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Star Trek - The Next Generation: Vorhandenes Licht
Star Trek - The Next Generation: Vorhandenes Licht
Star Trek - The Next Generation: Vorhandenes Licht
eBook450 Seiten5 Stunden

Star Trek - The Next Generation: Vorhandenes Licht

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Über dieses E-Book

In diesem brandneuen Thriller aus dem Star-Trek-Universum wird Captain Picard unerbittlich von den Schatten der Vergangenheit eingeholt …

Sektion 31 – jene Geheimorganisation, die länger als zwei Jahrhunderte unkontrolliert aus dem Verborgenen heraus agiert hat – ist aufgeflogen, und das Ausmaß der Verbrechen ihrer Mitglieder kommt ans Licht. Im ganzen Föderationsraum werden Agenten und Anführer der abtrünnigen Gruppierung festgenommen. Jetzt ist das Sternenflottenkommando gezwungen zu entscheiden, was aus den Offizieren werden soll, die in den Skandal verwickelt sind, darunter die Admirals William Ross, Edward Jellico und Alynna Nechayev sowie Captain Jean-Luc Picard. Gemeinsam mit anderen sollen sie an der gewaltsamen Amtsenthebung eines Föderationspräsidenten beteiligt gewesen sein.

Unterdessen ist die Enterprise in einer weit entfernten, unerforschten Region des Weltraums unterwegs, die als der Odysseeische Pass bekannt ist. Picard und seine Crew müssen ihre persönlichen Gefühle und Sorgen um das politische Geschehen hintanstellen, als sie ein gewaltiges, mysteriöses Raumschiff entdecken, das seit Jahrhunderten durch die stille Leere des Alls treibt. Es ist die letzte Rettung einer bedrohten Zivilisation, die seit Generationen auf der Suche nach einem Zufluchtsort ist. Doch eine Bande von Plünderern hat es ebenfalls auf das uralte Schiff abgesehen, und die Enterprise stellt das einzige Hindernis auf ihrem Weg zum Ziel dar …
SpracheDeutsch
HerausgeberCross Cult
Erscheinungsdatum26. Aug. 2020
ISBN9783966580748
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    Buchvorschau

    Star Trek - The Next Generation - Dayton Ward

    erschüttert.

    KAPITEL 1

    William Ross saß erstarrt auf der Terrasse seines Lieblingscafés im Künstlerviertel von New Glasgow, die Teetasse halb erhoben, den Blick auf den Fernsehschirm an der Mauer des Innenhofs geheftet, als ohne Vorwarnung seine dunkelsten Geheimnisse erbarmungslos ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt wurden.

    »… enthält eine Flut bisher streng geheimer Informationen über eine Organisation, die ohne Aufsicht oder Rechenschaftspflicht operiert haben soll und offenbar Mitglieder innerhalb und außerhalb der Föderationsregierung hat.«

    Die Kamera war auf eine Frau mit dunkler Hautfarbe gerichtet. Sie saß an einem Schreibtisch, auf dem das Emblem des Nachrichtendienstes der Föderation prangte. Ganz offenbar las sie nicht von einem sorgfältig vorbereiteten Skript ab, sondern konsultierte hastig zusammengestellte Notizen: Sie machte immer wieder Pausen, um rasch auf das Padd hinunterzuschauen, das sie vor sich auf dem Schreibtisch liegen hatte.

    Ross spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte. Behutsam setzte er die Tasse auf ihrer Untertasse ab. Um ihn herum erstarben die Gespräche, als sich mehr und mehr Cafébesucher dem Fernsehschirm zuwandten und ihre Kuchenteller sowie ihre Begleiter vergaßen.

    »Die Organisation ist unter dem Namen Sektion 31 bekannt. Ihre Geheimagenten stehen unter dem Befehl von zivilen Funktionären der Föderation sowie Sternenflottenoffizieren, offizielle Dienstwege werden unterlaufen. Offenbar wurde Sektion 31 vor über zweihundert Jahren gegründet, um die Erde vor internen sowie externen Bedrohungen zu schützen. Später weitete die Gruppierung ihre ›Mission‹ auf die gesamte Föderation aus. Der vorliegende Bericht macht deutlich, dass zu ihren Aktivitäten Aggressionen gegen souveräne Regierungen zählen – ob diese der Föderation nun feindlich gesinnt waren oder nicht. Zudem muss das Vorgehen der Geheimorganisation gegen Bürger der Föderation als zum größten Teil illegal betrachtet werden. Offenbar wurde in den letzten beiden Jahrhunderten jeder einzelne Föderationsbürger von einer hoch entwickelten künstlichen Intelligenz aktiv überwacht, um bestimmte Handlungsmuster und somit Hinweise auf ›Bedrohungen‹ aufzuspüren. Personen, die auf Grundlage dieser Informationen als Gefahr für die Interessen der Föderation oder der Sternenflotte eingestuft wurden, wurden von Geheimagenten der Organisation ermordet. Sektion 31 erkennt weder die Autorität der Föderationsregierung noch der Sternenflottenführung an.«

    Unwillkürlich verengte Ross die Augen zu Schlitzen und biss die Zähne zusammen. Er zwang sich, ruhig sitzen zu bleiben. Die Nachrichtensprecherin stockte erneut: Ihr war anzusehen, dass sie die Informationen selbst noch verarbeitete. Wie jedem guten Journalisten in solch einer Lage schossen ihr vermutlich tausend Fragen durch den Kopf, sie musste jedoch für ihre Zuschauer Haltung bewahren.

