Die kleine Lügnerin: Lovestory Edition 1 – Liebesroman
Von Beate May
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Über dieses E-Book
Wie aufregend und spannend die Liebe sein kann, wird von der ersten bis zur letzten Seite fesselnd geschildert.
Man möchte diese süchtig machenden Romane in einem Atemzug regelrecht verschlingen...
Als das Telefon klingelte, war es eine Viertelstunde vor Mitternacht. Justus fuhr zusammen und stellte schuldbewußt fest, daß er nicht nur Raum und Zeit vergessen hatte, sondern auch seinen Tee zu trinken, der seit etwa zwei Stunden auf dem Schreibtisch neben seiner Schreibmaschine stand und nun eiskalt geworden war.Das Läuten des Telefons erreichte ihn im übrigen wie ein Geräusch aus einer anderen Welt. Sekundenlang sah er den Apparat so verdutzt an, als könnte er sich nicht im geringsten erklären, warum dieser solchen Ton von sich gab, obendrein zu so später Stunde.Dann beschloß er, das Klingeln einfach zu ignorieren. Dies war hierzulande nicht mehr die rechte Zeit, andere Menschen anzurufen, sagte er sich. Es konnte sich ohnehin nur um einen Irrtum handeln. Er hätte auf Anhieb – und selbst bei längerem Nachdenken! – niemanden zu nennen gewußt, der kurz vor Mitternacht bei ihm anrufen könnte.Das Läuten verstummte prompt, allerdings nur, um eine Minute später erneut einzusetzen, jetzt sogar noch heftiger und aufdringlicher, wie Justus entnervt feststellte. Er schob seine unzähligen Manuskriptseiten beiseite und griff nach dem Telefonhörer, um sich mit einem ausgesprochen unfreundlich geknurrten »Hallo?« zu melden.Natürlich antwortete ihm niemand. Darauf war er gefaßt gewesen. Es war gewissermaßen das, was ihm jetzt noch fehlte, um seinen Ärger zu steigern.»Wenn Sie nichts zu sagen haben, dann legen Sie gefälligst den Hörer auf!« blaffte er in den Telefonhörer. »Und hören Sie auf, meine Nummer zu wählen. Ich bin kein sehr menschenfreundlicher Zeitgenosse, ich ziehe aus solchen Dingen immer ziemlich unangenehme Konsequenzen!Noch immer schwieg es hartnäckig am anderen Ende, jedoch konnte er sehr deutlich jemanden hastig atmen hören.
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Die kleine Lügnerin - Beate May
Lovestory Edition
– 1–
Die kleine Lügnerin
Beate May
Als das Telefon klingelte, war es eine Viertelstunde vor Mitternacht. Justus fuhr zusammen und stellte schuldbewußt fest, daß er nicht nur Raum und Zeit vergessen hatte, sondern auch seinen Tee zu trinken, der seit etwa zwei Stunden auf dem Schreibtisch neben seiner Schreibmaschine stand und nun eiskalt geworden war.
Das Läuten des Telefons erreichte ihn im übrigen wie ein Geräusch aus einer anderen Welt. Sekundenlang sah er den Apparat so verdutzt an, als könnte er sich nicht im geringsten erklären, warum dieser solchen Ton von sich gab, obendrein zu so später Stunde.
Dann beschloß er, das Klingeln einfach zu ignorieren. Dies war hierzulande nicht mehr die rechte Zeit, andere Menschen anzurufen, sagte er sich. Es konnte sich ohnehin nur um einen Irrtum handeln. Er hätte auf Anhieb – und selbst bei längerem Nachdenken! – niemanden zu nennen gewußt, der kurz vor Mitternacht bei ihm anrufen könnte.
Das Läuten verstummte prompt, allerdings nur, um eine Minute später erneut einzusetzen, jetzt sogar noch heftiger und aufdringlicher, wie Justus entnervt feststellte. Er schob seine unzähligen Manuskriptseiten beiseite und griff nach dem Telefonhörer, um sich mit einem ausgesprochen unfreundlich geknurrten »Hallo?« zu melden.
Natürlich antwortete ihm niemand. Darauf war er gefaßt gewesen. Es war gewissermaßen das, was ihm jetzt noch fehlte, um seinen Ärger zu steigern.
»Wenn Sie nichts zu sagen haben, dann legen Sie gefälligst den Hörer auf!« blaffte er in den Telefonhörer. »Und hören Sie auf, meine Nummer zu wählen. Ich bin kein sehr menschenfreundlicher Zeitgenosse, ich ziehe aus solchen Dingen immer ziemlich unangenehme Konsequenzen!«
Noch immer schwieg es hartnäckig am anderen Ende, jedoch konnte er sehr deutlich jemanden hastig atmen hören.
»Bist du auch allein zu Hause?« fragte dann eine Kinderstimme.
Das verschlug Justus zunächst einmal die Sprache. Der ganze Groll, der in ihm erwacht war, verschwand mit einem Schlage. Dieses zarte, unschuldige Stimmchen – wer hätte da noch ärgerlich sein können?
»Ja«, erwiderte er dann und mußte kräftig schlucken. »Und du?«
»Seit Stunden«, sagte die kleine Stimme am anderen Ende. »Und immer wieder. Jeden Tag.«
»Aber jetzt wird doch wohl jemand bei dir zu Hause sein«, meinte Justus vorsichtig. »Schließlich ist es stockfinstere Nacht. Da läßt man kleine Kinder nicht allein.«
»Mich schon«, gab das Kind zurück.
Justus holte ganz tief Luft. »Wo wohnst du denn?« wollte er dann wissen.
»Hier bei uns«, kam es sehr logisch zurück.
