kannten die Gegend wie ihre Westentasche und brauchten den Leuchtturm so sehr wie ein Loch im Kopf. Es waren meist Trampdampfer und ihre Kapitäne alte Hasen. Was sollte das also alles. Er und die Soldaten konnten natürlich nicht wissen, dass diese Insel in den Plänen der deutschen Admiralität eine ganz besondere Rolle spielte. Ein U-Bootstützpunkt auf dieser Insel konnte, im Falle eines Krieges, eine sehr wichtige strategische Bedeutung im Pazifik bekommen.

    Er kam auch mit den Soldaten nicht sonderlich gut aus. Hauptmann von Bothenau war zwar immer höflich und zuvorkommend, aber er kam sich trotzdem irgendwie klein vor, denn er war kein Soldat. Ein richtiger Deutscher galt nur etwas, wenn er eine Uniform trug, sich also zur Elite der Nation zählen konnte. Aber so war er ein Nichts. Man ließ es ihn nicht richtig spüren, doch unterschwellig war es immer da, das Gefühl nicht dazu zugehören. Nachdem er vom Hauptmann mehrere Male im Schach haushoch besiegt worden war, ließ er sich auf kein Spiel mehr ein. Er kapselte sich immer mehr ab. Folgerichtig überkam ihn immer mehr ein Gefühl der Einsamkeit. Er bildete sich ein, dass die Soldaten, ihre Frauen, ja selbst die Kinder ihn schnitten. Doch das stimmte nicht. In der Garnison war man der Meinung, dass er lieber allein sein wollte und man respektierte das. Man ließ ihn in Ruhe. Er ahnte nichts davon und fühlte sich ausgestoßen. Von seinem Leuchtturm aus hatte er einen wundervollen Blick über die See, er sah das Leben und Treiben um die Gebäude, sah, wie die Frauen ihrer täglichen Arbeit nachgingen, sah die Kinder spielend herumtoben und seine Einsamkeit wuchs. Ganz langsam, unmerklich, baute sich in ihm ein Hass gegen die Menschen auf. Ihn tröstete nur der Gedanke, dass auch diese Zeit hier auf der Insel einmal zu Ende gehen würde. Dann würde er wieder in seiner geliebten Stammkneipe in Bremen sitzen und den staunenden Stammtischgästen wilde Geschichten und Abenteuer aus der Südsee erzählen. Dass es bis jetzt keine wilden Geschichten und Abenteuer gab, störte ihn nicht im Geringsten. Er wäre ein Held. Unbestritten. Er wusste noch nicht, dass sein Leben auf dieser Insel aus den Fugen geraten würde. Er wusste noch nicht, was es heißt, eine Bestie zu sein. Sein Leben war bis jetzt recht geradlinig verlaufen. Aus kleinbürgerlichem Hause stammend, der normale Weg. Aufwachsen, Schule, das Abitur, mit Mühe und Not, dann die mittlere Beamtenlaufbahn im Seeverkehrswesen. Als er das Angebot erhielt, sich für zwei Jahre in den Stillen Ozean zu melden, um dort, wie es hieß, eine verantwortungsvolle Position zu bekleiden, griff er mit beiden Händen zu. Er dachte, das wäre die große Chance seines Lebens. Dem war aber nicht so. Jetzt wusste er es. Denn nun saß er auf dieser Insel als kleiner Leuchtturmwärter und wusste noch nicht einmal, wo genau er sich im Pazifik befand. Und das war’s auch schon. Er war nicht dumm, aber sein schon fast krankhaft zu nennendes Geltungsbedürfnis, ließ ihn oft seine Grenzen nicht erkennen. Seine Erfolge bei Frauen waren weniger, als nur mittelmäßig zu bezeichnen. Stets verkündete er lauthals, was er alles tun könnte, wenn man ihn nur ließe. Wie sehr wurde doch sein Genie von den Vorgesetzten und seinen Mitmenschen verkannt. Sicher, er hatte Affären, aber keine dauerte länger als vier bis höchstens sechs Wochen. Dann hatten die Damen meist die Nase voll und zogen sich, mehr oder weniger diskret, zurück. Meist weniger. Er verstand überhaupt nicht, dass man ihn sitzen lassen konnte. Ihn, einer der wenigen Nabel der Welt. Die Schuld gab er Intrigen und Verleumdungen. Er wäre nie auf die Idee gekommen, dass es an ihm liegen könnte. Wenn die Damen nicht in der Lage waren seine Vorzüge zu erkennen, dann mussten sie eben sehen, wie sie ohne ihn klarkamen. Das wurde langsam seine Grundhaltung. Sie bewahrte ihn vor Niederlagen, nahm ihm aber auch zunehmend jeden Sinn für Realität. Er begann sich unmerklich eine Traumwelt aufzubauen, in der er lebte. Eine Welt, in der er König sein konnte, wann immer er es wollte. Seinen Kollegen wurde er langsam unheimlich. Sie waren heilfroh, als er in die Südsee verschwand. Er sah das nicht so. Er betrachtete seine Abreise als großen Verlust für sie alle. Nun gut, sollten sie doch sehen, wie sie ohne ihn fertig werden würden. Die allgemeine Erleichterung ringsum war ihm entgangen. Er hätte das auch nie für möglich gehalten. Nun hatten sie den Schaden.