    Da hast du’s. Das ist der Anfang vom Ende.

    Die leise innere Stimme verhöhnte ihn. Es stimmte: Er hätte wissen müssen, dass der Frieden, den er hier gefunden hatte, nur von kurzer Dauer sein konnte. Beinahe sein ganzes Leben hatte er in den Dienst von anderen gestellt. Nur seiner Familie wegen hatte er letztendlich entschieden, diesen Schritt zu gehen. Doch nun würde er mit Entscheidungen konfrontiert werden, die er in bester Absicht getroffen hatte, stets das Gemeinwohl im Blick, auch wenn ihre Folgen schwer auf seiner Seele gelastet hatten. Alte Schulden, dachte er bitter. Alte Schulden, die doch noch eingetrieben werden.

    Dir war doch klar, dass es früher oder später so weit sein würde. Gib’s zu: Du hast bloß gehofft, dass du den Löffel abgibst, ehe die Rechnung fällig wird!

    Eine Weile lang hatte es so ausgesehen, als würde diese Strategie aufgehen. Nachdem Präsidentin Nanietta Bacco erfahren hatte, dass Ross in die gewaltsame Amtsenthebung Min Zifes verwickelt gewesen war, hatte sie seinen Rücktritt gefordert. Zu seiner eigenen Überraschung hatte er seinen Ruhestand genossen: Die unerwartete Freiheit und das entspannte Leben mit seiner Frau Stefana hier auf Caldos II hatten ihm gefallen. Auch mit seinem Sohn Zachary hatte er mehr Zeit verbringen können. Zachary war Student an der Columbia University auf der Erde, kam jedoch über die Semesterferien und an Feiertagen zu Besuch. Dann verbrachten Vater und Sohn jeden Morgen zusammen auf dem Tennisplatz hinter dem Haus. Trotz des Altersunterschieds, der (daran erinnerte Zach ihn gern) beinahe vierzig Jahre betrug, konnte Ross sich immer noch gegen seinen Sohn behaupten.

    Mit Caldos II hatten sie eine glückliche Wahl getroffen: Als die Borg vor fünf Jahren noch einmal in den Föderationsraum eingedrungen waren, waren Ross und seiner Familie die katastrophalen Auswirkungen weitgehend erspart geblieben. Die einzige Kriegsfolge, die sie hautnah miterlebt hatten, war die Umsiedlung von Überlebenden gewesen, die ihren Heimatplaneten verloren hatten. Viele Bewohner von Caldos II hatten befürchtet, der Flüchtlingsstrom könnte eine unzumutbare Belastung sein, aber die Sternenflotte und die Föderation hatten ganze Arbeit geleistet und durch ihre Unterstützung dafür gesorgt, dass keine Probleme entstanden. Überall auf dem Planeten waren neue Dörfer und Gemeinden erbaut worden, die seit Beginn der Post-Borg-Ära wuchsen und gediehen. Es hatte nicht lange gedauert, bis das Leben auf Caldos II zur Normalität zurückgekehrt war.

    Und jetzt? Jetzt würde dieses beschauliche Dasein, das er nach so langer Zeit im Dienst der Sternenflotte endlich für sich entdeckt hatte, ein Ende haben. Konnte er irgendetwas dagegen unternehmen? Ross erwog verschiedene Möglichkeiten, verwarf aber eine nach der anderen. Er hatte gehofft, auf Caldos II in Vergessenheit zu geraten. Der Planet war eine Koloniewelt gewesen, ehe er als vollwertiges Mitglied in die Föderation aufgenommen worden war. Noch immer war er ein Rückzugsort für all jene, die den politischen Machenschaften des 24. Jahrhunderts entfliehen wollten. Er profitierte von regelmäßigen Sicherheitspatrouillen und ziviler Handelsschifffahrt, war aber gerade abgelegen genug, um der Sternenflotte keinen Grund zu geben, einen dauerhaften Stützpunkt zu errichten. Wenn es Ross hier nicht gelingen würde, im Halbdunkel der Geschichte zu verschwinden – was blieb ihm dann noch übrig?

    Gar nichts.

    Wenn die Berichterstattung auf Tatsachen beruhte – und dass sie auf Tatsachen beruhte, war ihm klar –, konnte er sich nirgendwo verstecken. Man würde ihn aufspüren, so wie alle anderen auch.

    Die Nachrichtensprecherin schaute wieder auf ihr Padd hinunter und räusperte sich. Als sie den Blick hob, las Ross eine wilde Entschlossenheit in ihren Augen.

