Erbrecht
Von Roy Dörnhofer
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Über dieses E-Book
Ziel dieser Darstellung der Grundzüge des Erbrechts ist es, dem Studenten der Rechtswissenschaft das Fundament zu vermitteln, auf welchem eine erfolgreiche Bearbeitung von erbrechtlichen Fällen möglich ist. Das dafür nötige Wissen wird - anders als in einem umfassenden Lehrbuch - ohne Umschweife in komprimierter Form zusammengestellt, sodass man schnell den Einstieg in die Materie finden kann, ohne sein Gedächtnis mit übermäßig vielen Details zu belasten und den Überblick zu verlieren. Gerade im Erbrecht sind vertiefte Kenntnisse der Detailprobleme in der Regel nicht erforderlich, da sich der Pflichtfachbereich in der ersten juristischen Staatsprüfung nur auf die Grundlagen erstreckt (siehe beispielsweise § 18 II Nr. 1 c BayJAPO).
Roy Dörnhofer
Roy Dörnhofer hat in Bayern beide Staatsexamina abgelegt und war dann in den neuen Bundesländern als Richter und Staatsanwalt tätig. Er war unter anderem als Richter am Landgericht im Rahmen einer Abordnung in einem Zivilsenat bei einem Oberlandesgericht beschäftigt.
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Buchvorschau
Erbrecht - Roy Dörnhofer
Allgemeine Vorbemerkungen
Ziel dieser Darstellung der Grundzüge des Erbrechts ist es, dem Studenten der Rechtswissenschaft das Fundament zu vermitteln, auf welchem eine erfolgreiche Bearbeitung von erbrechtlichen Fällen möglich ist. Das dafür nötige Wissen wird - anders als in einem umfassenden Lehrbuch - ohne Umschweife in komprimierter Form zusammengestellt, sodass man schnell den Einstieg in die Materie finden kann, ohne sein Gedächtnis mit übermäßig vielen Details zu belasten und den Überblick zu verlieren. Gerade im Erbrecht sind vertiefte Kenntnisse der Detailprobleme in der Regel nicht erforderlich, da sich der Pflichtfachbereich in der ersten juristischen Staatsprüfung nur auf die Grundlagen erstreckt (siehe beispielsweise § 18 II Nr. 1 c BayJAPO).
Als Grundlagen gelten regelmäßig:
Erbfolge, §§ 1922-1941 BGB
Stellung der Erben, §§ 1942-2063 BGB
Testament, §§ 2064-2273 BGB
Erbvertrag, §§ 2286-2289 BGB
Pflichtteil, §§ 2303-2338 BGB
Erbschein, §§ 2353-2370 BGB
Auch ist die rein erbrechtliche Examensklausur eher untypisch, sondern Fragen des Erbrechts dienen oft nur als Einstieg in den Fall, der dann zum Beispiel zum größten Teil im Schuldrecht spielen kann. Deshalb sollen nachfolgend lediglich die Basics einschließlich der gerade im Erbrecht wichtigen Aufbauschemata dargelegt werden. Das nach der Lektüre eines großen Lehrbuchs angeeignete Wissen ist in der Klausur oft wertlos, wenn man nicht weiß, an welcher Stelle das jeweilige Problem zu erörtern ist. Die hier erstellten Aufbauschemata sowie zahlreiche kurze Beispielsfälle, die sich den einzelnen Problempunkten anschließen, sollen dem entgegenwirken. Dabei empfiehlt es sich gerade bei erbrechtlichen Konstellationen, eine Zeichnung zu erstellen, auf welcher sämtliche als Erben in Betracht kommende Personen aufgelistet sind, um den Überblick zu bewahren.
Nachdem sich die Darstellung des Stoffes an der Prüfungsreihenfolge der gegebenenfalls anzusprechenden Probleme in einem Gutachten orientiert, kann sie deshalb vom Anfänger für den Einstieg in die Materie verwendet werden. Die vielen Einzelprobleme bei den jeweiligen Unterpunkten ermöglichen es, dass das E-Book auch für Examenskandidaten zum schnellen Wiederholen und Vertiefen herangezogen werden kann. Ausgiebige Literatur- und Rechtsprechungshinweise machen eine Nacharbeit unschwer möglich, falls eine tiefer gehende Darstellung - wie etwa in einer Hausarbeit - nötig sein sollte.