    ***

    Genugtuung zeichnet sich in seinem Gesicht ab. Hier in seinem Leuchtturm, hier war sein Reich. Hier konnte ihm keiner dreinreden, hier konnte er tun und lassen, was er wollte. Hier konnten sie ihn alle. Er steht oben im Arbeitsraum des Leuchtturms und wirft noch einmal einen langen Blick über die See. Es wird Zeit für den Morgenappell. Nicht, dass er gezwungen ist, daran teilzunehmen, aber er besieht sich diesen Affenzirkus, wie er ihn nennt, ganz gerne. Auch so ein Schwachsinn. Da stehen erwachsene Männer und spielen Räuber und Gendarm.

    Wobei es an den Räubern im Augenblick sehr mangelte. Also macht er sich auf den Weg zum Exerzierplatz.

    „Zug, stillgestanden! Richt´ euch! Die Augen links!"

    Ein strahlendblauer Himmel. Es ist acht Uhr morgens. Die zwölf Soldaten stehen angetreten auf dem Exerzierplatz. Zwei von ihnen an der Fahnenstange, zum Hissen der Fahne bereit. Vor ihnen ein baumlanger Feldwebel, dessen Befehlsgewohnte Stimme über den Platz schallt. Etwas seitlich die Familien der Soldaten. Frauen und Kinder. Unter ihnen der Leuchtturmwärter.

    „Zur Meldung an Herrn Hauptmann - Augen geradeaus! Präsentiert das Gewehr!"

    Die Gewehrgriffe knallen exakt wie ein Schlag. Der Feldwebel hat ein schmales intelligentes Gesicht, braungebrannt wie alle hier, mit dunklen Augen und dunklem Haar. Er macht eine zackige Kehrtwendung, marschiert mit exakten Schritten auf den Hauptmann zu, legt salutierend die Hand an die Feldmütze und macht ihm die Morgenmeldung.

    „Bitte Herrn Hauptmann gehorsamst melden zu dürfen: Halbzug vollständig, wie befohlen, angetreten. Keine besonderen Vorkommnisse".

    Wie denn auch, denkt der Leuchtturmwärter, was soll hier schon passieren.

    Der Hauptmann erwidert die Ehrenbezeugung.

    „Danke Feldwebel."

    Dann zu den Soldaten:

    „Guten Morgen, Soldaten". Die Soldaten wie ein Mann:

    „Guten Morgen Herr Hauptmann."

    Der Hauptmann wendet sich dem Fahnenmast zu.

    „Hisst Fahne!"

    Langsam steigt die Fahne des Deutschen Kaiserreiches in den azurblauen Südseehimmel.

    „Feldwebel, lassen sie die Leute wegtreten!"

    „Zu Befehl, Herr Hauptmann. Gewehr ab! Halbzug weggetreten."

    Die Soldaten treten weg. Sie gehen zu ihren Frauen und Kindern und verteilen sich auf die Wohngebäude.

      Von Bothenau

    Die Hütte des Hauptmanns ist auch nicht größer oder luxuriöser eingerichtet als die der Soldaten. Aber man merkt ganz deutlich, dass eine liebevolle Frauenhand für eine anheimelnde Atmosphäre sorgt. Es ist blitzsauber, es gibt bunte Flickenteppiche und Dinge, wie die Natur sie in der Südsee hervorbringt. Muscheln und seltsam geformte Wurzeln, getrocknete Seesterne oder Seeigel sind an den Wänden und auf Borden angeordnet. In der Mitte des Wohnraumes befindet sich ein großer runder Tisch mit ein paar Stühlen. Durch die Fenster kann man auf den Pazifik hinausschauen. Es ist gemütlich hier drin. Laura von Bothenau ist eine nicht sehr große, eher zierlich zu nennende Frau, mit einem herzförmigen von großen blauen Augen beherrschten Gesicht. Ihre Figur hätte selbst einen Eunuchen zum Schwärmen bringen können.

