Einsam und ein Herz voller Sehnsucht: Fürstenkrone Classic 35 – Adelsroman
Von Melanie Rhoden
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Über dieses E-Book
In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt.
Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit.
Der Fahrtwind warf der Baroneß immer wieder eine Locke ins Gesicht. Im Sonnenlicht glänzte ihr Haar wie rotflüssiges Gold. Vergeblich bemühte sie sich, die Frisur einigermaßen in Ordnung zu halten. Also zog sie das Fenster im schnell fahrenden Eisenwahnwagen höher. »Darf ich ihnen helfen?« hörte sie neben sich eine dunkle, volle Stimme fragen. Schon wollte sie dankend ablehnen, weil sie es gewohnt war, daß Männer beinahe jede Chance nutzten, um ihre Bekanntschaft zu machen. Als sie jedoch in das lächelnde Gesicht eines weißhaarigen älteren Herrn blickte, nahm sie dankend an. Er schob also das Fenster mit einem kräftigen Ruck zu. »Danke«, sagte Baroneß Carola von Zellenau. Der Blick aus ihren hellgrünen Augen verwirrte sogar den Weißhaarigen, was sie bestimmt nicht beabsichtigt hatte. Sie tat nichts dazu, aber ihre schlichte, fast klassige Schönheit und der Charme ihres freundlichen Wesens wirkten zauberhaft. Rasch fragte sie noch: »Bis Rosenberg sind es noch drei Stationen?« »Die nächste mitgerechnet«, antwortete der Herr in dem dezenten dunkelgrauen Anzug ganz präzise. Die Baroneß bedankte sich. Beinahe wäre dieses kleine Gespräch wieder versandet, aber unvermittelt erkundigte sich der Weißhaarige: »Darf ich fragen, ob Sie in Rosenberg aussteigen werden? Ein etwas voreiliger Sommergast?« Baroneß Carola antwortete mit einem kleinen Lachen.
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Einsam und ein Herz voller Sehnsucht - Melanie Rhoden
Fürstenkrone Classic
– 35 –
Einsam und ein Herz voller Sehnsucht
Was Carola auf Schloss Rosenberg erlebte ...
Melanie Rhoden
Der Fahrtwind warf der Baroneß immer wieder eine Locke ins Gesicht. Im Sonnenlicht glänzte ihr Haar wie rotflüssiges Gold. Vergeblich bemühte sie sich, die Frisur einigermaßen in Ordnung zu halten. Also zog sie das Fenster im schnell fahrenden Eisenwahnwagen höher.
»Darf ich ihnen helfen?« hörte sie neben sich eine dunkle, volle Stimme fragen. Schon wollte sie dankend ablehnen, weil sie es gewohnt war, daß Männer beinahe jede Chance nutzten, um ihre Bekanntschaft zu machen. Als sie jedoch in das lächelnde Gesicht eines weißhaarigen älteren Herrn blickte, nahm sie dankend an. Er schob also das Fenster mit einem kräftigen Ruck zu.
»Danke«, sagte Baroneß Carola von Zellenau. Der Blick aus ihren hellgrünen Augen verwirrte sogar den Weißhaarigen, was sie bestimmt nicht beabsichtigt hatte. Sie tat nichts dazu, aber ihre schlichte, fast klassige Schönheit und der Charme ihres freundlichen Wesens wirkten zauberhaft. Rasch fragte sie noch: »Bis Rosenberg sind es noch drei Stationen?«
»Die nächste mitgerechnet«, antwortete der Herr in dem dezenten dunkelgrauen Anzug ganz präzise. Die Baroneß bedankte sich. Beinahe wäre dieses kleine Gespräch wieder versandet, aber unvermittelt erkundigte sich der Weißhaarige: »Darf ich fragen, ob Sie in Rosenberg aussteigen werden? Ein etwas voreiliger Sommergast?«
Baroneß Carola antwortete mit einem kleinen Lachen. Der Zug fuhr einen Fluß entlang, an dem silbriggrau blühende Weidenbüsche standen. Ein wunderschönes Frühlingsbild, auch wenn in diesem Jahr der Frühling etwas zu lange auf sich hatte warten lassen. Die junge Baroneß zögerte ein wenig, einem Fremden Auskunft zu erteilen, dann sagte sie doch: »Ich trete eine Stellung an. Am Montag!«
Damit erweckte sie ganz offensichtlich das besondere Interesse ihres Gegenübers.
»Entschuldigen Sie meine Neugierde«, sagte er. »Ich bin Doktor Seling, Arzt in Rosenberg. Vielleicht kann ich Ihnen ein wenig behilflich sein? Am Anfang findet man sich nicht leicht zurecht. Die Bürger unseres Städtchens sind zwar meistens seelengut, aber gegen Fremde etwas mißtrauisch.«
Carola von Zellenau verstand sich selbst nicht, warum sie sich einem Fremden so weit anvertraute. Aber in seinen Augen lag ein freundlicher, beinahe väterlich freundschaftlicher Schimmer. In ihr erwachte die Hoffnung, sogar schon vor Eintreffen in dem Städtchen einen ersten Freund gewonnen zu haben. Die leise Angst vor dem Unbekannten ihrer nächsten Zukunft löste sich. Wohl deshalb erklärte sie bereitwillig: »Ich werde nicht in der Stadt bleiben, sondern auf Schloß Rosenberg eine Stellung als Gesellschafterin der Fürstin antreten.«
»Ach, auf dem Schloß«, wiederholte Dr. Werner Seling und schien nun etwas reservierter zu sein.
