Cape Wörth
Von Roland Zingerle
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Über die Einhaltung von Gesetzen wacht die Polizei – aber nicht nur! In Klagenfurt am Wörthersee haben sich Hubert Pogatschnig (zunächst Großhandelsvertreter, später Bierführer) und Ludwig Melischnig (Bierführer-Assistent) die Aufklärung von Kapitalverbrechen zur Aufgabe gemacht. Dabei besteht der besondere Reiz für die beiden darin, schneller zu ermitteln als die Polizei. Von den Medien als "Zwei für die Gerechtigkeit" gefeiert und von der Kripo unter dem Kommando von Leopold Ogris als "Deppen-Duo" verachtet, machen sich die beiden Hobby-Detektive die Vorteile des Tratsches zunutze: Sie suchen dort nach Hinweisen, wo Informationen ausgetauscht werden, nämlich in Gaststätten oder Gewerbebetrieben, Vereinen oder Nachbarschaften, beim täglichen Herumkommen oder auf gelegentlichen Extratouren an Originalschauplätzen in und um Klagenfurt.
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Buchvorschau
Cape Wörth - Roland Zingerle
Roland Zingerle
Cape Wörth
Klagenfurter Kneipen-Krimi Nr. 16
Prolog
Gesetz und Verbrechen unterliegen dem Henne-Ei-Prinzip. Zwar scheint das Verbrechen älter zu sein, da Gesetze ansonsten nicht nötig geworden wären, doch hätte man schwerlich je ein Verbrechen erkannt, wäre damit nicht irgendein Gesetz gebrochen worden.
Gesetze regeln das menschliche Zusammenleben und über ihre Einhaltung wacht die Polizei. Aber nicht nur: In Klagenfurt haben sich der Bierführer Hubert Pogatschnig und sein Assistent Ludwig Melischnig die Aufklärung von Kapitalverbrechen zur Aufgabe gemacht. Dabei besteht der besondere Reiz für die beiden darin, schneller zu ermitteln als die Polizei. Von den Medien als „Zwei für die Gerechtigkeit gefeiert und von der Polizei unter dem Kommando von Chefinspektor Leopold Ogris als „Deppen-Duo
verachtet, machen sich die beiden Hobby-Detektive die Vorteile des Tratsches zunutze: Sie suchen dort nach Hinweisen, wo Informationen ausgetauscht werden, nämlich in den Gaststätten in und um Klagenfurt …
Freitag, 10 Uhr, Spiegelsaal der Kärntner Landesregierung, Klagenfurt.
Skepsis und gemischte Gefühle. Das war es, was Barbara Stromberger in ihrem Gesicht sah, als sie es im Vorbeigehen in einem der zahlreichen Spiegel erblickte. Die gleiche Skepsis und die gleichen gemischten Gefühle wie auf den Gesichtern aller Journalisten, die in den Spiegelsaal der Kärntner Landesregierung gekommen waren. Nicht einer unter ihnen nahm das Thema ernst, zu dem Landesrat Martin List diese Pressekonferenz einberufen hatte, davon war Barbara Stromberger überzeugt! Die einen mochten es für einen verspäteten Aprilscherz halten, die anderen für eine Verwechslung oder eine fehlerhafte Bezeichnung. Was sonst sollte man denken, wenn ein Regierungsmitglied den Bau eines Orbitalaufzugs in Kärnten ankündigte?
Da sie noch nie von einem Orbitalaufzug gehört hatte, hatte Barbara Stromberger recherchiert. So erfuhr sie, dass diese Idee auf einen russischen Weltraumpionier zurückging, der schon im Jahr 1895 vorgeschlagen hatte, einen Turm zu bauen, der bis in die Erdumlaufbahn hinaufreichen und als Stütze für einen Lift dienen sollte, mit dem Menschen und Material direkt in den Weltraum befördert werden könnten.
Mittlerweile war dieses Konzept mehrfach überarbeitet worden. Heute sah es vor, einen Satelliten in eine geostationäre Umlaufbahn zu bringen; dort würde er genau so schnell die Erde umkreisen, wie diese sich drehte und damit immer über demselben Flecken Erde am Himmel stehen. Von dem Satelliten aus sollte ein Kabel herabgelassen und auf der Erde verankert werden und an diesem Kabel sollte eine Liftkabine auf und ab fahren. Wenn die ganze Konstruktion einmal stand, würde die Fliehkraft die Erdanziehungskraft ausgleichen.
