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Star Trek - The Next Generation 09: Kalte Berechnung - Lautlose Waffen
Star Trek - The Next Generation 09: Kalte Berechnung - Lautlose Waffen
Star Trek - The Next Generation 09: Kalte Berechnung - Lautlose Waffen
eBook436 Seiten7 Stunden

Star Trek - The Next Generation 09: Kalte Berechnung - Lautlose Waffen

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Über dieses E-Book

Drei Jahre nach der zerstörerischen letzten Borg-Invasion hat der kalte Krieg gegen den Typhon-Pakt die Sternenflotte fest im Griff. Ihre Ressourcen werden knapp. Ausgerechnet jetzt droht eine gefährliche neue Technologie die Föderation von innen heraus zu zerstören. Captain Jean-Luc Picard und die Enterprise und werden zur Zielscheibe in einem tödlichen Spiel aus Täuschung und Betrug. Sie müssen einen Weg finden, den Spion in ihrer Mitte zu enttarnen - bevor es zu spät ist. Und je näher sie dran sind, den Feind zu entlarven, desto tiefer geraten sie selbst in die Falle …
SpracheDeutsch
HerausgeberCross Cult
Erscheinungsdatum17. Aug. 2015
ISBN9783864257360
Star Trek - The Next Generation 09: Kalte Berechnung - Lautlose Waffen
Autor

David Mack

David Mack is the multi-award-winning and the New York Times bestselling author of thirty-eight novels of science fiction, fantasy, and adventure, including the Star Trek Destiny and Cold Equations trilogies. His extensive writing credits include episodes of Star Trek: Deep Space Nine, and he worked as a consultant on season one of the animated series Star Trek: Prodigy. Honored in 2022 as a Grand Master by the International Association of Media Tie-in Writers, Mack resides in New York City.  

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    4/5
    I'm a big fan of Mack's recent Star Trek work. That being said, I've not enjoyed Cold Equations as much as the Destiny series, thus far. Silent Weapons was good in that there were several exciting sub-stories going on at the same time, but I didn't think it brought the overall story together enough. The ending, particularly, seemed to be rushed. I would've liked to see more about the big thing at the end (trying not to give anything away). Still, there are tons of wonderful character moments throughout the story and even some big leaps in terms of character development and growth that make this book a worthwhile read.

Buchvorschau

Star Trek - The Next Generation 09 - David Mack

Stille.

KAPITEL 1

Wenige Dinge hasste Hilar Tohm so sehr, wie warten zu müssen. Schon in ihrer Jugend auf Trill, während ihrer Jahre an der Sternenflottenakademie, später als Analytikerin und jetzt als Bereichsleiterin für den Geheimdienst der Sternenflotte war sie immer stolz auf ihre Pünktlichkeit gewesen. Sie sah es als persönlichen Affront an, wenn andere ihr nicht denselben Grad an Professionalität und Höflichkeit entgegenbrachten. Ihrer Meinung nach fielen diejenigen, die ständig zu Terminen zu spät kamen, in eine von zwei Kategorien: die Passiv-Aggressiven, die sich mit ihrer Verspätung in irgendeiner Weise am Gegenüber rächen wollten, und die einfach nur Unhöflichen, die andere zur Demonstration ihrer persönlichen Macht warten ließen. Sie wollten damit ausdrücken: Ich kann es mir leisten, deine Zeit zu verschwenden, weil meine so viel wertvoller ist.

Sie trank noch einen Schluck von ihrem inzwischen lauwarmen Oolong-Tee mit Zitrone und Blütenhonig, strich sich eine Locke ihres krausen, kastanienbraunen Haars aus den Augen und sah noch einmal auf ihre Armbanduhr. Die zeigte noch dreißig Sekunden bis 1600 Ortszeit, entsprechend der seltsamen Art der Zeitmessung auf der orionischen Heimatwelt. Wehe ihm, wenn er zu spät ist.

Zwanzig Sekunden bevor die volle Stunde erreicht war, betrat die Person, auf die sie wartete, das Café, sah sich um und entdeckte sie. Der schlanke, blauäugige Data war ein wenig größer als ein durchschnittlicher Mensch. Seine Haut war hell, und das zerzauste, hellbraune Haar war rechts gescheitelt. Er trug einfache Kleidung – dunkle Hose und Schuhe, ein cremefarbenes Leinenhemd und eine Jacke aus Kunstleder – und bewegte sich elegant und selbstbewusst. Ohne ihr zuzuwinken oder seinen Gesichtsausdruck zu verändern, schlängelte er sich durch die dicht beieinanderstehenden Tische und Stühle, auf denen Cafébesucher Dutzender verschiedener Spezies saßen. Unbeirrbar kam er auf ihren Tisch zu.