»Als Gesellschafterin der Fürstin Sallern…«, nahm Carola von Zellenau das Gespräch wieder auf, weil ihr die entstandene Pause etwas peinlich erschien.
Sogleich unterbrach sie der Arzt ziemlich heftig und unwillig: »Sie meinen vermutlich Fürstin Olga von Sandhorst.«
Dieser Einwand verwirrte Carola. Sie erforschte ihr Gedächtnis, beharrte aber dann auf ihrer Aussage: »Ich habe mit Fürst Georg von Sallern korrespondiert und wurde von ihm vertraglich verpflichtet.«
»Zur Fürstin von Sandhorst!« betonte Dr. Seling, und es klang beinahe wie beschwörend.
Die Baroneß ahnte nicht im geringsten, in welch dramatische, ihr Leben umformende Schicksalsverwicklungen sie auf dem Schloß geraten würde. Dennoch fühlte sie plötzlich einen ersten Schatten auf ihre fröhliche Seele fallen. Mit dreiundzwanzig Jahren trat sie eine durchaus standesgemäße Stellung an, die sie nicht nur finanzieller Sorgen entheben, sondern sie auch in sehr prominente Gesellschaftskreise führen würde. Ein geradezu unfaßbarer glücklicher Zufall für eine verarmte Adelige.
Inzwischen hatte der Zug schon zweimal gehalten. Auf eine seltsame Weise befangen, erklärte die Baronin: »Ich muß mich jetzt um mein Gepäck kümmern.«
Der weißhaarige Arzt aus Rosenberg betrachtete sie nachdenklich, halb teilnahmsvoll. Einen Augenblick lang zögerte er und blickte um sich, als fürchtete er, sich vor jemandem bloßzustellen. Dann sagte er unvermittelt zu: »Weil ich kein Gepäck habe, helfe ich Ihnen bei Ihrem.«
»Sehr freundlich. Danke.« Baroneß Zellenau hatte sich schon ein wenig gesorgt, wie sie mit immerhin drei Gepäckstücken fertig werden sollte, weshalb ihr nun die unerwartete Hilfsbereitschaft sehr willkommen war. Sie holten den Koffer aus dem Gepäcknetz, wobei auch Carola mithalf. Leichter zu bewältigen waren zwei große Reisetaschen.
»Ich nehme den Koffer«, entschied Dr. Seling. Er spielte auf das Gewicht an. »Da bringen Sie wohl der Fürstin von Sandhorst gleich eine ganze Bibliothek zu Vorlesen mit?«
Der Zug hielt. Erst stieg der Arzt aus und nahm den Koffer entgegen, dann folgte ihm die Baroneß mit den beiden anderen Gepäckstücken. Dr. Werner Seling blickte sich um und stellte fest: »Sollten Sie nicht abgeholt werden? Bis zum Schloß hinauf sind es immerhin fünf Kilometer.« Dann kniff er plötzlich die Augen zusammen. »Da sehe ich schon den Chauffeur auf den Bahnsteig kommen.«
Baroneß Carola atmete erleichtert auf. Um dem Arzt für seine freundliche Hilfe zu danken, nannte sie ihren Namen. Dr. Seling schien ihr kaum zuzuhören. Er stellte den Koffer nieder und sagte rasch: »Der Chauffeur hat uns noch nicht entdeckt. Ich überlasse Sie Ihrem Schicksal. Auf Wiedersehen, Baroneß! Nur noch einen guten Rat gebe ich Ihnen: Wenn wir einander auf dem Schloß wiedersehen werden, tun Sie ruhig so, als wären wir einander noch nie begegnet. Es ist besser für Sie!«
Er nickte ihr noch flüchtig zu. Im nächsten Augenblick schon drängte er sich zwischen den anderen Fahrgästen durch und verschwand in der Menge.
»Sonderbar«, sagte Carola überrascht vor sich hin. Plötzlich kam sie sich ziemlich verlassen vor, als ob Dr. Werner Seling schon zu ihrem Bekanntenkreis gehört hätte. Allerdings enttäuschte sie sein unerklärliches Verhalten, weil sie meinte, er hätte doch nicht so übereilt davonlaufen müssen.
Sie sah nun jenen Mann auf sich zukommen, den der Arzt als Chauffeur des Schlosses bezeichnet hatte.
*
»Baroneß von Zellenau?« fragte der Chauffeur und betrachtete sie neugierig.
