Stille Verwirrung und ein geheimnisvolles Mädchen: Der neue Sonnenwinkel 45 – Familienroman
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Mit Michaela Dornberg übernimmt eine sehr erfolgreiche Serienautorin, die Fortsetzung der beliebten Familienserie "Im Sonnenwinkel". Michaela Dornberg ist mit ganzem Herzen in die bezaubernde Welt des Sonnenwinkels eingedrungen. Sie kennt den idyllischen Flecken Erlenried und die sympathische Familie Auerbach mit dem Nesthäkchen Bambi.
Wie elektrisiert blieb Claire stehen. Der peitschende Schuss hatte sie aus ihrem Laufrhythmus gebracht, doch weil alle Läuferinnen und Läufer ihren Weg fortsetzten als sei nichts geschehen, war Claire sich zunächst einmal nicht sicher, ob sie sich da nicht verhört hatte. Dieser Augenblick des Zweifels dauerte allerdings nicht lange. Danach war sie sich sehr sicher, dass sie sich nicht verhört hatte. Da war zunächst dieses Geräusch gewesen, das sie irritiert hatte, und danach kam der Schuss. Claire wusste nur zu genau, wie sich das anhörte, denn ihr Exfreund Fabio war ein begeisterter, beinahe fanatischer Jäger gewesen. Sie hatte zwar niemals selbst ein Gewehr in die Hand genommen, doch sie hatte Fabio begleitet. Und auf diesen Jagdausflügen war stets mehr als nur ein Schuss gefallen. Das war ein Geräusch, das ihr körperliches Unbehagen verursachte, und das war vermutlich auch der Grund, warum sie so spontan reagiert hatte, während die anderen Marathonläufer weiterliefen als sei nichts geschehen. Sie scherte aus der Gruppe aus, ging ein Stückchen zurück, weil von dorther der Schuss gekommen war, und dann entdeckte sie auch schon die am Straßenrand liegende junge Frau, ebenfalls eine Läuferin. Und sie sah auch sofort, dass sie nicht gestürzt oder vor Erschöpfung zusammengebrochen war. Man hatte auf sie geschossen. Um das zu erkennen, musste man keine Ärztin sein. Während die Läufer ungerührt an ihr vorbeizogen, kniete sie sich neben die Frau, fühlte deren Puls und stellte erleichtert fest, dass sie noch atmete. Doch sie blutete stark aus der Schusswunde, und das ziemlich stark. Sie musste die Blutung stocken. Sie sah sich um, wie es schien, war von niemandem eine Hilfe zu erwarten, alle waren nur auf ihren Lauf fokussiert und hatten das Ziel vor Augen, das sie irgendwann hoffentlich nicht als Letzter erreichen wollten. Die Frau brauchte Hilfe, und Claire bedauerte außerordentlich, kein Handy dabei zu haben. Doch damit musste sie sich nicht aufhalten, es war nötig zu handeln, damit die Frau nicht verblutete. Entschlossen zog sie ihre neue, ziemlich teure Laufjacke aus und versuchte, die Blutung zu stoppen, was ihr schließlich auch gelang.
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Der neue Sonnenwinkel
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Buchvorschau
Stille Verwirrung und ein geheimnisvolles Mädchen - Michaela Dornberg
Der neue Sonnenwinkel
– 45 –
Stille Verwirrung und ein geheimnisvolles Mädchen
Wer mag die schöne Pia wirklich sein?
Michaela Dornberg
Wie elektrisiert blieb Claire stehen. Der peitschende Schuss hatte sie aus ihrem Laufrhythmus gebracht, doch weil alle Läuferinnen und Läufer ihren Weg fortsetzten als sei nichts geschehen, war Claire sich zunächst einmal nicht sicher, ob sie sich da nicht verhört hatte. Dieser Augenblick des Zweifels dauerte allerdings nicht lange. Danach war sie sich sehr sicher, dass sie sich nicht verhört hatte. Da war zunächst dieses Geräusch gewesen, das sie irritiert hatte, und danach kam der Schuss. Claire wusste nur zu genau, wie sich das anhörte, denn ihr Exfreund Fabio war ein begeisterter, beinahe fanatischer Jäger gewesen. Sie hatte zwar niemals selbst ein Gewehr in die Hand genommen, doch sie hatte Fabio begleitet. Und auf diesen Jagdausflügen war stets mehr als nur ein Schuss gefallen. Das war ein Geräusch, das ihr körperliches Unbehagen verursachte, und das war vermutlich auch der Grund, warum sie so spontan reagiert hatte, während die anderen Marathonläufer weiterliefen als sei nichts geschehen. Sie scherte aus der Gruppe aus, ging ein Stückchen zurück, weil von dorther der Schuss gekommen war, und dann entdeckte sie auch schon die am Straßenrand liegende junge Frau, ebenfalls eine Läuferin. Und sie sah auch sofort, dass sie nicht gestürzt oder vor Erschöpfung zusammengebrochen war. Man hatte auf sie geschossen. Um das zu erkennen, musste man keine Ärztin sein.