Als er ihn erreicht hatte, grüßte er Tohm mit einem höflichen Nicken. »Ist der Platz frei?«

Sie antwortete mit der vorher abgesprochenen Losung: »Ich halte ihn für meinen Bruder frei.«

»Alle Menschen sind Brüder«, gab Data zurück, »bis die Miete fällig wird.« Tohm bedeutete ihm, sich zu setzen, und er nahm ihr gegenüber Platz. »Danke, dass Sie mich so kurzfristig treffen.«

»Kein Problem.« Sie senkte die Stimme. »Unter welchem Namen reisen Sie?«

Data lehnte sich vor und flüsterte: »Daniel Soong.« Dann zuckte er mit einer Schulter und lächelte selbstironisch. »Nennen Sie mich ruhig sentimental.« Seine Miene änderte sich, als bestehe sie aus Quecksilber, und wurde sofort ernst und geschäftsmäßig. »Ich wollte nur sagen, dass ich Ihre Diskretion diesbezüglich zu schätzen weiß.«

»Dann lassen Sie mich sagen, dass ich, wenn sich nicht gewisse bekannte Persönlichkeiten für Sie eingesetzt hätten, gar nicht erst mit Ihnen sprechen würde.« Sie warf einen ungeduldigen Blick auf ihr Chronometer. »Was brauchen Sie?«

Der menschlich aussehende Androide griff in seine Jacke, holte einen durchscheinenden, wasserblauen isolinearen Chip hervor und schob ihn über den Tisch, bis er wenige Zentimeter neben Tohms Hand zu liegen kam. »Eine umfassende Durchsuchung des Orion-Bankensystems, inklusive privater Datenbanken und nicht digitalisierter Archive.«

Sie streckte einen Finger aus und ließ den Chip mit der Geschicklichkeit eines Zauberkünstlers unter der Handfläche verschwinden. »Wonach genau suche ich?«

»Nach allem, was die Finanzen der Personen und Konzerne betrifft, die auf dem Chip verzeichnet sind.« Verstohlen blickte er über die Schulter, als befürchte er eine maschinelle Überwachung oder Lauscher auf dieser Welt, die von Privatsphäre geradezu besessen war. »Die gelisteten Personen und Institutionen sollten Ihren Kollegen bereits bekannt sein. Einige von ihnen stehen bereits seit über hundert Jahren unter Überwachung, und alle werden derzeit von Ihrem Geheimdienst beobachtet.«

Sein Auftreten war ruhig und professionell, aber das schiere Ausmaß dessen, worum er sie bat, machte Tohm unruhig. »Das ist etwas umfangreicher, als ich erwartet hatte.«

»Welche Art der Hilfestellung hatten Sie denn erwartet?«

Sie achtete genau auf seine Reaktion, als sie antwortete: »Vielleicht eine Adresse oder einige Kommunikationsaufzeichnungen. Nichts so …«, sie tippte mit einem Finger auf den isolinearen Chip, »… Prekäres.«

Der Androide mit dem jung wirkenden Gesicht schien von ihrem Geständnis unbeeindruckt. »Darf ich Ihre Zurückhaltung dahingehend verstehen, dass Sie mir in dieser Angelegenheit nicht helfen können oder wollen?«

»Nicht unbedingt. Aber ich muss mehr darüber erfahren, was ich da untersuche.«

Data runzelte die Stirn und schürzte die Lippen. »Ich möchte aus verschiedenen Gründen nicht zu viel darüber sagen.«

Diese ausweichende Antwort weckte ihr Interesse. »Wie viel können Sie mir denn sagen?«

»Das Objekt meiner Nachforschungen ist ein Individuum, das dem Gewahrsam der Sternenflotte bereits mindestens zweimal entkommen ist und das sich unter mehr als einhundert Decknamen innerhalb der Föderation und darüber hinaus bewegt. Es besitzt Informationen, die nach meiner Einschätzung für die Sicherheit der Föderation von zentraler Bedeutung sein könnten.«

Tohm suchte Datas Gesicht nach Hinweisen darauf ab, dass er log, aber seine Miene war undurchdringlich. »Wie kommen Sie darauf, dass der orionische Finanzsektor die Informationen hat, die Sie brauchen?«, fragte sie.

»Auch wenn diese Person sich als einfallsreich und unabhängig bewiesen hat, braucht sie gelegentlich die Föderation und ihre Ressourcen. Aber selbst wenn dem nicht so wäre, glaube ich, dass er nicht gewillt ist, alle Bande mit unserer Kultur zu zerreißen. Wenn er jedoch einen solchen Kontakt, so flüchtig er auch sein mag, aufrechterhalten will, muss er über irgendeine Art von finanzieller Identität verfügen, die wir anerkennen und akzeptieren. Die Bank von Bolarus und die Kreditbörse von Ferenginar habe ich als Sitz dieser Identität ausgeschlossen. Er würde sein Vermögen nicht in Depots unterbringen, die unter der Kontrolle unserer Rivalen stehen, und er kann kein Konto in einem Institut führen, das der Regierung der Föderation untersteht. Daraus ergibt sich die Bank von Orion als wahrscheinlichster Ort für seine verbliebenen finanziellen Tarnidentitäten.«

So viel muss ich ihm lassen: Er ist gründlich.