Literaturverzeichnis
Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BGB, 4. Auflage, 2020
Brenneisen, Familien- und Erbrecht, 4. Auflage, 2020
Brox/Walker, Erbrecht, 29. Auflage, 2021
HK-BGB, 10. Auflage, 2019
Jauernig, BGB, 18. Auflage, 2021
Lange/Kuchinke, Erbrecht, 5. Auflage, 2001
Leipold, Erbrecht, 22. Auflage, 2020
Lipp, Examens-Repetitorium Erbrecht, 4. Auflage, 2017
Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 27. Auflage, 2019
Michalski/Schmidt, BGB-Erbrecht, 5. Auflage, 2019
Olzen/Looschelders, Erbrecht, 6. Auflage, 2020
Palandt, BGB, 80. Auflage, 2021
Plate, Das gesamte examensrelevante Zivilrecht, 6. Auflage, 2015
Schellhammer, Erbrecht nach Anspruchsgrundlagen, 3. Auflage, 2010
A. Die gesetzliche Erbfolge
Bevor die gesetzliche Erbfolge näher dargestellt wird, sollen erst einige für das Verständnis des Erbrechts wichtige Grundbegriffe erläutert werden:
Dazu ist die Legaldefinition in § 1922 BGB heranzuziehen:
Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über.
Erbfall: Darunter wird der Tod einer natürlichen Person verstanden. Der Tod im rechtlichen Sinn ist beim Hirntod eingetreten.
Erblasser: Darunter wird die Person verstanden, deren Vermögen auf eine oder mehrere andere Personen mit dem Tod übergeht. Umfasst sind damit nur natürliche Personen, da juristische Personen nur aufgelöst und liquidiert werden können.
Erbe: Das ist die natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Körperschaft (wie etwa OHG und KG, mittlerweile auch die GbR als Außengesellschaft seit BGH NJW 2001, 1056), auf welche mit dem Tod des Erblassers das Vermögen des Erblassers übergeht.
Erbschaft: Das Vermögen des Erblassers.
Sofern keine gewillkürte Erbfolge vorliegt, greift die gesetzliche Erbfolge ein (Subsidiarität). Das hat in der Praxis oft weit reichende Folgen. Viele Menschen wollen sich nicht mit dem Tod beschäftigen und unterlassen es häufig, bereits zu Lebzeiten die Vermögensfolge nach ihrem Tod zu gestalten. Das trifft sogar für die absolute Mehrheit der Menschen zu. In vielen Fällen fehlt es auch an den rechtlichen Kenntnissen zur Bestimmung des Erbes durch Testament o.ä. und die Kosten für eine Beratung durch den Notar sind sehr hoch, weshalb dieser selten aufgesucht wird. Ebenso wichtig wie in der Praxis ist die gesetzliche Erbfolge aber auch in der juristischen Ausbildung. Grundkenntnisse sind hier für ein erfolgreiches Bestehen von Prüfungen unabdingbar.
In einer erbrechtlichen Klausur ist zunächst die Abgrenzung dahingehend vorzunehmen, ob eine gesetzliche oder eine gewillkürte Erbfolge eingetreten ist, da sich die Folgen in beiden Fällen völlig unterschiedlich gestalten können und die gesetzliche Erbfolge nach § 1937 BGB hinter die gewillkürte Erbfolge als subsidiär zurücktritt.
An dieser Stelle wird zuerst die gesetzliche Erbfolge dargestellt und im Anschluss daran die gewillkürte Erbfolge durch Testament und Erbvertrag. Für das nachfolgend im Überblick aufgeführte Prüfungsschema werden dann weiter unten die einzelnen Prüfungspunkte im Detail besprochen.
I. Prüfungsschema
Bei der Bearbeitung einer Klausur, in welcher danach gefragt wird, wer Erbe geworden ist, empfiehlt es sich, folgenden Aufbau einzuhalten und die im Fall eingebauten Probleme an der jeweiligen Stelle zu erörtern. Dabei sind längere Ausführungen selbstverständlich nur dann erforderlich, wenn es für eine Problematisierung im Sachverhalt Anhaltspunkte gibt.