    »Mir liegt eine Liste von Personen vor, die in der Vergangenheit mit Sektion 31 zusammengearbeitet haben oder sogar noch zusammenarbeiten. Diese Liste ist … Es ist verstörend, die Namen darauf zu lesen. Bekannte Namen … Namen von Personen, die wir als Helden ansehen, als Bewahrer unserer Ideale. Wenn auch nur ein Bruchteil von dem veröffentlichten Material der Wahrheit entspricht, reden wir hier von einer in ihrem Ausmaß erschütternden Verletzung grundlegender Bürgerrechte sowie der Privatsphäre … Und die Schuldigen sind ausgerechnet diejenigen, die wir damit beauftragt haben, die Werte unserer Gesellschaft zu schützen!«

    Die Aufregung würde sich legen. Gerichtsprozesse würden geführt und entschieden werden; die Verurteilten – und das schloss ihn ein – würde man nach Auckland in Neuseeland oder in eine andere Strafkolonie schicken. Und wenn es so weit war, würde sich kaum noch jemand daran erinnern, was er und zahllose andere im Lauf der Zeit an Gutem bewirkt hatten. Ehe die Föderation gegründet worden war – ja, ehe auch nur die ersten Erdraumschiffe die Grenzen des eigenen Sonnensystems überwunden hatten –, hatten Ross’ Vorgänger im Geheimen ihr ganzes Streben darauf gerichtet, die Menschheit davor zu bewahren, Opfer ihres eigenen blinden Idealismus und ihrer Naivität zu werden.

    Und manchmal mussten zu diesem Zweck eben moralisch zweifelhafte Maßnahmen ergriffen werden. Ross war nicht immer darüber in Kenntnis gesetzt worden, warum bestimmte Ereignisse in Gang gesetzt worden waren, und anfänglich hatten ihn heftige Zweifel geplagt. Konnte man eine Organisation straffrei operieren lassen, die ebenjene Grundwerte mit Füßen zu treten schien, zu deren Schutz sie abgestellt war? Trotz seiner militärischen Ausbildung, seines Geschicks als Stratege und seiner Tendenz, die meisten Situationen schwarz-weiß zu malen (so war es leichter, sie in den Griff zu bekommen), hatte er sich nicht sofort mit den Methoden von Sektion 31 anfreunden können.

    Aber nachdem er jahrzehntelang für die Geheimorganisation gearbeitet hatte – auch und gerade während des Dominion-Krieges –, war ihm klar geworden, welchen ungeheuren Nutzen eine solche Institution haben konnte. War Sektion 31 der Korruption fähig? Natürlich. Jedes Individuum, das unbeaufsichtigt und ohne Rechenschaftspflicht agierte, lief Gefahr, irgendwann dunkleren Regungen nachzugeben. Im übertragenen Sinne galt dasselbe für Gruppierungen. Sektion 31 hatte unleugbar immer wieder gegen die Gesetze der Föderation verstoßen, dabei jedoch auch viel erreicht.

    Dank der beharrlichen Bemühungen Ozla Granivs würde nun die Öffentlichkeit darüber urteilen. Ross hatte die Karriere der Journalistin verfolgt und wusste, dass sie schon lange darauf hingearbeitet hatte, Sektion 31 bloßzustellen. Ihretwegen würde sich das Wissen um die guten sowie um die abscheulichen Taten der Geheimorganisation im ganzen bekannten Universum verbreiten. Erfolge, die einst still und heimlich gefeiert worden waren, würden nun den Bürgern der Föderation bekannt gemacht werden. Vielleicht würden sie sogar dankbar sein, wenn sie erfuhren, wie oft sie nichts ahnend um Haaresbreite der Auslöschung entgangen waren …

    Natürlich würden sie auch erfahren, welche Maßnahmen ergriffen worden waren, um ihre Lebensweise zu beschützen. Würden die Ergebnisse dann noch eine Rolle spielen? Ross glaubte nicht daran. Er verstand die Leute sogar: Für die meisten war die Verteidigung ihrer Freiheit und Sicherheit nur ein abstraktes Konzept. Dass reale Situationen sich selten so ordentlich und geregelt darstellten wie ein gedankliches Konstrukt und manchmal den Einsatz zweifelhafter Mittel erforderten, konnten sie nicht ertragen, daher blendeten sie es lieber aus und nahmen die Errungenschaften der Gesellschaft, in der sie lebten, einfach als gegeben hin.

    Und deshalb würde gar nichts bleiben. Wenn die naive, undankbare Öffentlichkeit mit Sektion 31 und dem Kampf der Geheimorganisation für sie, für die Gesellschaft fertig war, würde sich niemand an die errungenen Erfolge erinnern. Das Vermächtnis von Sektion 31 würde in den Schmutz getreten werden.

    »William Ross!«

    Ross erschrak, ließ sich aber nichts anmerken und wandte nur den Kopf. Zwei Personen traten auf die Terrasse heraus, die die graue Uniform des Sicherheitsdienstes der Föderation trugen. Die Frau, die seinen Namen gerufen hatte, ließ ihn nicht aus den Augen. Sie schlängelte sich zwischen den besetzten Tischen hindurch, eine Hand auf dem Phaser, der in ihrem Hüftholster steckte. Ihr Partner, ein dunkelhäutiger Mann, kam ebenfalls auf ihn zu. Allerdings war er zur Seite ausgeschert, um sich zwischen Ross’ Tisch und dem Tor zu positionieren, das auf die angrenzende Straße hinausführte.

    Ross warf einen raschen Blick über die linke Schulter. Er wusste, dass es ein zweites Tor gab: Von dort aus führte ein Spazierpfad zu einem nahen Park. Zwei weitere Agenten in grauer Uniform flankierten dieses Tor, ein Mensch und eine Vulkanierin.

    So komme ich hier nicht raus.