Sie nahm den Chip vom Tisch und steckte ihn in die Tasche. »Ich werde sehen, was ich tun kann. Eine letzte Frage habe ich allerdings noch.« Er legte den Kopf schief und sah sie erwartungsvoll an. »Sie sind gegenwärtig nicht im aktiven Dienst. Warum suchen Sie diesen Kerl also wirklich

Die Frage schien Data zu amüsieren; er unterdrückte ein Lächeln und sah für einen Moment auf die Tischplatte hinunter, bis er sich wieder gefasst hatte. »Sagen wir einfach, es handelt sich um eine … Familienangelegenheit.«

»Nun gut.« Da ihm diese Antwort auszureichen schien, blieb ihr keine Wahl, als sich ebenfalls damit zufriedenzugeben. »Ich werde einige Tage brauchen. Wie kann ich Sie erreichen?«

Er deutete mit dem Kopf Richtung Innenstadt. »Ich residiere in der Royal Suite des Imperial Star Resort unter dem Namen Miller.«

»Das Imperial Star?« Sie war sicher, sich verhört zu haben. »Das innerhalb des diplomatischen Gebiets der Nalori?« Er nickte. Gerade wollte sie fragen, warum er den Decknamen Miller gewählt hatte, überlegte es sich dann aber anders. »Gut, ich werde mich bald bei Ihnen melden.«

Er stand auf. »Ich freue mich darauf, von Ihnen zu hören.« Als sie einander die Hand gaben, stellte Tohm überrascht fest, dass Datas Haut sich warm anfühlte und die Fingerspitzen leichte Schwielen aufwiesen. Lächelnd ließ er ihre Hand los. »Guten Abend.«

Tohm sah Data zu, wie er sich wieder aus dem Raum wand, dann verließ sie das Café durch die Hintertür. Einen flüchtigen Augenblick lang, in der Gasse vor der Tür, hatte sie das unbestimmte Gefühl, beobachtet zu werden. Aber als sie sich umdrehte, um ihren Verfolger zu stellen, sah sie nur eine leere Straße, verdunkelte Fenster und das Dröhnen des nächtlichen Verkehrs in der Hauptstadt von Orion. Du wirst paranoid, neckte sie sich selbst. Vielleicht bist du schon zu lange in deinem Beruf.

Die Hände tief in die Taschen geschoben, beschleunigte sie ihre Schritte in Richtung der Föderationsbotschaft. Denn auch wenn sie sicher war, dass ihr niemand folgte, wusste sie, dass sie mit dieser Überzeugung in ihrer Branche früher oder später falschliegen würde.

Leuchtend wie ein Prisma wölbten sich die Ringe des Gasriesen über den Hauptschirm der Enterprise. Picard betrachtete sie staunend und war gleichzeitig voller Bewunderung für ihre unbeschreibliche Schönheit und voll stillem Bedauern über den Gedanken, in solch ein Naturwunder einzugreifen.

Im sanften Dämmerlicht der Brückenkonsolen verrichtete seine Mannschaft ihren Dienst beinahe ohne dass ein Wort gesprochen wurde. Nur das rhythmische Zirpen der Apparaturen durchbrach das leise Hintergrundrauschen der Lebenserhaltungssysteme und das Pulsieren des Impulsantriebs. Um den Hauptsystemmonitor an der Heckwand hatten sich Lieutenant Dina Elfiki, die auffallend attraktive junge leitende Offizierin der Wissenschaftsabteilung, sowie zwei Spezialisten aus dem astrometrischen Team versammelt: Lieutenant Corinne Clipet, eine theoretische Physikerin aus Frankreich mit dunklen Haaren und sanfter Stimme, und Ensign th’Verroh, ein Astrophysiker, der sich ein Jahr zuvor dafür entschieden hatte, trotz des Austritts Andors aus der Föderation bei der Sternenflotte zu bleiben, obwohl das bedeutete, dass seine Familie sich von ihm losgesagt hatte. Die drei Wissenschaftler trugen die Hauptverantwortung bei der aktuellen Mission der Enterprise: Sie sollten die Ringe von Azeban V mit der gleichen regenerativen Metaphasenstrahlung beschießen, die den Planeten Ba’ku innerhalb des Briar Patch für die Sternenflotte so interessant machte.

Da es ihm nichts brachte, dem leisen, von Fachbegriffen und abgehackten Berichten gespickten Gemurmel der drei zu lauschen, richtete Picard seine Aufmerksamkeit auf die Backbordstation, die seinem Kommandosessel am nächsten war. Die neue Sicherheitschefin Lieutenant Aneta Šmrhová war in ein leises, aber angespanntes Gespräch mit dem Ersten Offizier Commander Worf vertieft. Der breitschultrige Klingone überragte die zierliche, aber athletische junge Frau, die sich ihr schwarzes Haar vor Kurzem zu einem modischen, asymmetrischen Bob hatte schneiden lassen, der auf der rechten Seite bis zum Kinn herabfiel.