1. Gesetzliche Erbfolge
Keine Erbeinsetzung durch Verfügung von Todes wegen nach § 1937 BGB (kein Testament oder Erbvertrag).
2. Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten
Ist ein lebender Ehegatte vorhanden? Dessen Erbrecht muss vorab geprüft werden.
3. Gesetzliches Erbrecht der Verwandten, §§ 1924 ff. BGB
a) Verwandtschaft, § 1589 BGB
b) Erbfähigkeit, § 1923 BGB
4. Parentelsystem, §§ 1924 ff. BGB
Ermittlung, welche Ordnung einschlägig ist.
Vorhergehende Ordnung schließt nachfolgende Ordnungen aus, § 1930 BGB.
5. Verteilung innerhalb der Ordnung
a) In der ersten Ordnung
Gesetzliche Erben der ersten Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers, § 1924 I BGB.
aa) Stammesprinzip, § 1924 III BGB
Kinder und Kindeskinder des Erblassers.
bb) Repräsentationsprinzip, § 1924 II BGB
Lebender Abkömmling schließt seine Abkömmlinge aus.
cc) Eintrittsrecht, § 1924 III BGB
Ist Repräsentant des Stammes verstorben, treten seine Abkömmlinge ein.
dd) Erbteilung nach Köpfen, § 1924 IV BGB
b) In der zweiten Ordnung
Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, § 1925 I BGB.
Linienprizip, also jeder Elternteil des Erblassers bildet zusammen mit seinen Nachkommen eine Linie.
In der jeweiligen Linie sind das Stammes- und Repräsentationsprinzip sowie das Eintrittsrecht anwendbar.
c) In der dritten Ordnung
Gesetzliche Erben der dritten Ordnung sind die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, § 1926 I BGB.
Linienprizip, also die großelterliche Linie väterlicherseits und die großelterliche Linie mütterlicherseits des Erblassers Nachlass erben je zur Hälfte.
In der jeweiligen Linie sind das Stammes- und Repräsentationsprinzip sowie das Eintrittsrecht anwendbar.
d) In der vierten Ordnung
Gesetzliche Erben der vierten Ordnung sind die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, § 1928 I BGB.
Lebende Urgroßeltern erben allein zu gleichen Teilen, § 1928 II BGB.
Ansonsten Gradualsystem, also entscheidet die Nähe des Verwandtschaftsgrades, § 1928 III BGB.
e) Fernere Ordnungen
Nach § 1929 I BGB sind die entfernteren Voreltern des Erblassers und deren Abkömmlinge ebenso wie nach der vierten Ordnung zum Erben berufen, § 1929 II BGB.
II. Einzelheiten
1. Gesetzliche Erbfolge
Damit die gesetzliche Erbfolge überhaupt eintreten kann, darf der Erblasser keine wirksame Erbeinsetzung durch Verfügung von Todes wegen getroffen haben. Nach § 1937 BGB stellen
- das Testament,
- das gemeinschaftliche Testament und
- der Erbvertrag
Verfügungen von Todes wegen dar.
In der Klausur kann es z.B. vorkommen, dass der Erblasser zwar ein Testament errichtet hat, dieses aber nichtig war. Es wäre deshalb zunächst die Verfügung von Todes wegen auf ihre Wirksamkeit hin zu prüfen. Erst wenn man dann das Vorliegen einer solchen wirksamen Verfügung verneint hat, kommt man zur Ermittlung der gesetzlichen Erbfolge.
Vorsicht ist allerdings geboten, wenn der Erblasser ein Testament errichtet hat, in welchem er lediglich bestimmt, dass sein Nachlass an seine Erben fallen soll. Hier liegt durchaus eine letztwillige Verfügung vor, sodass die gesetzliche Erbfolge nicht greift, siehe die Norm des § 2066 S. 1 BGB:
Hat der Erblasser seine gesetzlichen Erben ohne nähere Bestimmung bedacht, so sind diejenigen, welche zur Zeit des Erbfalls seine gesetzlichen Erben sein würden, nach dem Verhältnis ihrer gesetzlichen Erbteile bedacht.