    Ihm blieb noch eine letzte Option. Ross schob eine Hand in seine Jacke und tippte den Kommunikator an, den er an sein Innenfutter gepinnt hatte. Es war kein Gerät der Sternenflotte und bot ein paar Funktionen mehr als der Kommunikator, den er einst an seiner eigenen Uniform getragen hatte. Er klopfte mit den Fingerspitzen zweimal dagegen, um das Notfallevakuierungsprogramm zu aktivieren. Es würde ihn zu einem Versteck transportieren: eine kleine Hütte in den Bergen, zweihundert Meilen nördlich von New Glasgow. Seine Flucht war im besten Fall ein Aufschub, aber so würde er wenigstens Zeit haben, seine nächsten Schritte zu planen. Vor allem musste er entscheiden, was er wegen Stefana und Zach unternehmen sollte …

    Er hatte erwartet, in die überraschten Gesichter der Sicherheitsagenten zu blicken, während er sich vor ihren Augen auflöste, doch es geschah – nichts.

    Was in drei Teufels Namen … Natürlich, eine Transporterabschirmung! Sie haben damit gerechnet, dass ich so etwas versuche. Verflucht!

    Hilflos saß Ross auf der Terrasse seines Lieblingscafés und sah der Frau in der grauen Uniform entgegen, die ihren Phaser nun auf seine Brust gerichtet hielt.

    »Nehmen Sie sofort die Hand aus der Jacke, Sir!«

    Ross streckte der Agentin schweigend beide Hände entgegen, die Handflächen nach oben gekehrt, um ihr zu zeigen, dass sie leer waren.

    Die Frau winkte mit dem Phaser. »Bitte stehen Sie auf.«

    Ross erhob sich. Der männliche Sicherheitsoffizier trat hinzu und legte ihm Handschellen an. Ross wehrte sich nicht.

    »Admiral William Ross«, sagte die Frau und ließ ihren Phaser sinken. »Wir verhaften Sie wegen Verbrechen gegen die Föderation – einschließlich Verrats, Mordes, Verabredung zum Mord, Volksverhetzung und Verabredung zur Durchführung eines Staatsstreichs gegen rechtmäßig gewählte Amtsinhaber der Regierung der Föderation.«

    KAPITEL 2

    Alynna Nechayev justierte ihren Phaser, ohne die Aufmerksamkeit von dem Computerterminal zu wenden, auf dem sie live verfolgte, wie dunkel gekleidete Agenten der Föderationssicherheit im Schutz der Nacht auf ihr Haus zuschlichen. Sie hatten ihr Anwesen umzingelt; mit jedem ihrer Schritte zog sich die Schlinge enger zusammen. Es würde nicht mehr lange dauern, dann würden sie ihre Veranda betreten. Nechayev warf einen raschen Blick auf den Phaser, um sich davon zu überzeugen, dass er auf Betäubung eingestellt war, öffnete die oberste Schublade ihres Schreibtisches und griff nach dem Kommunikatorabzeichen, das darin lag.

    Entscheide dich, ermahnte sie sich selbst. Egal was du tust, es wird höchste Zeit, dass du in die Gänge kommst!

    An der Stirnseite ihres Wohnzimmers hing ein Fernsehschirm, der Fotografien jener Föderationsbeamten und führenden Sternenflottenoffiziere zeigte, die Ozla Graniv in ihrer unglückseligen Enthüllungsreportage mit Sektion 31 in Verbindung gebracht hatte. Nechayev hatte bereits Bilder von Freunden und Kollegen gesehen: William Ross, Tsujiro Nakamura, sogar den verstorbenen Owen Paris. Einspielungen vom Filmmaterial eines Nachrichtenteams sowie von Privataufnahmen dokumentierten die Verhaftung eines Admirals, Edward Jellico, durch den Föderationssicherheitsdienst.

    Im ganzen Föderationsraum wurden Mitglieder und Verbündete von Sektion 31 gejagt und festgenommen. Die Ereignisse überstürzten sich, und die Nachrichtensprecher kamen kaum hinterher. Offenbar waren sowohl die Föderation als auch die Sternenflotte eifrig bemüht, die Situation in den Griff zu bekommen und all diejenigen in Haft zu nehmen, die in den Skandal verwickelt waren, bevor sie sich aus dem Staub machen konnten. Zwar war Nechayev bei Weitem nicht so tief in die Machenschaften von Sektion 31 verstrickt wie einige ihrer Sternenflottenkollegen, aber ihr war klar, dass jeder, der mit der Geheimorganisation zusammengearbeitet hatte, Gegenstand der Ermittlungen sein würde. Ungeachtet ihrer Motive und Rechtfertigungen, würde selbst der wohlwollendste Richter ihre Mittäterschaft als Hochverrat ansehen – ob in einem Zivil- oder Militärprozess. Die Sicherheitsagenten, die ihr Haus umzingelt hatten, machten das mehr als deutlich.

    Nechayev hatte nicht vor, sich auf ihrem eigenen Grund und Boden verhaften zu lassen.

    Sie brauchte bloß die passiven Scanner auf ihrem Grundstück zu kontrollieren, um festzustellen, dass ihre unwillkommenen Besucher eine Transporterabschirmung aktiviert hatten: offenbar ein tragbares Modell, das die Sicherheitsagenten ungefähr zwanzig Meter von ihrem Haus entfernt aufgebaut hatten.