Offensichtlich musste Šmrhová sich sehr bemühen, angesichts Worfs schneidender Kritik den Anschein ruhiger Professionalität aufrechtzuerhalten. Nicht zum ersten Mal in den letzten Wochen fragte Picard sich, ob sein Erster Offizier sie ungerecht behandelte. Die junge Frau, die gebürtig aus der tschechischen Stadt Ostrava kam, diente seit mehr als vier Jahren auf der Enterprise, ohne ein negatives Wort von Worf zu hören zu bekommen, aber seit dem Tag, an dem Picard sie auf den Posten der verstorbenen Lieutenant Jasminder Choudhury befördert hatte, schien es, als könne Šmrhová in Worfs Augen nichts richtig machen. Picard kam sich ungnädig vor, Worfs Feindseligkeit gegenüber Šmrhová und seine peinlich genaue Überwachung ihrer Arbeitsleistung auf den grausamen Verlust seiner Geliebten Choudhury zu schieben, aber anders konnte er sich das Verhalten seines Ersten Offiziers nicht erklären. Zu seiner Sorge trug außerdem bei, dass Worf mehrere Einladungen, sich mit einem Counselor zu treffen, entschieden abgelehnt hatte, und als der leitende Counselor Hegol Den eine Pflichtsitzung einberufen hatte, hatte Worf an zwei aufeinanderfolgenden Terminen schweigend dagesessen. Wenn sich die Lage nicht innerhalb des nächsten Tages ändert, beschloss Picard, werde ich wohl eingreifen müssen.

Worf trat von der Sicherheitskonsole zurück und ging an Picard vorbei zu seinem Platz rechts vom Kommandosessel. Seine Miene war ernst und wachsam. »Unsere Aktivitäten hier erregen weiterhin Aufmerksamkeit.«

»Wieder dasselbe Schiff?« In den Wochen seit der Ankunft der Enterprise bei Azeban V hatte die Besatzung gelegentliche Anzeichen darauf entdeckt, dass ihnen ein getarnter romulanischer Warbird auf den Fersen war.

Der Klingone wirkte noch ernster. »Die Sensoren haben ein neues Signal entdeckt, und Lieutenant Šmrhová und Ensign Rosado haben Grund zu der Annahme, dass unser neuer Beobachter ein Kriegsschiff der Breen ist.«

Besorgt runzelte Picard die Stirn. Genau wie das Sternenflottenkommando es vor Beginn dieser Mission befürchtet hatte, hatten sie die Aufmerksamkeit des Typhon-Paktes auf sich gezogen. »Was ist mit den Berichten aus dem Beta-Aurealis-System? Wurden sie verifiziert?«

Worf nickte leicht. »Ein Erkundungsflug der U.S.S. Starling hat bestätigt, dass dort eine mobile Überwachungsstation der Tzenkethi vorhanden ist. Offenbar soll sie unsere Aktivitäten hier aufzeichnen.« Er warf einen missmutigen Blick zu den Ringen auf dem Hauptbildschirm. »Aber wenn sie merken, wie vergeblich unsere Bemühungen sind, verlieren sie vielleicht bald das Interesse.«

»Ich fürchte, ihr Interesse währt ebenso lang, wie unsere Versuche andauern.« Picard rief die neuesten taktischen Scans auf seinem Kommandobildschirm auf. »Führen Sie im Lauf der nächsten sechs Schichten im zufälligen Abstand drei Kampfübungen durch.«

»Aye, Sir.«

Picard stand auf und ging nach hinten zum Hauptsystemmonitor, wo er sich still zu Elfikis Arbeitsgruppe dazugesellte.

Sobald die Offiziere seine Anwesenheit bemerkt hatten, brach ihre Konversation ab, die schlanke ägyptische Frau drehte sich zu ihm um und bedachte ihn mit einem schüchternen Lächeln. »Captain.«

»Lieutenant, hat Ihr Team seit gestern irgendwelche Fortschritte gemacht?«

Elfiki, Clipet und th’Verroh tauschten besorgte, ausweichende Blicke. »Das kommt darauf an, Sir«, antwortete Elfiki schließlich. »Würden Sie es als Fortschritt ansehen, dass wir Myriaden Wege dokumentiert haben, wie unsere erste Runde an Energieimpulsen nichts hervorrufen konnte, das einer Metaphasenstrahlung auch nur entfernt ähnlich sieht?«

»Nicht im eigentlichen Sinn, nein.«

Sie wandte den Blick ab, um zu verbergen, dass sie peinlich berührt war. »Dann, fürchte ich, lautet unsere Antwort nein, keine merklichen Fortschritte bisher, Sir.«

»Das braucht Ihnen nicht peinlich zu sein, Lieutenant. Rückschläge und negative Ergebnisse gehören zur wissenschaftlichen Forschung nun einmal dazu.« Er deutete auf den Monitor. »Wie werden Sie weiter vorgehen?«

Elfiki nickte Clipet zu. »Corinne?«

Die Französin mit dem kastanienbraunen Haar trat an den Monitor und ließ auf mehreren der Bildschirme Simulationen laufen. »Wir glauben, dass unser erster Durchlauf keine Veränderung am Energieausstoß der Ringe hervorgerufen hat, liegt zum Teil daran, dass zu viele der Elemente und Bestandteile der Ringe inaktiv sind. Allerdings verzeichnen wir eine hohe Konzentration an Kytherium im Staub der Ringe. Wenn wir einen Katalysator wie zum Beispiel Corvelit anwenden, glaube ich, dass wir das Kytherium aufspalten und dadurch eine Vielzahl hochreaktiver Komponenten freisetzen könnten, die vielleicht auf unsere Versuche, eine Metaphasenumwandlung herbeizuführen, reagieren.«