Sie sagte: »Ja. Sie kommen vom Schloß?«
Das bejahte ein kleiner, untersetzt wirkender Mann, reichte Carola kaum bis an die Schultern und mußte doch über beachtliche Kräfte verfügen, denn er schien den schweren Koffer mühelos zu tragen. Dabei ging er so rasch, daß ihm die Baroneß kaum folgen konnte. Erst als sie schon in dem eleganten Wagen saßen, sagte der Chauffeur: »Nur ein paar Minuten.« Und dann fügte er etwas hinzu, was Carola überaus peinlich berührte, nämlich: »Es geht mich nichts an, Baroneß, aber Sie sind bei uns fremd. Darum rate ich Ihnen: Reden Sie lieber nicht mit jedermann. Ich habe nichts gesehen.«
Der selbstherrliche Unterton in seiner Stimme ärgerte sie. Da war auch die Überheblichkeit des Längerdienenden der Neuangekommennen gegenüber herauszuhören. Nur weil Baroneß von Zellenau nicht gleich Unfrieden wollte, entschuldigte sie sich: »Doktor Seling wird doch auch aufs Schloß kommen! Ich habe nur mit ihm…«
Scharf schnarrte der Chauffeur: »Gerade weil… Also, mit ihm sollten Sie am wenigsten sprechen, wenn ich Ihnen einen Rat geben darf. Keine Angst, ich sagte schon: Ich habe nichts gesehen.«
Baroneß Carola saß im Fond des Autos und verstummte. Eine zarte Röte aus Ärger und Befangenheit legte sich über ihr Gesicht. Sie war sich nicht sicher, ob sie sich über den Chauffeur seiner Einmischung wegen ärgern oder ihm für den Rat dankbar sein sollte. Nach einer Weile fragte sie: »Ist Schloß Rosenberg ein Gefängnis?«
Darauf gab ihr der Chauffeur keine Antwort.
Etwas später durchfuhren sie einen Wald. Baroneß Carola stieß einen kleinen Schrei der Überraschung aus. Zwischen den Fichten schimmerte dunkelgrün bis silbrig ein See durch. Unwillkürlich sagte Carola von Zellenau leise vor sich hin: »Wie wunderschön, fast wie verzaubert.«
Der Chauffeur Karl tat, als hätte er sie nicht gehört. Korrekt und stocksteif saß er hinter dem Lenkrad. Erst jetzt fiel es Carola auf, daß er eine graue Uniform trug. Die Schirmkappe nahm er auch während der Fahrt nicht ab. Sein breiter, muskulöser Nacken erinnerte die Baroneß daran, welche Kraft er vorhin beim Tragen ihres Gepäcks bewiesen hatte. Ein beklemmendes Gefühl beschlich sie. Wäre es noch möglich gewesen, hätte sie sich anders entschieden und auf die Anstellung im Schloß verzichtet. Die Beklommenheit in ihrer Seele wuchs zur nackten Angst, ohne daß sie hätte erklären können, warum sie sich in dieser wunderschönen Landschaft, in einem eleganten Auto und vor Antritt einer Traumstellung vor der nächsten Zukunft fürchtete.
In diesen Augenblicken durchfuhr Karl mit dem Wagen ein offenstehendes mächtiges schmiedeeisernes Tor, in dessen Flügel das vergoldete Familienwappen der Fürsten von Sallern eingebaut war. Ein einarmiger Torwächter kam aus dem ebenerdigen Pförtnerhaus, salutierte mit der linken Hand, was aber Karl unbeachtet ließ. Er lenkte das schwarze Auto bereits über eine weißgekieste Parkstraße auf Schloß Rosenberg zu. Hatte die Baroneß beim Gittertor noch die Gedankenverbindung zu einem Gefängnis gefunden, so fühlte sie sich beim Anblick des Schlosses entzückt: ein breiter, repräsentativer Brau, dreigeschossig, in neuklassigem Stil. Weite Teile des Mauerwerks waren mit rankenden Pflanzen bedeckt, wahrscheinlich mit Rosen, die aber zu dieser Jahreszeit noch nicht blühten.
Das Auto hielt unmittelbar vor der breiten Freitreppe. Mit Behendigkeit sprang Karl heraus, öffnete vor der Baroneß die Tür, wobei er seine graue Schirmkappe vor die Brust hielt. Dennoch vollzog sich die Begrüßung auf dem Schloß anders, als Carola von Zellenau dies in ihren romantischen Mädchenträumen erdacht hatte. Ein älterer Herr in schwarzem Anzug trat aus dem Tor und stellte sich als Andreas, der Butler, vor. Karl würde das Gepäck nachbringen; die Baroneß sollte ihm gütigst folgen.
Carola bewunderte mit einem raschen, diskreten Blick die weite Vorhalle, in der es viel Marmor, einige Statuen und schwere Vorhänge gab; aber die Winterkälte hatte sich hier noch festgesetzt. Butler Andreas führte die Fremde vorerst in den Ostflügel, wobei sie erklärte: »Sie werden drei Räume bewohnen, Baroneß. Unmittelbar neben den Gemächern Ihrer Durchlaucht. Auf diese Weise sind Sie auch nachts verfügbar, wenn Fürstin Olga von Sandhorst nach Ihnen verlangt…«
Carola vergaß wieder einmal den guten Rat, nichts zu fragen, und fragte: »Leidet Durchlaucht an Schlaflosigkeit? Werde ich auch nachts vorlesen und…«
Nun schnitt ihr