    Niemand hätte von diesem Ort wissen dürfen. Nechayevs Haus stand verborgen in einem Wäldchen in den Adirondacks, einem Gebirge im nordöstlichen Teil des Bundestaates New York, und war einer von zwei geheimen Unterschlüpfen, die Nechayev sich vor Jahren zugelegt hatte. Kaum dass sie die ersten Minuten der Berichterstattung über die Enthüllungsreportage Granivs gesehen hatte, hatte sie sich hierher transportiert. In ihrem Apartment in San Francisco gab es in einem Wandschrank einen abgeschirmten Transporter, der keine Logdatei führte – niemand konnte von dort aus ihre Spur verfolgen. Dass es die Sicherheitskräfte der Föderation so wenig Zeit gekostet hatte, sie hier zu finden, sagte ihr, wie viel im Zuge der Enthüllungsreportage über sie herausgekommen war.

    Aber was genau wissen sie noch?

    Rasch gab sie über das Touch-Interface des Computerterminals eine Folge von Befehlen ein: Auf dem Gelände waren Emitter verteilt, die einen Dämpfungsimpuls erzeugen konnten. Das war kein tödlicher oder auch nur gefährlicher Angriff gegen die Eindringlinge, der Impuls legte lediglich kurzzeitig alle elektronischen Geräte im Radius eines halben Kilometers still, abgesehen natürlich von denen in ihrem Haus. Auf dem Bildschirm sah sie verschiedene Agenten innehalten: Sie untersuchten ihre Waffen, ihre Trikorder und ihre übrige Ausrüstung. Der Dämpfungsimpuls hatte ganze Arbeit geleistet, was auch die Anzeigen bestätigten: Die Transporterabschirmung war außer Betrieb. Sie würde nur wenige Augenblicke lang Zeit haben, bevor die Agenten entweder ein Ersatzgerät aktivierten oder alle Vorsicht über Bord warfen und das Haus stürmten.

    Höchste Zeit, hier zu verschwinden.

    Sie warf sich eine Tasche über die Schulter, die sie für solche Notfälle gepackt hatte (sie enthielt ein paar Kleidungsstücke und verschiedene Gegenstände sowohl von persönlichem Wert als auch praktischem Nutzen), den Phaser noch in der Hand. Dann tippte sie ihren Kommunikator in einer vorher festgelegten Sequenz mehrmals an. Das Gerät gab einen beruhigenden Piepton von sich. Im nächsten Moment spürte Nechayev das vertraute Kribbeln auf der Haut, als der Transporterstrahl sie einhüllte.

    In Sekundenschnelle lösten sich ihr gemütliches, warmes Wohnzimmer, der Wald und die Berge vor ihren Augen auf. Sie fand sich vor einer Wand aus durchsichtigem Aluminium wieder – ein Aussichtspunkt, von dem aus sie eine Veranda überblickte, einen blendend weißen Sandstrand und den wunderschönen tiefblauen Pazifischen Ozean. Die letzten Strahlen der Abendsonne tauchten die Häuser an der mexikanischen Küste San Juanicos in ein warmes Licht. Die Dämmerung war nah. Nur zu gern hätte Nechayev den Anblick genossen – an diesem Ort stieg immer ein Gefühl heiterer Gelassenheit in ihr auf –, aber sie hatte keine Zeit. Ihr abgeschirmtes Transportersystem half ihr nichts, wenn der Sicherheitsdienst der Föderation auch von diesem Versteck wusste. Sie würden in Kürze Agenten hierher entsenden – gesetzt den Fall, sie waren nicht bereits unterwegs.

    Sie war noch nicht einmal in ihrem Arbeitszimmer angelangt, als ein Alarm in ihrer Eigentumswohnung erklang. Wie in ihrem Haus in den Adirondacks hatte sie hier ein Sensorsystem installieren lassen, das das Gebäude und den umgebenden Strand überwachte. Es verbarg außerdem ihre Lebenszeichen. Niemand konnte von draußen ermitteln, wo im Gebäude sie sich befand. Solange sie drinnen blieb, war sie für Trikorder und andere Scanner unsichtbar.

    Nechayev beschleunigte ihre Schritte. Weder stellte sie ihre Tasche ab noch legte sie den Phaser aus der Hand, als sie ihren Schreibtisch erreichte. Auch hier stand ein Computerterminal bereit. Sie drehte es zu sich herum.

    Scheiße!

    Zwölf Agenten der Föderationssicherheit hatten das Gebäude umringt. Nur ein Fluchtweg blieb offen: über den Strand, auf das Meer zu. Natürlich brauchten sie dort niemanden zu stationieren: Selbst wenn sie es schaffen sollte, das Apartmenthaus unbemerkt zu verlassen, konnte sie nicht fünfzig Meter weit über den Strand zum Anlegesteg laufen, ohne dass die Agenten sie sahen.

    Damit blieb auf ihrer sowieso schon beunruhigend kurzen Liste aller Optionen nur eine einzige übrig.

    Ihre mexikanische Eigentumswohnung war mit ein paar Besonderheiten ausgestattet, die ihr jetzt zugutekommen würden. Sie berührte das Interface, um ein Menü aufzurufen, dann steuerte sie das Dämpfungssystem an, das elektromagnetische Emissionen unterdrückte und ihr bereits im Gebirge so gute Dienste geleistet hatte.

    Im selben Augenblick ging das Computerterminal aus. Im gesamten Gebäude erloschen die Lichter.

    Scheiße!

