VSD und DSL
Von Roy Dörnhofer
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Viele Juristen und Juristinnen in der Ausbildung scheuen bestimmte Bereiche des Allgemeinen Teils des Schuldrechts. Zum einen ist dieser Teilbereich höchst umfangreich mit sehr vielen Streitpunkten, die man für den Ernstfall lernen muss. Zum anderen sind Probleme enthalten, die sich nicht einfach erschließen oder für die es schlicht keine brauchbare Literatur gibt. Derartige schwierige Materien sind der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und die Drittschadensliquidation. Hier finden sich in vielen Lehrbüchern oft nur kurze Erörterungen, die jedoch für die erfolgreiche Bearbeitung einer Klausur oder Hausarbeit (und insbesondere für die erste Staatsprüfung) nicht ausreichen. Es besteht somit ein Bedarf an einer tieferen Erklärung, die sich aber nicht in zu viele Feinheiten verästelt, sodass der Gesamtüberblick gewahrt werden kann. Immerhin muss man sich als Studierender oder Studierende in der Rechtswissenschaft mit enorm vielen rechtlichen Gebieten auseinandersetzen, weshalb ein kurze und verständliche Erklärung von größter Bedeutung ist.
Roy Dörnhofer
Roy Dörnhofer hat in Bayern beide Staatsexamina abgelegt und war dann in den neuen Bundesländern als Richter und Staatsanwalt tätig. Er war unter anderem als Richter am Landgericht im Rahmen einer Abordnung in einem Zivilsenat bei einem Oberlandesgericht beschäftigt.
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Buchvorschau
VSD und DSL - Roy Dörnhofer
Vorbemerkungen
Viele Juristen und Juristinnen in der Ausbildung scheuen bestimmte Bereiche des Allgemeinen Teils des Schuldrechts. Zum einen ist dieser Teilbereich höchst umfangreich mit sehr vielen Streitpunkten, die man für den Ernstfall lernen muss. Zum anderen sind Probleme enthalten, die sich nicht einfach erschließen oder für die es schlicht keine brauchbare Literatur gibt. Derartige schwierige Materien sind der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und die Drittschadensliquidation. Hier finden sich in vielen Lehrbüchern oft nur kurze Erörterungen, die jedoch für die erfolgreiche Bearbeitung einer Klausur oder Hausarbeit (und insbesondere für die erste Staatsprüfung) nicht ausreichen. Es besteht somit ein Bedarf an einer tieferen Erklärung, die sich aber nicht in zu viele Feinheiten verästelt, sodass der Gesamtüberblick gewahrt werden kann. Immerhin muss man sich als Studierender oder Studierende in der Rechtswissenschaft mit enorm vielen rechtlichen Gebieten auseinandersetzen, weshalb ein kurze und verständliche Erklärung von größter Bedeutung ist.
Obgleich das Schuldrecht ganz am Anfang der Ausbildung gelehrt wird, ist es doch keine einfache Materie. Gerade zu den beiden genannten Problembereichen gibt es mehrere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, die man kennen sollte und deren Einzelheiten man in einer Prüfungsarbeit kaum aus dem Gesetz ableiten kann. Diese Behauptungen mancher Juristen, dass man alle Streitstände aus dem Gesetz entnehmen könne, halte ich nicht für zutreffend. Insofern ist eine komprimierte Darstellung erforderlich, die auch für Studierende brauchbar ist.
Von ganz besonderer Bedeutung gerade in der ersten Staatsprüfung ist der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Vielen Bearbeitern unterlaufen hier Fehler, wenn sie denn überhaupt erkannt haben, dass dieses Rechtsinstitut zu diskutieren ist. Dann sind häufig keine ausreichenden Kenntnisse der Problematik vorhanden oder die Bearbeiter wissen nicht, wie man die Diskussion in das Gutachten an der richtigen Stelle einbaut.