Das war der vielversprechendste Anhaltspunkt, den das Team ihm bisher hatte bieten können. »Sehr schön. Wann können wir damit anfangen?«

»In vier Tagen«, sagte Elfiki. »Wir müssen eine ausreichende Menge des Katalysators replizieren, um die Ringe damit zu impfen, mehr, als wir auf einmal lagern können. Also müssen wir erst bis zur endgültigen Lagerkapazität herstellen und dann weiterproduzieren, während wir ihn ausstreuen.«

Picard nickte. »Machen Sie es so.«

Im Chor antworteten Elfiki, Clipet und th’Verroh: »Aye, Sir.«

Picard kehrte zum Kommandosessel zurück. Als er sich setzte, beugte Worf sich zu ihm herüber und fragte leise: »Glauben Sie, dass der Plan funktionieren wird?«

Eine berechtigte Frage, doch eine, die Picard nicht beantworten konnte. »Das ist kaum mein Spezialgebiet, Nummer Eins, aber wenn ich raten müsste, würde ich sagen, Nein.«

Worfs finstere Stimmung wurde noch schlechter. »Ich verstehe nicht, warum man die Enterprise ausgesucht hat, um ein derart schlecht geplantes Experiment durchzuführen. Warum kein Wissenschaftsschiff?«

Die Frage lenkte Picards Blick zurück zum taktischen Bericht auf seinem Kommandobildschirm und die sich anhäufenden Hinweise darauf, dass die Enterprise offenbar für den Typhon-Pakt zu einem Ziel des Interesses geworden war. »Ich nehme an, das hängt davon ab, was die Sternenflotte genau erreichen wollte, indem sie uns hierher geschickt hat. Wenn ihr Ziel war, die Ringe von Ba’ku zu replizieren, war es wohl ein Fehler. Falls es aber darum geht, die Aufmerksamkeit unserer Rivalen auf uns zu ziehen – dann, würde ich sagen, war die Mission ein voller Erfolg.«

Es war ein ruhiger Tag im Happy Bottom Riding Club, dem Erholungsraum der Enterprise. Die meisten Tische waren leer, nur eine Handvoll Offiziere und Unteroffiziere waren über das geräumige Etablissement verteilt, das mit Luftfahrtandenken von der Erde des zwanzigsten Jahrhunderts geschmückt war. Sal, der Barkeeper, stellte Geordi La Forge und Ravel Dygan jeweils ein Glas mit einem harten Getränk hin und zog sich dann zurück, damit die beiden in Ruhe die Drinks begutachten konnten, die sie als gegenseitige Mutprobe bestellt hatten.

Vor La Forge stand ein breites, niedriges Glas voll Kanar, einer sirupartigen alkoholischen Köstlichkeit von Dygans Heimatwelt Cardassia Prime. Der Chefingenieur hob das Glas hoch und drehte es langsam, um die Konsistenz der Flüssigkeit zu prüfen. Der Kanar verhielt sich wie Maschinenöl. Er schnupperte daran und verzog verwirrt die Nase. Die süßeren Komponenten rochen verlockend, aber dahinter lag eine schärfere Note, die eine durchschlagende Wirkung versprach.

Um den Moment des Trinkens hinauszuzögern, sagte er zu Dygan: »Sie zuerst.«

Der cardassianische Ops-Offizier, der im Rahmen eines Offiziersaustauschprogramms auf der Enterprise diente, betrachtete die blassgoldene Flüssigkeit in seinem Glas mit ähnlichem Argwohn. Er hielt sie ins Licht, roch daran und fuhr dann erschrocken und angewidert zurück. »Was sagten Sie doch gleich, wie man das hier nennt?«

»Tequila.« Ein spitzbübisches Grinsen breitete sich auf La Forges Gesicht aus. »Seien Sie vorsichtig, das haut ganz schön rein.«

Dygan stellte das Glas ab. »Vielleicht ist das hier keine gute Idee.«

La Forge lachte. »Natürlich nicht.« Er schüttelte den Kopf und kicherte leise. »Etwas so Dummes habe ich nicht mehr gemacht, seit ich die Akademie verlassen habe.«

»Meine Freunde und ich waren ähnlich, als wir noch Kadetten der Militärakademie auf Kora II waren.« Für einen Moment sah er wehmütig aus. »Schwer zu glauben, dass so viele von ihnen nun nicht mehr sind. Die meisten Leute, die ich damals gekannt habe, sind im Dominion-Krieg umgekommen.« Mit einem teilnahmsvollen Ausdruck fügte er hinzu: »Ich nehme an, das Gefühl kennen Sie nur allzu gut.«

La Forge nickte. »Leider ja.« Er starrte auf die undurchsichtige Oberfläche des Kanar, während er seine Gedanken sammelte. »Nicht, dass ich nicht neue Freunde gewinnen könnte, aber je älter ich werde, desto schwieriger scheint es zu sein. Und manchmal kann man zu neuen Freunden einfach nicht die gleiche Bindung aufbauen wie zu den alten.«