    Sie hatten die Stromversorgung gekappt. Nechayev verschwendete keine Zeit damit, sich zu fragen, wie die Agenten das bewerkstelligt haben mochten. Sie ließ ihre Tasche auf den Schreibtisch fallen, öffnete sie und holte den zweiten Phaser heraus. Mit der Geläufigkeit einer geübten Schützin stellte sie auch diese Waffe auf Betäubung. Selbst jetzt, im Bewusstsein dessen, was ihr bevorstand, gab es noch Grenzen, die sie nicht überschreiten würde. Dazu gehörte ihre felsenfeste Entschlossenheit, unter keinen Umständen das Leben von Sicherheitskräften der Föderation zu gefährden, die nur ihre Pflicht erfüllten.

    Ein wunderbarer Augenblick, um plötzlich ein Gewissen zu entwickeln.

    Sie warf sich die Tasche wieder über die Schulter und ging vor dem Bücherregal hinter ihrem Schreibtisch in die Hocke. Das unterste Fach wurde von einer Tür verschlossen, hinter der sich ein gedrungener metallischer Behälter verbarg. In die Oberseite war ein kleines Tastenfeld eingelassen. Nechayev gab eine Kombination ein und drückte dann auf »Bestätigen«. Ein rotes Licht begann zu blinken, und eine digitale Anzeige erschien: Dreißig Sekunden. Neunundzwanzig. Achtundzwanzig.

    Okay, jetzt wird’s wirklich Zeit!

    Durch die offene Tür ihres Arbeitszimmers konnte Nechayev die durchsichtige Wand sehen. Ein Schatten fiel ihr ins Auge. Im nächsten Moment kam eine Gestalt in Sicht, die sich geduckt über die Veranda bewegte. Nechayev glaubte nicht, dass der Agent sie schon gesehen hatte – aber ohne Stromversorgung funktionierte die Tarntechnologie nicht. Scanner konnten sie wieder erfassen: Die Agenten wussten, dass sie in der Wohnung war. Wahrscheinlich bezogen die anderen just in diesem Moment Position vor den anderen Eingängen des Apartmentgebäudes. Ein Blick auf den Bildschirm ihres Computerterminals bestätigte diese Vermutung: Vor jeder der vier Türen standen nun zwei Sicherheitsleute. Die übrigen vier hatten straßenseitig in einiger Entfernung Posten bezogen, wohl um ihren Kollegen im Notfall Feuerschutz zu geben.

    Sie musste hier raus. Was sie sich damit auch eingebrockt haben mochte, Nechayev konnte von ihrem überstürzten Plan nicht mehr abweichen.

    Stumm zählte sie die Sekunden herunter, während sie den Phaser in ihrer rechten Hand auf eine höhere Stärke einstellte, auf die Wand zielte und abdrückte. Der Energiestrahl durchschlug das transparente Aluminium und schuf ein Loch mit einem Durchmesser von etwa einem Meter. Der Mann draußen trat rasch einen Schritt zurück, aber Nechayev war schneller: Der Betäubungsschuss aus ihrem zweiten Phaser traf den Agenten in die Brust und schleuderte ihn rückwärts über den niedrigen Holzzaun der Veranda. Er verlor das Bewusstsein, noch ehe er auf dem Boden aufschlug.

    Irgendwo im Haus wurden Türen aufgebrochen, und Nechayev konnte Stimmen in angrenzenden Räumen und Fluren hören. Dann rief jemand eine Warnung, die in der Dunkelheit widerhallte.

    »Im Haus befindet sich ein Sprengsatz! Rückzug!«

    Nechayev kümmerte sich nicht weiter um den Aufruhr. Sie rannte durch ihr Arbeitszimmer und auf die Verandatür zu. Draußen bewegte sich etwas, und sie schoss, ohne richtig zu zielen. Offenbar hatte sie dennoch getroffen: Eine Frau in einer eng anliegenden schwarzen Uniform fiel auf die Liege, die auf der Veranda stand. Bei Tag (und wenn einen nicht gerade ein Phaserstrahl ausgeknockt hatte) konnte man von dort aus den Pfad überblicken, der zum Strand führte. Nechayev gab noch einen Warnschuss ab, um auf Nummer sicher zu gehen, dann lief sie auf die Veranda hinaus und stellte den anderen Phaser mit dem Daumen wieder auf Betäubung.

    Sie hörte Rufe aus verschiedenen Richtungen – im Haus und davor –, versuchte aber nicht, den Agenten auszuweichen, sondern wählte eine Durchbruchstelle. Obwohl sie Trikorder dabeihatten, schienen die beiden Agenten auf der nördlichen Seite des Hauses, ein Mann und eine Frau, überrascht zu sein, dass ihre Beute plötzlich in die Offensive ging. Nechayev traf mit beiden Phasern, und die Agenten landeten im Gras. Es wurde jetzt rasch dunkler, aber Nechayev sah mehrere Gestalten, die sich hastig zurückzogen und zwischen ein paar Bäumen Schutz suchten. Der Weg zum Wasser war frei, und sie zog sich dorthin zurück, die Phaser im Anschlag. Sie konnte den Anlegesteg mit einem Sprint erreichen, auch wenn sie langsam ein bisschen alt für so etwas wurde. Wenn sie es zu dem Boot schaffte, das am Steg vertäut lag …

    Dann kam der Countdown in ihrem Kopf bei null an.