»Wo ist denn das?«
»Ich weiß nicht, wie das heißt. Eigentlich wohn’ ich hier auch gar nicht richtig. Ich bin hier nur zu Besuch. Ich soll schlafen. Aber alle anderen schlafen nicht. Nur ich, ich soll immer schlafen!« empörte sich die helle Kinderstimme.
Justus unterdrückte ein verständnisvolles Schmunzeln. »Hast du auch einen Namen?« fragte er freundlich.
»Sicher hab’ ich den.«
Er wartete einen Moment, doch als nichts mehr kam, fügte er hinzu: »Und wie ist dieser Name?«
»Steffi.«
»Also, kleine Steffi, hältst du das für normal, daß du nachts um zwölf bei einem wildfremden Menschen anrufst und ihm dein ganzes Leben erzählst?«
»Ja.«
»Aber das tut man nicht.«
»Warum denn nicht?«
»Weil die meisten Menschen um diese Zeit schlafen, die stört man einfach nicht.«
»Ich nicht. Und du auch nicht. Warum schläfst du denn noch nicht?« wollte das Kind wissen.
»Weil ich noch gearbeitet habe.«
»Was arbeitest du denn?«
»Ich schreibe.«
»Ach? So richtiges Krickelkrakel? Gibt es dafür denn auch Geld?« wunderte sich das kleine Mädchen mächtig.
Beinahe hätte Justus aufgelacht. Es war ihm ja manchmal selbst ein Rätsel, daß sein Verleger ihm für das, was er schrieb, immer wieder ein so fürstliches Honorar zahlte. Verdient hatte er es manchmal nicht gerade, mußte er zugeben. Besonders, wenn er an das dachte, was er während des vergangenen Jahres zu Papier gebracht hatte.
»Ja, dafür gibt es auch Geld«, antwortete er nun gedehnt. »Und du geht jetzt lieber ins Bett und schläfst. Deine Leute kommen bestimmt bald nach Hause.«
»Das glaub’ ich nicht«, sagte das zarte Kinderstimmchen. »Wenn meine Mama erst mal weg ist, dann kann ich lange warten, bis sie wieder da ist.«
Was heißt denn das? fragte Justus sich, nun nicht mehr gar so amüsiert, sondern mit wachsender Besorgnis.
»Aber zum Frühstück ist sie doch bestimmt wieder da?« forschte er.
»Frühstück muß ich immer allein essen«, wurde er belehrt. »Frühstück ist nicht Mamas Mahlzeit, sagt sie.«
»Ach, arbeitet deine Mutter denn abends?« wollte Justus behutsam wissen.
»Ja, auch abends. Du kennst doch dieses große komische Haus, wo die Leute mit viel Geld reingehen und es bei Mama ausgeben? Bei ihr werden die meisten arm, sagt sie immer.«
Justus wollte das nicht denken, was er genau jetzt dachte. Er schüttelte mißbilligend den Kopf. Es war nicht fair und erst recht nicht nett, gleich das Allerschlimmste zu denken. Wieviel konnte man auf das geben, was einem ein Kind erzählte? Und doch – hieß es nicht: Kindermund tut Wahrheit kund?
Hier plauderte so ein kleiner Kindermund allerlei aus, was ihm in seiner Arglosigkeit sicher gar nicht bewußt war, und Justus mochte sich wehren, soviel er wollte, sein Argwohn war geweckt. Mehr noch, in ihm begannen erste Alarmglocken schrill und unüberhörbar zu läuten!
»Soso, und du bist also ganz alleine«, faßte er zusammen, was das Kind ihm erzählt hatte. »Fürchtest du dich denn gar nicht?«
Das kleine Mädchen zögerte spürbar. »Ich fürchte mich nie«, behauptete es dann tapfer. »Obwohl…«
»Ja?«
»Es ist alles so dunkel hier, und die Leute unten lachen andauernd so laut, und der Hund vor meiner Tür läßt mich nicht raus.«
Na also, dachte Justus grimmig, während er sich auf seinem Stuhl zurücklehnte. Da tat sich Stück für Stück das rätselhafte Puzzle zusammen, eines fügte sich zum anderen, und da er sich noch nie über einen Mangel an Phantasie hatte beklagen können – etwas, das für seinen Beruf schließlich unentbehrlich war –, sah er die Situation des Kindes glasklar vor sich.
Ein kleines Mädchen, vielleicht fünf Jahre alt, mutterseelenallein in einem großen, unfreundlichen Mietshaus, das in keiner allzu guten Wohngegend war, telefonierte mitten in der Nacht mit fremden Menschen, ganz einfach aus dem Gefühl unerträglicher großer Einsamkeit und Angst heraus, da die Mutter es offensichtlich Abend für Abend sich selbst überließ, um irgendwo ihrem höchst zweifelhaften Beruf nachzugehen…
Was diesen »Beruf« betraf, gab es da für Justus bereits keinen Zweifel mehr. Die Kindesmutter war höchstwahrscheinlich im »Amüsiergewerbe« beschäftigt, es handelte sich bei ihr offenbar um eine jener Frauen, die er gerne ein wenig belustigt »Unterhaltungsdamen« nannte.
»Ich muß dir leider sagen, Steffi, daß ich nichts für dich tun kann«, begann er nun gedehnt. »Da du nicht weißt, wie die Straße heißt, in der du wohnst –«
»Nein, das weiß ich nicht«, bestätigte sie ihm aufrichtig. »Aber mach dir nichts draus. Ich erzähl’ es dir das nächste Mal.«
»Woher hast du denn meine Telefonnummer?« fragte Justus verblüfft.
»Aus dem Buch. Sie steht hier in dem Buch.«
»Kannst du denn schon Zahlen lesen?«
»Das ist doch kinderleicht«, wurde er sehr würdevoll belehrt. »Das konnte ich schon, als ich noch ein kleines Baby war.«
»Und –«,