    Aber was sie besonders auszeichnete, war ihre frauliche Ausstrahlung. Haare von der Farbe reifen Weizens.

    Sie sitzen an diesem Morgen beim Frühstück. Hauptmann Maximilian von Bothenau und seine Frau.

    Max blickt seine Frau an.

    „Wo steckt Cornelius?"

    „Er meinte, dass er keinen Hunger hätte, und ging zum Fischen."

    „Dieser Bengel."

    „Ach, lass´ ihn doch."

    Laura blickt ihren Mann bittend an.

    „Na meinetwegen."

    Max sagt es irgendwie resignierend. Laura hat plötzlich Antennen. So kennt sie ihren Mann nicht. Er wirkt sorgenvoll und müde.

    „Du machst dir Sorgen, nicht wahr?"

    Er zögert einen Augenblick.

    „Ja, du hast recht. Kapitän Hartmann ist zwar erst sechs Wochen überfällig und wir haben noch genügend Vorräte, aber es beunruhigt mich doch sehr. Er war sonst immer fast auf den Tag genau pünktlich."

    Er steht auf und beginnt im Zimmer herumzuwandern. Unruhig, nervös. Er bleibt am Fenster stehen und blickt hinaus. Maximilian von Bothenau ist ein großer breitschultriger Mann mit einem harten Gesicht, das fast ein wenig brutal wirkt. Kurzgeschnittenes braunes Haar, schwarze harte Augen, welche aber auch sehr zärtlich sein konnten. In der linken Gesichtshälfte befindet sich eine Narbe, welche sich von der Augenbraue bis in den kurz geschnittenen Bart hinzieht. Der Ursprung dieser Narbe ist mit einer der Gründe, warum er auf diese Insel kommandiert wurde.

    1913   

    Das Duell

    Zwei Jahre früher.

    Anfang Februar 1913 in Kiel. Der Dritte, um genau zu sein. Es war bitterkalt. Dazu kam noch der Wind, der bis auf die Knochen ging. Erbarmungslos. Man konnte sich Einiges abfrieren, wenn man nicht aufpasste.

    Die vier Männer gingen schnell durch die Straßen der Stadt und näherten sich den Vororten.

    Alle trugen die Uniform des 85.Kaiserlichen Infanterieregimentes, welches in Kiel stationiert war. Sie gingen in Gruppen zu je Zwei. Einem aufmerksamen Beobachter wäre sicherlich nicht entgangen, dass zwischen den beiden Gruppen keine große Zuneigung bestand. Ganz im Gegenteil. Sie bewegten sich wie in einem Spannungsfeld.

    Und das hatte seinen Grund.

    Ihr Ziel war eine kleine Wiese in einem nahe gelegenen Park. Und sie hatten ganz gewiss nicht vor, dort eine Schneeballschlacht zu schlagen. Die Schlacht, welche zwei von ihnen schlagen wollten, war von ganz anderer Natur. Sie würde auf kurze Distanz mit dem Säbel ausgetragen werden.

    Ein Duell. Das war natürlich illegal und strengstens verboten. Die Teilnehmer hatten mit dem Kriegsgericht zu rechnen, falls es herauskam. Unabhängig von Schuld oder Nichtschuld. Zu viele gute Offiziere hatten in Duellen ihr Leben gelassen. Einen weiteren Aderlass dieser Art konnte die Armee sich nicht leisten.

    Deshalb wurden Ehrengerichte ins Leben gerufen, um Händel dieser Art zu vermeiden und dem Vaterland wertvolles Menschenmaterial zu erhalten.

    Den Ehrengerichten unterstellt waren sämtliche aktiven Offiziere, die Offiziere der Reserve und Landwehr, die Offiziere der Gendarmerie und die zur Disposition gestellten oder mit der Erlaubnis zum Tragen der Militäruniform verabschiedeten Offiziere.

    Ehrengerichte über Hauptleute und Leutnants wurden innerhalb jedes Regiments (Bataillon) aus den Offizieren zusammengesetzt. Ehrengerichte über Stabsoffiziere bestanden aus Stabsoffizieren des betreffenden Armeekorps.