In den nachfolgenden Ausführungen werden die theoretischen Grundlagen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und der Drittschadensliquidation mit kleineren Beispielen verständlich erklärt und auch anhand von ausführlich im Gutachtenstil gelösten Übungsfällen vertieft. Dadurch wird - anders als in vielen anderen Darstellungen der Problematik - gewährleistet, dass der Leser sieht, wo man die entsprechenden Punkte in einem Gutachten erörtern muss. Allzu oft machen Studierende die Erfahrung, dass sie ihr theoretisches Wissen im Ernstfall nicht an der richtigen Stelle in der Klausur oder Hausarbeit behandeln. Des Weiteren sind zahlreiche Literaturangaben und Nachweise aus der Rechtsprechung angeführt, um ein Nachschlagen etwa für eine Hausarbeit zu erleichtern.
A. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
Vertragliche Schuldverhältnisse haben in ihrem einfachsten Grundprinzip einen Gläubiger und einen Schuldner der versprochenen Leistung. Nun ist es aber auch möglich, dass ein Dritter gem. § 328 I BGB Gläubiger der Leistung sein soll. Somit kann durch Vertrag eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung vereinbart werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern. Ähnlich diesem Prinzip kann aber auch ein unbeteiligter Dritter in den Schutzbereich eines zwischen anderen Parteien bestehenden Vertrags einbezogen sein. Dann sind etwa Ansprüche auf Schadensersatz des Dritten gegen den Schuldner des Vertrags denkbar, die man über die Grundsätze des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter lösen muss. Darin liegt eine Ausnahme vom Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse, wonach eine Haftung nur innerhalb eines Schuldverhältnisses besteht.
In solchen Fällen erfolgt eine Haftungserweiterung, was etwa bei der weiter unten zu diskutierende Drittschadensliquidation nicht gegeben ist, denn dort kommt es nur zu einer zufälligen Schadensverlagerung. Der Dritte hat also zunächst mangels Stellung als Vertragspartei keinen eigenen vertraglichen Anspruch gegen den Schuldner. Der aus dem Schuldverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner resultierende Anspruch wird deshalb zum Schaden gezogen, sodass der Dritte letztlich doch auf vertraglicher Grundlage gegen den Schuldner vorgehen kann.
In aller Regel geht es bei solchen Konstellationen um den Schutz des Dritten vor der Verletzung von Obhuts- und Sorgfaltspflichten durch den Schuldner, also um Nebenpflichten und nicht um Hauptleistungspflichten.
Gerade diese versteckte Situation führt schnell dazu, dass man im Gutachten eine mögliche Schutzwirkung zugunsten Dritter übersieht und dann Schwierigkeiten haben wird, überhaupt noch eine brauchbare Lösung abzuliefern. Wenn man also nach seinem Prüfungsschema vorgeht und zuerst vertragliche Ansprüche prüft, muss man immer im Hinterkopf behalten, dass auch ein am Vertrag Unbeteiligter eventuell vertragliche Schadenersatzansprüche haben kann.
I. Fallgestaltungen und Aufbau im Gutachten
1. Fallgestaltungen
Zunächst sind die Hauptfälle des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zu nennen, in welchen zwischen einem Gläubiger und Schuldner ein Vertragsverhältnis besteht, aus dem der Schuldner bestimmte Nebenpflichten hat, die er verletzt und damit einen Dritten in seinen Rechtsgütern oder Rechten beeinträchtigt. Bei einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte steht die geschuldete (Haupt-)Leistung zwar allein dem Gläubiger zu, der Dritte ist jedoch in der Weise in die vertraglichen Sorgfalts- und Obhutspflichten einbezogen, dass er bei deren Verletzung vertragliche Schadenersatzansprüche geltend machen kann; dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Erfüllung vertraglicher Leistungspflichten zu einem gesteigerten sozialen Kontakt der Vertragsparteien und dementsprechend zu einer größeren Einwirkungsmöglichkeit auf die Rechtsgüter des Vertragspartners und gegebenenfalls mit diesem verbundener Dritter führt und das Deliktsrecht - insbesondere wegen der Exkulpationsregelung bei der Gehilfenhaftung nach § 831 I 2 BGB und des Fehlens eines umfassenden Vermögensschutzes - den geschädigten Dritten nicht immer zureichend absichert (BGH BauR 2017, 543, Rn. 15).
Dabei kann es sich um alle möglichen Vertragsarten handeln.
Beispiele: Wenn Eltern für ihr Kind einen Behandlungsvertrag schließen, kann dieses in die Schutzwirkung einbezogen sein (BGHZ 1, 383, 386). Gleiches gilt