»So ist das eben.« Dygan schaute durch die bernsteinfarbene Linse aus Schnaps in seiner Hand. »Diejenigen, die uns als Erstes nahegestanden haben, werden uns immer am nächsten sein.« Etwas rührselig fügte er hinzu: »Manches ist einfach unersetzlich.« Mit einem aufgesetzten Lächeln versuchte er die düstere Stimmung zu verbergen. »Aber manchmal kommen sie auch zurück, was? So wie Ihr alter Freund Data.«

»Ja … Data.« An die Reinkarnation seines besten Freundes erinnert zu werden, machte den sonst so redseligen La Forge für einen Moment sprachlos. Über vier Jahre nachdem er Data geholfen hatte, in sein Verderben an Bord der Scimitar zu rennen, um Captain Picard vor dem Verrückten Shinzon zu retten und die Thalaron-Waffe zu zerstören, die ganze Welten auslöschen konnte, hatte La Forge plötzlich dazu beigetragen, dass sein Freund zurückkehrte. Und zwar in dem Androidenkörper, den Datas Schöpfer Noonien Soong für sich selbst gemacht hatte, um dem Tod zu entkommen. Mit einem Mal waren vier Jahre der Trauer hinfällig gewesen; vier Jahre der Einsamkeit und des langsamen Heilens auf einmal bedeutungslos. Natürlich war La Forge überglücklich, seinen Freund wiederzuhaben, aber er hatte zu seiner Überraschung ebenfalls festgestellt, dass er wütend war. Mit einem verlegenen Lächeln versuchte er, seine Unruhe herunterzuspielen. »Damit muss ich erst einmal richtig klarkommen.«

»Ich wollte nicht aufdringlich sein oder alte Wunden aufreißen«, erklärte Dygan entschuldigend.

»Machen Sie sich keine Sorgen.« Mit einer wegwerfenden Handbewegung deutete er an, dass er nicht beleidigt war. »Schnee von gestern, wie wir auf der Erde sagen.«

Nachdem er den Tequila noch einmal hochgehoben und einige Sekunden lang betrachtet hatte, stellte Dygan ihn übertrieben behutsam wieder hin. »Ich möchte nicht unterschätzen, wie verwirrend die Situation für Sie sein muss, aber ich muss sagen … ein klein wenig beneide ich Sie.« Er sah La Forge in die Augen. »Ich würde einiges dafür tun, meinen besten Freund von den Toten zurückzuholen.«

Das Geständnis des jungen Mannes brachte La Forges unterdrückte Schuldgefühle an die Oberfläche. »Ich will nicht undankbar klingen, denn das bin ich nicht. Dass Data zurück ist, ist … unglaublich. Wenn ich ihn selbst hätte zurückbringen können, hätte ich es getan. Aber die Art und Weise, wie es passiert ist, wirft so viele Fragen auf, die ich einfach nicht beantworten kann.«

»Zum Beispiel?«

Zunächst wollte La Forge nicht darauf eingehen, schob aber schließlich seinen Widerwillen beiseite und beschloss, sich Dygan anzuvertrauen. »Nun, das fängt schon damit an, dass es ganz genau genommen nicht wirklich er ist, sondern eine Kopie von ihm. Der ursprüngliche Data – sein Körper, sein Geist, seine Seele – ist auf der Scimitar in Flammen aufgegangen. Dieser neue Data hat die meisten Erinnerungen des Originals – aber nicht alle. Seine Erinnerungen an dieses Leben enden mit dem Moment, als er seine Engramme in B-4s Positronenmatrix überspielt hat. Aber – und an der Stelle wird es dann wirklich knifflig – bis auf diese Lücke von etwa einem Tag erinnert er sich daran, der Data gewesen zu sein, den ich kannte. Und was sind wir, wir alle, schon anderes als die Summe unserer Erfahrungen? Wenn er sich daran erinnert, dieses Leben gelebt zu haben, wie könnte ich dann sagen, dass es nicht wirklich er ist?«

Schweigend starrte Dygan auf das Glas vor sich und schien über diese Worte nachzudenken. Schließlich sagte er: »Vielleicht hätten wir mit diesem Gespräch bis nach der ersten Runde warten sollen.«

»Sie haben gefragt«, sagte La Forge.

»Das habe ich.« Der abwesende Ausdruck in Dygans Augen vermittelte La Forge den Eindruck, dass er über etwas Tiefsinniges nachdachte. »Ich glaube, wenn er nicht der gewesen wäre, den Sie kennen, hätten Sie es gemerkt, als er vor Ihnen gestanden hat. Kam er Ihnen da wie dieselbe Person vor?«

La Forge erinnerte sich an den Augenblick, als er gesehen hatte, wie Data sich auf dem Arbeitstisch im Labor auf Mangala aufgesetzt hatte, und an ihr Gespräch, bevor Data die Enterprise mit der Archeus verlassen hatte, dem Schiff, das er von seinem Vater geerbt hatte. »Ja, kam er. In jeglicher Hinsicht war er es, darauf hätte ich schwören können.«

»Dann war er es.«

Konnte es wirklich so einfach sein? War es möglich, dass all die philosophischen und existenztheoretischen Fragen, die Datas Auferstehung mit sich brachte, eigentlich nicht relevant waren? Gerne würde La Forge das glauben; die Rückkehr seines Freundes infrage zu stellen, war ihm wie eine Verleugnung vorgekommen, als durchlebe er die Phasen der Trauer umgekehrt noch einmal – ja, als trauere er tatsächlich um seine Trauer.