    Der Vorsitz wurde vom jeweiligen Kommandeur geführt, dem zwecks Vornahme nötiger Untersuchungen und zur Erledigung anderer Geschäfte ein Ehrenrat zugeordnet war.

    Zum Ehrenrat wurden bei jedem Regiment (Batallion) ein Hauptmann, ein Premierleutnant und ein Sekondeleutnant bestimmt.

    Sobald der Ehrenrat erfuhr, dass ein in seinen Bereich gehörender Offizier irgendeine Handlung begangen hat, die den Gesetzen der Ehre nicht zu entsprechen schien, wurde der Kommandeur davon in Kenntnis gesetzt und nach dessen Anordnung der Tatbestand festgestellt. Hierauf hatte der Kommandeur zu beurteilen, ob man die ganze Angelegenheit auf sich beruhen lassen konnte, ob Ahndung im Disziplinarwege der Sachlage entsprach oder ob ein ehrengerichtlicher Spruch vorzuziehen sei.

    Im letztgenannten Fall wurde um höhere Entscheidung nachgesucht und dann die förmliche, ehrengerichtliche Untersuchung vorgenommen, nach deren Abschluss das Ehrengericht stattfand.

    Dem Beschuldigten wurde schriftliche und mündliche Verteidigung erlaubt, auch wurde ein Offizier als Verteidiger zugelassen.

    Das Urteil lautete entweder auf Unzuständigkeit, auf Vervollständigung der Untersuchung, auf Freispruch, auf schuldig der Gefährdung der Standesehre und Entlassung mit schlichtem Abschied oder auf schuldig der Verletzung der Standesehre und Entfernung aus dem Offiziersstand.

    Doch an ein Ehrengericht verschwendeten die Männer keinen Gedanken.

    Soviel dazu.

    Max von Bothenau hatte nur einen Gedanken im Kopf, ich bring ihn um, diesen Mistkerl, ich bring ihn um.

    Er wollte seinem Gegner, wenn möglich, erst beide Arme und dann den Kopf abschlagen. Das war natürlich Wunschdenken. Aber einen Stich in den Bauch oder ins Herz würde ihn auch befriedigen.

    Er dachte einen Augenblick an Laura, die noch zu Hause im warmen Bett lag und von dem, was hier vorging, nichts ahnte.

    Dieser Hurensohn säuft sich einen an und versucht seine dreckigen Hände an meine Frau zu legen, das soll er mir büßen. Gut, er konnte nicht wissen, dass Laura meine Frau ist, aber das tut überhaupt nichts zur Sache. Solche Angelegenheiten werden nicht vor ein Ehrengericht gezerrt, das wird von Mann zu Mann erledigt.

    Sein Gegner, ein Oberleutnant, war nicht gerade ein ängstlicher Typ. Er hatte schon ein paar Duelle hinter sich gebracht und wusste, wie der Hase den Berg runterrutscht.

    Für Max war es der erste Zweikampf dieser Art. Aber darüber machte er sich keine Gedanken. Er war recht geschickt im Umgang mit dem Säbel und er würde es diesem Hundesohn schon zeigen.

    Sie hatten die Wiese erreicht. Langsam wurde es hell. Der Tag dämmerte herauf. Eine blasse kalte Wintersonne kündigte ihr Erscheinen an. Der Wind hatte sich gelegt, aber es war eben eiskalt. Na ich denke, uns wird schon warm werden, dachte Max. Blut soll ja rauchen in dieser Kälte. Na, wir werden sehen.

    Dass es auch sein eigenes sein könnte, fiel ihm nicht im Traum ein.

    Sein Sekundant war ein schlanker großgewachsener Feldwebel, dessen dunkle Augen ausdrückten, dass er für jede Schandtat gut sei. Karl Friedrich Witzorki.

    Er und Max von Bothenau waren seit ihrer Kindheit unzertrennlich. Sie spielten zusammen, gingen zusammen zur Schule, hatten dieselben Freunde, später dieselben Mädchen, schlugen beide die Offizierslaufbahn ein und wurden beide zusammen zum Leutnant ernannt.

    Aber dann machte Karl Friedrich Witzorki einen Fehler.

    Als ihn eines Abends drei Zivilisten in einer Kneipe über die Gebühr provozierten, (um Herrn Leutnant Witzorki zu provozieren, gehörte

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