Während die Läufer ungerührt an ihr vorbeizogen, kniete sie sich neben die Frau, fühlte deren Puls und stellte erleichtert fest, dass sie noch atmete. Doch sie blutete stark aus der Schusswunde, und das ziemlich stark. Sie musste die Blutung stocken.
Sie sah sich um, wie es schien, war von niemandem eine Hilfe zu erwarten, alle waren nur auf ihren Lauf fokussiert und hatten das Ziel vor Augen, das sie irgendwann hoffentlich nicht als Letzter erreichen wollten.
Die Frau brauchte Hilfe, und Claire bedauerte außerordentlich, kein Handy dabei zu haben. Doch damit musste sie sich nicht aufhalten, es war nötig zu handeln, damit die Frau nicht verblutete.
Entschlossen zog sie ihre neue, ziemlich teure Laufjacke aus und versuchte, die Blutung zu stoppen, was ihr schließlich auch gelang. Doch das reichte nicht aus, die Frau musste dringend in ein Krankenhaus, sie war nicht ansprechbar. Es zählte jede Minute.
Warum liefen alle ungerührt weiter?
Waren die Menschen alle so gleichgültig, dass sie nichts weiter interessierte als die eigene Befindlichkeit?
Sie versuchte, sich bemerkbar zu machen. Keine Chance. Sie atmete erleichtert auf, als Achim plötzlich neben ihr auftauchte.
»Warum warst du auf einmal …«
Er brach seinen Satz ab und erkundigte sich stattdessen ganz erschrocken: »Claire, was ist passiert?«
»Auf die Frau hat jemand geschossen. Hast du dein Handy dabei? Sie muss so schnell wie möglich ins Krankenhaus, sie hat einen starken Blutdruckabfall, und ich weiß nicht, wie lange ich die Blutung noch stoppen kann.«
Sie atmete erleichtert auf, als sie sah, wie er unverzüglich ein Handy aus der Tasche holte, und umsichtig den Notruf wählte.
Er erzählte, was geschehen war, dann schloss er: »Und kommen Sie bitte sofort zur Marathonstrecke, die Angeschossene liegt zwischen Schneise drei und vier im Hohenborner Forst.«
»Wieso konntest du das so genau bezeichnen, Achim?«, erkundigte Claire sich ein wenig verwundert, die heilfroh war, dass er zurückgekommen war. Sie hätte diese Auskunft nicht geben können, sie hätte etwas vom Wald gesagt, doch der war groß.
»Wir haben mal Holz bekommen, deswegen weiß ich das«, sagte er, und danach erübrigte sich jede weitere Erklärung, denn das Blut bei der Verletzten begann durch die als Verband angelegte Jacke zu sickern. Claire nahm ihre ganze Kraft zusammen, presste ihre Hände darauf, verstärkter als zuvor.
»Lass mich das machen«, bot er an und kniete sich neben sie, doch davon wollte Claire nichts wissen. »Press deine Hände ganz fest auf meine«, sagte sie, »das verstärkt den Druck, und hoffentlich kommt bald Hilfe.«
Sie war Ärztin und erkannte die Lage, die ihr Angst machte. Schussverletzungen waren so eine heikle Geschichte, die waren sehr schnell tödlich, und hätte sie nicht so rasch und besonnen reagiert, wäre das bei dieser jungen Frau ebenfalls der Fall gewesen. Es hätte niemand von ihr Notiz genommen, und sie wäre am Rand der Laufstrecke verblutet.
Jemand hatte es auf sie abgesehen, und welch perfider Plan war es doch gewesen, ausgerechnet hier den Schuss abzugeben.
Sie konnte und wollte sich deswegen jetzt nicht den Kopf zerbrechen, das war Sache der Polizei. Sie hatte genug damit zu tun, mit diesem ihr zur Verfügung stehenden Mittel die weitere Blutung aufzuhalten.
Achim war sehr besonnen, und er war ihr wirklich eine ganz große Hilfe, schon allein, dass er da war. Seine Gegenwart, seine beruhigende Art beruhigten sie.
Wie lange dauerte es bloß, bis endlich Hilfe eintreffen würde?
Claire wurde immer besorgter, und dann kam endlich der Krankenwagen, beinahe zusammen mit den letzten Nachzüglern, die als Letzte ins Ziel einlaufen würden. Und auch die blickten nicht nach rechts und links, nahmen nicht einmal vom Krankenwagen Notiz, oder sie glaubten, jemand sei zusammengebrochen, weil er sich zu viel zugemutet hatte. Ja, das war es wohl, bei Marathonläufen passierte das immer wieder, weil untrainierte Läufer sich überschätzten und sich nicht vor Augen führten, dass ein Marathon kein Spaziergang unter einer Apfelwiese war.
Sie war trainiert, und dennoch hatte sie es körperlich gespürt, je länger sie gelaufen war.