    Nechayev zuckte nicht mit der Wimper, als sie die gedämpfte Explosion aus ihrer Wohnung hörte. Die Sprengladung in ihrem Bücherregal war nicht dazu bestimmt, das ganze Gebäude in die Luft zu jagen, geschweige denn jemanden in der näheren Umgebung zu verletzen. Sie sollte lediglich ihr Büro zerstören. Die Wände ihres Arbeitszimmers waren stabil genug, um der Explosion und dem Feuer standzuhalten. Nicht einmal die Sicherheitskräfte, die sie bereits außer Gefecht gesetzt hatte, waren verletzt worden – aber alles, was möglicherweise für eine Strafverfolgung von Nutzen gewesen wäre, würde vernichtet werden.

    Die Stimmen der Agenten in der Dunkelheit klangen nicht mehr so aufgeregt wie vor der Explosion. Sicher holte der Leiter des Teams erst einmal Rückmeldungen ein. Das Chaos würde Nechayev ein paar Sekunden Zeit geben: Sie musste sie nutzen.

    Das Boot! Jetzt oder nie!

    »Halt!«, rief jemand hinter ihr. »Bleiben Sie sofort stehen!«

    Nechayev drehte sich in der Hüfte und feuerte. Dann rannte sie über den gepflasterten Pfad, der vom Haus zum Strand hinunterführte. Hier gab es keine Beleuchtung, aber natürlich konnten die Trikorder ihrer Verfolger sie weiterhin orten. Sie konnte sich nirgendwo mehr verstecken – ihre Flucht war nun auf einen simplen Wettlauf reduziert.

    Es war ein Wettlauf, den sie nicht gewinnen konnte.

    Das wurde ihr klar, als ein Phaserstrahl ihre linke Schulter traf. Sie verlor nicht das Bewusstsein, stolperte jedoch und brach in die Knie. Taubheit breitete sich in ihrem Arm aus und erreichte ihre Hand. Der Phaser entglitt ihren Fingern. Schwindel und Orientierungslosigkeit überkamen sie. Sie stützte sich schwer auf die rechte Faust, in der sie immer noch den zweiten Phaser hielt, und wandte sich mühsam zu ihren Verfolgern um. Drei Agenten der Föderationssicherheit kamen auf sie zugejoggt. Nechayev, noch immer auf den Knien, hielt schwankend das Gleichgewicht und hob den Phaser.

    »Lassen Sie das!«, befahl der Agent, der das Trio anzuführen schien, ein Mann oder männlicher Humanoider in schwarzer Uniform. Er hielt seinen eigenen Phaser auf ihr Gesicht gerichtet.

    »Admiral Alynna Nechayev«, sagte eine schlanke Andorianerin. »Bitte ergeben Sie sich. Sie sind verhaftet …«

    Sie spulte eine Reihe von Anklagepunkten herunter, aber Nechayev hörte ihr gar nicht zu. In ihren Ohren rauschte es. Sie konnte sich gut vorstellen, was man ihr vorwarf.

    »Lassen Sie die Waffe fallen und geben Sie Ihre Gegenwehr auf, oder wir sind gezwungen, härtere Maßnahmen zu ergreifen!«

    Dummköpfe!

    Glaubten diese Agenten wirklich, dass die Bekanntgabe von ein paar Informationen eine Geheimgesellschaft aufhalten konnte, die so allgegenwärtig, ungreifbar und autonom war wie Sektion 31? Die länger existierte als die Föderation selbst, der nie eine andere Organisation ebenbürtig gewesen war? Dachten sie, dass die Behörde keine Bedrohung mehr darstellte, nur weil sie jetzt der Öffentlichkeit bekannt war? Die Situation entwickelte sich noch, und Nechayev konnte nicht beurteilen, was auf höchster Befehlsebene entschieden werden würde, um die Fortführung der Mission von Sektion 31 zu garantieren und möglicherweise die wichtigsten Befehlshaber abzuschirmen.

    Eine Sache war ihr jedoch vollkommen klar: Der Sicherheitsdienst der Föderation konnte sie inhaftieren, nicht aber beschützen. Der Einfluss von Sektion 31 war enorm und reichte tief ins innerste Gefüge der Sternenflotte und der Föderationsregierung hinein. Wenn man entschied, sie umzubringen, würde es keinen Ausweg für sie geben und niemanden, der ihr helfen konnte. Sie konnte nur eins tun: durch Schweigen ihre Loyalität beweisen. Das war ihre einzige Chance.

    Sie hob ihre Waffe.

    Drei gleißend helle Phaserstrahlen leuchteten gleichzeitig auf und spülten die Welt davon.

    KAPITEL 3

    Admiral Leonard James Akaar hatte Mühe, nicht die Selbstbeherrschung zu verlieren. Zorn, Unglauben und Enttäuschung tobten in ihm, und wie ein reißender Strom, der sich durch Risse in einer Talsperre drängte, drohten seine Gefühle aus ihm hervorzubrechen.

    Reiß dich zusammen, Admiral!

    Akaar saß in seinem Büro im Hauptquartier der Sternenflotte und studierte Jean-Luc Picards Gesicht, das auf dem Bildschirm seines Computers zu sehen war. Zu Beginn der letzten Mission der U.S.S. Enterprise war es zu Unstimmigkeiten zwischen dem Captain und ihm gekommen, aber Picards Selbstdisziplin, für die er in Sternenflottenkreisen bekannt war, hatte wieder die Oberhand gewonnen: Er schilderte die Geschehnisse auf Sralanya gewohnt sachlich und wartete schweigend auf Nachfragen. Seine Miene blieb unbewegt. Es kam Akaar so vor, als widerstrebte es Picard, wieder auf das Thema zurückzukommen, das beide Männer zuvor in Rage versetzt hatte.