So zumindest hatte Barbara Stromberger die Theorie verstanden. Sie war fasziniert von der Vorstellung gewesen, dass ein Kabel oder Seil, aus einer ausreichend hohen Erdumlaufbahn senkrecht auf die Erde herabgelassen, genauso senkrecht stehenbleiben würde. Mit einem Gegengewicht im All – zum Beispiel eben einem Satelliten – musste das Seil dazu „nur" 35.786 Kilometer lang sein.
Das Problem an der Sache war jedoch, dass es derzeit kein Material gab, das stark genug war, um eine Entfernung von 35.786 Kilometern zu überbrücken, ohne zu reißen. Von den gewaltigen Zugkräften, denen es außerdem ausgesetzt sein würde, noch gar nicht zu sprechen. Das stärkste Seil, das die die Menschheit derzeit herzustellen fähig war, riss bei einer Länge von dreißig Kilometern unter seinem eigenen Gewicht.
Und abgesehen von den technischen Widernissen: Für das Geld, das der Bau eines Orbitalaufzugs kosten würde, könnte sich Kärnten jede Menge Pleitebanken, Fußballstadien und Jugend- Tausender leisten!
Somit waren die Skepsis und die gemischten Gefühle verständlich, die Barbara Stromberger und wohl auch ihre Kolleginnen und Kollegen dieser Pressekonferenz entgegenbrachten.
Pünktlich zur ausgeschriebenen Zeit betrat Martin List den Spiegelsaal. Eigentlich betrat er ihn nicht – er erschien. Es waren diese ganz besondere Bewegung, dieser ganz besondere Gesichtsausdruck und dieser ganz besondere Klang in der Stimme des Landesrates, die sein Eintreten zum Auftreten machten. Nicht, dass diese seine Persönlichkeit hervorgehoben hätten, aber es war die perfekte Show.
Martin List war auf einem Bauernhof aufgewachsen und hatte als Obmann der Landjugend bereits früh Führungsqualitäten bewiesen. Sein Äußeres schien er seit damals nicht mehr verändert zu haben; zwar ging er nach der Mode, doch seine Frisur, dieses charakteristisch aufstehende Haarbüschel an seinem blonden Vorderkopf, sah noch immer so aus wie in den frühen achtziger Jahren. Nach seinem Studium war er kurz Geschäftsführer eines mittelständischen Betriebs gewesen, danach hatte er sich von einem politischen Amt in das nächste hoch gehangelt; immer darum bemüht, alles für seine Partei zu tun – damit diese alles für ihn tat.
Wenn er über Intelligenz verfügte, dann wusste er sie gut zu verstecken. Viel wahrscheinlicher war jedoch, dass er seine heutige Position dieser Mischung aus Bauernschläue und Unverschämtheit verdankte, mit der er bislang alle Probleme hatte beseitigen können. Zwar war noch das eine oder andere Gerichtsverfahren gegen ihn anhängig, doch das war für ihn kein Grund, sein Verhalten in irgendeiner Weise zu ändern.
Neben List betraten noch zwei weitere Männer den Saal und setzten sich zu ihm an den vorbereiteten Tisch. Einen hageren, grauhaarigen Mann Mitte fünfzig stellte List als John Bernstein vor, Geschäftsführer der US-Amerikanischen Firma „Spacelift Enterprises", eine Partnerorganisation der NASA. Der andere Mann war Bernsteins Dolmetscher.
Martin List begann seine Projektvorstellung in jener lockeren, selbstverständlichen Art, für die er bekannt war. Und obwohl Barbara Stromberger einen wachen Geist besaß, stellte sie immer wieder mit Erstaunen fest, dass sie – wenn sie dem Landesrat nur lange genug zuhörte – tatsächlich all das zu glauben begann, was er sagte. Dass die Wirklichkeit der vergangenen Jahre sie immer wieder eines Besseren belehrt hatte, hatte seltsamerweise keinen Einfluss darauf.
So auch diesmal. List erläuterte kurz das Konzept des Orbitalaufzugs und schickte voraus, John Bernstein würde im Anschluss erklären, wie die technischen Probleme gelöst werden könnten. – Und schon erschien Barbara Stromberger das Projekt so selbstverständlich möglich, wie es ihr zuvor unmöglich erschienen war!
„Kärnten hat in jüngerer Vergangenheit einige finanzielle Klippen umschiffen müssen, untertrieb List, „Klippen, die wir dank des Einsatzes des ABCs meisterhaft genommen haben. Dennoch ist es an der Zeit, dass unser Bundesland neue Impulse setzt. Impulse für die Zukunft!
„ABC" war der Name der aktuellen Abspaltung einer bereits abgespalteten Partei,