Die gesetzliche Erbfolge kann aber auch dann zum Zuge kommen, wenn ein vom Erblasser vorgesehener Erbe vorverstorben ist, eine Erbausschlagung erklärt hat oder erbunwürdig ist.
Letztlich wäre die gesetzliche Erbfolge noch einschlägig, wenn nur ein Teil des Vermögens durch Verfügung von Todes wegen umfasst wurde oder Letztere ausschließlich aus einem Vermächtnis oder einer Auflage besteht.
Beispiel: Wenn der Erblasser in seinem Testament nur Auflagen und Vermächtnisse bestimmt, aber ansonsten keinen Erben einsetzt, ist insoweit anhand der gesetzlichen Erbfolge zu ermitteln, wer Erbe geworden und mit der Auflage und dem Vermächtnis beschwert ist.
Unter die gesetzlichen Erben fallen die Verwandten, §§ 1924 ff. BGB, Lebenspartner gem. § 10 LPartG sowie die Ehegatten, §§ 1931, 1371 BGB. Falls keine solchen Personen existieren, erbt der Staat nach § 1936 BGB.
2. Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten
Bevor man auf das Erbrecht der Verwandten eingeht (Ehegatten sind nicht verwandt!), muss immer erst das Erbrecht des Ehegatten geprüft werden, denn erst dann steht fest, welche Quote überhaupt noch an die Verwandten zu verteilen ist. Ausführungen dazu sowie ein Prüfungsschema finden sich unter „B. Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten".
3. Gesetzliches Erbrecht der Verwandten, §§ 1924 ff. BGB
Sofern geklärt ist, dass die gesetzliche Erbfolge eintritt und ob/wie der Ehegatte erbt, kann das Erbrecht der Verwandten ermittelt werden.
a) Verwandtschaft, § 1589 BGB
Zunächst muss festgestellt werden, ob eine als Erbe in Betracht kommende Person mit dem Erblasser verwandt ist. Die Verwandtschaft nach § 1589 BGB ergibt sich aus
- der Abstammung gem. §§ 1591 ff. BGB oder aus
- der Annahme als Kind oder als Volljähriger, §§ 1754, 1770 BGB (wobei der volljährige Angenommene gesetzlicher Erbe seiner leiblichen Eltern bleibt und zudem gesetzlicher Erbe nach dem Annehmenden wird, nicht aber nach dessen Eltern).
Abgesehen von der Annahme sind demnach Personen verwandt, die voneinander (in gerader Linie) oder von einer gemeinsamen dritten Person (in der Seitenlinie) abstammen, § 1589 I 1, 2 BGB. Dabei ist zu beachten, dass Ehegatten und eingetragene Lebenspartner nicht miteinander verwandt sind.
Beispiel: Wenn der Erblasser aus seiner ersten Ehe einen Ehegatten hinterlässt, ist dieser nicht zum gesetzlichen Erben berufen, da er nicht mit dem Erblasser verwandt ist (und auch § 1931 BGB nicht eingreift, da die Ehe bereits beendet ist). Sofern der Erblasser ein Kind hinterlässt, kann dessen Ehegatte wegen fehlender Verwandtschaft ebenso kein gesetzlicher Erbe werden.
Auch Stiefkinder und Pflegekinder können keine gesetzlichen Erben werden, wenn keine Adoption vorlag, wobei es unerheblich ist, dass sie unter Umständen lange Zeit im Haushalt des Erblassers gelebt haben.
Allerdings kann auch das Kind des Erblassers aus einer anderen Ehe gesetzlicher Erbe des Erblassers werden, da es mit ihm verwandt ist; es steht gleichberechtigt neben den anderen Abkömmlingen des Erblassers.
Bei einem nichtehelichen Kind liegt lediglich eine Verwandtschaft mit der Mutter vor, § 1591 BGB. Mit dem Vater entsteht erst dann eine Verwandtschaft, wenn er diese anerkannt hat oder sie gerichtlich festgestellt wurde, § 1592 Nr. 2, 3 BGB.