»Ich hoffe, Sie haben recht«, sagte er.

Aufmunternd schlug Dygan ihm auf die Schulter. »Vertrauen Sie mir, Sir.« Er hob sein Glas, und La Forge tat es ihm gleich, als der Cardassianer hinzufügte: »Auf alte Freunde.«

»Auf alte Freunde«, wiederholte La Forge.

Dygan und er stürzten beide ihre Getränke in einem Zug herunter – und beugten sich dann beide vor, um sie sprühend auf die Deckplatten zu spucken. La Forge würgte und stieß mit der Zunge gegen den Gaumen im vergeblichen Versuch, den widerlichen Geschmack des Kanar loszuwerden, und Dygan schnappte nach Luft und hustete so sehr, dass er sein Glas fallen ließ. Vom anderen Ende der Bar und aus allen Ecken des Raums hörten sie das wissende Gelächter ihrer Mannschaftskameraden. La Forge zog sich an der Bar mühsam aufrecht und stöhnte: »In einer Stunde werde ich es wirklich bedauern, das getan zu haben.«

»Dann beneide ich Sie abermals«, sagte Dygan und verzog das Gesicht, »denn ich bedauere es jetzt schon.«

Freudige Rufe und Geschrei drangen aus der Kinderbetreuungsstätte der Enterprise in den Korridor, und Dr. Beverly Crusher fühlte, wie der Puls ihres Sohns René schneller schlug vor Aufregung, als er die anderen Kinder spielen hörte. Der Junge versuchte, ihr davonzulaufen, aber sie hielt ihn zurück, indem sie sanft sein Handgelenk umfasste. »Ganz ruhig, René.«

Die Kinderbetreuungsstätte war ein heller, fröhlicher Ort, den der denobulanische stellvertretende medizinische Offizier Dr. Tropp nur wenige Abteilungen von der Krankenstation entfernt auf Deck sieben eröffnet hatte. Die Wände und Teppiche waren in beruhigenden Pastelltönen gehalten, und der Raum war mit einer Vielzahl von Spielzeugen ausgestattet – einige pädagogisch, einige einfach nur zum Vergnügen, alle sicher und hypoallergen.

Als sich die Tür vor ihnen öffnete, ließ Crusher Renés Hand los, und er sprang hinein. Sein pausbäckiges Gesicht strahlte, als er sich zu seinen Freunden gesellte, einer Handvoll Kinder verschiedener humanoider Spezies in den Altersklassen von achtzehn Monaten bis zu dreieinhalb Jahren. Mit zweieinhalb lag René genau in der Mitte, aber sein offenes und freundliches Wesen half ihm, sowohl mit älteren als auch mit jüngeren Kindern gut zurechtzukommen. Wie er seine Freunde zur Begrüßung umarmte, entlockte Crusher ein zufriedenes, glückliches Lächeln.

Sie sah auf, begegnete dem Blick des leitenden Betreuers und bat ihn mit gehobenen Augenbrauen und einem leichten Winken zu sich. Hailan Casmir war ein argelianischer Lehrer, Musiker und Puppenspieler, der etwa Anfang dreißig zu sein schien. Das blonde Haar umrahmte in einer lockeren Mähne seine schmalen, eckigen Gesichtszüge, die durch den kurz geschnittenen honigfarbenen Bart zusätzlich betont wurden. Casmir war mit einer der Ingenieurinnen des Schiffs verheiratet, der bajoranischen Lieutenant Taro Trinell. Die Tochter der beiden war nur wenige Monate jünger als René und seit Kurzem eine seiner liebsten Spielkameradinnen.

Casmir reichte Crusher die Hand. »Doktor. Es ist mir wie immer ein Vergnügen.«

»Ganz meinerseits.« Sie nickte zu René hinüber. »Ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich ihn heute früher abhole, gegen vierzehnhundert, und dass er morgen nicht kommt.«

Bei dieser Mitteilung runzelte Casmir leicht die Stirn. »Doch hoffentlich nichts Ernstes?«

»Nein, nein, nur eine Routineimpfung, aber er sollte danach für vierundzwanzig Stunden isoliert sein, nur um sicherzugehen, dass es keine unerwünschten Nebenwirkungen gibt.« Sie verschränkte die Arme und betrachtete die verzückt spielenden Kinder mit dem Auge einer Wissenschaftlerin. »Wie läuft es so?«