    Er hat keine Ahnung von der Bombe, die ich gleich platzen lassen werde.

    Er lehnte sich dem Bildschirm entgegen. »Erzählen Sie mir von Min Zife, Captain«, sagte er.

    Da veränderte sich Picards Gesichtsausdruck doch: Sein Schrecken war ihm deutlich anzusehen. Zwar hatte er sich bewundernswert schnell wieder unter Kontrolle, aber der Schaden war angerichtet: Er hatte sich verraten.

    »Was soll ich Ihnen denn erzählen?«, fragte Picard vorsichtig.

    Akaar faltete die Hände vor sich auf dem Schreibtisch. Er hatte Picards volle Aufmerksamkeit. Gut. »Oh, ich weiß nicht, Captain. Soll ich anfangen?«, fragte er. »Sein Rücktritt zum Wohle der Föderation, sein stiller Gang ins Exil – das ist lediglich die Geschichte, die man der Öffentlichkeit verkauft hat. Die Wahrheit ist, dass er gezwungen wurde, sein Amt niederzulegen, ohne dass ein Amtsenthebungsverfahren oder eine offizielle Untersuchung seiner Taten in die Wege geleitet wurde. Und ja, seine Taten waren abscheulich. Sie kosteten Millionen von Leben. Präsident Zife hätte angeklagt und vor Gericht gestellt gehört, um sich dafür zu verantworten. Aber das wurde ihm erspart, Captain, nicht wahr?«

    Picard schwieg, aber sein gequälter Blick war nach innen gerichtet, als würden vor seinem geistigen Auge lange verdrängte Erinnerungen aufsteigen. Akaar musste einräumen, dass Picard wohl wenig anderes übrig geblieben war. In den Jahren nach Min Zifes erzwungener Amtsniederlegung hatten Picard und seine Besatzung viel durchzustehen gehabt. Er hatte sich keine Ablenkungen erlauben können.

    Das Ausmaß der Enthüllungen Ozla Granivs war dermaßen gewaltig, dass Akaar noch damit beschäftigt war, die Informationen zu sichten. Natürlich hatte er schon früher von Sektion 31 gehört, aber die geisterhafte Ungreifbarkeit des Geheimbundes hatte ihn ratlos gemacht. Und damit war er nicht allein gewesen: Alle, die versucht hatten, die Verbrechen der Organisation aufzudecken, waren gescheitert. Graniv hatte sie alle ausgestochen. Um Sektion 31 zu demaskieren, hatten sie und zwei Agenten des Geheimdienstes der Sternenflotte, Julian Bashir und Sarina Douglas, sich in große Gefahr gebracht – Douglas hatte für dieses Ziel sogar ihr Leben gegeben.

    Das Komplott gegen Präsident Min Zife zählte ohne Frage zu den abscheulicheren Taten der Organisation. Zwar verstand Akaar rückblickend die Gründe dafür, die Herangehensweise aber konnte er nicht billigen. Zife hatte während des Dominion-Krieges ein geheimes Abkommen mit der Regierung des Planeten Tezwa getroffen, einer unabhängigen Welt an der Grenze zum Klingonischen Reich. Tatsächlich verfolgte Zife mit seinem Plan, Verteidigungsgeschütze auf Tezwa zu stationieren, sogar gute Absichten: Tezwa wurde so zum Teil der Defensivstrategie für den Fall, dass die Schiffe der Sternenflotte gezwungen worden wären, vor den Angriffen des Dominion zurückzuweichen. Das Problem daran war, dass er damit gegen das Khitomer-Abkommen verstieß, den Friedensvertrag zwischen der Föderation und dem Klingonischen Reich. Wäre seine Entscheidung publik geworden, hätten die Klingonen der Föderation wahrscheinlich den Krieg erklärt.

    Vielleicht wäre der ehemalige Föderationspräsident sogar mit seinem geheimen Plan davongekommen, wenn die Geschütze nicht schließlich gegen klingonische Schiffe eingesetzt worden wären. Zife hatte versucht zu vertuschen, was er getan hatte, aber dem langen Arm und eisernen Griff von Sektion 31 war er nicht entronnen.

    »Nachdem Sie von Zifes Verbrechen erfahren hatten, war Ihnen klar, dass eine öffentliche Anklage die Klingonen provozieren würde, Vergeltungsmaßnahmen gegen die Föderation zu ergreifen«, fuhr Akaar fort. »Also haben Sie und ein paar andere Offiziere beschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.«

    »Widerstrebend, aber … Ja.« Obwohl Picard sich sichtlich unwohl fühlte, senkte er keinen Moment lang den Blick. Das hatte Akaar auch nicht erwartet. Allerdings veränderte sich Picards Tonfall: Er wurde förmlicher, zurückhaltender. »Damals schien es so, als sei es das Beste für die Föderation, Präsident Zife zum Rücktritt zu zwingen und ihm zu gestatten, sein Leben im Exil zu beschließen.«

    »Sie haben einen Staatsstreich inszeniert, Picard!«, fuhr

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