Beispiel: Sofern der Mann und die Frau ein uneheliches Kind hatten und erst später heirateten, ist das Kind nur mit der Mutter verwandt und kann deshalb nur ihr gesetzlicher Erbe werden. Für eine Erbschaft nach dem Vater müsste dieser die Verwandtschaft anerkannt haben, oder es wäre eine gerichtliche Feststellung nötig (die nach § 171 FamFG auch postmortal möglich ist).
b) Erbfähigkeit, § 1923 BGB
Erbfähig sind alle natürlichen und juristischen Personen
des öffentlichen und des privaten Rechts, wobei erst der Anfall der Erbschaft zur Rechtsstellung als Erbe führt.
Die natürliche Person muss im Zeitpunkt des Erbfalls gelebt haben, § 1923 I BGB, oder wenigstens schon gezeugt sein (nasciturus) und sodann lebend geboren werden, § 1923 II BGB. Damit scheiden Tiere als Erben aus.
Ob die Vorschrift des § 1923 II BGB analog bei einer künstlichen Befruchtung mit dem Samen des Erblassers nach dessen Tod Anwendung finden kann, wird wegen der Rechtssicherheit von einem Teil der Literatur abgelehnt. Andernfalls könne über lange Zeit unklar sein, wie sich die erbrechtliche Lage gestalte (Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Müller-Christmann, § 1923 Rn. 6). Nach anderer Ansicht sei eine Analogie aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes und der Gerechtigkeit nötig, zumal auch der Gesetzgeber in § 2101 I 1 BGB die Erbfähigkeit eines noch nicht Gezeugten anerkannt habe (Brox/Walker, Rn. 9; Lipp, Rn. 53).
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass auch der nondum conceptus (also der noch nicht einmal Gezeugte) durch letztwillige Verfügung (aber nicht durch gesetzliche Erbfolge) Erbe werden kann (Palandt-Weidlich, § 1923 Rn. 6). Teilweise wird in der Literatur sogar vertreten, dass auch hier die Vorschrift des § 1923 II BGB analog angewendet werden kann, da das Gesetz auch bei der Nacherbschaft die Erbfähigkeit anerkannt habe (Brox/Walker, Rn. 9; Lipp, Rn. 53).
Von Bedeutung ist zudem die Kommorientenvermutung nach § 11 Verschollenheitsgesetz. Wenn nicht festgestellt werden kann, in welcher zeitlichen Reihenfolge mehrere Personen verstorben sind, wird vermutet, dass sie gleichzeitig gestorben sind.
Beispiel: Wenn die beiden Ehegatten bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen sind und nicht festgestellt werden kann, wer zuerst starb, dann wird vermutet, dass beide gleichzeitig starben. Somit kann der eine Ehegatte mangels Erbfähigkeit nicht gesetzlicher Erbe des anderen geworden sein. Für die Erben wären dann zwei getrennte Erbfälle nach den beiden Ehegatten gegeben, die zeitgleich begründet wurden.
Zwar hat die juristische Person bei der Ermittlung der gesetzlichen Erben keine Bedeutung. Allerdings sind Kenntnisse über ihre Erbfähigkeit bei der gewillkürten Erbfolge (siehe weiter unten) wichtig, sodass sie gleich hier behandelt werden soll. Eine juristische Person muss im Zeitpunkt des Erbfalls bestehen, also rechtsfähig sein, um Erbe werden zu können. Nachdem der Bundesgerichtshof die Rechtsfähigkeit der Außengesellschaft bürgerlichen Rechts anerkannt hat (BGH NJW 2001, 1056 ff.), ist mit der herrschenden Meinung in der Literatur auch die Erbfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzunehmen (Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Müller-Christmann, § 1922 Rn. 13; Palandt-Weidlich, § 1923 Rn. 7; HK-BGB/Saenger, § 705 Rn. 20).
Ebenso kann der rechtsfähige und nach herrschender Meinung sogar der nicht rechtsfähige Verein Erbe werden (Lipp, Rn. 49).
4. Parentelsystem, §§ 1924 ff. BGB
Im BGB ist