Claire erklärte dem Notarzt was geschehen war und was sie unternommen hatte, und sie achtete darauf, dass die Verletzte fachmännisch versorgt wurde. Sie musste sich keine Sorgen machen, sie stellte sehr schnell fest, dass ihr Kollege wusste, was zu tun war.
Als der Krankenwagen losfuhr, wandte sie sich Achim zu, der noch immer an ihrer Seite war. Sie bedankte sich bei ihm für seine Hilfe, dann fügte sie leise hinzu: »Es tut mir leid, dass du nicht ans Ziel kamst, doch ohne deine Hilfe wäre ich aufgeschmissen gewesen, ich hatte nicht einmal ein Handy dabei, und die Läufer rannten stur vorbei.«
Er legte einen Arm um ihre Schulter, und Claire fühlte sich unglaublich wohl, die Anspannung begann abzufallen.
»Alles ist gut, wie es ist, Claire, hoffentlich kommt die junge Frau durch. Ohne deine Hilfe wäre sie vermutlich an dieser Schussverletzung gestorben. Es ist unfassbar, dass im Hohenborner Forst, in dem Kinder allein spielen, jemand versucht einen Mord zu begehen, und das dann auch noch bei einem Marathonlauf.«
»Nun, die Rechnung des Attentäters ist doch aufgegangen, niemand hat von dem Zwischenfall Kenntnis genommen. Die Frau wäre durch den hohen Blutverlust an ihren Schussverletzungen gestorben. Ich muss ins Krankenhaus, ich hätte mit dem Krankenwagen mitfahren müssen.«
»Ich werde dich hinbringen, Claire, und wir müssen auch nicht die ganze Strecke zurücklegen, ich kenne eine Abkürzung durch den Wald, aber darf ich?«, erkundigte er sich, und als er sie berühren wollte, hatte sie für einen Moment das Gefühl, dass er sie küssen wollte. Das war jetzt doch wohl nicht der richtige Augenblick. Sie zuckte zurück.
Ahnte er ihre Gedanken, vermutlich schon, denn er sagte leise: »Du bist überall blutverschmiert, und ich möchte bloß das Blut aus deinem Gesicht wegwischen.«
Wie peinlich!
Darauf sagte sie jetzt besser wohl nichts. Sie hielt ihm ihr Gesicht entgegen, und als er mit einem Taschentuch ganz behutsam die Blutspuren auf ihrem Gesicht beseitigte, schloss sie die Augen. Seine Berührung war sanft und verursachte ihr ein wohliges Gefühl. Sie erlebte Achim Hellenbrink heute von einer anderen Seite. Einer Seite, die sie berührte, die ihr gefiel, aber …
Sie zuckte zurück, bedankte sich, und dann hielt sie Abstand von ihm. Es gab keinen Zeitplan dafür, wann und wie eine Beziehung anfangen sollte. Das Leben hatte mit jedem einzelnen Menschen einen eigenen Plan, doch zum Glück gab es auch noch einen Verstand, und ihrer sagte Claire augenblicklich, dass sie jetzt der Versuchung nicht erliegen durfte. Sie war zwar Ärztin und mit Leben und Tod vertraut, weil sie täglich damit konfrontiert wurde. Doch die Kaltblütigkeit, mit der man hier vorgegangen war, ging nicht spurlos an ihr vorüber. Hinzu kam, dass sie bei diesem Marathon schon bis an ihr Limit gegangen war, sogar ein bisschen darüber, denn die Zeiten, die sie bis zu diesem Zwischenfall hingelegt hatte, waren von ihr noch nie zuvor erreicht worden. Sie hatte ja gespürt, welche Eigendynamik sich da entwickelt hatte.
Es war vorbei, und sie bedauerte es nicht einen Augenblick, nicht das Ziel erreicht zu haben. Für Achim tat es ihr leid. Was ihre Fans sich wohl dachten, weil sie plötzlich wie vom Erdboden verschwunden war, daran dachte sie ebenfalls nicht.
»Dann lass uns gehen, Achim«, bat sie, und dann folgte sie ihm durch das dichte Gestrüpp zwischen den Bäumen und wunderte sich, wie gut er sich hier auskannte.
Er war schon ein Netter, der Achim Hellenbrink …
Sie hatte gute Gedanken für ihn. Gute Gedanken, mehr gestattete sie sich nicht, denn vorher wollte sie sich so richtig in der Praxis einarbeiten, das Vertrauen aller Patienten gewinnen, und sie wollte diese wunderschöne Wohnung für sich allein genießen.
Er war nett, ein Freund. Mehr wollte Claire augenblicklich nicht in ihm sehen. Und wie sagte Nikola Beck, die Freundin von Roberta, doch immer? Wenn es einem vorbestimmt ist, dann wird es auch geschehen. Sie musste zugeben, das das bislang nicht ihre Denkweise gewesen war, doch jetzt wollte sie es mal hinnehmen.
Sie stolperte neben ihm her, merkte, wie sehr ihre Knochen schmerzten, doch das