»Großartig«, sagte Casmir. »Der kleine René mausert sich langsam zu einer Art Anführer. Ich weiß nicht, inwiefern es an seinem angeborenen Charisma liegt und inwiefern daran, dass die anderen es von ihm als Sohn des Captains einfach erwarten, aber er hat wirklich ein Händchen dafür, alles so zu arrangieren, wie es ihm gefällt.«

»Und ist das wirklich etwas Gutes?«

Casmir zuckte mit den Achseln. »Es ist weder gut noch schlecht. Er hat einfach Talent darin, das Verhalten anderer nachzuahmen und die übrigen Kinder dazu zu überreden, mit ihm das zu tun, was ihm Spaß macht. Andererseits muss er noch ein wenig üben, mit den anderen zu teilen. Aber das ist alles ganz normal für ein Kind seines Alters.«

Sie wusste, dass er recht hatte. Ihr älterer Sohn Wesley hatte genau den gleichen Sozialisierungsprozess durchlebt, obwohl er nicht so sehr dazu geneigt hatte, die Führung über seine Freunde zu übernehmen. Dennoch konnte sie eine leichte Sorge nicht unterdrücken. »Trotzdem möchte ich Sie bitten, Hailan, dass Sie versuchen, René dazu zu ermutigen, ab und zu auch jemand anderen bestimmen zu lassen, was gespielt wird. Ich möchte nicht, dass die anderen sich angewöhnen, ihn irgendwie anders zu behandeln, nur weil er der Sohn des Captains ist.«

»Ich tue, was ich kann.«

Seine Antwort klang annehmbar wie immer, doch Crusher spürte, dass er noch etwas zurückhielt, das er nicht gerne sagen wollte. »Aber …?«, hakte sie nach.

»Aber … je älter er und seine Freunde werden, desto schwieriger wird es, ihre Wahrnehmung von ihm von der Beziehung zum Captain zu trennen. Es gehört ganz natürlich zur Sozialisierung humanoider Spezies dazu, dass sich eine Hierarchie entwickelt. In früheren, weniger weit entwickelten Kulturen gruppierten sich die Heranwachsenden oft nach finanziellen Kriterien. Heutzutage erfolgt diese Trennung gewöhnlich nach Leistung, entweder akademischen oder sportlichen. Aber auf einem Raumschiff, wo das Leben viel stärker reglementiert ist und ein militärisches Ränkesystem die Interaktionen zwischen Erwachsenen bestimmt, neigen auch Kinder dazu, ihre Beziehungen nach denen auszurichten, die sie jeden Tag sehen.«

Crushers erster Gedanke war, Casmir zu widersprechen, aber sie erinnerte sich, Anzeichen für genau dieses unbewusste Klassensystem auch auf anderen Raumschiffen gesehen zu haben, auf denen sie gedient hatte, und es passte zu dem, was ihr Leute erzählt hatten, die auf Raumschiffen oder Sternenbasen aufgewachsen waren. Die Kinder der Offiziere spielten häufig miteinander, genauso die der Unteroffiziere und anderen Besatzungsmitglieder. Unter jüngeren Kindern gab es häufig Freundschaften, die diese sozialen Grenzen überschritten, aber mit zunehmendem Alter trennten sich die Cliquen oft automatisch nach verschiedenen Kriterien – nicht nur nach Leistung, sondern auch nach Beliebtheit, Spezies und, es stimmte, den Rängen ihrer Eltern bei der Sternenflotte.

Dennoch war es schwer vorstellbar, dass ihr süßer, flachshaariger Junge an derart oberflächlicher Diskriminierung teilhaben könnte. »Ich kann Ihre Argumente gut nachvollziehen«, sagte sie zu Casmir, »aber ich bin nicht sicher, ob das Ganze wirklich so unvermeidlich ist, wie es hier klingt. Immerhin war mein ältester Sohn Wesley das Kind von zwei Sternenflottenoffizieren und hat sich anderen gegenüber nie auf diese Weise verhalten.«

Casmir nickte. »Sie haben recht, das von mir beschriebene Szenario ist natürlich alles andere als unausweichlich. Die natürliche Veranlagung der Kinder, die Größe ihrer sozialen Gruppe und ihre Erziehung können alle einen großen Unterschied ausmachen. Allerdings darf ich wohl annehmen, dass Ihr ältester Sohn zu Beginn seines Sozialisierungsprozesses nicht der Sohn des Kommandanten gewesen ist.«

»Nein, war er nicht.« Sie wandte sich von Casmir ab und wollte René zu sich rufen, um ihn zur Verabschiedung zu umarmen und auf die Wange zu küssen, bevor sie ihre Schicht auf der Krankenstation begann. Doch dann sah sie den Jungen ins Spiel mit seinen Kameraden vertieft, wie sie mit eifrigen, hüpfenden Schritten im Kreis liefen und dabei lachten und jubelten. Das Geräusch glücklich spielender Kinder erfüllte den Raum. Sie dachte nicht mehr daran, ihn zu unterbrechen, und genoss einfach den Anblick ihres Spiels – bis ihr klar wurde, warum ihr die Bewegung so bekannt vorkam. Sie jagten einander mit ausgestreckten Armen, die Hände zu Fäusten geballt und die Daumen vorgestreckt, wobei sie

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